Nicht nur an den drei Hochfrequenz-Schweißmaschinen mit einer Gesamtlänge von 66 m muss der Überblick gewahrt bleiben. Ein MES hilft alle Aufträge und Prozesse im Auge zu behalten.

Nicht nur an den drei Hochfrequenz-Schweißmaschinen mit einer Gesamtlänge von 66 m muss der Überblick gewahrt bleiben. Ein MES hilft alle Aufträge und Prozesse im Auge zu behalten.Industrie Informatik

„Ich vergleiche das immer mit einem Kartenspiel. Wenn ich fünf Karten auf der Hand habe, dann habe ich den Überblick“, beschreibt Karsten Daedler, Inhaber und Geschäftsführer von Daedler, die Situation in seinem Betrieb. „Spannend wird es bei 20 und mehr Karten. Spätestens bei der 30. Karte bricht das System zusammen und man verliert den Überblick. Und das ist mit unserem Werkstattleiter und den Fertigungsaufträgen fast passiert.“ Um diesem Supergau nicht noch einmal zu nahe zu kommen, führte Daedler ein Manufacturing Execution System (MES) ein – Cronetwork von Industrie Informatik.

Die Entscheidung für diese Software-Lösung fiel, weil das Tool alle Anforderungen hinsichtlich der Funktionalität, Release- und Webfähigkeit erfüllte. Auch die Anbindung an das ERP-System war problemlos. Karsten Daedler erläutert: „Diese MES-Lösung liefert uns als ein System alle Daten zu Aufträgen und Personal, die wir brauchen.“ So bestimmen heute, neben der Finanzbuchhaltung, der Material­wirtschaft und der Warenwirtschaft des ERP-Systems, die Module ‚Feinplanung‘, ‚Betriebsdatenerfassung‘ (BDE) und ‚Personalzeiterfassung‘ (PZE) die IT-Umgebung bei dem Folien-Spezialisten. „Dennoch war die Anschaffung des MES für uns als kleineres Unternehmen eine sehr große Investition, die aber unsere Zukunft sichert und sich zudem in kurzer Zeit mehr als rentiert hat“, ordnet Daedler den großen Schritt seines Unternehmens ein.

Überblick direkt in der Fertigung

Herzstück der Firma sind drei Hochfrequenz-Schweißmaschinen – mit einer Anlagenlänge von 66 m. Mit ihrer Hilfe lassen sich auch lange Nahtverbindungen präzise, schnell und effizient schließen. Zusätzlich zeichnen die Maschinen während des Schweißens jeden einzelnen Takt auf und belegen ihre saubere Arbeit durch Prüfprotokolle. Komplettiert wird dieser Maschinenpark durch weitere Schweißgeräte, Cutter, eine Zugprüfmaschine und zahlreiche Nähmaschinen. Eine engmaschige Qualitätskontrolle – bei der jede einzelne Naht und alle vernähten Stoffe einer Abdeckplane oder eines ganzen Zirkuszeltes auf Reißfestigkeit überprüft werden – sorgt für Produktqualität und Sicherheit.

Vier Terminals an zwei Standorten stehen für die Mitarbeiter-Identifikation und für die Auftragsanmeldung über Barcode bereit. An diesen Terminals können sich die Mitarbeiter auch wichtige, materialspezifische Dokumente anzeigen lassen.

Vier Terminals an zwei Standorten stehen für die Mitarbeiter-Identifikation und für die Auftragsanmeldung über Barcode bereit. An diesen Terminals können sich die Mitarbeiter auch wichtige, materialspezifische Dokumente anzeigen lassen.Industrie Informatik

In dieser Fertigungsumgebung stehen für BDE und PZE vier Terminals an zwei Standorten für die Mitarbeiter-Identifikation und für die Auftragsanmeldung über Barcode bereit. An diesen Terminals können sich die Mitarbeiter auch wichtige materialspezifische Dokumente anzeigen lassen. Der Produktionsinfo-Viewer liefert alle Informationen über zu fertigende Aufträge. Mit den sogenannten Discoverer-Berichten können dann weitere Auswertungen vorgenommen werden, die entsprechend grafisch aufbereitet allen berechtigten Mitarbeitern zur Verfügung stehen. Einzelne Auswertungen generiert ein Server täglich automatisch. Diese Analysen umfassen beispielsweise alle abgeschlossenen Aufträge des Vortages mit entsprechenden Soll/Ist-Vergleichszahlen.

Karsten Daedler zum System: „Mit unserer Betriebsdatenerfassung haben wir eine werkseitige Qualitätskontrolle geschaffen, die auch unseren Kunden zugutekommt.“ Denn einerseits berechnet das System permanent selbstständig Produktions-, Personal- und Maschinendaten wie Bearbeitungszeiten, Stückzahlen, Auftragsstatus und Laufzeiten. Andererseits dokumentiert die BDE-Lösung bis zur kleinsten Öse jeden Arbeitsschritt und gibt automatisch Zwischenmeldungen aus. Dadurch ist das Unternehmen in der Lage, Kunden auf Anfrage jederzeit den aktuellen Status ihres Auftrages zu nennen.

Voneinander abhängige Aufträge sichtbar machen

Die MES-Lösung virtualisiert alle Aufgaben und unterteilt jeden Auftrag in einzelne Arbeitsgänge. Ein neuer Auftrag wird sofort automatisch in die Abläufe integriert – vom Start- bis zum Fertigstellungstermin und von der Formfindung bis zum Versand. „Auch die Wahl des qualifiziertesten Mitarbeiters für einen bestimmten Auftrag sowie die bestmögliche Auslastung unserer Maschinen und Kollegen werden berücksichtigt“, erläutert Daedler. Die Integration der Aufträge in die Abläufe betrifft sowohl die Vorwärtsplanung – ausgehend vom Start des Auftrags –, als auch die Rückwärtsplanung – ausgehend vom Fertigstellungstermin.

Vor der MES-Implementierung lieferte das ERP-System die Aufträge so, dass es nur schwer möglich war den Arbeitsfortschritt auf der Plantafel zu visualisieren. Die Auftragsstruktur im ERP-System wurde deswegen geändert und die Schnittstelle zum MES entsprechend angepasst. Karsten Daedler erläutert dazu: „Das ERP-System liefert seitdem auch die Arbeitsgangbeziehungen zwischen den Aufträgen mit, sodass in der Plantafel Abhängigkeiten zwischen den Aufträgen dargestellt und berücksichtigt werden können. Der Fortschritt eines Kundenauftrags ist für uns dadurch in der Plantafel wesentlich besser erkennbar.“ So wie etwa der Auftrag des Unternehmens Blowup Media Project.

Das Unternehmen konfektionierte in zehn Tagen ein 17.300 m² großes Riesenplakat für das World Trade Center in Dubai.

Das Unternehmen konfektionierte in zehn Tagen ein 17.300 m² großes Riesenplakat für das World Trade Center in Dubai.Industrie Informatik

Bessere Planung vereinfacht Großaufträge

Bei diesem Job sollte Daedler in 14 Tagen – statt der von Karsten Daedler in einer ersten Kalkulation hochgerechneten 10 Wochen – ein 17.300 m2 großes Riesenplakat, ein sogenanntes Blow Up, für das World Trade Center in Dubai konfektionieren. Das Unternehmen übertraf dieses enge Zeitfenster und fertigte das riesige textile Werbemittel in zehn Tagen aus insgesamt 164 Bahnen mit jeweils 130 m Länge und 8 m Breite. Das Plakat wurde eigens für den sich erstmals jährenden Amtsantritt von Scheich Mohammed Bin Rashid Al Maktoum produziert und zeigt eine Sonderbriefmarke mit dem Konterfei des arabischen Staatsmannes. „Das ganze Projekt war eine menschliche Riesenleistung einschließlich der Just-In-Time-Lieferung“, bilanziert Daedler, „aber ohne das MES mit seiner Planungsstärke wäre es nicht zu schaffen gewesen.“

Denn Planung ist alles, oder wie es Karsten Daedler formuliert: „Die elektronische Plan­tafel und PZE sind für uns eine Halsschlagader.“ Denn die Entscheidungen, wann Schicht gearbeitet wird, welches Schichtmodell in Frage kommt oder wie viele Schichten gefahren werden, sind für den Einzelfertiger elementar. Genau diese wichtigen Informationen kommen aus dem MES, sodass auch stark risikobehaftete und personenabhängige Bauchentscheidungen der Vergangenheit angehören. Die positive Folge für Karsten Daedler und seine Belegschaft: „Dank der genauen Daten haben wir neben einer deutlichen Zeitersparnis auch eine immense Reduzierung der Kosten, denn es kam immer mal wieder zu krassen Fehlentscheidungen, die dann richtig Geld gekostet haben. Das haben wir mit dem MES jetzt im Griff.“

Im Bereich PZE werden an den Online-Terminals die Zeiten erfasst, die auch für die BDE verwendet werden. Das aktuelle Planungsbild, das enthält, wer in welchem Schichtmodell arbeitet, wer Urlaub hat und wer wegen Krankheit fehlt, ist an zentraler Stelle auf einem TFT-Monitor für alle Mitarbeiter sichtbar. „Wir haben heute eine optimale Planungssicherheit aufgrund einer wesentlich besseren Fein- und Schichtplanung – und keine Leerschichten mehr“, bilanziert Karsten Daedler. Überhaupt hat das Unternehmen mit der MES-Lösung das ganze Thema Arbeitszeit auf ein neues Qualitätsniveau gehoben. Neben den einzelnen Zeitkonten und der Urlaubsplanung sind im System auch die komplexe Überstundenregelung mit den jeweiligen Zuschlägen sowie acht Arbeitszeitmodelle abgebildet. So bekommt jeder Mitarbeiter ohne großen Aufwand pünktlich und fehlerfrei den korrekten Lohn für das, was er gearbeitet hat.

Die MES-Lösung virtualisiert alle Aufgaben und unterteilt jeden Auftrag in einzelne Arbeitsgänge. Ein neuer Auftrag wird sofort automatisch in die Abläufe integriert – vom Start- bis zum Fertigstellungs­termin und von der Formfindung bis zum Versand.

Die MES-Lösung virtualisiert alle Aufgaben und unterteilt jeden Auftrag in einzelne Arbeitsgänge. Ein neuer Auftrag wird sofort automatisch in die Abläufe integriert – vom Start- bis zum Fertigstellungs­termin und von der Formfindung bis zum Versand.Industrie Informatik

„Als wesentliche Nutzenaspekte von Cronetwork – das wir nahezu in der Standardversion nutzen – sind die komfortable Unterstützung der Arbeitsvorbereitung bei der Planung, Planungssicherheit, eine markante Reduktion der Durchlaufzeiten, eine hohe Transparenz in der Fertigung sowie eine für uns lebenswichtige Optimierung der Liefertreue hervorzuheben“, fasst Karsten Daedler die fünf Pluspunkte der MES-Lösung zusammen. So hat Daedler im Jahr 2012 über 1.000.000 m2 Material verarbeitet, davon ein großer Anteil an textilen Dächern für Biogasanlagen. Dazu stellt der Firmenchef fest: „Das Auftragsvolumen im Bereich der Biogasanlagen 2012 wäre ohne die MES-Lösung nicht zu stemmen gewesen.“ Das hat seine Gründe: Das Unternehmen konnte dreischichtig planen und bei Spitzen problemlos Zeitarbeiter dazu holen.

Tino Böhler

ist freier Journalist in Dresden.

(mf)

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