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Nach einem umfassenden Retrofit der Automatisierungstechnik putzt der Reinigungswagen Gewächshausdächer deutlich schneller und zuverlässiger als zuvor. (Bild: Sigmatek)

Auf die Schnelle

Das Wesentliche in 20 Sek.

  • Modernisierung macht Waschroboter schneller
  • Fernwartung und -steuerung nachgerüstet
  • Objektorientierte Engineeringoberfläche ermöglicht kundenspezifische Parametrierung der Anlage

In der Agrartechnik dreht sich praktisch alles ums Licht. Denn maximale Lichtausbeute bedeutet in den meisten Fällen maximaler Ertrag – egal, ob Tulpen, Gemüse oder Obst. Daher sind bei Gewächshäusern saubere Scheiben extrem wichtig. In den Niederlanden setzt man dazu auf automatisierte Scheibenputzer. Schade, dass der Roboter nichts für daheim ist.

Licht sorgt für die Photosynthese und damit für das Wachstum der Pflanzen. In der Praxis fällt jedoch nicht das ganze Licht auf die Pflanzen am Boden. Schließlich haben die Glasdächer das ganze Jahr über mit verschiedensten Witterungsbedingungen zu ‚kämpfen‘: Regen, Moos, Blätter, Äste, Sand, Schlamm und alles was über den Luftweg auf ihnen landet. „1% mehr Licht bedeutet 1 % mehr Ertrag, so Ton van Oijen von Tuinbouwservice Grashoek. Seine Firma auf die Reinigung und Wartung von Gewächshäusern spezialisiert. Der größte Feind, für einen üppigen Ernte-Ertrag, liegt also buchstäblich auf dem Dach. Abhilfe schafft der Einsatz eines Glasdach-Waschroboters. Nach einem Upgrade mit der Hard- und Software des österreichischen Automatisierungsherstellers Sigmatek arbeitet der nun schneller, flexibler und effizienter als zuvor. Und Bedarf besteht: die gesamte Gewächshaus-Gemüseanbaufläche in den Niederlanden lag 2017 laut Statistics Netherlands (CBS) bei rund 4800 ha. Davon entfielen allein 10% auf die größten spezialisierten Gewächshaus-Gemüsebaubetriebe.

„Jetzt oder nie!“ muss sich Johan Craemers gedacht haben, als Ton van Oijen vom Tuinbouwservice Grashoek wissen wollte, wie eine moderne Lösung zur automatisierten Reinigung von Gewächshausdächern aussehen könnte. Nach 19 Jahren Ingenieurserfahrung als Angestellter für Konzeption und Entwicklung von Verpackungslinien, war für Johan Craemer dieses herausfordernde Projekt der Grundstein für sein eigenes Unternehmen im Bereich der Prozessautomatisierung: JC Techniek. Als er die veraltete Reinigungs-Maschine zum ersten Mal sah, war ihm schnell klar, dass viel Arbeit in punkto Handhabung, Verkabelung, Kommunikation und Programmierung der Steuerung auf ihn wartete. Aber der Aufwand hat sich ausgezahlt: Tuinbouwservice Grashoek verfügt jetzt über einen Gewächshausdach-Reiniger mit speziellen rotierenden Bürsten, die nicht nur das Moos auf den Glasflächen entfernen, sondern die Dachrinnen gleich mit reinigen.

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Die Basisstation: Eine 2 mal 3 Meter große Dockingstation bewegt sich von Schienen geführt seitlich an den Gewächshäusern entlang und trägt den dreieckigen Reinigungswagen, der Glasdach und Rinnen vom Schmutz befreit. Sigmatek

Rund ums Gewächshaus schwer beschäftigt

Ton van Oijen hatte nach 20 Jahren Glasdachsäuberung ständig mit unzeitgemäßen Problemen zu kämpfen, etwa die Alarmierung bei einer Störung. „Als einmal der Reinigungs-Wagen von einem Dach abstürzte, hat es eine halbe Stunde gedauert, bis ich überhaupt eine SMS erhielt. Am Unfallort angekommen, bist du frustriert über die verlorene Zeit.“

Der Waschroboter hat nichts gemein mit einem üblichen Assistenz- oder Serviceroboter. Es handelt sich um eine 2 x 3 Meter große Dockingplattform, die sich entlang von Führungsschienen an der Gewächshaus-Seite fortbewegen kann. Sie wird mit einem Kran und Hebebändern auf die seitlichen Schienen der Gewächshäuser gesetzt, die vorher mit zusätzlichen Stützstäben gesichert wurden. Auf der Dockingstation wird die eigentliche dreieckige Reinigungsmaschine platziert. Diese verlässt die Dockingstation, wenn sie exakt positioniert ist und beginnt mit ihrem Waschprogramm: Düsen sprühen zuerst Wasser auf das Glas. Danach erledigen Rinnenbürsten den Rest. Nach dem Waschvorgang fährt der zweiteilige Waschroboter die Dockingstation zur nächsten Dachsektion weiter, um den Vorgang zu wiederholen. Bei einem typischen Gewächshaus ist das eine Distanz von circa 250 Meter von einer auf die andere Seite.

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Die Macher hinter der Scheibenwaschanlage: Johan Craemers von JC Techniek (vorne) und Ton van Oijen von Tuinbouwservice. Sigmatek

Wichtige Helfer: Kameras, Sensoren und Funk

Laut Ton van Oijen werden Gewächshäuser immer größer und höher. Um einen Hektar Glasfläche zu reinigen, benötigt die Maschine etwa 6 bis 7 Stunden; für ein großes Gewächshaus nicht selten eine Woche Arbeit – und das am besten zwei bis drei Mal im Jahr. Die Dächer können nur nachts von Frühling bis Herbst und bei geschlossenen Fenstern gereinigt werden. „Den Störfaktor ‚offene Fenster‘ können wir nach dem Retrofit nun sofort und ohne Umwege mithilfe von Kameras und Sensoren prüfen“, zeigt sich van Oijen zufrieden mit dem Retrofit.

Im alten Steuerungs-Setup gab es bereits eine Steuerung, mit welcher man Spannung auf die Schiene legen und den Waschroboter starten konnte. Modifikationen waren jedoch kaum bis überhaupt nicht möglich. Einstellen ließ sich nur die Laufzeit der Reinigungsanlage. Und bei einer Störung wurde lediglich eine Nachricht gesendet. „Remote auf die Maschinen zugreifen und sofort prüfen, ging nicht.,“ erinnert sich van Oijen: „Dann musste ich selbst los zum Gewächshaus, und zwar bevor sich die Fenster morgens wieder automatisch öffnen würden.“

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Aufbau der Steuerungsarchitektur nach dem Retrofit: Reinigungswagen und Dockingstation kommunizieren über Funk, da Powerline über das Stromkabel oder eine zusätzliche Ethernetleitung nicht möglich waren. Sigmatek

Fit für Industrie 4.0

Ein wunder Punkt ist das Auf- und Abwickeln der Versorgungskabel. Auf der rechten Seite befindet sich die Schlauchtrommel für das Wasser; auf der linken Seite das lange Kabel für die Stromversorgung des Waschroboters. Das immer wiederkehrende Problem: die Leitungen können sich verheddern. Dazu Johann: „Das Fahrzeug hält in diesem Fall an und löst sofort Alarm aus. Diese Alarmfunktion gab es zwar vorher schon, jetzt können wir den Waschroboter aber mit Sensoren überwachen und online über den VLC-Viewer die Störungsursache auf einem Handy oder Tablet per Remote Access Router (RAR) auslesen.“ Signale, Zustandsmeldungen und Fehleralarme sind nun direkt auf Sensorebene überprüfbar. „Und ein eingeklemmter Wasserschlauch ist jetzt über die Kamera zu sehen und manuell per Fernbedienung schnell wieder eingerollt“, ergänzt van Oijen.

JC Techniek nutzt für die Steuerung eine Gesamtlösung von Sigmatek: S-Dias-Module befinden sich in den Schaltschränken an der Dockingstation sowie direkt am Fahrzeug. Prozessormodule (CP102), digitale Eingangsmodule (DI200) und Relaisausgangsmodule (RO051) bieten die Möglichkeit zum Schalten einer externen Spannung. „Besonders im Schaltschrank des Wagens gibt es wenig Platz, da wir Schleifringe zur Übertragung der Spannung benötigen. Die extrem kompakten S-Dias-Module sind dafür perfekt“, so Johan Craemers.

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Der Platz im Schaltschrank ist knapp bemessen. Umso wichtiger sind kompakte Steuerungskomponenten.







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Beim Waschroboter sind Hydraulikmotoren im Einsatz und bei der Dockingstation spezielle Asynchronmotoren, mit deren Hilfe sich die Klappen genau in die Regenablaufrinnen des Gewächshauses senken bevor der Waschroboter auf das Dach fährt.

Mithilfe des Hardware-Editors der Engineering-Umgebung Lasal können die einzelnen Komponenten konfiguriert werden: Bewegungen nach rechts und links, die Pumpe, Thermostat, Beleuchtung, Ventilsteuerung oder auch der Sensorrollenzähler. Das objektorientierte Softwarepaket bietet auch eine Rezeptverwaltung. Johan Craemers: „Das hat den Vorteil, dass wir kundenspezifisch die jeweilige Größe des Gewächshauses und die individuelle ‚Wasch-Rezeptur‘ hinterlegen können und damit die benötigte Reinigungszeit.“ Einmal gespeichert lassen sich die Variablen des Kunden jederzeit abrufen und Reinigungsprogramme künftig schnell und präzise wiederholen.

Innovativ in die Zukunft

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Kameras und Funkübertragung ermöglichen die Überwachung von Wasser- und Stromleitungs-Rollen, kontinuierlich oder nach Alarmierung durch die Steuerung. Sigmatek

Tuinbouwservice Grashoek nutzt auch den Mailserver, der in Lasal Standard ist. Hat der Waschroboter seine Arbeit erledigt, sendet er eine E-Mail. Sowohl an der Dockingstation als auch an der Waschanlage befinden sich Richtantennen, welche kontinuierlich und wireless miteinander kommunizieren. „Anfangs wollten wir das über das bestehende 400V-Kabel per Powerline realisieren, aber es gab keinen Nullleiter“, so Johan Craemer und führt weiter aus: „Es war einfach unmöglich 250 m zusätzliches Kabel hinzufügen, also war Funk die nahe liegendste Lösung. Die Richtfunkantennen sind per Switch an die Sigmatek-Steuerung angeschlossen. Ton lacht: „Ich kann mich jetzt rund um die Uhr einloggen, genau sehen was geschieht und bei Bedarf manuell eingreifen. Die Zeiten, in welchen ich mit einem speziellen Schlitten zu einer festgefahrenen Anlage mitten aufs Dach des Gewächshauses musste, lasse ich gerne hinter mir.“

(sk)

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