Dank Lidar-Sensorik und Kamera-Überwachung müssen Roboterbewegungen nicht mehr so stark abgebremst werden, wenn sich ein Mensch nähert – ohne Kompromisse bei der Arbeitssicherheit.

Dank Lidar-Sensorik und Kamera-Überwachung müssen Roboterbewegungen nicht mehr so stark abgebremst werden, wenn sich ein Mensch nähert – ohne Kompromisse bei der Arbeitssicherheit. (Bild: Fraunhofer IWU)

Industrielle Fertigungsprozesse sollen gleichermaßen effizient, flexibel und sicher für die Mitarbeiter.innen sein. Wenn Mensch und Roboter gemeinsam an komplexen Aufgaben arbeiten, müssen Zielkonflikte zwischen diesen Anforderungen vermieden werden. Im EU-Projekt Sharework entwickelte einTeam des Fraunhofer IWU dazu einen Geschwindigkeitsregler sowie ein multimodales, umfassendes Wahrnehmungssystem. Aus Sicherheitsgründen muss die Roboterbewegung bei Annäherung eines Menschen zwar weiterhin abgebremst werden, aber deutlich weniger als bisher: Rund 25 Prozent schnellere Roboterbewegungen bedeuten einen erheblichen Effizienzgewinn.

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Intelligente Zonen für bessere Wahrnehmung

In einem Anwendungsfall beim Autohersteller Seat stand die Frage im Mittelpunkt, wie ein Roboter durch "zusätzliche Augen" seine Umgebung besser wahrnehmen und dadurch schneller auf seinem Weg bleiben kann. Dazu hat das Team die Wahrnehmungsbereiche neu aufgeteilt - in intelligente Zonen. Bei schnelleren Bewegungen "wächst" eine solche Zone mit, um die Kollisionsgefahr mit Menschen auszuschließen.

Für die Umfelderkennung kommen Lidar-Sensoren (Light Detection and Ranging) zum Einsatz, die wie Kameras Objekte mit gepulstem Laserlicht erkennen und kategorisieren. Die Kombination von Reaktionszeiten (Lidar: 50 Millisekunden, Kamera: 10 ms) und Überwachungsbereichen (Lidar: größere Bereiche, Kamera: Nahfeld) ermöglicht nun schnellere Bewegungen des Roboters.

Stichwort: Lidar

Es handelt sich um eine Technologie, die ähnlich wie Radar funktioniert, jedoch Laserstrahlen anstelle von Radiowellen verwendet, um Entfernungen zu messen. Ein Lidar-System sendet Laserimpulse aus und misst die Zeit (Time of flight), die das reflektierte Signal braucht, um zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Daraus können Abstand, Geschwindigkeit und Bewegungsrichtung eines Objektes errechnet werden.

Um welchen Faktor genau die Prozesszeiten verkürzt werden können, hängt im Einzelfall von der Tätigkeit und der eingesetzten Hardware für Robotik und Lidar-Sensorik ab. Anpassungsmöglichkeiten der Bewegungsgeschwindigkeit und Beschleunigung erhöhen die Akzeptanz bei den Mitarbeitenden.

Teil des Softwarepakets ist auch ein Modul zur Bewertung aller Sicherheitsaspekte. Diese können so frühzeitig in der Anlagenplanung berücksichtigt, technisch dokumentiert und digital zertifiziert werden. Damit stehen im digitalen Abbild (Zwilling) der Anlage alle relevanten Daten für spätere Änderungen zur Verfügung.

Die Forschungsergebnisse sind Teil des EU-Projekts Sharework. In diesem Projekt hat ein europäisches Konsortium aus sechs Forschungseinrichtungen, dreizehn Unternehmen und einer Normungsorganisation neue Lösungen für die Zusammenarbeit von Mensch und Roboter entwickelt. Die verschiedenen Soft- und Hardwaremodule ermöglichen es insbesondere Schwerlastrobotern (Industrierobotern), ohne physische Schutzbarrieren wie Zäune mit Menschen zu interagieren.

Die entwickelten Module wurden bereits in der Automobil-, Bahn-, Metall- und Investitionsgüterindustrie erprobt. Ein Einsatz ist aber auch in anderen industriellen Montage- und Produktionsprozessen denkbar, um die Effizienz der Fertigungsprozesse zu steigern.

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