Samit Atiya und Markus Sandhöfner auf der SPS 2019 vor dem B und R-Stand

Sami Atiya (links) und Markus Sandhöfner vor der Machine Centric Robotics- Demo. Die Synchronisierung zwischen Robotik und Maschinensteuerung spielt in der Wachstumsstrategie des ABB-Bereichs eine zentrale Rolle. (Bild: Redaktion IEE)

Vor knapp einem Jahr hat ABB die Robotik-Sparte mit B&R im Geschäftsbereich Robotik und Fertigungsautomation zusammengeführt. Wie fällt denn das erste Resümee aus?

Sami Atiya: Sehr positiv, denn eines der wichtigsten Ziele haben wir in Rekordzeit erreicht – die Kombination der Automatisierungstechnik von B&R mit der Robotik von ABB. Das schafft jede Menge Synergien – technologisch wie auch marktstrategisch.

Was heißt marktstrategisch?

Sami Atiya: ABB Robotik hat sich in bestimmten Märkten über die letzten Jahrzehnte stark entwickelt, beispielsweise in der Automobilindustrie. B&R ist mit seiner Automatisierungsplattform wiederum in strategisch wichtigen Branchen präsent, zum Beispiel im Maschinenbau für Nahrungs- und Genussmittel, im Bereich Pharma und der Medizintechnik oder in der Verpackungsindustrie. Hier wollen wir unsere ABB-Roboter verstärkt etablieren und so auch die Abhängigkeit von der Automobilbranche reduzieren.

Markus Sandhöfner: Auch technologisch passen die beiden Bereiche perfekt zusammen und schaffen die Voraussetzung für die Flexibilisierung von Maschinen. Deshalb haben wir so hart daran gearbeitet, diese tiefe Integration von Robotern in die Maschinensteuerung zu ermöglichen.

Es gibt heute keinen anderen Anbieter, der Automatisierungslösungen und Robotik aus einer Hand verkauft. Bei uns können Maschinenbauer in Zukunft ihre Roboter zusammen mit Steuerungen, I/Os und Antrieben beziehen und profitieren von einer mikrosekundengenauen Synchronisierung zwischen Robotik und Maschinensteuerung.

Machine Centric Robotics

ABB und BnR gemeinsame Lösung.

B&R

B&R bietet ABB-Roboter als integralen Bestandteil seines Automatisierungssystems an. Der Vorteil: eine laut B&R noch nie dagewesene Präzision bei der Synchronisierung zwischen Robotik und Maschinensteuerung. Maschinenbauer benötigen nur noch eine Steuerung und ein Engineering-System für Entwicklung, Diagnose und Wartung. Die Einstiegshürde für den Einsatz von Robotik sinkt daher massiv.

Die ABB-Roboter werden wie jede andere Automatisierungskomponente in der B&R-Entwicklungsumgebung programmiert. Die Robotik-Steuerung ist anschließend integraler Bestandteil der Maschinenapplikation. Durch die Verschmelzung von Maschinen- und Robotersteuerungen lassen sich die Bewegungen mikrosekundengenau synchronisieren.

Zahlreiche Funktionen erleichtern die Erstellung der Robotik-Applikationen. Mit den vorgefertigten Softwarebausteinen von mapp Technology parametriert der Entwickler die Maschinenapplikation inklusive der Robotik – Kenntnisse spezieller Robotiksprachen sind nicht erforderlich. Auch sicherheits-gerichtete Roboterapplika­tionen lassen sich umsetzen.

Setzt ABBs Roboter-Sparte genauso konsequent auf die Integration der Steuerungs- und Antriebstechnik? Ich denke, der typische Roboter-Schaltschrank ließe sich mit B&R-Komponenten kompakter bauen.

Sami Atiya: Wenn es für die Variante mit B&R-Steuerungstechnik und deren Engineering-Plattform Anwendungen gibt, dann wird man die natürlich auch entwickeln. Im Moment fokussieren wir uns auf den Maschinenbau. Danach schauen wir nach weiteren Möglichkeiten. Aber es gibt bereits Projekte in der Fertigungsautomatisierung, in denen wir B&R-Steuerungen und Industrie-PCs einsetzen. Und es werden immer mehr.

Markus Sandhöfner: Wir sind mit vielen Firmen in Gesprächen, die bis dato Steuerungstechnik von Drittanbietern für eine Roboter-Zelle einsetzen. Vielen gefällt unser Konzept und sie sind aufgeschlossen dafür, andere brauchen etwas mehr Zeit, weil sie auf bestimmte Marken eingeschworen sind.

Und wie verhält es sich mit dem Cross-Selling bei anderen Produktkategorien? Ich denke da an Sicherungsautomaten, Leistungsschalter und dergleichen.

Sami Atiya: Wir sind mit unserem Cross-Selling-Konzept sehr zufrieden. In jenen Ländern, in denen ABB und B&R vertreten sind, initiieren wir gemeinsam den Verkauf von Komponenten. Die gute Zusammenarbeit ist auch auf verschiedene Workshops zurückzuführen, die wir in der Anfangsphase in einigen Ländern abgehalten haben. Große Chancen für Cross-Selling gibt es zum Beispiel in China, wo allein mehr als 2.000 Mitarbeiter nur in der Robotik aktiv sind. Diesen Kundenzugang haben wir auch für B&R nutzen können. Und mit Machine Centric Robotics nimmt das Ganze jetzt nochmals Schwung auf.

Markus Sandhöfner: Seit wir vor nunmehr drei Jahren von ABB übernommen wurden, fragen Kunden nach genau dieser Lösung: Bisher basierte die Einbindung von Robotern auf SPS-Ebene immer auf zwei Steuerungen, was für den Anwender zwangsläufig mehr Aufwand bedeutete. Mit Machine Centric Robotics erhalten Kunden nun ein Komplettpaket und brauchen nicht mehr mehrere Lieferanten. Zudem stoßen neben der Integration von Robotern auch andere Lösungen, zum Beispiel Schaltgeräte informationstechnisch zu integrieren, auf reges Interesse.

Das Interview führte IEE-Chefredakteur Stefan Kuppinger

Ambitionierte Ziele

Mit der Integration können die vershciedensten Roboterkinematiken wie eine Achse in die B

Maschinenbauer können aus Knickarm-, Scara-, Delta- und Palettierrobotern in unterschiedlichen Größen und mit verschiedenen Nutzlasten wählen. B&R

Der Geschäftsbereich Robotik und Fertigungsautomation von ABB hat Ende Februar im Solutions Center in Friedberg seine Wachstums-Strategie vorgestellt. Das Ziel: 13 bis 17 % EBITA-Marge.

Der Geschäftsbereich trägt dazu bei, dass seine Kunden auf globale Megatrends reagieren können. Dazu zählen Fachkräftemangel, Digitalisierung oder auch die Individualisierung von Kundenbedürfnissen. Der Zielmarkt der Sparte dürfte deshalb von 75 Mrd. US-Dollar im Jahr 2019 auf 110 Mrd. US-Dollar im Jahr 2025 wachsen.

Mittelfristig erwartet der ABB-Bereich Robotik und Fertigungsautomation ein Umsatzwachstum, das über dem voraussichtlichen Marktwachstum von jährlich 6 % liegen wird. „Dank unserer starken Position in Schlüsselmärkten auf drei Kontinenten und unserem Fokus auf Innovationen rechnen wir mit einem Wachstum über dem Marktdurchschnitt“, sagte Sami Atiya, Präsident des ABB-Bereichs Robotik und Fertigungsautomation. Der Fokus liegt dabei auf bestehenden Segmenten wie der Auto­mobilindustrie, Automationslösungen einschließlich Maschinen- und Robotersteuerung sowie flexiblen Fertigungskonzepten. Dazu kommen neue Märkte wie Logistik und Gesundheit. Der Geschäftsbereich erzielt bereits 60 % seiner Umsätze außerhalb des Automobilsektors. Dazu Atiya: „Um neue Wachstumschancen zu realisieren, entwickeln wir unsere Robotik- und Automationslösungen kontinuierlich weiter und erschließen so neue Anwendungen und Märkte, darunter Logistik, Einzelhandel und Gesundheit.“

Der Geschäftsbereich Robotik und Fertigungsautomation von ABB ist weltweit der einzige Anbieter, der seinen Kunden im Sinne der ‘Fabrik der Zukunft‘ gemeinsame Robotik- und Automationslösungen zur Verfügung stellt, von der Maschinen- bis zur Werksebene. Die Fabrik der Zukunft ist vollständig automatisiert und vernetzt und zeichnet sich durch Produktivität, Flexibilität, Qualität und einfache Prozesse aus. Mit den integrierten Automations- und Robotiklösungen von B&R – darunter auch Machine Centric Robotics – profitieren Kunden von Lösungen aus einer Hand.

Im Geschäftsjahr 2019 entwickelte sich der Geschäftsbereich Robotik und Fertigungsautomation stabil – trotz eines schwierigen Geschäftsumfelds in wichtigen Märkten wie der Automobilindustrie und dem Maschinenbau. Der Umsatz lag bei rund 3,3 Mrd. US-$, die operative EBITA-Marge bei 11,9 %. Mit mehr als 400 000 installierten Robotern ist ABB weltweit der zweitgrößte, in China und Indien der größte Hersteller von Robotern. Der Geschäftsbereich beschäftigt rund 10 000 Mitarbeiter in über 50 Ländern.

(sk)

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