Mit dem offenen Betriebssystem OpenWrt hält Open Source auch in Industrie-Router Einzug.

Mit dem offenen Betriebssystem OpenWrt hält Open Source auch in Industrie-Router Einzug. (Bild: Aleksey Stemmer, Cobalt, Snapfoto105 – Fotolia.com, Lucom)

Viele Privatpersonen setzen inzwischen auf das offene Betriebssystem OpenWrt. Denn durch den Funktionsumfang und die Flexibilität dieser Open Source Software lässt sich die vorhandene Router-Hardware oft effizienter ausnutzen. Außerdem kann die Hardware für weitere oder gänzlich andere Einsatzzwecke verwendet werden. So ist es möglich, eine USB-Schnittstelle, die von Seiten des Herstellers nur für den Anschluss von Drucker und Festplatte vorgesehen ist, mit OpenWrt für den Anschluss einer Webcam, einer Wetterstation oder eines USB/RS232-Konverters zu nutzen.

Das offene Betriebssystem unterstützt von Haus aus einen großen Teil der Hardware, die Linux unterstützt. In Anwendungsfällen, bei denen teure Spezial-Hardware notwendig ist, kann somit bereits bestehende oder günstigere Hardware verwendet werden. Die dazu notwendigen Software-Pakete und Treiber lassen sich über einen in OpenWrt integrierten Paket-Manager in wenigen Schritten nachträglich installieren. Ebenso kann der Anwender nicht benötigte Pakete entfernen, sodass sich der Funktionsumfang auf das Nötigste reduzieren lässt, wodurch wiederum mehr Ressourcen für andere Anwendungen zur Verfügung stehen. Einige Projekte, wie die Freifunk-Community, bieten spezielle OpenWrt Firmwares an, die bereits die optimale Paketzusammenstellung enthält.

Technik im Detail: Wie OpenWrt entstand

Viele Hersteller setzen bei Heim-Routern auf Linux als Unterbau, jeweils ergänzt durch eigene Applikationen und mit einer eigenen Oberfläche. Linux ist zwar frei und quelloffen, aber gemäß der entsprechenden Lizenz (GPL) müssen Modifizierungen des Quellcodes wieder der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden. 2003 gab ein Hersteller von Heim-Routern erst nach einem öffentlichen Appell den geänderten Quellcode heraus. Dieser wurde dann von anderen Entwicklern als Basis für weitere Anpassungen verwendet.

Als eine dieser Abspaltungen wurde 2004 die Linux-Distribution OpenWrt ins Leben gerufen. Diese hat sich im Laufe der Zeit schließlich als Quasi-Standard unter den freien Router-Distributionen durchgesetzt, um die sich inzwischen eine große Community entwickelt hat. Seither wurde im Durchschnitt jährlich eine neue offizielle Version herausgegeben, die Aktuellste im Mai 2015. Diese offiziellen Versionen sind bereits für viele Geräte als Firmware-Datei verfügbar. Im einfachsten Fall lässt sich somit das bestehende Herstellerbetriebssystem eines vorhandenen Routers durch OpenWrt ersetzen – oft mit nur wenigen Mausklicks.

Nicht nur der Funktionsumfang ist entscheidend – OpenWrt kann auch die Langlebigkeit der Hardware erhöhen, da es im Home-Bereich oft nur für wenige Jahre Sicherheits-Updates durch den Hersteller gibt. So lange keine technischen Gründe dagegen sprechen, zum Beispiel zu wenig RAM, bietet die OpenWrt-Community aktuelle Versionen auch für ältere Geräte an.

Aufgrund der genannten Vorteile spielt für viele Endanwender die Kompatibilität mit OpenWrt daher inzwischen eine Rolle bei der Kaufentscheidung. Auch bei Preisvergleichsportalen wird die Möglichkeit eines OpenWrt-Upgrades inzwischen häufig mit angegeben.

Trotz der großen Verbreitung können jedoch nicht alle Router mit OpenWrt nachgerüstet werden. So gibt es für manche Chipsätze (noch) keine freien Treiber durch den Hersteller. Diese können zwar auch von der Community entwickelt werden, aber das kann sehr zeitaufwendig sein. Hierfür ist gegebenenfalls Reverse Engineering erforderlich, das sich nur in Ausnahmefällen lohnt. Zudem erlischt bei vielen Hardware-Herstellern die Garantie, wenn die eigene Firmware durch OpenWrt ersetzt wird.

OpenWrt in der Industrie

Die Web-Oberfläche des Routers wurde kaum angepasst, damit sich geübte OpenWrt-Nutzern schnell zurechtfinden.
Die Web-Oberfläche des Routers wurde kaum angepasst, damit sich geübte OpenWrt-Nutzern schnell zurechtfinden. (Bild: Lucom)

Lange Verfügbarkeit von Software-Updates sowie eine einheitliche Oberfläche und umfangreiche Konfigurationsmöglichkeiten unabhängig von der Produktvariante – das sind entscheidende Kriterien bei Produkten im Industriebereich. Trotzdem ist OpenWrt in der Industrie bisher kaum verbreitet. So gut wie alle Industrie-Router nutzen zwar bereits Linux als Basis, aber anders als im Home-Bereich ist ein Wechsel vom Herstellerbetriebssystem nicht praktikabel – allenfalls für experimentierfreudige und fachkundige Techniker.

Ist ein normaler Industrie-Router eine exakt aufeinander abgestimmte Einheit aus Hardware und Betriebssystem, so verhält sich OpenWrt in etwa wie Windows auf beliebiger Computer-Hardware. Als Hardware-Hersteller ist es hierbei nicht möglich einen kompletten rundum Support für die Software zu bieten. Durch die wachsende Popularität von OpenWrt im Heimbereich sowie die große Community, inklusive umfangreicher Wiki-Hilfe, wird dieser Umstand jedoch ein wenig ausgeglichen.

Lucom, ein Unternehmen der Exceet Group, hat mit dem LobiX WRT seit Kurzem einen Router auf dem Markt, der OpenWrt bereits als Standard-Betriebssystem vorinstalliert hat. Es verfügt über zwei Ethernet-Schnittstellen, eine serielle RS232-Schnittstelle, USB-2.0-Host und Wlan sowie eine interne Schnittstelle für Zusatzmodule. Zudem sind vier digitale Eingänge und zwei digitale Ausgänge vorhanden, jeweils potenzialfrei. Der Router  richtet sich insbesondere an Nutzer, die bereits Erfahrung mit OpenWrt haben. Aus diesem Grund wurde die Web-Oberfläche nur in geringem Umfang angepasst, sodass erfahrene Nutzer wie gewohnt navigieren können

Der Router ist für viele Anwendungsfälle gerüstet, zum Beispiel als LAN-to-LAN-Router, Wlan-Accesspoint, I/O-Meldegerät, VPN-Gateway – oder auch kombiniert. Eine Grundausstattung an Paketen wird bereits mitgeliefert, fehlende Anwendungen können Anwender einfach über die Web-Oberfläche nachinstallieren. Darunter sind auch Programme, durch die das Gerät IoT-Ready wird.

M2M-Kommunikation dank OpenVPN

Ein wichtiges Software-Paket ist OpenVPN, das sich gegenüber dem verbreiteten Standard IPSec immer mehr als einfache und sichere Alternative für VPN-Netzwerke durchsetzt – auch in der Industrie. OpenVPN kommt auch beim VPN-Portal Digicluster von Lucom zum Einsatz. Dieses Portal ermöglicht das sichere Vernetzen von einzelnen Maschinen und PCs sowie von ganzen Netzwerken und Anlagenparks. Dies geschieht ohne aufwendige manuelle Konfiguration mit nur wenigen Mausklicks. Die Netzwerke lassen sich anschließend sowohl über eine direkte IP-Verbindung (1:1 NAT), als auch über die tatsächlichen IP-Adressen der Teilnehmer ansprechen. DynDNS und Portfreigaben gehören damit der Vergangenheit an. Ebenso ist der Zugriff über einen direkten Web-Link oder per Smartphone möglich.

Tobias Volgnandt

ist Software Developer bei der Lucom GmbH in Zirndorf.

Sie möchten gerne weiterlesen?