Die rotierende Blisteranlage Medmaster 500 ist mit Kassetten-Plätzen für bis zu 500 unterschiedliche Pillen ausgestattet. Pro Stunde kann sie rund 7 200 Beutel pro Stunde mit Arzneimitteln befüllen.

Die rotierende Blisteranlage Medmaster 500 ist mit Kassetten-Plätzen für bis zu 500 unterschiedliche Pillen ausgestattet. Pro Stunde kann sie rund 7 200 Beutel pro Stunde mit Arzneimitteln befüllen. (Bild: Next Dispensers)

Die Blistermaschine Medmaster füllt bis zu 2 000 unterschiedliche Medikamente in Losgröße 1 ab. Und das ziemlich schnell: Pro Sekunde schafft sie durchschnittlich zwei Beutel. Also etwa 7 200 Beutel pro Stunde. Entwickelt wurde die Blistermaschine von der niederländischen Firma Next Dispensers in Zusammenarbeit mit dem Prozessautomatisierungsunternehmen Van Wijngaarden Solutions. Sigmatek lieferte die komplette Automatisierungstechnik. Medikamente effizienter und wirtschaftlicher zu verpacken ist nur mit modernen Anlagen machbar. Doch hier herrschte laut Rene Olthof Nachholbedarf. In den vergangenen 30 Jahren habe sich in der medizinischen Blisterindustrie nicht viel getan. Der Geschäftsführer von Next Dispensers will daher für einen Modernisierungsschub in medizinischen Blisterzentren sorgen. Dem stimmt auch Remi van Wijngaarden, Geschäftsführer Van Wijngaarden Solutions, zu: „Es hat einen jahrzehntelangen Entwicklungsstillstand gegeben.“ Die derzeitigen Maschinen seien auf dem Technologiestand der 1980er und -90er Jahre und könnten die steigenden Anforderungen an Schnelligkeit, Genauigkeit und Hygiene nicht mehr erfüllen. In der Softdrink- und Fruchtsaftindustrie füllen Anlagen bis zu 2 000 Dosen pro Minute ab. „Blisteranlagen für Medikamente schaffen gerade einmal 1 200 Beutel pro Stunde“, ergänzt Olthof.

Zudem sind die Ausfallzeiten derzeitiger Anlagen laut der Fachmänner zu hoch und es komme zu Verunreinigungen sowie Sortier- und Abfüllfehlern. „Dadurch müssen viele Medikamente ausgesondert werden“, erklärt Van Wijngaarden. Diese Fehler entstehen durch asynchrone Einstellungen der Anlage. Kommen beispielsweise die Medikamente nicht im exakten Moment bei der Abpackung an, fällt eine Pille eventuell in den falschen Beutel. Bei zu hoher Geschwindigkeit des Motors ist es möglich, dass ungewollt eine zweite Tablette im Blisterbeutel landet.

Mehr Produktivität und Sicherheit

Das Ziel bei der Entwicklung der Medmaster war es laut Olthof, eine Blistermaschine zu entwickeln, die mehr Produktivität, hohe Verfügbarkeit, Schnelligkeit, eine einfache Zugänglichkeit des Pufferspeichers sowie eine einfache Reinigung und echtzeitfähige Datenübertragung ermöglicht. Gut drei Jahre dauerte es, bis aus der Vision Realität wurde und ein modulares Blistersystem für die Pharmaindustrie entstand. Die Medmaster stellt über ein Kassettensystem Platz für bis zu 500 unterschiedliche Medikamente zur Verfügung. Unter jeder Kassette befindet sich ein RFID-Chip, der Informationen über den Behälter liefert. Hier ist beispielsweise gespeichert, welche Tabletten, Pillen oder Kapseln in der Kassette gelagert sind und ob die Kassette richtig platziert ist. Ein LED-Statussystem (rot, grün, blau) zeigt den aktuellen Füllstand an. Im laufenden Betrieb lässt sich ein Behälter innerhalb von 5 s austauschen. Die Rezepte laufen über ein ERP-System, das die Reihenfolge der Kassettenansteuerung organisiert.

Das gewählte Arzneimittel fällt aus der Kassette durch einen Schacht in die Karussell-Konstruktion. Auch Pillen mit einer Größe von nur 2 mm werden vom System erkannt. Die kontinuierlich rotierende Maschinenkonstruktion arbeitet alle 500 Kassetten ab, bis die Medikamente eines Rezepts gesammelt wurden. Bis zu vier Karussells mit 250 und 500 Kassetten lassen sich kombinieren, sodass bis zu 2 000 Arzneimittel zur Auswahl stehen.

Neben zwei Servomotoren für die Ansteuerung des Karussells, ist eine Synchron-Einheit zur Ankopplung eines Transport-Systems vorhanden. Dieses befördert die Medikamente nach dem Sammelprozess in eine vertikale Füll- und Verschließanlage. Die ‚Pouch-Packer-Einheit‘, eine vertikale Schlauchbeutelmaschine, verpackt die Pillen portionsweise und schafft dabei bis zu drei Beutel pro Sekunde. Geht man von durchschnittlich zwei Beuteln aus, sind das rund 7 200 Beutel pro Stunde – ein enormer Produktivitätssprung im Vergleich zu den aktuell üblichen 1 200 Beuteln pro Stunde.

Automatisierung im Gesamtpaket

Im Maximalausbau (2 000 unterschiedliche Medikamente) sind 2 000 Schrittmotoren, 17 Servomotoren, fünf Asynchronmotoren und insgesamt 4 000 I/Os im Einsatz.

Im Maximalausbau (2 000 unterschiedliche Medikamente) sind 2 000 Schrittmotoren, 17 Servomotoren, fünf Asynchronmotoren und insgesamt 4 000 I/Os im Einsatz. Sigmacontrol/Next Dispensers

Für die Verpackungsmaschine lieferte Sigmatek eine Komplettlösung: das kompakte Steuerungs- und I/O-System S-Dias, Visualisierung, Antriebs- und Sicherheitstechnik, programmiert mit der Engineeringplattform Lasal. Zunächst zum I/O-System: Der Salzburger Automatisierungsanbieter entwickelte zusammen mit Van Wijngaarden Solutions eine Lösung, um die Kommunikation zwischen Karussell und Kassetten zu verbessern. Dazu platzierten die Entwickler Open-Frame-S-DIAS-Karten direkt unter die Kassetten. Der Datenaustausch mit der CPU erfolgt über ein Varan-Echtzeit-Ethernet-Interface. Das hart echtzeitfähige Bussystem ermöglicht eine schnelle Datenübertragung, Datensicherheit und Verfügbarkeit. „Dank Varan wird ein schneller und sicherer Prozessablauf ermöglicht – trotz der komplexen Informationsverarbeitung bedingt durch die große Zahl an Motoren und Sensoren“, erklärt van Wijngaarden. Auch die bis zu 500 Schrittmotoren pro Karussell zur Tablettenausgabe werden über die S-DIAS-Karten angesteuert. Die benötigte Rechenleistung kommt von den kompakten C-IPCs, die die Daten über Varan an die S-DIAS I/Os senden. Zur Ansteuerung der drei bis fünf Servoachsen pro Einheit sind die modularen DIAS-Drives 100 im Einsatz, die zudem auch die beiden Asynchronmotoren der Schlauchbeuteleinheit ansteuern.

Mithilfe der Engineering-Plattform Lasal konnte die Applikation modular erstellt werden, sodass sie sich kundenspezifisch zusammenstellen und erweitern lässt. „Mit dem objektorientierten Engineering-Tool können wir durch Vererbung unterschiedliche Hardwarekomponenten wie Schritt-, Asynchron- und Servomotoren mit dem gleichen Bewegungsobjekt ansteuern“, sagt van Wijngaarden. Das spare Zeit in der Applikationsentwicklung und erhöhe die Flexibilität in Bezug auf die Regelung von Kraft, Position und Geschwindigkeit. Soll beispielsweiße ein anderer Typ von Schrittmotoren hinzugefügt und getestet werden, müssen Anwender nur die Parameter anpassen. Tests lassen sich schnell durchführen und die Steuerungskonfiguration festlegen. „Eine objektorientierte Programmierung ist ein großer Vorteil und verkürzt die Entwicklungszeiten um bis zu zwei Jahre“, ist sich van Wijngaarden sicher.

Auch ERP-Systeme lassen sich relativ einfach in die Medmaster-Serie integrieren. „Wir haben ein Open-Source-Interface entwickelt, das alle Daten der Maschine bereitstellt. So sind Informationen über Produktivität, eventuelle Fehlermeldungen und Ausfallzeiten jederzeit abrufbar.“ Während des Sammelprozesses stehen den Kassetten die gesamten Maschinen-Informationen in Echtzeit zur Verfügung.

Ingrid Traintinger,

Marketing/Kommunikation bei der Sigmatek GmbH in Lamprechtshausen, Österreich.

(mns)

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