Auf dem weltgrößten Arbeitsschiff Pioneering Spirit der Reederei Allseas überwachen SIL-zertifizierte Drehgeber die wesentlichen Hubsysteme: das Topsides Lift System (TLS) und das Jacket Lift System (JLS).

Auf dem weltgrößten Arbeitsschiff Pioneering Spirit der Reederei Allseas überwachen SIL-zertifizierte Drehgeber die wesentlichen Hubsysteme: das Topsides Lift System (TLS) und das Jacket Lift System (JLS). (Quelle: TR-Electronic)

Mit einer Länge von 382 Metern und einer Breite von 124 Metern ist die Pioneering Spirit das größte Arbeitsschiff der Welt. Das Schiff der Reederei Allseas wurde entwickelt, um große Offshore-Plattformen von bis zu 48 000 Tonnen zuerst aus ihrer Verankerung (Jacket) zu hieven. Die Bohr-Plattformen kann so an einem Stück transportiert werden und z.B. an Land statt auf hoher See demontiert werden. Das reduziert den Aufwand für den Auf- und Abbau von Bohrplattformen erheblich. Ebenso kann das Schiff auch die bis zu 20 000 Tonnen schweren Verankerungen vom Meeresgrund heben.

Das gigantische Arbeitsschiff verfügt am Bug über 16 Dünungskompensierte Hydraulikbalken, das sogenannte „Topsides Lift System“ (TLS), das die Plattform anheben kann. Hinten am Heck befindet sich das Tilt-Beam System oder Jacket Lift System (JLS), mit dessen diversen Winden wiederum die Fundamente angehoben werden. Die Überwachung der beiden zentralen Hebesysteme erfolgt mit Safety Encodern von TR Electronic, die an diversen Stellen der Takel- und Hebevorrichtungen angebracht sind. Die Encoder überwachen die ausgefahrene Position an den Hubbalken des Topside Lift System. Zusätzlich zum regulären Steuerungs- und Überwachungssystem haben die Ingenieure von Allseas mithilfe einer Safety PLC und den Safety Encodern ein völlig unabhängiges Sicherheitssystem entwickelt. Es überwacht ob sich die Hubbalken innerhalb ihres sicheren Arbeits­bereichs bewegen. Sollte ein Hubbalken trotz aller Maßnahmen diese Sicherheitswerte überschreiten, greift die Safety-SPS ein und stoppt umgehend die Bewegung.

Beim Jacket Lift System werden wiederum die Position des Hubrahmens und die Geschwindigkeit, mit der die Hublast steigt oder fällt, mit den sicherheitsgerichteten Encodern kontinuierlich überwacht. In der Safety PLC ist eine sichere Geschwindigkeit programmiert, mit der sich die Hublast bewegen darf. Sollte sich die Hublast schneller als die eingestellten Sicherheitswerte bewegen, greift auch hier das Sicherheitssystem ein.

Warum sich die Encoder für Heavy-Duty eignen

Mit einem Durchmesser von nur 58 mm sind die von Allseas verwendeten SIL3/PLe-zertifizierten Sicherheits-Encoder die derzeit kompaktesten optischen Profisafe-Encoder auf dem Markt. In diesem kompakten Bauraum steckt ein echt absolutes Multiturn-Doppelgebersystem mit integrierter Sicherheitsauswertung, das die gesicherten Positionsdaten (Safe Position – SLP) ausgibt - je nach Ausführung des Drehgebers gemäß der höchsten Sicherheitsstufe SIL3/PLe oder optional auch ‚nur‘ als SIL2/PLd. Dabei lässt sich der SIL-Drehgeber den verschiedensten Anbausituationen anpassen.

Bei der Ausführung als Vollwelle sorgen eine Nut und eine Passfeder für den notwendigen Formschluss zwischen Antriebsachse und Sensor; bei Sackloch- und durchgehenden Hohlwellen bis 15 mm eine Nut in der Hohlwelle. Mit den regulär verfügbaren Flanschvarianten lässt sich nahezu jede Einbau­situation umsetzen. Besteht bei extrem wechselnden Temperaturen die Gefahr der Betauung, Windkraftanlagen sind ein typisches Szenario, kann auf die Version mit redundanter vollmagnetischer Abtastung zurückgegriffen werden.

Die SIL-zertifizierten Drehgeber unterstützen sowohl das Encoder-Profil V4.2 (Profinet) als auch V2.6.1 (Profisafe) im Basis- und erweiterten Modus.

Die SIL3/PLe-zertifizierten Drehgeber vom Typ CDH582 und CDV582 übertragen über Profisafe die  redundant erfassten Positionswerte der Hubbalken an die  autark arbeitende  Safety-SPS.
Die SIL3/PLe-zertifizierten Drehgeber vom Typ CDH582 und CDV582 übertragen über Profisafe die redundant erfassten Positionswerte der Hubbalken an die autark arbeitende Safety-SPS. (Quelle: TR-Electronic)

So funktionierten magnetostriktive Sensoren

Messprinzip der Messprinzip
Messprinzip der Messprinzip (Quelle: TR-Electronic)

Das Messprinzip magnetostriktiver Sensoren basiert auf einer Laufzeitmessung: In einem Schutzrohr ist ein magnetostriktiver Draht (Wellenleiter) gespannt, durch den Strompulse gesendet werden. Dadurch entsteht um den Draht ein ring­förmiges Magnetfeld. Als Positionsgeber dient ein berührungslos zu führender Permanent-Magnet, der den Messdraht umschließt. Folglich wirkt dessen Magnet auf den Wellenleiter ein. Am Messpunkt treffen die unterschiedlich ausgerichteten Magnetfelder von Positionsgeber und Wellenleiter aufeinander. Diese Über­lagerung löst einen Torsionsimpuls aus, der sich mit konstanter Schallgeschwindigkeit entlang des Drahtes in beide Richtungen des Messdrahts bewegt. Die Zeitdifferenz zwischen dem Aussenden des Stromimpulses und der Ankunft des Torsionsimpulses am Messwertaufnehmer im Sensorkopf des Linearencoders setzt die Auswerteelektronik in ein wegproportionales Signal um und stellt dieses als digitales oder analoges Ausgangssignal zur Verfügung. Encoder-Typen mit SIL-Zertifizierung beziehungsweise Zwei- oder Dreifachredundanz (im Bild skizziert) haben dann einfach mehrere Messdrähte und Auswerteeinheiten.

Bis zu vier Instanzen des sicheren Drehgebers versorgen bis zu vier Sicherheits-Steuerungen gleichzeitig mit Positions- und Geschwindigkeitsdaten mit einer Bus-Wiederholrate von 3 ms. Weitaus schneller arbeitet der nichtsichere Kommunikationskanal, der die Positionswerte mit 1 ms überträgt und damit auch schnell genug ist für echtzeitfähige Positionsregelungen. Um den Jitter gering zu halten, lässt sich die Istwert-Ausgabe mit dem Bustakt synchronisieren. Auch bei den sicherheitsgerichteten Geräten stehen die erweiterten Möglichkeiten von Profinet zur Verfügung, beispielsweise die Nachbarschaftserkennung für einen Austausch ganz ohne Programmiersystem, der schnellere Hochlauf bei Spannungswiederkehr und das Media-Redundancy-Protokoll, das durch einfachen Ringschluss des Bus-Segments eine redundante Kommunikation ermöglicht und damit die Verfügbarkeit erheblich erhöht. Wo immer ein Standarddrehgeber 58 mm eingesetzt wird, kann mit dem CD_582+FS eine Achse, ein Anlagenmodul, eine Maschine mit Sicherheitsfunktionen entsprechend den aktuellen Grund- und Ausführungsnormen um- oder nachgerüstet werden. Der Multiturn CD_582+FS passt überall dort, wo auch die nicht funktional sicheren CE_582 sowie CM_582 eingebaut werden können. Mit CD_582+FS ist der Einsatz zertifiziert sicherer Komponenten keine Frage des Bauraums mehr.

TR-Electronic liefert in den maritimen Sondermaschinenbau schon seit vielen Jahren Sensorik-Lösungen auch ohne spezifische Schiffs-Zulassungen. Gerade im Sondermaschinenbau werden ganze Anlagen abgenommen und die entsprechenden Anforderungen werden durch die gesamte Anlage erfüllt. Im Fall von TLS und JLS der Pioneering Spirit war die Anforderung Funktionale Sicherheit entscheidend.

Die dreifach-redundant ausgelegten Linear-Sensoren sind von der DNV-GL Group für maritime Einsätze zertifiziert worden.
Die dreifach-redundant ausgelegten Linear-Sensoren sind von der DNV-GL Group für maritime Einsätze zertifiziert worden. (Quelle: TR-Electronic)

Es geht auch linear

Auch die absoluten Linear-Geber LMR70 verrichten bereits seit vielen Jahren zuverlässig ihren Dienst in vielen besonders schwierigen Umgebungen, seit kurzem sind die zwei- beziehungsweise dreifach redundant ausgeführten Wegsensoren auch für den maritimen Einsatz zugelassen. Die DNV-GL Group, hervorgegangen aus dem Zusammenschluss von Det Norske Veritas und Germanischer Lloyd, hat die Wegsensoren geprüft und deren Anwendung für Schiffe, Offshore-Anlagen sowie Hoch­geschwindigkeits- und Leichtboote zugelassen.

Im Messsystem LRM 70 arbeiten gleichzeitig und unabhängig bis zu 3 Sensorelemente. Unabhängig heißt: Jedes Sensorelement hat eigene Anschlüsse für Versorgungsspannung und Signalausgang - vom Netzteil über den Sensordraht und die Empfangsspule bis zum Ausgangstreiber ist alles dreimal vorhanden. Jedes der drei Systeme arbeitet einzeln. Sind mehrere der magnetostriktiven Sensorelemente gleichzeitig aktiv, synchronisieren sie sich eigenständig, um sich nicht gegenseitig zu stören.

Damit ist es dem Anwender überlassen, die Messsysteme einzeln zu betreiben, oder durch Kreuzvergleich oder einer ‚2 aus 3‘-Auswertung die Zuverlässigkeit zu erhöhen, das heißt den von der jeweiligen Applikation geforderten Sicherheitslevel einzuhalten. Die Messwerte werden über Analogschnittstellen (4 bis 20 mA) ausgegeben. Ausgelegt für bis zu 400 bar Dauerdruck (600 bar Peak) eignen sich die Messsysteme LMR70-A auch für den direkten Einbau in Hydraulikzylinder. Gerade der maritime Sondermaschinenbau, etwa Schwimmkrane, Kabellegeschiffe oder Windkraftwerk-Wartungsschiffe, profitiert von der Zuverlässigkeit und Reproduzierbarkeit der berührungslosen Messwerterfassung mit Magnetostriktion. Mit dem nun vorliegenden Zertifikat ist ein Einsatz in diesen Anwendungen problemlos möglich. Denkbar sind auch Anwendungen wie die Positionsrück­meldung bei hydraulischen Ruderantrieben.

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