Ob Mikrochips, Transistoren oder andere Bauteile, ein Ende des Miniaturisierungstrends ist nicht in Sicht. Mit ihrer Größe sinken auch die Preise der Komponenten, ermöglicht durch hohe Durchsätze und kurze Zykluszeiten der Produktionsanlagen. Als zweiter preisbildender Faktor ist die Ausfallquote der produzierten Bauteile entscheidend. Bei den kompakten Komponenten führen kleinste Verunreinigungen zu Produktionsfehlern. Sauberkeit ist daher in der Massenproduktion elektronischer Komponenten das oberste Gebot. Um Ausfälle zu vermeiden, reinigen die Hersteller die Bauteile auch zwischen den einzelnen Verarbeitungsschritten. Dabei geht es um Geschwindigkeit und Qualität: Der Reinigungsprozess muss schnell hohe Reinheitsgrade erreichen, ohne dabei das Bauteil zu beeinträchtigen.
Bauteile chemisch reinigen – aber ohne
Chemikalien
Hersteller elektronischer Bauteile wenden in der Produktion unterschiedliche Reinigungsverfahren an: wässrige Lösungsmittel, UV-Licht, Ultraschall oder Plasma-Technologien. Plasma lässt sich unter anderem zur chemischen Reinigung durch Reaktionen zwischen Ionen und Schmutzteilchen verwenden, die zu gasförmigen Molekülen werden. Der Vorteil der chemischen Plasmareinigung ist, dass die Materialoberflächen unversehrt bleiben. Unerwünschte Ablagerungen entweichen als Gas, das sich über eine Vakuumpumpe abführen lässt. Dabei entstehen keine umweltschädlichen Nebenprodukte, wie etwa bei der chemischen Nassreinigung. Die Plasmareinigung entfernt von bloßem Auge nicht erkennbare Schmutzpartikel, die nur wenige Nanometer messen, da die Reaktionen auf Molekülebene ablaufen. Der Reinigungsprozess ist außerdem unabhängig von der Geometrie des Bauteils und der Oberflächenstruktur.
Vollautomatisch und kompakt
Das Liechtensteiner Unternehmen UCP hat speziell für kleine Bauteile ein schonendes, chemisches Plasmareinigungssystem entwickelt, „das bei kleinen Bauteilen einen hohen Durchsatz erzielt, ohne das Material zu strapazieren,“ so Geschäftsführer Franz-Xaver Lenherr. Im März präsentierte das Unternehmen das neue Plasmareinigungssystem Supernova auf der Semicon in Shanghai. Es ist für den Einsatz in großen Produktionslinien konzipiert, daher achteten die Ingenieure auf eine kompakte Grundfläche, die beim fertigen Gerät 1 m2 beträgt, und eine geringe Höhe. Das Plasmareinigungssystem kann über 700 kleine, etwa 30 mm breite, Bauteile pro Stunde reinigen und übertrifft das Vorgängermodell damit um 300 Teile. Auch in puncto schonender Arbeitsweise kann der Vorgänger nicht mithalten. „Ältere Modelle mit großen Magazinen bewegen ein Werkstück bis zu 80 Mal. Für sensible Bauteile ist das problematisch,“ erläutert Lenherr. Im Gegensatz dazu kommt die neue Anlage mit zwei Horizontalbewegungen pro Bauteil aus. Projektleiter Michael Haltinner ergänzt: „Das Reinigungssystem ermöglicht ein besseres Handling der Werkstücke, was aus einem veränderten Entwicklungsansatz resultiert.“
Neues Reinigungskonzept
In der Regel befördern Plasmareiniger die zu reinigenden Bauteile in die Vakuumkammer. Mit diesem Grundsatz brachen die Entwickler. Nun fährt die Kammer zum Bauteil. Zentrales Element der Anlage ist ein höhenverstellbarer Tisch, der Bauteile aufnimmt und als Boden der Vakuumkammer fungiert. Für die Bewegungen des Plasmareinigers sorgen drei Achsen, die mit Servomotoren und kompakten Antriebsreglern von Sigmatek ausgestattet sind. Vor der Zündung des Plasmas erzeugt eine Vakuumpumpe einen Unterdruck von 0,1 mbar, bevor ein Argon-Wasserstoff-Gemisch in die Prozesskammer einströmt. Ein 600-W-Netzteil erzeugt mittels hochfrequenter Wechselspannung das Plasma während der Prozesszeit von etwa 20 s. Die Automatisierung des gesamten Reinigungsprozesses läuft über ein zentrales Control-Panel. Durch die wenigen Bewegungen verlassen gereinigte Bauteile die Anlage auf dem gleichen Weg, auf dem sie gekommen sind.
Platz im Schaltschrank sparen
Für die Automatisierung lieferten die Experten von Sigmatek ein Komplettpaket: Steuerung, Visualisierung und Bedienung. Alle Funktionen befinden sich im ETV-Control-Panel. Das spart Platz im Schaltschrank und verringert den Verkabelungsaufwand. Motion Control, SPS und Safety sind ebenso ins zentrale Steuerungssystem integriert. Das erleichtert die Programmierung und ermöglicht eine übersichtliche Strukturierung der Applikationssoftware. Das modulare Servo-Antriebssystem Dias-Drive 100 ist komplett in die Systemarchitektur integriert. Alle Parameter und Konfigurationsdaten der Antriebe sind zentral in der Steuerung abgelegt. Beim Austausch eines Servoantriebs werden die Parameter automatisch zurückgespielt. Die Kommunikation zwischen der Steuerung und den Peripheriegeräten erfolgt über das hart-echtzeitfähige Ethernet-Bussystem Varan. Bei den Servoantrieben funktioniert der Datenaustausch direkt, für die Vakuumpumpe und die Stromversorgung zur Plasmaerzeugung über I/O-Module.
„Die Unterstützung von Sigmatek hat dazu beigetragen, dass die Umsetzung der Supernova so reibungslos funktioniert hat,“ ist Haltinner überzeugt. Ein wichtiger Faktor war der Einsatz des Engineering-Tools Lasal. Ein Vorteil der objektorientierten Programmierung ist die Wiederverwendbarkeit von einmal erstellten Applikationen. Haltinner beschreibt: „Die Automatisierungssoftware ist modular aufgebaut, flexibel und einfach zu handhaben. Einmal erstellte Funktionsklassen können wir in jedem Projekt erneut einsetzen und einfach
anpassen.“
Technik im Detail
Plasmareinigung
Gase befinden sich im Plasmazustand, wenn ihre Moleküle überwiegend als Ionen vorliegen, also wenn die Moleküle positiv oder negativ geladen sind. Plasma wird daher auch als vierter Aggregatzustand bezeichnet. Zur chemischen Reinigung führt der Anwender das verunreinigte Objekt in eine Vakuumkammer ein. Nach dem Abpumpen der Umgebungsluft strömt Prozessgas ein, das durch hochfrequenten Wechselstrom zu Plasma wird. Die ionisierten Gasmoleküle sind reaktiv und bilden zusammen mit Verunreinigungen an der Oberfläche des Werkstücks gasförmige Moleküle. Schmutzpartikel verlassen die Objektoberfläche also ohne diese zu verändern und lassen sich während des Prozesses aus der Vakuumkammer absaugen.
Ingrid Traintinger
(dl)