Signalleitung

Die Schweizer Automobilschmiede Rinspeed präsentiert ihr neues Konzeptfahrzeug „Metrosnap“. Dabei setzt man erneut auf Technologie von Harting. (Bild: Harting)

Christian Brandenbusch, Leiter Vertrieb E-Mobility bei Harting,
Christian Brandenbusch, Leiter Vertrieb E-Mobility bei Harting, sieht Fahrzeuge, wie der Metrosnap als Kommunikationsmittel, um Lösungen und Ideen am Markt bekannt zu machen. (Bild: Harting)

Welchen Handlungsbedarf sehen Sie für eine schnellere Entwicklung der Elektromobilität in Deutschland?

Christian Brandenbusch: Elektromobilität begrenzt sich nicht nur auf das Umfeld beispielsweise der Ladeinfrastruktur für PKW und Busse. Es kommen sukzessive weitere Anwendungsfelder hinzu. Das Mehr an Digitalisierung, der Anspruch an autonome Systeme und die Forderung an maximale Mobilität sind enorme Treiber für viele weitere Bereiche der Industrie. Deutschland, mit seinen hochautomatisierten Produktionen bietet hier reichlich Potential für neue Innovationen.

Ein Ziel ist es, Deutschland zum Leitmarkt und Leitanbieter für Elektromobilität zu entwickeln. Sehen Sie hier Chancen für die deutsche Industrie sich entsprechend zu positionieren?

Christian Brandenbusch: Für den PKW-Sektor ist die Ladeinfrastruktur in den letzten 10 Jahren normiert und damit standardisiert worden. Deutschland hat hier einen maßgeblichen Anteil beigesteuert und diese Normung beispielweise für den AC-Ladesteckverbinder (Typ 2) und die DC-Ladelösung (CCS) durch aktive Beteiligung in den Arbeitsgremien mit vorangetrieben. Daher werden diese Standards auch in allen Ländern zum Einsatz kommen, in denen diese Norm gilt. Weiterhin sehen wir viel Aktivität im Bereich der Batterietechnologie, die ebenso viel Zukunftspotential aufzeigt. Spezielle Forschungscluster in diesem Fachbereich sind hier ebenso angesiedelt wie auch neue hochautomatisierte Produktionsbereiche zum Beispiel in der Automobil-Fertigung.

Als E-Mobilität bezeichnet man die Nutzung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen. Also Elektroautos, aber auch E-Bikes oder Pedelecs, Elektro-Motorräder sowie E-Busse und E-Trucks. Kurz gesagt, meint E-Mobility insbesondere die nachhaltigere Gestaltung des Mobilitätssektors. Wie ist hier die Sicht von Harting?

Christian Brandenbusch: Nachhaltigkeit ergibt sich nicht unbedingt nur aus der Haltung zu speziell elektrischer Mobilität. Hier ist ebenso zu berücksichtigen, dass die Energie auch nachhaltig erzeugt wurde. Daher sind wir auch aktiv im Bereich der Lösungen für erneuerbare Energiesysteme. Wir betrachten dabei nicht nur einzelne Elemente, sondern die gesamte Wertschöpfungskette der Energie: Von der regenerativen Erzeugung der Energie über die möglichst verlustarme Verteilung, die lokale Speicherung bis hin zum Verbrauch. Anwendungen sind hier unter anderem Kommunikations-Infrastrukturen für Solarfelder oder auch komplette Verkabelungssysteme für Windenergieanlagen. Das sind nur zwei Beispiele, wo Harting mit angepassten Lösungen platziert ist. In diesem Zusammenhang ist dann auch die Mobilität ein wesentlicher Treiber für nachhaltiges Handeln.

Es bleibt viel zu tun, bis eine lückenlose Ladeinfrastruktur geschaffen ist. Experten sagen voraus, dass daraus eine selten gesehene Chance für die Anbieter von Ladeausrüstungen resultiert. Wäre hier nicht eine intensivere Zusammenarbeit mit den diversesten Lieferanten und Lösungsanbietern von Ladesystemen sinnvoll, um die Infrastruktur voranzubringen?

Christian Bohne: Das Thema der Ladepunkte beschäftigt uns schon länger. Wir sind hier bereits seit vielen Jahren mit unseren Inlets für Ladesäulen platziert. Das sind die Steckdoseneinsätze, die man in den Ladesäulen oder den Wallboxen findet. Eine solche Ladesäule ist wie ein kleiner Schaltschrank in der Industrie zu betrachten. Auch hier finden sich diverse weitere elektronische Elemente, in denen wir mit angepassten Lösungen platziert sind. Aber auch hier ist es sinnvoll, mit anderen Partnern an Standards und Normen zu arbeiten, um diese wesentlichen Elemente der Ladeinfrastruktur zukünftig wirtschaftlich in hohen Stückzahlen am Markt platzieren zu können. Nur wenn die Zahl der Ladepunkte stetig steigt, wird sich die Elektromobilität im PKW-Sektor weiterhin durchsetzen. Wir leisten auch hier einen Beitrag und sind mit diversen weiteren Lieferanten im Gespräch für innovative neue Lösungen.

Erst „Etos“, dann „Oasis“, „Snap“ oder das Konzeptfahrzeug „metroSNAP“. Die Konzeptfahrzeuge der Schweizer Automobilschmiede Rinspeed klingen nicht nur futuristisch, sie sind es auch. Sind die Lösungen von Harting, die Sie hier anhand der Fahrzeuge zeigten, Konzepte geblieben oder sind daraus auch marktfähige Produkte entstanden?

Christian Brandenbusch: Fahrzeuge, wie die von Ihnen genannten sind Kommunikationsmittel, um neue Lösungen und Ideen am Markt bekannt zu machen und für die Umsetzung in zukünftige Lösungen den Weg zu bereiten. Der Snap hatte 2018 schon eine erste DC-Ladelösung und aufgrund der Zweiteiligkeit den Anspruch, möglichst automatisch und mechanisch geführt die elektrische Verbindung zweier Elemente zu sichern. In den Nachfolgern Microsnap und Metrosnap wurde das Konzept, einer autonomen Fahrzeugplattform mit einem flexiblen Aufsatz für unterschiedlichste Einsatzfälle automatisiert mit Energie und Daten zu versorgen weiter verfeinert. Dies hat dann in anderen Anwendungsbereichen der Industrie zu weiteren Lösungen geführt. Beispielsweise findet man diese so genannte Andockfunktion heute unter anderem in Batteriespeichersystemen, die modular aufgebaut sind, damit man die Speicherkapazität flexibel dem Bedarf anpassen kann und sich Services sicher und schnell umsetzen lassen.

Um den letzten Zweiflern die Bedenken gegenüber dem Durchhaltevermögen von Elektro-Autos zu nehmen, hat Harting den Automobilhersteller Volkswagen bei einer bemerkenswerten Herausforderung unterstützt. Ein VW ID.4 Compact SUV machte sich auf, die Vereinigten Staaten von Amerika im Uhrzeigersinn zu umrunden. Eine solch herausfordernde Langstrecke durch die USA hatte bislang noch kein Elektrofahrzeug hinter sich gebracht. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit und was war ihnen dabei wichtig?

Christian Brandenbusch: Wir sind davon überzeugt, dass die Elektromobilität in wenigen Jahren sich auch im PKW-Sektor weiter etablieren wird und in Verbindung mit regenerativer Energieerzeugung auch ihren Beitrag zur Klima- und Ressourcenschonung leisten wird. Gerade in den Vereinigten Staaten gibt es noch diverse Bundesstaaten, die das Thema E-Fahrzeuge noch nicht so recht für sich gewinnen konnten. Eine Tour durch alle Staaten mit Stopps an den Autohäusern und auch bei unserer Tochtergesellschaft in Chicago hat aufgezeigt, wie flexibel und wie mobil die Elektromobile Technologie heute sein kann. In Bezug auf die Ladeinfrastruktur hat die USA noch reichlich Potential.

Ladegerät
Um auch selbstständig die Batterie wieder aufzuladen, hat Harting gemeinsam mit Kuka ein robotergesteuertes Ladegerät entwickelt. (Bild: Harting)

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Christian Bohne, Customized Solutions bei Harting.
Mit der genormten AEF-Steckverbinderlösung steht eine neue Connectivity für Elektromobilität bereit, meint Christian Bohne, Customized Solutions bei Harting. (Bild: Harting)

Wenn man über nachhaltige Mobilitätsstrategie redet, muss man auch die Bahn ansprechen. Dabei fällt in diesem Zusammenhang der Begriff „Schiene 4.0 – digital, hochmodern und klimaschonend“ und Netz und Fahrzeuge synchron digitalisieren. Harting beliefert schon seit vielen Jahren die Bahnindustrie mit Steckverbindern und entsprechendem Zubehör. Welche Unterschiede bestehen zwischen der Elektromobilität Bahn und PKW und wo sind Synergien?

Christian Bohne: So viele Unterschiede in Bezug auf die Technologie gibt es gar nicht. Sicherlich sind die Leistungen höher und die Umweltanforderungen größer. Aber die Anforderungen an Zuverlässigkeit der Schnittstellen und Verkabelungen ist recht ähnlich. Ganz klar, wir befinden uns in zwei völlig komplett unterschiedlichen Normativen Umfeldern, die es auch hinsichtlich der Technischen Ausgestaltung der Infrastrukturen zu berücksichtigen gilt. Bei beiden gilt der Anspruch an zuverlässige Übertragung von Energie, Signalen und hochperformaten Datenübertragungen. Unsere jahrelange Erfahrung im Bahnsektor hat auch die Entwicklung neuer Ladesteckverbinder mit beeinflusst. Hochstromsteckverbinder beispielsweise, wie sie in der Bahntechnik für die Anbindung von Elektroantrieben im Bereich der Drehgestelle zum Einsatz kommen, entwickeln sich nicht in Monaten. Hier hat Harting mittlerweile eine große Varianz an Lösungen entwickelt, bei denen man trotz der Größe, aber im Vergleich zur übertragenen Leistung sogar von Miniaturisierung sprechen kann. Denn solche Leistungen auf solch kompakten räumlichen Verhältnissen zu übertragen, ist technisch sehr anspruchsvoll. Von dieser Erfahrung konnten wir auch bei den Entwicklungen der Ladelösungen partizipieren.  

Wir haben über Elektromobilität bei Elektroautos, E-Bikes, Pedelecs, Elektro-Motorrädern sowie E-Busse, E-Trucks und der Bahntechnik gesprochen. Wie sehen Sie hier die Zukunft in Bezug auf den Bedarf angepasster Steckverbindungslösungen und gibt es weitere Zweige, die sie schon aktiv angehen?

Christian Bohne: Wie schon erwähnt, treffen wir in vielen Industrie-Zweigen mittlerweile auf Elemente, die durch die Entwicklungen der Elektromobilität vorangetrieben werden. Zwei weitere Beispiele will ich noch nennen. Erstens die Logistik. Hier kennt man die Elektromobilität länger als in den meisten anderen Bereichen, denn Elektro-Stapler kennt fast jedes Kind. Die hier existierende Ladeinfrastruktur ist aber nicht auf die heute benötigte Flexibilität und für den autonomen Betrieb ausgerichtet. Daher erfordert es auch hier, zur Ladung der Batterie, neue Lösungen zu finden. Und da bedient man sich vermehrt den genormten Ladelösungen und passt diese auf die jeweiligen Anforderungen an.

Ähnlich ist es auch im Agrar-Sektor. Der Arbeitsplatz auf einem heutigen modernen Traktor gleicht eher eine Kommandozentrale. Hier sind mittlerweile diverse separate Systeme mit GPS-Navigation, komplexen Sensoren und Steuerungselemente zu finden. Diese Systeme sind etwas angepasst auch in der Industrie-Automation nicht viel anders. Aber dies geht auf dem Traktor halt nur, wenn auch elektrische Energie ausreichend zur Verfügung steht. Hier kommt nicht nur das 12V System an seine Grenzen, auch hat man erkannt, dass sich mit Elektroantrieben einige Arbeitsaufgaben viel besser erledigen lassen, als es mit der altbekannten mechanischen Übertragung oder mit Hydraulik der Fall ist. Neueste Entwicklungen der Elektroantriebe und der Batterietechnologie machen es mittlerweile möglich, dass auch ein Elektro-Traktor ausreichend Leistung für die benötigte Feldarbeit bereithält. Hier gilt es aber nun, diese Leistung auch vom Zug-Gerät auf das Arbeitsgerät zu übertragen. Diese Aufgabe galt es Anfang der 2010-iger Jahre ebenso normativ zu lösen. Mit einer hybriden Hochstrom-Lösung, die neben der Leistung auch die Kommunikation auf das Anbaugerät bringt, steht heute mit der genormten AEF-Steckverbinderlösung eine neue Connectivity für Elektromobilität bereit. (hw)

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