Prof. Björn Hof vom ISTA forscht in seinem Labor an Turbulenzen vom Flüssigkeiten in Rohren.

Prof. Björn Hof vom ISTA forscht in seinem Labor an Turbulenzen vom Flüssigkeiten in Rohren. (Bild: Nadine Poncioni)

Laut internationalen Studien werden fast zwanzig Prozent des weltweiten Stromverbrauchs für das Pumpen von Flüssigkeiten verwendet – von industriellen Anwendungen bis hin zu Heizungsanlagen. Ein Forscherteam um Davide Scarselli und Björn Hof vom Institute of Science and Technology Austria (ISTA) suchte nach einer Möglichkeit, diesen Energiebedarf zu reduzieren und ließ sich dabei von der Natur inspirieren. In einer neuen Studie in der Fachzeitschrift Nature zeigten sie, dass das pulsierende Pumpen von Flüssigkeiten durch ein Rohr, ähnlich wie das menschliche Herz Blut pumpt, die Reibung im Rohr reduzieren kann – und damit auch den Energieverbrauch.

Verpassen Sie keine News

Anmeldung zum all-electronics-Newsletter

Mit dem Newsletter von all-electronics.de immer top-informiert

Jetzt kostenlos anmelden

„Im Laufe der Jahre haben ForscherInnen und IngenieurInnen versucht, das Pumpen von Flüssigkeiten effizienter zu machen“, sagt Davide Scarselli, Erstautor der Studie. „Obwohl viele Lösungen simuliert oder im Labor getestet wurden, sind sie oft zu komplex und daher zu teuer, um in realen industriellen Anwendungen eingesetzt zu werden. Wir haben nach einem Ansatz gesucht, der keine komplizierten strukturellen Änderungen an der Infrastruktur wie Sensoren und Motoren erfordert.“

Wie Pumpen energieeffizienter werden

Anstatt die Beschaffenheit der Rohre zu verändern, um die Reibung zwischen der fließenden Flüssigkeit und den Rohrwänden zu verringern, versuchten die Wissenschafter einen anderen Ansatz:

  • „Wie jeder Teil unseres Körpers wurde auch das menschliche Herz durch Millionen von Jahren der Evolution geformt", erklärt Björn Hof, Professor am ISTA. „Im Gegensatz zu herkömmlichen mechanischen Pumpen, die einen gleichmäßigen Strom von Flüssigkeit erzeugen, pulsiert das Herz. Wir waren neugierig, ob diese besondere Antriebsform einen Vorteil bietet.“
  • Zu diesem Zweck schufen Scarselli und sein Kollege Atul Varshney mehrere Versuchsaufbauten mit durchsichtigen Rohren unterschiedlicher Länge und Durchmesser, durch die sie Wasser pumpten. „Die Ausgangsbasis für unsere Experimente war ein gleichmäßiger Wasserfluss, in dem sich Wirbel chaotisch bewegten, während sie durch das Rohr gedrückt wurden“, erklärt Scarselli. DieseTurbulenzen verursachen einen Großteil der Reibung zwischen der Flüssigkeit und den Wänden des Rohrs. Die Überwindung eben dieser Reibung kostet Energie.
  • Die Forscher machten die Turbulenzen sichtbar, indem sie dem Wasser winzige reflektierende Partikel hinzufügten und mit einem Laser durch das durchsichtige Rohr illuminierten. Anhand von Bildern ließ sich erkennen, ob die Strömung turbulent oder laminar - also frei von Wirbeln - war.
Durch das Illuminieren von Partikeln in der Flüssigkeit per Laser ließen sich Turbulenzen sichtbar machen.
Durch das Illuminieren von Partikeln in der Flüssigkeit per Laser ließen sich Turbulenzen sichtbar machen. (Bild: Thomas Zauner / ISTA)

Weniger Reibung durch Ruhephase

Durch eine Ruhephase zwischen den Pump-Vorgängen lassen sich Turbulenzen in der Flüssigkeit stark reduzieren.
Durch eine Ruhephase zwischen den Pump-Vorgängen lassen sich Turbulenzen in der Flüssigkeit stark reduzieren. (Bild: Thomas Zauner / ISTA)

Als nächstes probierten die Forscher verschiedene Arten des pulsierenden Pumpens aus.

  • Bei einigen Pulsformen wurde das Wasser zunächst langsam beschleunigt und dann schnell gestoppt, bei anderen war es umgekehrt. Hof erklärt die Ergebnisse: „Normalerweise erhöht das pulsierende Pumpen den Widerstand und die benötigte Energie, was nicht das war, was wir suchten. Als wir jedoch eine kurze Ruhephase zwischen den Impulsen einfügten, in der die Pumpe das Wasser nicht antreibt – so wie es das menschliche Herz tut –, erzielten wir viel bessere Ergebnisse.“
  • Durch diese Ruhephasen zwischen den Pumpphasen wird die Menge der Turbulenzen im Rohr drastisch reduziert. „Während der Ruhephase nehmen die Turbulenzen ab und es lässt die anschließende Beschleunigungsphase die Reibung viel effektiver reduzieren“, so Scarselli weiter.
  • Für eine optimierte pulsierende Pumpbewegung, die der des menschlichen Herzens ähnelt, fanden die Forscher eine Verringerung der mittleren Reibung von 27 Prozent und eine Reduzierung des Energiebedarfs um 9 Prozent.

Wie Automation für Nachhaltigkeit sorgt

Automation & Nachhaltigkeit
(Bild: IEE)

Automation erweist sich immer öfter als ein wesentliches Element für mehr Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit: Technologien wie energieeffizente Antriebe oder Umwelt-Sensorik können für eine ressourcenschonende Produktion und nachhaltigere Produkte und Prozesse sorgen, wie die folgenden Beispiele zeigen:

Das Fazit von Davide Scarselli: „Während wir im Labor vielversprechende Ergebnisse gezeigt haben, ist die Anwendung unserer Forschung in der realen Welt weniger einfach. Um diese pulsierenden Bewegungen zu erzeugen, müssten die Pumpen umgerüstet werden.“ Dies wäre jedoch immer noch viel günstiger als beispielsweise Änderungen an den Rohrwänden.

Sie möchten gerne weiterlesen?