Nokia 3310 in einer Hand vor einem Laptop

Das Nokia 3310 war robust und hat seine Arbeit, das Telefonieren, zuverlässig erledigt. Gegen heutige Smartphones erscheint der Funktionsumfang jedoch geradezu minimalistisch. (Bild: megaflopp – Adobe Stock)

Heute verwenden wir mit dem Smartphone ein einziges Gerät für alle möglichen Anwendungen, und unsere Mobiltelefone sind so schnelllebig, dass es kaum länger als ein oder zwei Jahre dauert, bevor sie obsolet werden. Ihre Mikroprozessoren und Akkus sind nicht leistungsstark genug, um all die Daten, die sie sammeln, auch effizient und über längere Zeiträume hinweg zu verarbeiten und zu analysieren. Genau das Gleiche trifft möglicherweise auch auf intelligente Motoren zu – und macht sie damit anfälliger für Obsoleszenz. Im Gegensatz dazu ist es gut möglich, dass Ihr alter, aus Gusseisen gefertigter Motor von Brook Crompton oder Baldor noch jahrzehntelang unerschütterlich in Betrieb bleibt, sofern Sie ihn stets ordnungsgemäß gewartet haben.

Auf die Schnelle:

  • Smarte Motoren bieten viele Möglichkeiten um Kosten einzusparen, etwa durch Predictive Maintenance
  • Im Markt gibt es gestandene Anbieter aber auch Start-ups
  • Statt Neukauf eines Motors ist auch ein Retrofit mit Sensoren möglich

Intelligente Motoren in Aktion

Neues IoT-Motorenkonzept für höhere Verfügbarkeit und gesteigerte Produktivität / New IoT motor concept for greater availability and increased productivity

Motoren können viel mehr sein als nur stumpfe Umwandler von Energie. Dafür brauchen sie entsprechendes Zubehör. Siemens

Früher waren Motoren einfach Geräte, die elektrische Energie in mechanische Energie umwandelten. Doch heute ermöglichen intelligente Motoren es den Werks- und Produktionsleitern, wichtige Daten zur Leistung von Motoren zu sammeln und präventive Instandhaltungs- und Managementprozesse zu nutzen, ohne dass dafür zusätzliche Werkzeuge zur Datenanalyse wie spezielle SPS oder industrielle Computer vor Ort erforderlich wären.

Folglich investieren Hersteller vermehrt in intelligente Motoren. Und damit haben sie Recht, denn damit investieren sie in eine der zurzeit einfachsten, schnellsten und effizientesten Möglichkeiten zur Verbesserung der Maschinenleistung. Heutzutage sind elektrische Motoren für beinahe 45 % des weltweiten Stromverbrauchs und für 70 % der durch die Industrie verbrauchten Elektrizität verantwortlich. Laut einem Bericht von MarketResearch.biz belief sich der Wert des Marktes für intelligente Motoren 2017 auf etwa 1,21 Milliarden US-Dollar und soll Erwartungen zufolge bis 2025 auf ca. 1,81 Milliarden US-Dollar steigen, und zwar mit einer jährlichen Wachstumsrate von 5,28 %.

Um diese Zahlen in einen Kontext zu setzen, halten wir uns vor Augen, dass das weltweite Marktvolumen für elektrische Motoren sich laut Grandview Market Research auf einen Wert von 214,5 Milliarden US-Dollar beläuft.

Was intelligente Motoren ausmacht

Mit Ausnahme von Geräten, bei denen Steuermechanismen wie Inverter oder Sanftanlauf zum Einsatz kommen, laufen herkömmliche Motoren entweder mit 100 % Leistung oder gar nicht, unabhängig davon, ob ihre jeweilige Anwendung einen drehzahlgeregelten Antrieb benötigt oder nicht. Intelligente Motoren sind jedoch in der Lage, ihre eigene Frequenz und Spannungszufuhr zu regulieren, um ihre Drehzahl anzupassen.

Bei den meisten Geräten ist es dank eingebauter Mikroprozessoren, Inkrementalgeber und Spannungsüberwacher möglich, dass der Motor selbst „entscheidet“, wann er hochfährt, den Betrieb beendet oder nach und nach die Drehzahl anpasst, was logischerweise den Energieverbrauch optimiert, Wärmeverluste verringert und eine wesentlich genauere Steuerung der damit verbundenen Anwendungen wie Ventilatoren, Pumpen, Förderbänder und Aufzüge ermöglicht.

Die Markteinführung intelligenter Motoren vereinfacht haben die Künstliche Intelligenz, das Industrielle Internet der Dinge (IIoT) und prädiktive Instandhaltungssoftware. Dadurch sind die Hersteller in der Lage, die Leistung ihrer Maschinen zu überwachen und Probleme wie Überhitzung, Überspannung, Kontaminierung und Vibrationen vorzubeugen, welche Maschinen den Todesstoß versetzen können.

Segmentierung des Markts für intelligente Motoren

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Der ABB Ability Smart Sensor für Motoren wird direkt am Motor befestigt. Das Multi-Sensor-System mit einer drahtlosen Kommunikationsschnittstelle sammelt und sendet Messdaten. ABB

Der Markt für intelligente Motoren und Sensoren zeigt ein rasches Wachstum, sowohl geografisch als auch infolge der Tatsache, dass Unternehmen unterschiedlicher Größe beginnen, hier mitzumischen. Momentan weist der asiatisch-pazifische Raum die höchsten Wachstumsraten im Bereich intelligenter Motoren auf und ist der bedeutendste Zielmarkt für die meisten auf Automatisierung spezialisierten Unternehmen. In Nordamerika und Europa steht die gestiegene Nachfrage nach intelligenten Motoren im Zusammenhang mit Energieverbrauch und Effizienz, während in Südamerika und Afrika eher eine bescheidene Wachstumsrate zu erwarten ist.

Große Hersteller, darunter ABB, Schneider, Siemens und WEG, arbeiten mit KMUs zusammen, um eine zusätzliche Lokalisierungsebene und Fachwissen vor Ort zu schaffen, und überschlagen sich im Wettbewerb darum, die innovativsten intelligenten Motoren für die verschiedenen einzelnen Märkte anzubieten. Neben den bekannten Branchengrößen gibt es außerdem viele Start-up-Unternehmen, darunter zum Beispiel endiio, iQunet, MachineSense und PetaSense, die drahtlose und intelligente Sensoren für die Modernisierung von Altausrüstung (Retrofit) entwickeln. Manche davon bieten wirklich innovative Lösungen an; die Ausrüstung von PetaSense kann beispielsweise auch an Kondensatableitern, elektrischen Schalttafeln und Ventilen eingesetzt werden, und iQunet bietet ein drahtloses, batteriebetriebenes Gerät mit einigen fortschrittlichen Dashboards für die Auswertung der gesammelten Daten an.

Auch wenn sie nicht so bekannt sind wie ABB oder Siemens, wächst der Markt für diese Start-up-Unternehmen stetig, da sie ähnliche Lösungen anbieten wie die Branchenriesen, jedoch zu günstigeren Preisen, was für KMUs mit beschränktem Budget überaus vorteilhaft sein kann. Dabei sollten Anwender jedoch nicht aus den Augen verlieren, dass die Produkte solcher Unternehmen unter Umständen mit mehr Problemen in Zusammenhang mit Obsoleszenz zu kämpfen könnten als die von großen Herstellern angebotenen Pendants.

Welche Entwicklungen es bei intelligenten Sensoren gibt

Retrofit: Die Orange Box sammelt Daten von bisher unvernetzten Maschinen und Linien und wertet diese aus. So machen Maschinen- und Anlagenbetreiber ihre Bestandsanlagen fit für die Smart Factory.

Die Orange Box sammelt Daten von bisher unvernetzten Maschinen und Linien und wertet diese aus. So machen Maschinen- und Anlagenbetreiber ihre Bestandsanlagen fit für die Smart Factory. B&R

Für intelligente Motoren sind etwas höhere Investitionen erforderlich als für herkömmliche Motoren, doch sie bieten eine wesentlich bessere Kapitalrendite (ROI). Allerdings kann der Komplettaustausch eines Motors kostspielig sein und die Produktion verlangsamen – und das ist einer der Gründe, warum das Nachrüsten mit intelligenten Sensoren letztendlich die bessere Lösung sein kann. Laut Interact Analysis gibt es weltweit 30 Hersteller intelligenter Sensoren, was umso beeindruckender ist, wenn man sich vor Augen hält, dass sie sich einen globalen Markt mit einem Volumen von etwas mehr als einer Milliarde Dollar teilen.

ABB Ability und die Orange Box von B&R gehören zu den marktführenden Produkten, die herkömmliche Motoren zu intelligenten, drahtlosen Geräten aufrüsten. Diese Sensoren eignen sich dafür, um mit Instandhaltungskosten verbundene Risiken zu reduzieren und die Lebensdauer von Ausrüstung zu verlängern, indem relevante Informationen über Gesundheitszustand und Betriebsparameter von Motoren mittels einem Bluetooth-Gateway an einen gesicherten Server übermittelt werden. Bei der Integration dieser intelligenten Sensoren oder von Produkten der erwähnten Start-ups müssen Hersteller die bestehende Hard- und Software nicht austauschen und sind trotzdem in der Lage, den Energieverbrauch und die Prozessausführung zu überwachen.

Der Simotics Connect von Siemens und der Motor Scan von WEG sind in diesem Kontext ebenfalls Beispiele. Beide sind in der Lage, Vibrationen oder temperaturbezogene Daten von Motoren zu erfassen und an einen gesicherten Cloud-Server zu übermitteln, wo der Endanwender zum Beurteilen des Maschinenzustands die Schlüsselkennzahlen evaluieren und abwägen kann, ob sofortige Maßnahmen erforderlich sind.

Doch die Vorteile intelligenter Sensoren sind nicht nur auf Motoren beschränkt. Auch die Lager, also die beweglichen Teile von Maschinen, sind wertvolle Informationsquellen, wie der SmartCheck von Schaeffler und den Maschine Condition Indicator von SKF zeigen, die beide zur Früherkennung von Fehlfunktionen eingesetzt werden können. Der Machine Condition Indicator von SKF ist beispielsweise ein Vibrationssensor, der sich bei Maschinen im Dauerbetrieb nutzen lässt – und damit oft in Anwendungen, die bisher in den meisten Fabriken noch nicht Gegenstand derartiger Überwachung waren.

Vom smarten Motor zurück zum Nokia 3310

Wer ein Mobiltelefon lediglich für Anrufe und zum Versenden von Nachrichten benötigt, wäre mit dem Nokia 3310 durchaus gut aufgestellt, doch für andere, zusätzliche Aufgaben braucht es einfach ein Smartphone. Ähnlich ist es bei Industrieanwendungen: Für die meisten von ihnen ist kein intelligenter Motor erforderlich. Doch stellen Sie sich vor, Sie könnten Ihr gutes altes Nokia 3310 zu einem Bruchteil der Kosten eines modernen Neugeräts mit all der Technologie nachrüsten, die uns auf Smartphones zur Verfügung steht. Nun, genau das ermöglichen uns intelligente Sensoren in der Industrie. Als ersten Schritt in Richtung Industrie 4.0 gibt es keine kostengünstigere oder effizientere Lösung als die Einführung und Nutzung dieser Technologie.

Jonathan Wilkins

Marketingdirektor EU Automation

(ml)

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