Acht Sensorpaare, je vier auf einer Schienenseite, ermöglichen eine präzise Erfassung des Gewichts und der Gewichtsverteilung pro Lok, Waggon, Achse, Rad und Seite. So können Belastungen der Infrastruktur festgestellt sowie Maßnahmen zur Predictive Maintenance ergriffen werden

Acht Sensorpaare, je vier auf einer Schienenseite, ermöglichen eine präzise Erfassung des Gewichts und der Gewichtsverteilung pro Lok, Waggon, Achse, Rad und Seite. So können Belastungen der Infrastruktur festgestellt sowie Maßnahmen zur Predictive Maintenance ergriffen werden (Bild: Althen GmbH Mess- und Sensortechnik)

Der Personen- und Güterverkehr auf deutschen Schienen ist eng getaktet; die Schienennetze sind dadurch stark belastet und vielerorts nicht in bestem Zustand. Sanierungen von Streckenabschnitten und Erschließungen neuer Strecken sind langwierig und kostenintensiv. Daher gilt es, die Schienennetze in besonderem Maße zu schonen und vor zu hoher Belastung und Verschleiß zu bewahren. Mit AWIM bietet Althen ein Messsystem an, das dabei hilft, Güterzüge und Waggons möglichst lange einsatzfähig zu halten und die Belastungen für Schienen und Weichen reduziert. AWIM verfügt über eine hohe Präzision und Zuverlässigkeit, es ist schnell und einfach zu installieren und Betriebs- und Wartungskosten sind gering.

Sensoren nach OIML R106-1 zertifiziert

Das AWIM-System wiegt Lokomotiven und Waggons insbesondere von Güterzügen im Geschwindigkeitsbereich bis 140 km/h beim Überfahren der an den Schienen angebrachten Wiegestation. Acht Wiegepunkte – basierend auf Kraftsensoren – erfassen das Gewicht und die Gewichtsverteilung pro Lok, Waggon, Achse, Rad und Seite. Übergewicht oder eine einseitige Beladung sind verantwortlich für den Verschleiß der Schienen und stellen zudem ein Sicherheitsrisiko sowohl für den Zug als auch für die Infrastruktur, etwa an Eisenbahnbrücken, dar. Zertifiziert sind die Sensoren nach OIML (spezifisch für den Bahnbereich: OIML R106-1), einem internationalen Standard für Gewichtsmessung der Internationalen Organisation für das gesetzliche Messwesen.

Peter Rohrmann, Director New Business Development bei Althen, erläutert das System: „Die Wiegemethode basiert auf Kraftaufnehmern, die auf dem Schienensteg montiert sind. Der enthaltene patentierte Dehnungsmessstreifen erkennt die mechanischen Bewegungen der Schiene durch die Überfahrt des Zuges und wandelt diese Informationen in analoge, elektrische Signale um. Jeder Wiegepunkt ist über ein Kabel mit einem Analog-/Digital-Signalwandler verbunden. Diese acht Signalwandler senden das digitale Signal in Echtzeit an eine Auswerteelektronik, die die Signale analysiert und in Gewichte umwandelt.“ Das Wiegen lässt sich sowohl manuell bei Zugdurchfahrt oder auch automatisiert aktivieren.

Das dynamische Wiegesystem AWIM im Video

Messgenauigkeit bei 0,5 – 1 %

Das „Research Institutes of Sweden“ und das schwedische Bergbauunternehmen Luossavaara-Kiirunavaara Aktiebolag LKAB hat die Genauigkeit des Systems getestet: Je nach Geschwindigkeit beträgt die Genauigkeit 0,5 % (bei Geschwindigkeiten unter 10 km/h) bis 1 % (bei ca. 100 km/h).

Ein Systemschrank unmittelbar an der Strecke sowie ein MySQL-Datenbankserver in einem lokalen Netzwerk oder in einer Cloud ergänzen die an der Schiene installierten Komponenten. Der Systemschrank kann direkt an einer Wand oder an einem Mast montiert werden. Über ein Signal- und Stromzuführungskabel sind die Kraftaufnehmer mit dem Systemschrank verbunden, der für die Datenübertragung in die Datenbank/Steuerung über eine Ethernet-Verbindung sorgt. Die Analyse-Software für die Interpretation der Messdaten ist im System integriert und kann über entsprechende Schnittstellen mit beliebigen kundenseitigen Warenwirtschaftssystemen und IT-Landschaften kombiniert werden.

Vorausschauende Wartung senkt Kosten

Über ein Signal- und Stromzuführungskabel sind die Kraftaufnehmer an der Schiene mit einem Systemschrank unmittelbar an der Strecke verbunden, über den die Datenübertragung an einen MySQL-Datenbankserver erfolgt

Über ein Signal- und Stromzuführungskabel sind die Kraftaufnehmer an der Schiene mit einem Systemschrank unmittelbar an der Strecke verbunden, über den die Datenübertragung an einen MySQL-Datenbankserver erfolgt Althen GmbH Mess- und Sensortechnik

Das primäre Ziel des AWIM-Systems ist die Gewichtsmessung. Allerdings lassen sich aufgrund der Analytik und Mathematik dahinter weitere Erkenntnisse über Waggons und Schienen gewinnen. Anhand der gesammelten Daten können über den Algorithmus beispielsweise Flachstellen an den Rädern, also schadhafte Stellen, automatisch detektiert werden, durch die das jeweilige Rad Schläge auf die Schiene ausübt. Es ist möglich, hier Grenzwerte zu definieren, um unterschiedlich ausgeprägte Flachstellen zu identifizieren. Ebenso lassen sich über das System mögliche Entgleisungen einzelner Achsen feststellen. Beides kann die Schienen massiv beeinträchtigen. Das frühzeitige Erkennen von Flachstellen und abgenutzten Komponenten hilft, plötzliche Ausfälle zu vermeiden und Beschädigungen rechtzeitig zu beheben – ganz im Sinne der Predictive Maintenance. „Hier kommen Effektivitäts- und Kostenüberlegungen ins Spiel“, so Peter Rohrmann. „Wartungen von Waggons können geplant werden, wenn die Messparameter die Notwendigkeit anzeigen. Die Infrastrukturüberwachung ist für Bahnbetreiber sehr zeit- und vor allem kostenintensiv. Mit Weighing in Motion sparen sich Betreiber Wartungs- und Reparaturkosten, indem Waggons dank der Messdaten zum passenden Zeitpunkt in die Fahrzeuginstandhaltung geholt werden – nicht zu spät und auch nicht zu früh.“

Zudem lässt sich kritische Infrastruktur wie Eisenbahnbrücken besser schützen: Wird das Gewicht vor der Überfahrt des Zuges geprüft, kann bei entsprechenden Gewichtsüberschreitungen eine Absenkung der Geschwindigkeit vorgenommen werden.

Lifecycle-Management aller Waggons

Zur Identifikation und Nachverfolgbarkeit verfügt das System über eine Lokomotiv- und Waggondatenbank, die dem Kunden online zur Verfügung gestellt wird. Sie vergleicht die Abstände zwischen den vorbeifahrenden Rädern bzw. Achsen und kann dann bestimmen, welche Achsen zusammengehören, wodurch eine Lokomotive oder ein Waggon definiert wird. Die Fahrzeugdaten werden so über den Lifecycle erfasst und bewertet. Folgende Informationen kann das System dem Betreiber bereitstellen:

  • die Identität, das Datum und die Uhrzeit der Wiegestation
  • die Richtung und Geschwindigkeit des Zuges
  • das Gewicht jedes einzelnen Rads und das Gewicht des Drehgestells
  • das individuelle Lok-/Wagen- und Gesamtgewicht des Zuges
  • die Anzahl der vorbeifahrenden Achsen
  • eine ungleichmäßige Belastung und Überlastung
  • den Typ der Lokomotive und/oder des Wagens

Schnelle Montage verkürzt Ausfallzeiten

Aufgrund der einfachen und schnellen Montage des AWIM-Systems in nur wenigen Stunden lassen sich Ausfallzeiten gerade auf frequentierten Strecken sehr gering halten.

Aufgrund der einfachen und schnellen Montage des AWIM-Systems in nur wenigen Stunden lassen sich Ausfallzeiten gerade auf frequentierten Strecken sehr gering halten. Althen GmbH Mess- und Sensortechnik

Das AWIM-System kompensiert selbstständig Temperaturschwankungen und Spannungen in den Schienen und ist in einem Temperaturbereich von – 30 bis 80°C einsetzbar. Insgesamt ist das Wiegesystem unempfindlich gegenüber Wettereinflüssen. Auch das Überfahren der Wiegestation mit hohen Geschwindigkeiten beispielsweise eines ICEs beeinflusst oder beschädigt die Sensoren nicht. Es gibt daher einen hohen Freiheitsgrad bei der Platzwahl der Kraftaufnehmer an der Schiene. Ein Pluspunkt ist auch die einfache und schnelle Montage ohne größere Umbauten in nur wenigen Stunden, sodass Ausfallzeiten gerade auf frequentierten Strecken sehr gering ausfallen.

Abgesehen vom Schienennetz der Deutschen Bahn ist das dynamische Wiegesystem auch für privatwirtschaftliche Schienennetze wie in der Stahlindustrie, an Häfen oder im Kohleabbau interessant. Zum einen können die Betreiber Wartung und Instandhaltung vorausschauend gestalten, zum anderen ist das System auch bei der Berechnung der Zuladung von Rohstoffen nützlich. Lösungen wie AWIM unterstützen Bahnbetreiber dabei, die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit sowohl des rollenden Materials als auch der Infrastruktur zu erhöhen.

Michaela Wassenberg

freie Journalistin

(ml)

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