Die gewünschte und auch notwendige Individualisierung bei Rampf Production Systems wurde mit einer Mischung aus Standardgrafik-Controls des HMI-Anbieters Beckhoff und eigenen, zusammen mit dem Multimediadienstleister Feldmann media group erstellten Designelementen erreicht.
Initiiert wurde die Neuentwicklung des HMI in Zusammenhang mit dem Dosierroboter DR-CNC, der wahlweise mit kompletter Steuerungstechnik von Beckhoff erhältlich ist. PC-based Control übernimmt dann auch die Bewegungssteuerung des CNC-Fahrwerks und die präzise Dosiertechnik. Zum Einsatz kommen die Beckhoff-Antriebstechnik, der Schaltschrank-IPC C6930, ein Multitouch-Control-Panel CP2918 sowie Twincat PLC, NC I, OPC UA und natürlich Twincat HMI. „Die neue auf Twincat HMI basierende Bedienoberfläche dient als universelle Plattform, die wir als unseren neuen Standard etablieren werden“, stellt Hartmut Storz, Geschäftsführer von Rampf Production Systems die strategische Bedeutung des Projekts heraus. Die offene Kommunikation über OPC UA stellt dabei sicher, dass sich bei Bedarf weitere Drittsysteme einbinden lassen.
Auf die Schnelle
- Nette Grafiken und Controls greifen zu kurz
- Projekt-spezifische Anpassungen deutlich vereinfacht
- Standard- und individuelle Controls sind kombinierbar
- Moderne HMI-Bedienung muss intuitiv wie beim Tablet oder Smartphone sein
- HTML5 und Visial Studio machen Gerätewechsel leicht
Identisches Frontend auch bei wechselnden Marktvorgaben
Grundsätzliche Ziele der Neuentwicklung waren eine einheitliche Bedienoberfläche auch bei der Integration unterschiedlicher Steuerungsanbieter sowie das Umsetzen des aktuellen Stands der Technik mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung. Hinzu kommen die Skalierbarkeit hinsichtlich verschiedener Displayformate, die per HTML5 erreichbare Nutzung von Smart Devices und die Umstellung auf eine reine Touchbedienung.
An die neue HMI-Oberfläche stellte Rampf hohe Anforderungen, darunter eine intuitive Bedienbarkeit auch ohne Vorkenntnisse sowie ein zeitgemäßes Look-and-Feel. Weitere Aspekte ergaben sich aufgrund der Maschinenfunktionalität: Beispielsweise musste eine spezifische CNC-Bedienung entwickelt werden. Wichtig war zudem die Skalierbarkeit des HMI-Projekts, um zum Beispiel einfach vom 18,5-Zoll-Standarddisplay auf 22 Zoll wechseln zu können. Aus technischer Sicht stand im Vordergrund, dass das HMI schnell und einfach aufzubauen und für notwendige Anpassungen und Veränderungen ausreichend flexibel ist sowie über eine gute Performance für einen reibungslosen Seitenwechsel verfügt.
Zukunftsorientierung und harmonisierte, moderne HMI-Projekte
Mit der Bedienoberfläche wurde die Möglichkeit geschaffen, bei Bedarf auch Smart Devices wie Smartphones und Tablets einsetzen zu können. Zudem stellte Rampf die Weichen für die zunehmende Digitalisierung der Produktion, „die nach wie vor noch am Anfang steht,“ so Hartmut Storz. Denn das Potenzial digitaler Technologien für höhere Effizienz, Geschwindigkeit und Verlässlichkeit von Herstellungsprozessen ist längst nicht vollständig erfasst, geschweige denn ausgeschöpft. Vor diesem Hintergrund hat Rampf die neue Bedienoberfläche für Dosieranlagen und -roboter entwickelt. „Für produzierende Unternehmen ist dieses leicht zu bedienende Tool ein integraler Bestandteil ihrer digitalen Strategien“, betont Storz. Das Human Machine Interface dient darüber hinaus als Basis für die Entwicklung kundenspezifischer HMI-Elemente. Dabei reduziert ein modularer Aufbau signifikant den Arbeits- und Zeitaufwand für die Programmierer beim Endanwender.
Weitere Vorteile ergeben sich durch die Harmonisierung der verschiedenen HMI-Projekte. Dazu Hartmut Storz: „Aufgrund unterschiedlicher Anlagentypen oder Kundenanforderungen werden häufig verschiedene Steuerungen oder Hardwarekomponenten eingesetzt – mit weitreichenden Konsequenzen.“ Teilweise mussten bislang HMI-Projekte angepasst oder komplett neu erstellt werden. Daher gab es bis dato nur verschiedene HMI-Grundprojekte, welche bei einer Weiterentwicklung oder Änderung jeweils einzeln anzupassen waren. Logisch, dass dies einen großen Pflegeaufwand erfordert, den man künftig vermeidet.
Abhilfe schaffen das HTML5-basierte Twincat HMI und OPC UA. Die HMI-Plattform kann beliebig ausgewählt werden; Grundvoraussetzung ist lediglich ein lauffähiger Browser.
HMI-Desgin bestimmt Akzeptanz der Maschine beim Bediener
Im Sinne eines zeitgemäßen Look&Feels wurde verstärkt auf die Darstellungsweise geachtet und zusammen mit einem Designdienstleister ein speziell auf den Maschinenbauer zugeschnittenes Konzept ausgearbeitet. Dabei wurde nicht nur die Visualisierung an sich optimiert, sondern auch Navigation und Menüführung, auf Neudeutsch: die User Experience.
Ausschlaggebend für den Einsatz von Twincat HMI waren insbesondere der grafische Editor sowie die Offenheit und Funktionalitäten aufgrund der Integration in das etablierte Engineeringtool Visual Studio sowie die Implementierung von HTML5 als Basistechnologie „Die Realisierung von Twincat HMI mit modernen Technologien (HTML5, CSS, JavaScript) und insbesondere die Modularisierung in Form von Custom Controls oder Framework Controls bietet völlig neuartige Möglichkeiten für die Zusammenarbeit von Multimediadienstleistern wie wir und dem eigentlichen HMI-Entwickler,“ bestätigt Christina Klos, Projektmanagement bei der Feldmann media group.
Statt einzelne Grafikelemente oder Style Guides auszutauschen, kann ein Dienstleister komplette Bausteine der Benutzeroberfläche voll funktional und fertig gestaltet als Custom Controls bereitstellen – „entsprechendes Know-how vorausgesetzt,“ betont Klos.
Zu den ersten Erfahrungen im Umgang mit Twincat HMI berichtet Hartmut Storz: „Die Programmierung in HTML5, CSS und JavaScript war bei unseren Softwareentwicklern zu Projekt-Beginn nicht geläufig.“ Anfangs wurde daher viel mit den Standardelementen aus der Entwicklungsumgebung gearbeitet. Für die Konzeption und spezielle Anwendungen wie die Materialverwaltung setzte man mit dem Multimediadienstleister auch auf externe Unterstützung. Mit den ersten Erfahrungen mit dem System und Schulungen war allerdings schnell auch die Basis für die Erstellung von Framework Controls geschaffen. In Zusammenarbeit mit Feldmann media group wurden die Strukturen für Framework Controls erarbeitet und grafisch hochwertige, mit dynamischen Funktionen ausgestattete Custom Controls erstellt. „Mittlerweile generieren wir die meisten Framework Controls selbst,“ betont Storz.
Aus Sicht der HMI-Entwickler ergibt sich folgendes Fazit: Mit den vorgefertigten Beckhoff-Bausteinen und Framework Controls lassen sich schnell und unkompliziert Rampf-spezifische Custom Controls aufbauen beziehungsweise vererben. Diese Controls haben versionsabhängig einen identischen Stil und können vom SPS-Programmierer mit Variablen beschaltet werden. In technischer Hinsicht bieten HTML5 und das entsprechende responsive Design enorme Vorteile hinsichtlich Skalierbarkeit und Nutzung verschiedener Endgeräte. Der Wysiwyg-Editor hilft, das HMI mit den Live-Visualisierungen abzustimmen. Aus Sicht des späteren Anlagenbedieners kommt für Rampf hinzu, dass das Look&Feel an die Bedienung von Smartphones angelehnt und daher für jede Nutzergruppe schnell und einfach zu verstehen ist. Eine übersichtliche und einheitliche Menüführung, die über Kacheln realisiert ist, erhöht zudem die Übersichtlichkeit.
Das Industrie-4.0-Zeitalter hat gerade erst begonnen und die produzierende Industrie in Deutschland wird in den nächsten Jahren massive Investitionen im Bereich der Digitalisierung ihrer Fertigungsprozesse tätigen. Hierzu Hartmut Storz: „Damit sich diese Investitionen amortisieren, müssen die neuen Produktionsprozesse und die damit entstehenden Geschäftsmodelle die Produktivität und Wirtschaftlichkeit stärken.“
Den neuen Fertigungssystemen und ihrer Schnittstelle zum Bediener kommt dabei eine große Bedeutung zu. Die Vernetzung über alle Fertigungsschritte und Anlagen hinweg erfordert den ganzheitlichen Blick auf den gesamten Prozess und die schnelle, intuitive Kontrolle durch die verantwortlichen Personen. Industrie-4.0-gerechte HMIs müssen deswegen ein Maximum an Funktionalität mit intuitiver Bedienbarkeit, Industrietauglichkeit, einem integrierten Sicherheitskonzept und Langlebigkeit kombinieren.
„Bei der Wahl des passenden HMI sollten die Unternehmen deswegen auf gut durchdachte und für das spezielle Einsatzgebiet optimierte Systeme setzen, die sich nahtlos in das existierende IT- und OT-Konzept und damit in das sogenannte Industrial Internet of Things (IIoT) einbinden lassen“, schließt Storz.
Sven Oberschmidt
(sk)