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Was die Zukunft der robotischen Therapiegeräte anbelangt, so will Hocoma noch stärker als Full-Service-Anbieter auftreten. Also die verschiedenen Geräte optimal aufeinander abstimmen und das ganze Spektrum einer Therapie abdecken.
Es gibt sie noch, diese phantastischen Geschichten. Von Menschen, denen die Ärzte gesagt haben, dass sie nie wieder gehen können. Und einige Jahre später stehen sie auf ihren eigenen Beinen und bewegen sich selbstständig. Bei Rashide Serifi (25) ist genau dies passiert.
Während der Geburt ihres Sohnes vor vier Jahren erhielt sie eine PDA-Spritze zur Schmerzlinderung. Doch diese löste eine Hirnhautentzündung aus. Es folgten sechs Operationen, lange Spitalaufenthalte und schließlich die Diagnose: Querschnittslähmung. Bakterien hatten ihre Wirbelsäule mit Eiterherden versetzt. Die Ärzte sagten ihr, dass sie jetzt an den Rollstuhl gebunden sei. Doch das wollte Rashide nicht hinnehmen.
Schnelle Fortschritte an den Maschinen
Sie entdeckte ein Therapiezentrum in Deutschland, in welchem sie eine Rundum-Betreuung erhielt. Ein intensives Training mit Therapeuten und robotischen Geräten (Bilder 1 und 2). Dank den Maschinen konnte Rashide viel länger und härter trainieren als alleine mit der Unterstützung eines Therapeuten. Immer wieder kam sie so an ihre körperlichen Leistungsgrenzen, um ihre Bein- und Rumpfmuskulatur zu stärken. Mit Erfolg: Nach mehreren Monaten machte die junge Mutter mithilfe von Krücken wieder eigene Schritte. Ein wenig später war sie sogar in der Lage, ohne Unterstützung eine kurze Strecke zurückzulegen.
Die robotische Rehabilitation ist relativ jung. Allerdings dringt ihre Bedeutung immer mehr in die Köpfe der Spezialisten ein und viele Therapiezentren arbeiten inzwischen mit solchen Hilfsmitteln. Häufig kommen Produkte des Schweizer Unternehmens Hocoma zum Einsatz. Auch Rashide Serifi absolvierte ihre gesamte Therapie auf diesen Geräten, von der ersten Phase bis zur ambulanten Behandlung.
Die Geräte für die verschiedenen Therapiestadien müssen ganz unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Bei Hocoma sieht die Palette an robotischen Lösungen so aus:
- Erigo: Ein Gerät für die Frührehabilitation von Patienten. Sie liegen auf dem Tisch und sind mit Gurten fixiert. Danach bringt Erigo die Person in eine vertikale Position. Gleichzeitig bewegt das Gerät die Beine der Patienten zyklisch, was die Durchblutung der Extremitäten fördert. Zudem können die Muskeln elektrisch stimuliert werden.
- Lokomat: Die klassische robotische Gangtherapie auf dem Laufband. Der Patient wird in einem Gurtsystem getragen, seine Beine durch ein Exoskelett bewegt. Das Gangmuster des Roboters ist natürlich. Zudem kann der Patient selbstständig das Gewicht verlagern und so seinen Gleichgewichtssinn trainieren.
- Andago: Diese Maschine hält den Patienten in einem Gurtsystem und folgt ihm durch den Raum. Der Benutzer muss also keine Angst vor Stürzen haben und kann sich trotzdem selbstständig und frei bewegen – auch über kleine Hindernisse. Der Andago schließt somit die Lücke zwischen dem Training auf dem Laufband und dem freiem Gehen. Zwei bürstenlose EC flat 60 DC-Motoren von Maxon treiben die Räder von Andago an und sind für die Fortbewegung und die Steuerung des Geräts zuständig (Bild 2). Die Flachmotoren liefern hohe Drehmomente bei kleiner Größe.
- Armeo: Für die Therapie der Arme gibt es den Armeo, ein robotisches Arm-Exoskelett. Drei verschiedene Ausführungen sind vorhanden. Im Modell, welches für die frühe Therapie benötigt wird, sind die Gelenke durch Motoren angetrieben, der Patient wird stark unterstützt. Sechs Freiheitsgrade sorgen für einen großen Bewegungsradius. In anderen Modellen wiederum ist die Unterstützung nur minimal. Patienten müssen immer mehr mit eigener Kraft arbeiten. Das sorgt für große Fortschritte.
Robotik ermöglicht eine intensivere Therapie
„Unsere robotischen Geräte alleine vollbringen keine Wunder“, sagt Matthias Jörg, Entwickler und Gründer von Hocoma. „Aber sie ermöglichen eine viel intensivere Therapie und das ist entscheidend. Denn wenn ein Kind Laufen lernt, tut es das ja auch nicht nur ein oder zweimal die Woche, sondern trainiert mehr oder weniger rund um die Uhr.“ Robotische Geräte bieten zudem eine gute Messbarkeit der erzielten Fortschritte und motivieren Patienten durch spielerische Anreize.
Der Erfolg lässt sich sehen. Immer mehr Kliniken und Rehabilitationszentren setzen Hocoma-Produkte ein. Inzwischen sind weltweit über 2000 Stück im Einsatz für die Behandlung von neurologischen Bewegungsstörungen, Schlaganfällen oder inkompletter Querschnittlähmung.
Einfache Ansteuerung der DC-Motoren
Und in allen robotischen Therapiegeräten sind Maxon-Antriebe und -Steuerungen verbaut. Hocoma und der Schweizer Antriebsspezialist verbindet eine langjährige Beziehung. „Die Zusammenarbeit ist sehr angenehm. Maxon bietet eine Vielfalt an Lösungen und ermöglicht auch individuelle Anpassungen“, sagt Jörg. Er und seine Entwicklungskollegen schätzen besonders die hohe Leistungsdichte und Dynamik der Antriebe.
Zudem sind gerade die bürstenbehafteten DC-Motoren einfach anzusteuern. Im Lokomat wie auch bei Erigo setzt Hocoma deshalb auf RE 40 Motoren, um Knie oder Hüfte zu bewegen (Bild 4). Diese DC-Motoren mit einem Durchmesser von 40 Millimetern bringen 150 Watt Leistung. Sie sind mit Graphitbürsten und eisenlosen Maxon-Wicklungen bestückt und haben somit kein Rastmoment.
Die Escon-Steuerung 70/10 regelt Drehzahl und Strom für bürstenbehaftete sowie bürstenlose DC-Motoren. Der 4-Q-Betrieb ermöglicht eine kontrollierte und dynamische Motoransteuerung (Bild 5).Es sind starke und dynamische Antriebe, die dank der eisenlosen Wicklung und hochwertigen Magneten einen Wirkungsgrad von über 90 Prozent erreichen.
Stefan Roschi
(jj)