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(Bild: Redaktion IEE)

Der Smart Sensor lässt sich drahtlos an Niederspannungsmotoren anbringen.

Der Smart Sensor lässt sich drahtlos an Niederspannungsmotoren anbringen. ABB

Bei der Entwicklung des ‚Smart Sensor‘ hat sich ABB vorerst auf Niederspannungsmotoren konzentriert. Jedoch sehen die Produktverantwortlichen auch Potenzial für weitere Anwendungen: etwa Kompressoren. „Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt“, sagt der Leiter des ABB-Forschungszentrums Ladenburg Dr. Jan-Henning Fabian. Derzeit lässt sich der batteriebetriebene intelligente Sensor an das Gehäuse eines beliebigen Niederspannungsmotors anbringen, „zum Beispiel durch Kleben“, erläutert Entwickler Dr. Ulf Ahrend. Der Sensor misst regelmäßig Motorzustandsparameter wie Temperatur oder Vibration und überträgt die Daten drahtlos an einen Access Point und von dort weiter auf ein Smartphone oder Tablet. Anwender können so den Zustand einzelner Motoren per App überwachen, Motorgruppen zusammenstellen und den Energieverbrauch einsehen. Ein Ampelsystem zeigt auf einen Blick, ob alles im grünen Bereich ist oder ob Handlungsbedarf besteht. Dies ist in einer Gesamtansicht möglich, für einzelne Motoren lässt sich daneben eine Detailanalyse erstellen. Bei einer Anomalie werden die Anwender per App benachrichtigt.

Ebenfalls von ABB stammt die Datenanalyse-Software: Über ein Gateway lassen sich die  Daten der Motoren gesammelt an einen cloudbasierten Server übertragen, wo sie analysiert werden. Sowohl ABB-Motoren als auch Motoren anderer Hersteller lassen sich in die vorausschauende Instandhaltung einbeziehen, was den Sensor zur Retrofit-Lösung macht. Mithilfe des Sensors können Anwender laut ABB Motorstillstandszeiten um bis zu 70 % reduzieren. Gleichzeitig sollen sich die Lebensdauer des Motors um bis zu 30 % erhöhen und der Energieverbrauch bis zu 10 % senken lassen. Und auch preislich soll der Sensor attraktiv sein: Laut Ahrend amortisieren sich die Kosten für den intelligenten Sensor innerhalb eines Jahres.

Alarm-Management denkt mit

Das intelligente Alarm-Management blendet Alarme aus. Je dunkler die Linienfarbe, desto mehr Alarme liegen an einem Standort vor.

Das intelligente Alarm-Management blendet Alarme aus. Je dunkler die Linienfarbe, desto mehr Alarme liegen an einem Standort vor. ABB

Schon relativ konkret, aber noch Zukunftsmusik ist ein intelligentes Alarm-Managementsystem, dass ABB derzeit in Ladenburg entwickelt. Anlagen in der Prozessindustrie verursachen im Leitsystem häufig Fehlermeldungen. Das jeweilige lokale Alarm-Managementsystem interpretiert diese und leitet sie an den Anlagenfahrer. Nicht selten sieht dieser sich mit einer wahren Alarmflut konfrontiert und muss innerhalb kürzester Zeit Entscheidungen treffen und Gegenmaßnahmen einleiten. Mithilfe eines cloudbasierten Systems haben die Forscher den Prototyp eines zentralen, intelligenten Alarm-Managementsystem entwickelt, mit dem sich eine große Anzahl an Anlagen zentral aufnehmen, speichern und analysieren lässt. Aus den Daten, die per OPC UA in die Cloud gelangen, werden Leistungskennzahlen errechnet, die für das Benchmark von mehreren Anlagen verwendet werden  können. Den Überblick behalten Anlagenfahrer über ein webbasiertes Dashboard.

Um Alarmfluten und deren Muster zu identifizieren, werden Big-Data-Analysen der Alarmhistorie eingesetzt, unter anderem mittels Machine Learning. Die Ergebnisse können im lokalen System eingespielt werden, wo sie die Alarmlast reduzieren. Laut Entwickler Dr. Thomas Goldschmidt prasseln so bis zu 3 000 weniger Alarme pro Anlagenfahrer ein. Bei Alarmfluten blendet das System Alarme aus, „der Anlagenfahrer kann die wichtigen bearbeiten“, erklärt Goldschmidt. Das funktioniert, indem das System eine Verbindung zwischen bestimmten Alarmen herstellt. Stimmt etwa innerhalb des Verbrennungsprozesses einer Anlage etwas nicht, blendet das System bei einer Alarmflut diejenigen Alarme aus, die auf dasselbe Problem hinweisen. Der Anlagenfahrer erhält nur einen Alarm, um die nötigen Schritte einzuleiten. Prinzipiell ist das Alarm-Managementsystem auf alle Systeme übertragbar, „es sollte aber schon in der Größenordnung einer 800xA  liegen“, meint Goldschmidt.

Leitsysteme in VR bedienen

Fernwartung in 3D: Ein Virtual-Reality-System macht es bald möglich.

Fernwartung in 3D: Ein Virtual-Reality-System macht es bald möglich. ABB

Bleiben wir beim Leitstand. Anlagenfahrer erhalten zwar alle Informationen über ‚ihre‘ Anlagen samt Prozessen auf die Bildschirme in der Leitwarte. Doch in einigen Fällen müssen Techniker zugezogen werden, die nicht vor Ort sind. Die ABB-Forscher haben dieses Szenario für das Leitsystem 800xA prototypenhaft realisiert. Mithilfe eines Virtual-Reality-Systems erhalten Experten an anderen Standorten vollständigen Zugriff auf das Leitsystem. Über eine 3D-Datenbrille erhält der zugeschaltete Techniker ein virtuelles Abbild des Leitstand-Bildschirms. Per Maus kann er das Leitsystem so bedienen wie der Anlagenfahrer.

Forschungszentrum Ladenburg

ABB hat im Geschäftsjahr 2015 über 1,5 Milliarden US-Dollar in Forschung und Entwicklung investiert. Rund 8 200 Mitarbeiter sind in diesem Bereich tätig, davon 700 in der Konzernforschung. Im Forschungszentrum in Ladenburg arbeiten rund 100 Mitarbeiter an Projekten rund um Softwaretechnologien und –Applikationen. Das Schwerpunktthema des Forschungszentrums ist das Internet of Things, Services and People (IoTSP) und damit verbunden die Datenanalyse für Industrieanwendungen und softwarebasierte Dienste sowie neue Formen der Mensch-Maschine-Zusammenarbeit. Weitere Forschungsschwerpunkte in Ladenburg bilden die Gebäudeautomatisierung und Energiemanagement.

Melanie Swiatloch

Redakteurin IEE

(mns)

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