Prinzipieller Aufbau des Batteriemanagement-Systems

Prinzipieller Aufbau des Batteriemanagement-Systems (Bild: Preh)

Der Weltklimagipfel im vergangenen Dezember in Paris wurde weltweit als historisches Ereignis gewertet. Das Ende des fossilen Zeitalters mit Öl als Energielieferant für Mobilität liegt nach wie vor in weiter Ferne. Doch muss die Automobilindustrie schon jetzt mit innovativen Antriebssystemen nachhaltig dazu beitragen, den gefährlichen Klimawandel zu verhindern. Zwar haben sich zuverlässige E-Mobility-Lösungen, wie Vollhybride oder reine Elektrofahrzeuge, schon längst jenseits der Forschungslabore auf den Straßen bewährt.  Ohne jedoch eine vollständige Neuentwicklung des gesamten Antriebsstranges zu realisieren, lassen sich mit einer 48-V-Architektur bis zu einem gewissen Grad die Potenziale  zur CO2-Minimierung und Schadstoffreduktion erreichen. Jeder Marketingexperte weiß allerdings: Neben der Umweltrelevanz sind den Kunden Faktoren wie Komfort und Fahrspaß genauso wichtig. Die Folge: Die Zahl der elektrischen Verbraucher im Fahrzeug nimmt explosionsartig zu.

Hingen früher nur Anlasser, Glühlampen oder Radio am Bordnetz, haben in den vergangenen beiden Jahrzehnten mikroelektronische Steuergeräte und andere Verbraucher Einzug ins Fahrzeug gehalten. Zugleich hat die Autoindustrie unter dem Druck, den CO2-Ausstoß zu verringern, Nebenaggregate immer stärker elektrifiziert. Servolenkungen oder Kühlmittelpumpen sind in der Regel elektrisch betrieben und holen ihre Energie nicht mehr mechanisch aus dem Verbrennungsmotor des Fahrzeugs. Aufgrund des enorm gestiegenen Leistungsbedarfs stoßen Entwickler aber zunehmend an ihre Grenzen. Der Energievorrat in einem konventionellen 12-V-Batteriesystem ist begrenzt, und die Leitungsquerschnitte der  Kabelbäume lassen sich aufgrund von Gewichtszunahme nicht beliebig größer  gestalten.

Lösungsansätze basieren auf Entwicklungen, die zugleich zusätzliche elektrische Leistung ermöglichen, leicht sind und sich den geringen Platzverhältnissen sowie dem Fahrzeugdesign flexibel anpassen. Parallel dazu sollen sie robust gegen Umweltbelastungen sein und nicht zuletzt dabei helfen, den CO2-Ausstoß von Fahrzeugen zu minimieren. Zu den innovativen Konzepten zählen 48-V-Systeme an Bord von konventionellen Verbrennungsfahrzeugen, die neben dem12-V-System  existieren. Wichtiges Element eines derartigen 48-V-Sytems ist eine Batteriemanagement-Technologie, wie sie beim Automobilzulieferer Preh aus Bad Neustadt an der Saale bereits Serienreife erlangt hat.

Mehr Energie, weniger Umweltbelastung

Die Aufrüstung mit einem 48-V-Bordnetz erleichtert den Einsatz größerer elektrischer Verbraucher im Fahrzeug. Die Quadratur des Kreises wird auf einmal möglich: Keine Kompromisse beim Komfort und zugleich die Reduzierung der Umweltbelastung durch einen geringeren CO2-Ausstoß. So können mit der 48-V-Energieversorgung leistungsfähigere E-Motoren im Hybridfahrzeug zur Unterstützung des Verbrennungsmotors zum Einsatz kommen.

Der Vorteil: Ein Verbrennungsmotor muss erst höhere Drehzahlen erreichen, bevor er eine hohe Leistung abgeben kann. Der Elektromotor hingegen stellt schon beim Anfahren das maximale Drehmoment zur Verfügung. Durch Kombination der beiden Motoren kann das Fahrzeug bei gleicher Systemleistung schneller beschleunigen (elektrisches Boosten). So genügt bei gleicher Beschleunigung ein kleinerer Verbrennungsmotor; das gleicht Nachteile des Downsizing aus. Mehr Effizienz bieten auch die umweltschonenden Start-/Stopp-Funktionen, da ohne eine spürbare Verschlechterung der Fahreigenschaften das Boosten beim Überholen und das Segeln bei ausgeschaltetem Verbrennungsmotor während der Fahrt möglich werden. Wichtig dabei ist natürlich, dass der Motor danach schnell wieder auf Touren kommt, sodass der Neustart beim Fahren kaum auffällt. Ein leistungsfähiger Elektromotor hilft dabei.

48 V: teilweise viermal so effizient wie 12 V

Das alles gilt auch für den 12-V-Bereich, mögen Kritiker nun bemerken. Das ist richtig. Richtig ist aber auch, dass die Zahl der elektrischen Verbraucher und deren Leistungsfähigkeit im zusätzlichen 48-V-System zu einem sehr gute Preis-/Leistungsverhältnis deutlich gesteigert werden kann. Auch lässt sich mit einer größeren Batterie wirkungsvoller rekuperieren, also mehr Bremsenergie zurückgewinnen. Durch die vierfache Spannung des Bordnetzes im Vergleich zum 12-V-System erzielt man eine bis zu viermal höhere Rekuperationsrate. Ein 48-V-Start-/Stopp-System, beispielsweise am Keilriemen, ermöglicht erste Untersuchungen zufolge eine CO2-Reduzierung von bis zu 7 %. Nicht zuletzt eröffnet die 48-V-Batterie die konsequente Fortführung der Strategie, Nebenaggregate vom Motor zu entkoppeln und sie umweltfreundlicher elektrisch zu betreiben.

Batteriemanagementsystem als Herzstück des Systems

Eckdaten

48-V-Systeme für konventionelle Verbrennungsfahrzeuge haben gegenüber Hochvoltsystemen für rein elektrische Fahrzeuge einen deutlichen Kosten-/Nutzenvorteil. Zwar leistet eine 48-V-Batterie nur etwa 11 kW. Sie ist im Vergleich zu einer 450-V-Batterie mit 100 kW jedoch viel preiswerter (zirka ein Fünftel). Weitere Kosten entfallen, da im Vergleich zu HV-Batterien wegen der kleineren Spannung keine zusätzlichen Hochvolt-Schutzmaßnahmen, galvanischen Trennungen oder kostspielige Hochstromstecker erforderlich sind. Dies führt unterm Strich zusätzlich zu einer Gewichtsreduktion. Mit Unterstützung von effizient gemanagten 48-V-Systemen gelingt es Fahrzeugen mit einem Verbrennungsmotor in einer Übergangsphase neben PHEV-Fahrzeugen mit einer leistungsstarken HV-Batterie hin zur reinen Elektromobilität (EV), die ambitionierten Klimaziele zu unterstützen.

Herzstück der 48-V-Systeme ist ein ausgefeiltes Batteriemanagementsystem. Im unterfränkischen Bad Neustadt an der Saale hat der Automobilzulieferer Preh eine nach dem anspruchsvollen Standard ASIL B der ISO 26262 konzipierte 48-V-BCU (Battery Control Unit) entwickelt, welche die Funktionen einer  Battery Management Unit (BMU) und einer hochgenauen Cell Supervising Sensor Unit (CSSU) eines Hochvolt-BMS vereint.  Zusätzlich enthält die 48-V-BCU die Vorladeschaltung, die Batterietrennung und die Strommessung integriert. Die Technologie zur Batterieüberwachung  (Spannung,  Strom und Temperatur) hat die Abmessungen  150 mm x  120 mm bei 30 mm Dicke.

Welche Aufgaben erledigt die BCU? Die  48-V-Li-ionen-Batterie im konventionellen Verbrennungsfahrzeug ist permanenten Belastungen ausgesetzt – sowohl durch den Energieverbrauch beim Fahren oder durch die zusätzlichen Verbraucher  als auch durch die Energie-Rückgewinnung beim  Bremsen. Zudem weisen die Batteriezellen typischerweise in Abhängigkeit von Alterungsgrad und Fertigungstoleranzen unterschiedliche Ladungsniveaus auf. Deshalb überwacht  die BMU  permanent jede einzelne Batteriezelle hinsichtlich Spannung und Temperatur. Diese BMU verarbeitet die Messwerte und gleicht unterschiedliche Ladezustände in den Zellen gezielt an (Balancing). Die Elektronik erhöht aber auch die Kühlleistung, wenn die Elektronik einen Anstieg der Temperatur in den Batteriezellen feststellt oder aktiviert sogar final die Batterietrennschalter. Dabei kommt es zu einer Trennung der Batteriekontakte zur Fahrzeugseite hin, was beim 48-V-System auf der BMU über MOSFET-Schalter gelöst wurde, während bei einem Hochvoltsystem schwere HV-Relais notwendig sind. Preh nutzt hierfür  die neusten Multi-Core-Prozessor-Generationen zum Einsatz mit einer Autosar-Software-Architektur sowie eine hochgenaue Stromsensortechnologie, die mit 0,1 % Anfangskalibrierung eine Genauigkeit von 0,5 % erreicht – auch noch nach zehn Jahren. Damit misst der Preh-Sensor um den Faktor drei genauer als bisherige Systeme.

Software-Sharing

Für OEMs interessant ist auch die Möglichkeit des Software-Sharing. So ist es dem Automobilhersteller möglich, Preh eine Software zur Integration zur Verfügung zu stellen, die nur auf dem QM-Standard der ISO26262-Norm basiert. Die Absicherung dieser Software nach dem höheren ASIL-Sicherheitsstandard in Bezug auf Überspannung, Überhitzung und Überstrom implementiert Preh. Für den Kunden bedeutet das einen wesentlich geringeren Entwicklungs- und Testaufwand bei der Software-Entwicklung.

Preh ist bereits Serienlieferant für die Steuergeräte des Batteriemanagements im BMW i3 und i8 sowie in verschiedenen Active-Hybrid-Modellen. Anders als bei diesen Typen, deren Batterie acht Module – jeweils bestehend aus BMU und CSSU – verwenden, kommt die 48-V-Batterie mit einem Modul aus, das zwölf Lithium-Ionen-Zellen überwachen kann; sogar 13 Batteriezellen sind möglich. Die 48-V-BCU von Preh ist für Batteriespannungen bis 70 V und maximale Dauerbetriebsströme von 350 A sowie Spitzenströme bis zu 500 A ausgelegt.

Dr. Joachim Wagner

Leiter der Vorentwicklung im Bereich Batteriemanagement und E-Mobilität bei Preh in Bad Neustadt

Dipl.-Kfm. Ronald Schaare

Leiter Marketing bei Preh in Bad Neustadt

(av)

Sie möchten gerne weiterlesen?