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(Bild: Witricity)

Durch V2G (Vehicle-to-Grid) und G2V (Grid-to-Vehicle) können Fahrzeuge genau dann Strom aus dem Netz laden und Energie speichern, wenn die Nachfrage gering ist, und die Energie wieder in den Kreislauf einspeisen, wenn die Nachfrage hoch ist. Witricity und Honda Americas passten ein unidirektionales Ladesystem so an, dass es einen bidirektionalen Energietransfer ermöglicht und mit der Norm J2954 der SAE International (Society of Automotive Engineers) in Einklang steht. Zudem untersuchte das Forschungsteam die Systemleistung einschließlich der Ausgangsleistung und -effizienz.

Standardisierung beim kontaktlosen Laden

Mit dem BMW 530e hat der Münchner Autobauer bereits ein Modell auf den Markt gebracht, das unidirektionales kontaktloses Laden unterstützt. Die Ladevorrichtung basiert zum Teil auf der patentierten Magnetresonanz-Technologie von Witricity. Weitere Automobilhersteller haben Modelle angekündigt, die sich kontaktlos laden lassen und voraussichtlich zwischen 2018 und 2022 auf unseren Straßen unterwegs sein sollen.

Beim Laden von Elektrofahrzeugen muss das Ladesystem die vom Netz gelieferte AC-Leistung in geeignete DC-Ladespannungen umwandeln. Ladesysteme mit Kabel haben den Nachteil, dass es regionale Unterschiede in der Frequenz-, Spannungs- und Phasenanpassung gibt. Daher müssen Automobilhersteller ihre Systeme für jede Region anpassen. Die Folge: hohe Lagerhaltungs-, Produktvalidierungs- und Ersatzteillagerkosten. Kontaktlose Ladesysteme sind unabhängig und können leichter einen weltweiten Standard für das Laden von E-Fahrzeugen ermöglichen.

Standardisierungsaktivitäten helfen Automobilherstellern eine globale Strategie für Elektrofahrzeugplattformen zu entwickeln und so Fahrzeugkosten zu reduzieren. Die Fahrzeugflotte eines Autoherstellers lässt sich mit einem kontaktlosen Ladesystem ausstatten, das überall auf der Welt funktioniert, denn es besteht keine direkte Verbindung mit der Netzstromversorgung.

 

Recommended Practice J2954

Eck-Daten

Mit Vehicle-to-Grid sind Elektrofahrzeuge in der Lage, das Stromnetz in Zeiten hoher Belastungen zu entlasten. Der Beitrag stellt eine Studie von Witricity und Honda Americas darüber vor, wie sich dieses Konzept beim kontaktlosen Laden umsetzen lässt und welche Modifikationen dabei notwendig sind. Besonderes Augenmerk legte die Untersuchung auf den Wirkungsgrad der Energieübertragung und auf hohe Kopplungswerte für einen optimalen Energietransfer. Mit einer recht geringfügigen Hardwaremodifikation der Tunable Matching Networks auf Fahrzeug- und Bodenplattenseite ließ sich die Gesamtleistung des Systems deutlich verbessern.

Dass Ladesysteme unabhängig von lokalen Gegebenheiten funktionieren, stellen globale Standardisierungsaktivitäten für das drahtlose Laden in Nordamerika, Europa und Asien sicher. Im Jahr 2010 gründete die SAE International das J2954-Komitee, um die Entwicklung eines Standards für das kontaktlose Laden voranzutreiben. IEC und ISO haben ebenfalls Arbeitsgruppen gebildet, um Standards für das berührungslose Laden zu schaffen. Im Jahr 2016 veröffentlichte die SAE den J2954 Technical Information Report (TIR), gefolgt von der J2954 Recommended Practice (RP). Sie beschreibt die Anforderungen an die Ladesysteme WPT1, WPT2 und WPT3 (Wireless Power Transfer) mit 3,7; 7,7 und 11 kW. Die Bodenfreiheit bei den Ladesystemen variiert zwischen 100 und 250 mm. Außerdem stellt sie die vorgeschriebene Betriebsfrequenz, die Wirkungsgradziele sowie EMV-Grenzwerte und Sicherheitsanforderungen dar.

Mit der RP stellt die SAE International Task Force auch einen Prüfstand  ̶  zunächst bis WPT2  ̶  zur Verfügung. Mit diesem können Hersteller von Elektroautos die Leistung und Konformität ihrer Produkte und Neuentwicklungen kontrollieren. Der Prüfstand basiert auf der zirkularen Topologie, eine Technologie, die Witricity bereitstellt. Die Methode umfasst zudem die magnetische Triangulation, die für die automatische Ausrichtung der Fahrzeuge sorgt. Sie unterstützt sowohl das manuelle als auch autonome Parken. Konkret bedeutet das: Die Kontaktstelle am Unterboden des Fahrzeugs wird automatisch über der Ladeplatte positioniert und autonome Fahrzeuge finden ihre Parkplätze  ̶  selbst bei Schnee oder Regen. Taxiflotten beispielsweise lassen sich so völlig ohne menschliche Interaktion laden.

Kontaktloser Energietransfer

Für die Energieübertragung ist eine Primärspule in der Ladeplatte auf dem Boden installiert und die Sekundärspule am Unterboden des Autos. Grundsätzlich wird die Kopplung zwischen den Spulen mit einem Kopplungskoeffizienten k beschrieben, der zwischen Null (keine Kopplung) und 1 (ideal feste Kopplung) liegt. Beim kontaktlosen Laden ist er mit k ≈ 0,1 bis  0,3 relativ klein. Beruht das Ladesystem auf dem Prinzip der Resonanz, ist dennoch bei niedrigen Kopplungsfaktoren eine effiziente Leistungsübertragung von mehr als 90 Prozent möglich. Der maximale Wirkungsgrad beim Energietransfer von Spule zu Spule lässt sich als eine Komponente des Wirkungsgrads des Gesamtsystems in Form des magnetischen Kopplungskoeffizienten und der Spulenqualitätsfaktoren Q1 und Q2 ausdrücken.

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Ladetechnik für den G2V-Modus

Bild 1: Die voraussichtlichen Anforderungen der SAE an ein Ladesystem

Bild 1: Die voraussichtlichen Anforderungen der SAE an ein Ladesystem SAE International

Damit Ladesysteme überall auf der Welt funktionieren, schreibt die SAE in der Norm J2954 TIR einen bestimmten Bereich von relativen Spulenpositionen (X, Y, Z) und unterschiedliche Batteriespannungen vor (Bild 1). Die magnetische Kopplung variiert mit den relativen Spulenpositionen zueinander – oder einfacher ausgedrückt: mit der Parkposition. Die unterschiedlichen Betriebsbedingungen bestimmen die entsprechenden Impedanzen, die vom Wechselrichter auf Bodenseite angesteuert werden müssen. Um die Belastung des Wechselrichters zu reduzieren, wird sowohl auf Boden- als auch Fahrzeugseite ein Tunable Matching Network (TMN) verwendet, das die Betriebsleistung für jeden Arbeitspunkt optimal einstellt.

Bild 2: TMN-Betriebsbereich für den höchsten Kopplungsfaktor (links) und den niedrigsten Kopplungsfaktor (rechts) beim Energietransfer

Bild 2: TMN-Betriebsbereich für den höchsten Kopplungsfaktor (links) und den niedrigsten Kopplungsfaktor (rechts) beim Energietransfer SAE International

Bild 2 zeigt den TMN-Betriebsbereich beim Ladevorgang: Im linken Diagramm ist die Kurve für die höchste Kopplung dargestellt. Das bedeutet, die beiden Spulen sind relativ nah zueinander positioniert (X = 0, Y = 0, Z = 140 mm), wie es bei einem Fahrzeug mit geringer Bodenfreiheit der Fall ist. Das rechte Diagramm zeigt den Graph der schwächsten Kopplung (X = 75 mm, Y = 100 mm, Z = 210 mm), beispielsweise bei einem SUV mit großer Bodenfreiheit. Die X-Achse beschreibt die Reaktanz des TMN auf Bodenseite und die Y-Achse die Reaktanz des TMN auf Fahrzeugseite. Der schattierte Bereich stellt die möglichen Impedanzbereiche dar, in denen eine volle Leistungsabgabe über den gesamten Bereich der Batteriespannungen möglich ist. Ohne das TMN wäre die volle Lieferung der Leistung nicht realisierbar. Kurz: Das System nutzt die Flexibilität des TMN und stellt die unterschiedlichen Arbeitspunkte je nach dem relativen Abstand der Spulen zueinander optimal ein.

 

Im Folgenden beschreibt der Beitrag, wie der bidirektionale Energietransfer konkret aussieht und wie sich Leistung und Effizienz optimieren lassen.

Bidirektionaler Energietransfer

Um den bidirektionalen Energietransfer zu ermöglichen, modifizierten die Autoren der Studie den Gleichrichter auf Fahrzeugseite so, dass er während des V2G-Betriebs als Wechselrichter fungiert. Ebenso passten sie die Steuerung des Inverters auf Bodenseite an, um ihn auch als Gleichrichter verwenden zu können. Außerdem muss das System auf Bodenseite dahingehend abgeändert werden, dass Autos Strom an das Netz zurückgeben können. Um dies zu realisieren, verwendeten Witricity und Honda Americas eine zusätzliche Last zur Nachbildung des Netzes.

Insgesamt erfordern diese Änderungen nur geringfügige Modifikationen an der Hardware. Halbleiter ersetzen die Gleichrichterdioden, sodass sie auf Bodenseite dem Wechselrichter entsprechen. Zusätzlich sind auf Bodenseite Schalter nötig, um eine Last zu verbinden. Die Controller müssen nun beide Betriebsmodi unterstützen – V2G und G2V – und sind für Moduswechsel in den Gleichrichterblöcken verantwortlich. Der V2G-Modus unterscheidet sich vom G2V-Modus weiter dadurch, dass die Batterie den Wechselrichter auf Fahrzeugseite direkt antreibt. Dies bedeutet, dass keine Anpassung der Busspannung gegeben ist wie im G2V-Modus. Im V2G-Modus wird der Resonator auf Fahrzeugseite zur Sendespule und der Resonator auf Bodenseite zur Empfängerspule. Aufgrund der Reziprozität ist die Kopplung zwischen den Spulen in beiden Richtungen gleich. Daher bleibt die theoretische Leistungsübertragungseffizienz dieselbe. Da jedoch auf Fahrzeug- und Bodenseite unterschiedliche Anpassungsnetzwerke zum Einsatz kommen, ist die Gesamtsystemleistung für die zwei verschiedenen Betriebsmodi unterschiedlich.

Leistung und Effizienz

Bild 3: Systemleistung mit höchstem Kopplungsfaktor ohne Modifikation für den G2V-Modus (links) und den V2G-Modus (rechts)

Bild 3: Systemleistung mit höchstem Kopplungsfaktor ohne Modifikation für den G2V-Modus (links) und den V2G-Modus (rechts) SAE International

Witricity und Honda testeten das Ladesystem unter verschiedenen Simulationsbedingungen. Das Forschungsteam variierte die Fahrzeugbatteriespannungen (Vbatt), die GA-Busspannungen (Vbus) sowie die Spulenpositionen. Im G2V-Modus lässt sich Vbus im vorgesehenen Bereich – meist 360 bis 500 V Gleichstrom – einstellen. Dagegen bestimmt die vom System registrierte Lastspannung den Ladezustand der Fahrzeugbatterie – meist 280 bis 420 V Gleichstrom. Die Ergebnisse für den G2V-Betrieb für verschiedene Vbus– und Vbatt-Zustände sind im linken Diagramm von Bild 3 zu sehen.

Für eine gegebene Vbatt eines Fahrzeugs wird das Ladesystem für diesen Wert als voll funktionsfähig betrachtet. Die dunkle Farbe stellt die Punkte dar, an die volle Nennleistung abgegeben werden kann; die Farbabstufungen zeigen an, dass weniger als die maximale Leistung übertragen wird. Beträgt beispielsweise Vbatt 360 V, kann Vbus ein beliebiger Wert zwischen 320 V und 500 V sein, um die maximale Leistung zu liefern. Ist Vbus auf 300 V eingestellt, lassen sich 90 Prozent der Nennleistung übertragen. Für den V2G-Modus ist der Systembetrieb differenziert zu betrachten, da die Fahrzeugbatteriespannung die Ansteuerspannung für das System bestimmt und nicht einstellbar ist. Im V2G-Modus wird Vbatt zur Busspannung und dabei als VVAbatt bezeichnet. Die Last ist eine konstante Spannungslast VGAload. Die Ergebnisse für den V2G-Modus sind in der rechten Darstellung in Bild 3 zu sehen. Die DC-DC-Effizienz ist sowohl im G2V- als auch V2G-Modus unter sämtlichen Betriebsbedingungen größer als 95 Prozent.

Bild 4: Übertragungsleistung ohne Modifikation bei schwächster Kopplungsposition (G2V links, V2G rechts)

Bild 4: Übertragungsleistung ohne Modifikation bei schwächster Kopplungsposition (G2V links, V2G rechts) SAE International

Die Leistung des Ladesystems variiert je nachdem, wie die Spulen zueinander angeordnet sind. Das ist hauptsächlich auf Änderungen bei der magnetischen Kopplung zwischen den Spulen zurückzuführen. Die Übertragungsleistung bei der schwächsten Kopplungsposition ist in Bild 4 dargestellt.

Hardwaremodifikation

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Bild 5: Systemleistung mit stärkstem Kopplungsfaktor und erhöhtem TMN-Bereich (G2V links, V2G rechts) SAE International

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Bild 6: Systemleistung mit schwächstem Kopplungsfaktor bei erhöhtem TMN-Bereich (G2V links, V2G rechts) SAE International

Im Vergleich zu Bild 3 ist zu sehen, dass für beide Betriebsmodi bei weniger Kombinationen von Eingangs- und Ausgangsspannungen die vollständige Zielleistung möglich ist. Während für den G2V-Betrieb bei allen Batteriespannungen – ausgenommen den niedrigsten – die volle Leistung realisierbar ist, fällt die Leistungsübertragung für den V2G-Betrieb gering aus. Ein TMN ist demnach unerlässlich, um auch bei geringen Kopplungswerten den Energietransfer zu optimieren.

Das Forscherteam erhöhte den Bereich der Reaktanzanpassung bei den TMNs auf Boden- und Fahrzeugseite auf 36 Ohm, um die Auswirkungen auf die Systemleistung zu untersuchen – ursprünglich lag dieser bei 27 Ohm. Diese Hardwaremodifikation erscheint zunächst recht geringfügig, verbessert jedoch die Gesamtleistung. Bild 5 gibt Auskunft über die Ergebnisse der Leistungsabgabe unter Berücksichtigung dieser Modifikation für die stärkste Kopplungsposition, Bild 6 für die schwächste Kopplungsposition. Der Vergleich mit den Bildern 3 und 4 zeigt die größere Bandbreite an Kombinationen von Eingangs- und Ausgangsspannungen, bei denen die volle Zielleistung erreicht wird.

Peter Wambsgranß

Direkctor of Business Development AIMM Europe, Witricity

(na)

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