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NXP Semiconductors

Um zusätzliche elektrische Aktuatoren mit kurzzeitig hohem Leistungsbedarf wie zum Beispiel aktive Fahrzeugstabilisierung oder elektromechanische Lenkhilfen einsetzen zu können, wollen die OEMs eine zusätzliche 48-V-Spannungsschiene. Auch wenn in dieser neuen Fahrzeugarchitektur mit zwei Spannungsdomänen die elektrischen Massen galvanisch gekoppelt sind, stellt sich die Frage, welche Auswirkung dies auf die Kommunikations-Netzwerke im Fahrzeug hat, die diese beiden Spannungswelten miteinander verbinden.

Dieser Fachartikel erörtert im Detail die zu erwartenden neuen Systemkonstellationen bei der Verwendung der bekannten Bussysteme CAN und FlexRay. Er zeigt denkbare unterschiedliche Systemzustände und deren Auswirkungen auf die Bussysteme bezüglich Signalintegrität sowie Anforderungen an die Robustheit – beispielsweise im Fehlerfall eines Masseabrisses – auf. Da der erste Serieneinsatz des 48-V-Bordnetzes hauptsächlich Steuergeräte betreffen wird, die mit FlexRay und CAN vernetzt sind, geht der Beitrag auf diese Bussysteme näher ein.

48-V-Anforderungen im Überblick

Bei der Definition des 48-V-Bordnetzes (Bild 1) wurde besonderes Augenmerk darauf gerichtet, die maximal zulässige Gleichspannung von 60 V im normalen Betrieb nicht zu überschreiten. Durch diese Definition ist es grundsätzlich möglich, auf eine galvanische Isolation der neuen 48-V-Systeme zu verzichten, da es zu keiner kritischen Berührspannung kommen kann. Im Gegensatz dazu müssen Systeme mit höheren Betriebsspannungen wie zum Beispiel Hybridfahrzeuge oder Elektrofahrzeuge mit Spannungen von mehreren Hundert V stets vollständig galvanisch isoliert ausgeführt werden, was erheblich höhere Systemkosten mit sich bringt.

Im gemischten 48-V-/12-V-Bordnetz ist es auf Grund der Spannungslage möglich, beide Massen zusammenzuführen und galvanisch zu koppeln, um so keine besonderen Maßnahmen im Bereich des Berührungsschutzes einführen zu müssen. Dennoch ergeben sich in solch einem System neue Fragestellungen bezüglich der Bussysteme CAN oder FlexRay, wenn über diese von einer Spannungsdomäne in eine andere kommuniziert werden muss.

Bild 1: Betriebsspannungsbereiche im 48-V-Bordnetz.

Bild 1: Betriebsspannungsbereiche im 48-V-Bordnetz. NXP Semiconductors

Auch wenn Bussysteme wie CAN oder FlexRay grundsätzlich eine differenzielle Übertragungsschnittstelle zur Verfügung stellen, so sind die verwendeten Bus-Transceiver immer auf eine gemeinsame Masse angewiesen, die in einem gemischten Spannungsbordnetz sowohl im Normal- als auch im Fehlerfall nicht mehr zwingend überall gegeben ist. Es stellt sich hier die Frage, welche der beiden Massen die Referenz für das Bussystem darstellt; die gute alte 12-V-Masse (Klemme 31) oder die zukünftig ebenfalls vorhandene 48-V-Masse (Klemme 41)? Beide Klemmen werden zwar zentral an einer Stelle im Fahrzeug galvanisch gekoppelt sein, man kann aber im verteilten Fahrzeug nicht ausschließen, dass zum Beispiel ein größerer Masseversatz oder eventuell ein erhöhter Störpegel durch Hochstromverbraucher in der Masse auftritt.

Temporäre Überspannungen

Neben der grundsätzlichen Fragestellung nach der Masse im Bussystem gibt es bereits jetzt Hinweise, dass es auch im 48-V-Bordnetz zu temporären Überspannungen kommen kann, wenn beispielsweise Bremsenergie rückgewonnen wird. Ein weiteres Szenario könnte sein, dass im Abschleppfall ein elektrischer Antrieb mit aktivem Fahrwerkdynamiksystem zum Generator wird, der bei jedem Schlagloch eine kräftige Überspannung produziert und in das 48-V-Netz rückspeist. Voraussichtlich sind in diesem Fall Spannungen im Bereich von 70 V mit einer Impulslänge von bis zu 100 ms zu erwarten (Bild 2).

Bordnetze entkoppeln

Generell muss in einem gemischten Bordnetz mit zwei Batterien durch bauliche Maßnahmen ausgeschlossen sein, dass die 12 V direkt mit den 48 V in Berührung kommen. Hier kann es erforderlich sein, Steuergeräte, die beide Spannungen benötigen, mit mehreren Anschlusssteckern auszustatten, die ein falsches Anschließen der unterschiedlichen Versorgungsspannungen sicher ausschließen. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die 48-V-Versorgung keine Schutzmaßnahme gegen Verpolung (Diode) auf dem Steuergerät erfordert, da ein fälschliches Anschließen der 48-V-Batterie baulich ausgeschlossen ist. Einen sogenannten „Jump-Start“ (Starthilfe) wie von den 12-V-Systemen gibt es bei 48 V nicht, da eine Serienschaltung von Batterien unkontrolliert die 60-V-Spannungsgrenze überschreiten würde.

Bild 2: Überspannungsimpuls im 48-V-Bordnetz.

Bild 2: Überspannungsimpuls im 48-V-Bordnetz. NXP Semiconductors

Man könnte annehmen, dass diese neuen Anforderungen zwingend dazu führen, Steuergeräte mit Kommunikationsschnittstellen und 48-V-Versorgung mit einer galvanischen Trennung zu versehen, um ungewollte Querströme zwischen den Spannungswelten sicher auszuschließen. Es ist jedoch auch ohne Isolation möglich, gemischte 48-V/12-V-Systeme aufzubauen. Die Gefahr der Bauteilzerstörung sowie der Störung der Kommunikation lässt sich bei Verwendung geeigneter Buskomponenten auch ohne Isolation vermeiden.

Allerdings ist in jedem Fall  zu beachten, dass ein „harter Kurzschluss“ der 48 V zu einer der Busleitungen zwingend verhindert werden muss, was mit baulichen Maßnahmen auch umsetzbar ist. Bei einem solchen Kurzschluss mit einer Busleitung würden im schlimmsten Fall 70 V (und gegebenenfalls noch höhere Spannungsimpulse) auf den Busleitungen ohne Strombegrenzung anliegen, die alle angeschlossenen Transceiver zerstören würde. Eine galvanische Entkopplung der Bordnetzspannungen im Steuergerät hilft hier nicht, da sie nicht die Busleitungen schützt, sondern lediglich die Niederspannungsschnittstelle im Steuergerät. Konsequenterweise kann ein harter Buskurzschluss in Kombination mit den zu erwartenden Überspannungen im 48-V-Bordnetz zur Zerstörung aller angeschlossenen Steuergeräte führen.

Systemzustände im gemischten 48-V/12-V-Bordnetz

Um die Anforderungen an die Kommunikationsschnittstellen zu definieren, muss man sich die neuen potenziellen Systemzustände in einem gemischten Bordnetz näher ansehen. Da beide Bordnetzspannungen über Masse fest miteinander verbunden sind, sollten zumindest keine fundamental neuen Effekte auftreten, die sich nicht schon heute im reinen 12-V-Bordnetz zeigen. Einzig die maximale Batteriespannung kann jetzt deutlich höher ausfallen und stärkere Rückwirkungen auf die Kommunikationsschnittstellen haben.

Fall A: Masseabriss

Ein erstes potenzielles Problem ergibt sich im Falle des Masseabrisses an einem Steuergerät. Wie bereits aus der 12-V-Welt bekannt, wird die gesamte Elektronik innerhalb des Steuergerätes mehr oder weniger schnell in Richtung der Batteriespannung driften, wobei die Geschwindigkeit des Effektes im Wesentlichen von den Pufferkapazitäten abhängt. Für den Bus-Transceiver bedeutet dies, dass die Busleitungen mit „negativer“ Potenzialdifferenz bis hin zur vollen Batteriespannung erscheinen, da alle anderen Steuergeräte diese Busleitungen im nominalen Spannungsbereich halten. Ist das masselose Steuergerät jedoch mit 48 V versorgt, so wird entsprechend das Spannungspotenzial zum Buspotenzial noch größer als vom 12-V-Fall bekannt.

Bild 3: Ersatzschaltbild der Eingangswiderstände eines CAN-Bus-Transceivers.

Bild 3: Ersatzschaltbild der Eingangswiderstände eines CAN-Bus-Transceivers.NXP Semiconductors

Bedingt durch die typische Implementierung eines Bus-Transceivers ist die Verbindung zu den Busleitungen immer mit einem internen Serienwiderstand verbunden (Empfänger-Widerstandsnetzwerk, typisch >15 kΩ pro Busleitung ergibt 30 kΩ differenziell), was einen größeren Ausgleichsstrom verhindert (Bild 3). Im Grunde stellt sich hier ein Spannungsteiler ein, der sich rechnerisch aus dem Restnetzwerk aller Bus-Transceiver mit Masse und dem Innenwiderstand des Transceivers ohne Masse ergibt (Bild 4).

Im Falle eines Masseabrisses an einem Steuergerät ergibt sich in zwei Fällen das größte Buspotenzial, nämlich beim Zwei-Knoten-Netz und beim Großen Netzwerk.

Beim Zwei-Knoten-Netz wird sich in etwa VBat/2 als Busspannung einstellen, da zwei gleichartige Bus-Transceiver mit etwa dem gleichen Innenwiderstand einen Spannungsteiler bilden. Im Fall von 60 V würde dies eine Busspannung von etwa +30 V für den Bus-Transceiver mit Masse bedeuten und -30 V für den Bus-Transceiver ohne Masse. Hierbei ist vernachlässigt, dass der Bus mit Masse nicht auf 0 V sondern im Falle von CAN und FlexRay auf zirka 2,5 V liegt.

Beim Großen Netzwerk sind viele Bus-Transceiver parallel aktiv und halten den Bus entsprechend niederohmig auf niedrigem Potenzial, so dass der Bus-Transceiver ohne Masse einen geringeren Einfluss auf die Busspannung hat. Folglich erfährt das Restfahrzeugnetzwerk mit Masse eine deutlich geringere Überspannung als im Zwei-Knoten-Fall, während am Bus-Transceiver ohne Masse ein größeres negatives Potenzial anliegt, im Extremfall sogar die volle negative Batteriespannung!

Bild 4: Ausbildung des Spannungsteilers bei Masseverlust; Ersatzschaltbild des CAN-Bus-Transceivers.

Bild 4: Ausbildung des Spannungsteilers bei Masseverlust; Ersatzschaltbild des CAN-Bus-Transceivers.NXP Semiconductors

Aus dem Fall „Masseabriss“ lässt sich somit schon die erste Anforderung an einen Bus-Transceiver formulieren, der in einem 48-V-Bordnetz bedenkenlos einsetzbar wäre: Steuergeräte, die an 48 V arbeiten, sollten Transceiver mit ausreichender Spannungsfestigkeit an den Busanschlüssen gegen negative Spannungen haben. Bei einer Batteriespannung  von 60 V würden hier 58 V ausreichen, da immer noch ein Spannungsteiler mit dem Restfahrzeugnetzwerk besteht beziehungsweise die Busspannung im Restnetzwerk nicht 0 V beträgt, sondern eher bei 2,5 V liegt. Steuergeräte, die mit 12 V arbeiten, könnten für diesen Fall mit einer deutlich geringeren Spannungsfestigkeit auskommen, da im schlechtesten Fall (bei zwei Steuergeräten) die halbe Batteriespannung, also +60 V : 2 = +30 V, auftritt (siehe Bild 4). In diesem Fehlerfall „Masseabriss“ sind daher Bus-Transceiver mit einer positiven Spannungsfestigkeit von mindestens +30 V ratsam. Dies betrifft im Besonderen Übernahmeteile aus bestehenden 12-V-Fahrzeugen!

Fall B) An- und Abstecken unter Spannung (Hot Plugging)

Spannend wird es, wenn man sich Szenarien vorstellt, in denen Steuergeräte im laufenden Kommunikationsbetrieb an- oder abgesteckt werden. Hier kommt es zu unterschiedlich möglichen Konstellationen mit temporärer Masseanbindung sowie aktiver Buskommunikation mit niederohmigen Bustreibern, die gerade dominante Bits absetzen.

Bild 5: Spannungsteilerausbildung beim Hot-Plugging; Ersatzschaltbild des CAN-Bus-Transceivers.

Bild 5: Spannungsteilerausbildung beim Hot-Plugging; Ersatzschaltbild des CAN-Bus-Transceivers.NXP Semiconductors

Auch hier müssen wir beide Seiten der Kommunikation ansehen: die Fahrzeugnetzwerkseite mit vielen aktiven Knoten und vorhandener Masse sowie das Steuergerät, welches gerade angeschlossen oder entfernt wird. Kritischer neuer Aspekt ist, dass die Berechnung des Spannungsteilers aus dem vorherigen Fall nicht mehr korrekt ist. Sollte auf dem Bussystem gerade aktiv gesendet werden, während das 48-V-Gerät die Masse verliert, so ist der untere Teil des Spannungsteilers erheblich niederohmiger als der Innenwiderstand des Steuergeräts ohne Masse. Es bildet sich somit viel eher die volle negative Batteriespannung am Knoten ohne Masse und dies selbst in einem kleinen Netzwerk!

Akut wird es, wenn das 48-V-Steuergerät gerade sendet, während man diesem die Masse abtrennt. In dem Fall wird dieses Steuergerät auch ohne Masse einen Augenblick weiter senden, da die lokalen Versorgungskapazitäten das Steuergerät noch in Betrieb halten (Bild 5). Mit zunehmender Entladung der Versorgungskapazitäten schnellt das Potenzial dieses Steuergeräts in Richtung der 48-V-Batteriespannung. Es sendet allerdings mit aktiven Bustreiberstufen weiter bis die lokale Spannung kurz vor Erreichen der Batteriespannung zu klein wird, um das Steuergerät noch aktiv zu halten. In diesem Fall wird somit das Restfahrzeugnetzwerk aktiv und niederohmig in Richtung der 48-V-Spannungsversorgung gezogen. Damit ist auch hier das hochohmige Spannungsteilerverhältnis nicht mehr gültig und die zu erwartende Busspannung im Restfahrzeugnetzwerk wird erheblich größer bis in den Bereich der vollen 48-V-Batteriespannung abzüglich der Spannungsabfälle des Bustreibers.

Aus dem Fall „Hot Plugging“ lässt sich somit eine weitere Anforderung an die Transceiver ableiten – in diesem Fall speziell für die Transceiver im Restfahrzeugnetzwerk und damit auch für alle 12-V-Steuergeräte: Um den Fall „Anschließen oder Trennen unter Betriebsspannung“ sicher zu überstehen, müssen alle Bus-Transceiver im Netzwerk mit 48-V-Steuergerät eine positive Spannungsfestigkeit von mindestens +58 V mitbringen, so dass ein aktiv sendendes 48-V-Steuergerät bei Masseabriss und großer Batteriespannung keine Bus-Transceiver zerstört.

Bild 6: Klemmschaltung zum Schutz vor 70-V-Impulsen; kein erhöhter Ruhestrom.

Bild 6: Klemmschaltung zum Schutz vor 70-V-Impulsen; kein erhöhter Ruhestrom.NXP Semiconductors

Die in den Bildern 4 und 5 für das CAN-System gezeigten Effekte und Konsequenzen treten analog hierzu auch für das FlexRay-Bussystem. Auch die FlexRay-Bus-Transceiver brauchen für die gezeigten Fälle eine entsprechende Spannungsfestigkeit an den Busanschlüssen, da auch Steuergeräte ohne unmittelbare 48-V-Versorgung von Überspannungen betroffen sein können. Bei Verwendung eines aktiven Sterns (Annahme im 12-V-Bordnetz) sind die unterschiedlichen Netzwerkteile voneinander getrennt, so dass nur für Steuergeräte an dem jeweiligen Netzwerkzweig eine hohe Spannungsfestigkeit erforderlich ist. Der aktive Stern muss allerdings ebenfalls die hohe Spannungsfestigkeit mitbringen.

Fall C) Batterieanschlüsse von „Klemme 30″-Bus-Transceivern

Eine weitere Fragestellung ergibt sich für Steuergeräte, die den Sleep-Mode unterstützen, bei dem über den Bus-Transceiver die Steuerung der gesamten Stromversorgung erfolgt. Diese Bus-Transceiver haben üblicherweise einen direkten Batterieanschluss sowie einen INH-Ausgang (Inhibit oder auch Enable-Funktion) zur Ansteuerung der Stromversorgung. Wie bereits anfänglich erwähnt, können im 48-V-Bordnetz nun Spannungen auftreten, die kurzzeitig deutlich höher als 60 V ausfallen können (siehe 70-V-Testimpuls in Bild 2).

Um eine Zerstörung des Bus-Transceivers durch solche Spannungsspitzen am BAT-Eingang zu verhindern, ist eine Klemmung vorzusehen, die verhindern soll, dass Spannungsspitzen ungehindert auf den Bus-Transceiver wirken. Da die Stromaufnahme der BAT-Eingänge von Bus-Transceivern im Bereich weniger Milliampere liegt und damit sehr gering ist, zeigt hier eine einfache Klemmschaltung aus Serienwiderstand und Zenerdiode ihre Wirkung (Bild 6). Allerdings ist darauf zu achten, die Klemmspannung der Zenerdiode deutlich über dem nominalen Betriebsbereich eines 48-V-Steuergerätes anzusiedeln, da sonst mit deutlich größeren Ruheströmen im System zu rechnen ist.

Bild 7: Varianten der galvanischen Entkopplung auf der Ebene des Steuergeräts.

Bild 7: Varianten der galvanischen Entkopplung auf der Ebene des Steuergeräts.NXP Semiconductors

Auch hieraus ergibt sich wieder eine Anforderung an Bus-Transceiver für das 48-V-Bordnetz: Die Spannungsfestigkeit der Anschlüsse BAT und INH sollte deutlich über den nominalen 48 V liegen, idealerweise mindestens bei 58 V, um erhöhte Ruheströme zu vermeiden. Bei niedrigeren Spannungsfestigkeiten dieser Anschlüsse des Transceivers muss ein zusätzlicher Ruhestromverlust in Kauf genommen werden!

Fall D) Steuergeräte mit mehreren Masseanschlüssen (KL31 und KL41)

Ein Sonderfall ergibt sich bei Steuergeräten, die beide Spannungswelten auf einer Platine vereinigen. Hier kann es passieren, dass nur eine der beiden Massen abreißt, während die andere Masse noch verbunden ist. Da im Fahrzeug beide Massen bereits verbunden sind, sollten die beiden Massen auf dem Steuergerät nicht erneut galvanisch verbunden werden, um Masseschleifen zu vermeiden. Bei einseitigem Masseverlust könnte es jetzt aber zu unkontrollierten Querströmen im Steuergerät kommen, bei denen der Laststrom auf unvorhergesehen Pfaden quer durch alle Komponenten zur anderen Masseklemme fließt und beliebige Zerstörungen verursacht. Für derartige Anwendungen ist eine galvanische Trennung das Mittel der Wahl, um alle Eventualitäten auszuschließen. Die Isolation lässt sich hierbei sowohl auf der Transceiverseite vornehmen als auch auf der Aktuatorseite. Je nach Systemkonstellation kann die eine oder andere Variante günstiger sein (Bild 7).

Grundsätzlich ist es erstrebenswert, Steuergeräte nur aus einer Spannungswelt zu versorgen und so der galvanischen Trennung sowie den daraus resultierenden Kosten aus dem Wege  zu gehen.

Signalintegrität auf dem Bus im Fehlerfall

Bisher beschäftigte sich dieser Beitrag mit Themen rund um eine mögliche Zerstörung von Bus-Transceivern, um aufzuzeigen, wie sich die Zerstörung durch entsprechende Komponentenauswahl vermeiden lässt. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Signalintegrität der Bussysteme, wenn ein Steuergerät beispielsweise seine Versorgungspannung verliert. Hat dies Auswirkungen auf die Restkommunikation im Fahrzeug?

Signalintegrität im FlexRay-Bus

Wie bereits erläutert ergibt sich bei einem Masseverlust im Endzustand ein Spannungsteiler aus dem Restnetzwerk und dem Steuergerät ohne Masse. Resultat ist eine mittlere Busspannung zwischen Masse und der 48-V-Versorgung, wenn der Bus seinen „Idle“ Zustand eingenommen hat. Sobald nun ein Knoten im Restnetzwerk zu senden beginnt, wird im Falle von FlexRay auf beiden Busleitungen aktiv vom Transmitter getrieben, um zunächst die TSS (Transmission Start Sequence) abzusetzen. In dieser Phase wird der Bus in den nominalen Pegelbereich heruntergezogen, was ein wenig Zeit in Anspruch nimmt (Bild 8). Man kann sich dies wie die Entladung einer Kapazität vorstellen. Innerhalb der TSS-Phase wird das FlexRay-Kabel zuverlässig „entladen“, die TSS erreicht den nominalen Wert und wird von allen Knoten richtig erkannt. Da in der TSS eine ausreichende Zeitreserve vorgesehen ist, schadet die leichte Verzögerung am Anfang des Frames nicht. In Labormessungen zeigten sich Zeitverzögerungen der TSS-Erkennung im Bereich von etwa 10 ns, was bei einer nominalen Länge des TSS von üblicherweise 1 µs (bei 10 MBit/s) unkritisch ist.

Bild 8: TSS beim Start der Kommunikation: 3-Knoten- Netzwerk, ein Knoten ohne Masse (Vereinfachte Darstellung aus einer Labormessung).

Bild 8: TSS beim Start der Kommunikation: 3-Knoten- Netzwerk, ein Knoten ohne Masse (Vereinfachte Darstellung aus einer Labormessung).NXP Semiconductors

Alle weiteren Bits sendet der Transceiver nun mit den Push-Pull-Bustreibern, so dass der hochohmige Pfad des Bus-Transceivers ohne Masse nicht mehr dominiert. Er wird komplett vom aktiven Bus-Transceiver überschrieben, wenn dieser mit Masseabriss nur ohmsch mit seinem Innenwiderstand sichtbar ist. Sollte dieser Bus-Transceiver ohne Masse irgendwelche ESD-Klemmschaltungen haben, die bereits bei kleineren Spannungen als den genannten 58 V in Aktion treten, dann sind hier Nebenwirkungen zu erwarten. Bei Verwendung geeigneter Bus-Transceiver zeigen sich keine Nebenwirkungen auf die Buskommunikation. Auch das für FlexRay kritische Asymmetrische Delay bleibt im Bereich ohne negative Auswirkungen.

Folglich sind auch bei einem Masseabriss eines 48-V-Steuergeräts für das Bussystem FlexRay keine negativen Auswirkungen auf die Restkommunikation im Fahrzeug zu erwarten. Das Risiko für die Signalintegrität im FlexRay-System ist im Fall eines Masseverlusts sehr gering, wobei natürlich ein harter Buskurzschluss der Batterie zu den Busleitungen durch bauliche Maßnahmen verhindert werden muss.

Signalintegrität im CAN-Bus

Im Bussystem CAN ist die Situation etwas anders gelagert, weil sich ein masseloses Steuergerät anders auswirkt. Die im Folgenden beschriebenen Effekte treten grundsätzlich auch im 12-V-Fahrzeug identisch auf und sind nicht neu, haben aber im 48-V-System gegebenenfalls eine stärkere Ausprägung. Auch im CAN-System stellt sich der besagte Spannungsteiler im rezessiven Buszustand ein. Allerdings kommen hier zwei Effekte zum Tragen, die es im FlexRay-System nicht gibt: Beim Bussystem CAN ist die erste aktive Busflanke (Start of Frame) eine synchronisierende Flanke. Man spricht hier von einer Hard-Synchronization im CAN-Standard. Wenn diese erste Flanke zeitlich verzögert wird,  ergibt sich eine größere Synchronisationsabweichung zwischen den Knoten. Im ungünstigen Fall ist diese Abweichung derart markant, dass die Kommunikation nicht mehr funktioniert (Bild 9).

Der zweite entscheidende Unterschied zu FlexRay ist die Tatsache, dass ein CANBus-Transceiver keine Push-Pull Treiberstufen besitzt sondern die rezessiven Bits im Protokoll nicht aktiv getrieben werden. Das führt dazu, dass jedes rezessive Bit wieder dem Spannungsteiler mit dem unversorgten Knoten ausgesetzt ist, was wiederum die folgende dominante Busflanke im Timing beeinflusst. Wie bereits erwähnt gibt es den identischen Fall auch im 12-V-Bordnetz; allerdings ist die Potenzialverschiebung im rezessiven Fall dort geringer. In der Praxis ist es dennoch wahrscheinlich, dass ein CAN-Netzwerk selbst dann ungestört weiter kommunizieren kann, wenn dort ein 48-V-Steuergerät ohne Masse angeschlossen ist.

Bild 9: CAN-Netz mit 3 Knoten; Verzögerung der dominanten Flanken.

Bild 9: CAN-Netz mit 3 Knoten; Verzögerung der dominanten Flanken.NXP Semiconductors

Hintergrund hierfür ist die folgende Annahme: CAN-Netzwerke, die kritische Bit-Timings haben, sind in der Regel sehr große Netze mit vielen teilnehmenden Knoten. In diesem Fall ist der Beitrag des einen unversorgten Teilnehmers zum Spannungsteiler vernachlässigbar – allerdings nur, solange dieser unversorgte Bus-Transceiver nach den zuvor genannten Kriterien ausgewählt wurde. Kleine CAN-Netze arbeiten wohl eher nicht an der Grenze des CAN-Bit-Timings und sollten daher ebenfalls keine Timing-Probleme haben, weil zusätzlich auch die kapazitive Last kleiner wird und damit die zusätzliche Zeitverzögerung des ersten dominanten Bit eher kleiner ausfällt. In jedem Fall ist es ratsam, das einzelne Netzwerk diesbezüglich genauer zu betrachten und zu bewerten, ob ein Masseabriss relevante Auswirkungen auf das Bit-Timing haben würde. Dazu eignen sich die bekannten Simulationsmethoden auf Basis einfacher Bus-Transceiver-Modelle.

Empfehlungen für Busschnittstellen im 48-V-Umfeld

Grundsätzlich ist es empfehlenswert, die Stromversorgung eines Steuergeräts nur aus einer Quelle zu betreiben, um möglichen Querströmen im Steuergerät aus dem Weg zu gehen und so eine teure galvanische Trennung zu vermeiden. In Systemen mit Steuergeräten, die mit der 48-V-Spannungsversorgung verbunden sind und keine Isolationsmaßnahmen enthalten, sollten die Transceiver die folgenden Kriterien erfüllen: Die Busanschlüsse aller Transceiver sowie die BAT- und IHN-Anschlüsse im gesamten Netzwerk beziehungsweise Netzzweig sollten bis mindestens ±58 V spannungsfest sein.

NXP Semiconductors bietet bereits heute passende Produkte im Bereich von CAN und FlexRay an, die mit den erforderlichen Spannungsfestigkeiten ausgestattet sind. Für den CAN-Bus stehen beispielsweise die Transceiver TJA1051, TJA1042, TJA1043, TJA1048 und TJA1049 zur Verfügung, für FlexRay erfüllen alle Produkte (beispielsweise die Transceiver TJA1081B und TJA1083 sowie der Aktive Stern TJA1085) die Anforderungen an die Spannungsfestigkeit in der 48-V-Umgebung. Des Weiteren gibt es bereits erste Muster des galvanisch isolierten CAN-Transceivers TJA1052i, der sich insbesondere auch dafür eignet, das beschriebene CAN-Bit-Timing-Phänomen bei Masseabriss zu beherrschen.

Damit steht der Serieneinführung eines 48-V-Bordnetzes aus Sicht der Kommunikationsschnittstellen CAN und FlexRay nichts mehr im Wege.

Dipl.-Ing. Matthias Muth

ist Senior Principal und Systemarchitekt für Konzepte rund um die Vernetzung im Automobil bei NXP Semiconductors.

(av)

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