Schematische Darstellung des modularen Aufbaus von One Core.

Schematische Darstellung des modularen Aufbaus von One Core.Neusoft

Die Navigation in Smartphones und vielleicht auch bald in Smartwatches ist mobil und unterstützt den Benutzer auch in vielen Situationen, in denen er sich nicht mit dem Auto bewegt. Smartphones haben die fest eingebauten Autotelefone ersetzt und verbinden das Auto mit dem World Wide Web in ständig wachsender Geschwindigkeit. Sowohl die eingebaute Navigation als auch das Smartphone sowie die Integration des Smartphones in das Infotainmentsystem zählen heute zu den „Commodity“ Produkten.

One Core

Durch ihren modularen Aufbau, die generische Konstruktion, das betriebssystemunabhängige Design und den größtmöglichen Einsatz von Standards soll „One Core“ die Realisierung einer weltweit einsetzbaren, hochskalierbaren und universell verwendbaren Navigationslösung ermöglichen.

Trotzdem wissen nur wenige Benutzer um den vollen Funktionsumfang ihrer Geräte. Der Standardnutzer kratzt an der Oberfläche, weshalb ein Großteil der teuer entwickelten Sonderfunktionen nicht genutzt wird. Um den Fahrern diese Premium- und Komfortfunktionen zugänglicher zu machen, müssen die Hersteller die Bedienung für den durchschnittlichen User mit intuitiven Bedienkonzepten, selbstlernenden und sich adaptierenden Benutzerschnittstellen nutzerfreundlicher gestalten. Neue Bedienelemente, wie zum Beispiel weitere Schalter, hinter denen sich spezialisierte Einzelansichten verbergen, braucht kaum jemand mehr.

Diese Entwicklung hat bereits begonnen. Beispiele hierfür sind auf den Fahrer und den Fahrweg optimierte Verkehrsmeldungen oder der Vorschlag einer Tankstelle als Zwischenziel, falls der Tankinhalt einen minimalen Grenzwert erreicht. Den Schritt über die Systemgrenzen hinweg haben bisher wenige gewagt. In einer vernetzen Welt sollten optimalerweise alle Informationen konsolidiert und individuell angezeigt werden. Ein Benutzer erwartet von seiner Autonavigation beispielsweise, dass der Stau auf den Einfallstraßen in die Stadt und der Feierabendverkehr zum aktuellen Zeitpunkt berücksichtig werden und als Komfortfunktion ein Vergleich zu anderen alternativen Transportmitteln durchgeführt wird: Schnell noch mit der Information zur potenziellen Zeitersparnis und den Kosten versorgt, ist das Handy-Ticket automatisch gebucht und die Navigation beziehungsweise die Routendaten sind bereits an das Smartphone übergeben. Diese Komfortfunktionen müssen dem Benutzer leicht zugänglich sein und dürfen nicht im Untermenü auf ihre Entdeckung warten!

Integration einer modularen Navigation in die Schichten eines Infotainment-Systems.

Integration einer modularen Navigation in die Schichten eines Infotainment-Systems.Neusoft

Unterschiede bei westlichen und asiatischen Systemen

Im asiatischen Bereich gibt es Navigationssysteme schon länger als in Europa oder den USA. Als einer der Vorreiter ist Japan zu nennen. Seit 30 Jahren sind dort Fahrzeugnavigationssysteme als Nachrüstsysteme weit verbreitet. Durch diesen zeitlichen Vorlauf haben sich entsprechende Problemstellungen im Hinblick auf Verkehrsflüsse zu Stoßzeiten wesentlich früher gezeigt als anderswo. Vor diesem Hintergrund hat die japanische Regierung frühzeitig ein Infrastrukturprogramm ins Leben gerufen, mit dem eine individuelle Kommunikation zwischen Verkehrsleitsystemen und Fahrzeugnavigationen möglich ist. Das System nennt sich Vehicle Information and Communication System, kurz VICS. Da diese Technologie für Navigationssysteme als Standard anzusehen ist, wird VICS von allen Herstellern verwendet. Durch die vorhandenen Auflagen (Hersteller muss Mitglied im VICS-Konsortium sein, Entwicklung und  Herstellung müssen durch eine japanische Firma erfolgen und so weiter) ist eine Realisierung für ausländische Unternehmen sehr schwer umzusetzen.

Auch andere asiatische Länder schützen ihre Märkte mit entsprechenden Auflagen und Technologien. In China gibt es zum Beispiel keine positionsgenauen Navigationskarten. Die verfügbaren Geodaten werden mit einem regierungseigenen Verfahren bei der Navigationsdatenerstellung modifiziert und müssen im Navigationssystem mithilfe einer von der chinesischen Regierung zur Verfügung gestellten Algorithmik korrigiert werden, sodass die durch GPS und Sensorik ermittelte Fahrzeugposition auf die verzerrten Navigationsdaten lagerichtig projiziert werden kann. Zusätzlich reglementiert die chinesische Regierung durch Auflagen und limitierte Lizenzvergabe, wer diese Navigationsdaten erzeugen darf.

Eine ähnliche Vorgehensweise gibt es in Südkorea: Dort sind Navigationslösungen dem Endkundenmarkt zugänglich, aber in Nordkorea ist dies gar nicht erst zulässig.

Ein weiterer Unterschied zwischen den verschiedenen Märkten ist durch den kulturellen Hintergrund gegeben. Dies wirkt sich durch die verschiedenen Schriftsysteme und damit Eingabemechanismen aus, aber auch durch unterschiedliche Bedienung und Suchmuster. Während hingegen in Europa primär nach der Adresse gesucht wird, wird man zum Beispiel in Japan zuerst die Telefonnummer des Ziels (zum Beispiel bei Restaurants) als Merkmal eingeben.

Eine Core-Lösung für den Weltmarkt

Bislang ist es durch die Situation in den verschiedenen Märkten gezwungenermaßen gelebte Praxis, mehr als einen Navigationskern (die Navigation an sich) einzusetzen, um die verschiedenen Märkte weltweit bedienen zu können.

Mit der Navigationslösung „One Core“ von Neusoft Automotives werden in absehbarer Zeit viele der aufgezeigten Probleme gelöst. Das Ziel ist eine weltweit einsetzbare, hochskalierbare und universell verwendbare Navigationslösung. Durch ihren modularen Aufbau, die generische Konstruktion, das betriebssystemunabhängige Design und den größtmöglichen Einsatz von Standards ist „One Core“ in der Lage, dies zu leisten. Grundvoraussetzung ist der Firmensitz der Neusoft Muttergesellschaft in China, genauso wie die langjährige Erfahrung im Bereich der Navigationsentwicklung sowohl im asiatischen als auch im europäischen Raum.

In China werden seit mehr als 20 Jahren Navigationslösungen für Japan, Korea und den Binnenmarkt sowohl in Zusammenarbeit mit großen Tier-1-Lieferanten als auch im eigenen Namen entwickelt. In Deutschland gibt es eine ähnlich lange Tradition in diesem Entwicklungsbereich, mit dessen Navigationslösungen alle relevanten Märkte außerhalb Asiens bedient wurden und werden. Die Vereinigung dieser Traditionen zu der Organisation Neusoft Automotives ermöglicht es, die globalen Anforderungen an eine Weltnavigation wie auch die markspezifischen Details sowohl technisch als auch rechtlich kundenspezifisch umzusetzen. Ein weiterer Schritt zur weltweiten Lösung ist der konsequente Einsatz von Standards, sofern diese benutzt werden können.

Als Basis für die Navigationsdaten kommt hierbei das noch junge Format Navigation Data Standard (NDS) zum Einsatz, welches bis Ende 2014 flächendeckend zur Verfügung stehen wird. Mit diesem Standard entfällt die bisher notwendige Erstellung von proprietären Datenbankformaten, die eine extrem flexible Adaption an die lokalen Rohdateninhalte bedurfte. Für die Kommunikation innerhalb der Infotainmentsysteme gibt es einen ebenfalls noch jungen Kommunikationsstandard, der eingesetzt wird, um mit den verschiedenen Komponenten (Telekommunikation, Sensorik, Fahrzeugelektronik und so weiter) Informationen auszutauschen. Dieser wurde in der Genivi-Allianz definiert und wird kontinuierlich weiterentwickelt.

In den systemübergreifenden Kommunikationen ist bisher noch ein hoher Bedarf an Standardisierungen zu verzeichnen. Hierbei ist nicht der generelle Informationstransport oder die Datenübertragung im Allgemeinen gemeint, denn dafür gibt es industrieweite Lösungen, die nun auch im Fahrzeug Einzug gefunden haben. Vielmehr handelt es sich um spezifische Festlegungen wie beispielsweise die Definition von Routenbeschreibungen oder den Austausch von Manöverbeschreibungen. Speziell für die Anforderungen bei intermodalen Wegbeschreibungen (von der Haustür zum Auto, damit zum Flughafen, am Zielflughafen in den Leihwagen, vor der Innenstadt in die U-Bahn und in der Fußgängerzone zum Treffpunkt) oder systemübergreifenden Anweisungen (welche dann im eigenen Kfz genauso helfen wie im Leihwagen oder auf dem Smartphone) fehlen diese Standards.

Obwohl die weltweiten Märkte in vielen Bereichen immer mehr zusammenwachsen, gibt es spezifische Eigenarten, die eine globale Navigationslösung schwierig machen. Neusoft Automotives hat diese durch die Erfahrung in den Märkten und die weltweiten Standorte in einer Lösung vereinigen können.

Auch das finanzielle Potenzial für die Automobilhersteller und Systemlieferanten sollte dabei nicht unterschätzt werden. Schließlich bündeln sich durch diese Lösung die Ausschreibungs-, Lieferantbetreuungs-, Qualifizierungs- und Serienbetreuungsaufwände auf nur einen Lieferanten, wodurch die Fahrzeughersteller und Systemlieferanten geringere Eigenaufwände und Kosten realisieren können.

Lars Borchert

ist Co-Präsident von Neusoft Automotives.

Stefan Hanika-Heidl

ist CTO Neusoft Automotives.

Markus Ito

ist Solution Manager Neusoft Automotives.

(av)

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