Das Software-System Driving Planner kann die möglichen Verkehrssituationen bis zu etliche Sekunden im Voraus berechnen und daraus präzise Entscheidungen ableiten, um komplexe Fahrmanöver zügig, exakt und autonom zu bewältigen. Bislang verfügbare Systeme – adaptiver Tempomat und Spurwechselassistent – planen Längs- und Querbewegungen weitgehend unabhängig. Die im Driving Planner integrierte gemeinsame Längs- und Querplanung basiert auf fahrphysikalischen Modellen und dürfte uns dem autonomen Fahren wieder einen wesentlichen Schritt näher bringen. Das Software-System ist seriennah und einsatzbereit; zumindest soll bereits 2024 ein Produktionsstart möglich sein.
Software ermöglicht Längs- und Querführung für Level 3 beim autonomem Fahren
Im Prinzip ermöglicht der Driving Planner hochautomatisiertes Fahren auf Level 3: das Fahrzeug meistert bestimmte Fahrsituationen ohne Eingriff und Überwachung durch den Fahrer. Die Software berechnet bis zu einer Geschwindigkeit von 130 km/h komplexe Verkehrssituationen bis zu etliche Sekunden im Voraus und erschließt daraus sichere Fahrzeugmanöver. Der Driving Planner agiert in Kombination mit zwei weiteren Software-Modulen – einem zur Umfelderkennung sowie einem zur Aktivierung und Koordination von Lenkung, Getriebe, Motor und Bremsen.
Ein typisches Beispiel, bei dem das neue System in Zukunft den Fahrer entlasten kann, ist die Auffahrt auf eine Autobahn über den Beschleunigungsstreifen. Der Driving Planner berechnet dieses komplexe Manöver aus Radarsensor- und Kameradaten und trifft die optimale Entscheidung. Weitere Softwaremodule übernehmen die Umsetzung des berechneten Fahrmanövers. Das Fahrzeug beschleunigt nach vorne, fädelt zur Seite in den laufenden Verkehr ein und nimmt dann entsprechend dem Verkehrsflusses und anderen Verkehrsteilnehmern Fahrt auf.
So arbeitet der Driving Planner
Driving Planner im Praxistest der Redaktion
Ein weiteres Beispiel konnte die Redaktion auf einem Testgelände live erleben: Das Fahrzeug fährt mittig auf einer dreispurigen Autobahn, rechts stauen sich Fahrzeuge, links ist das Tempo hoch. Plötzlich schert von rechts ein Pkw auf die mittlere Spur aus. Der Driving Planner berechnet in Bruchteilen von Sekunden das sicherste Fahrmanöver und zieht dabei alle Möglichkeiten in Betracht – vom Bremsen in der Spur über Beschleunigen und Einfädeln nach links bis hin zum Bremsen und Einfädeln hinter einem anderen Fahrzeug auf der linken Spur. Hier zeigte sich deutlich die erheblich geringere Reaktionszeit des Systems gepaart mit der optimierten Trajektorienberechnung. Ein hellwacher menschlicher Fahrer hätte in der Fahrsituation auf dem Testgelände quasi in letzter Sekunde vielleicht noch ein Ausweichmanöver durchführen können, das aber sicher an den Grenzen der Fahrdynamik erfolgt wäre und eines Elchtests würdig wäre. Der Driving Planner sorgte jedoch dafür, dass die Fahrzeuginsassen die fahrtechnische Notsituation in fahrdynamischer Hinsicht fast oder gar nicht registrierten. Unabhängig vom Sicherheitsaspekt, der natürlich ganz klar im Vordergrund steht, ist in solch‘ einer Situation der Unterschied zwischen einem voll konzentrierten Fahrer und dem Driving Planner in Action in puncto Fahrkomfort (sanftes Fahren) fast schon wie Tag und Nacht – es war ein beeindruckender Test für die Redaktion! Continental drückt das etwas anders aus: „Der Driving Planner ist im Prinzip fähig wie ein Rennfahrer und präzise in seinen Berechnungen wie ein Mathe-Genie.“