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Bild 1: Auch für das Laden an fremden Stromnetzen ist eine spezielle Abrechnungsmodalität erforderlich.

Bild 1: Auch für das Laden an fremden Stromnetzen ist eine spezielle Abrechnungsmodalität erforderlich.TÜV Süd

Mit über 48,5% der Neuzulassungen der 10 wichtigsten Businessfahrzeuge im Jahr 2011, so eine Erhebung der FleetCompany, war der Flottenbereich wieder einmal ein bedeutender Mitspieler in der gesamten deutschen automobilen Marktentwicklung.

Insbesondere in den Segmenten der Mittelklasse und oberen Mittelklasse, deren Flottenanteil je nach Modell bis zu 90 % ausmacht, spielt die Flotte mittlerweile eine eindeutig trendsetzende Rolle. Nicht zuletzt die Tatsache, dass in der Flotte im Gegensatz zum Konsumenten die Entscheidungen über die Ausstattungsmöglichkeiten und die Modellpolitik von wenigen Entscheidern geprägt und vorgegeben werden, erhebt den Flottenbereich zu einem Trendsetter. Dieser ermöglicht es wie kein anderer Bereich, neue Technologien und Geschäftsmodelle im automobilen Umfeld in Märkte einzuführen und im Verbraucherverhalten durchzusetzen.

Eine besondere Bedeutung kann man den Flotten zukünftig im Bereich der E-Mobility zuweisen, da zwei der häufigsten Nutzungsmodelle sehr gut zu den technischen Voraussetzungen der Elektrofahrzeuge passen. Dies sind sowohl die Pool-Flotte als auch die persönliche Zuordnung des Fahrzeugs mit privater Nutzung mit wesentlicher Funktion der Fahrt zum Arbeitsplatz, um nach getaner Arbeit wieder nach Hause zu fahren.

Aus diesem Grund ist es rundum sinnvoll, sich einmal die wesentlichen Treiber anzusehen, die es zu fördern gilt, um daraus die wichtigen Erfolgsfaktoren abzuleiten, die für einen bedeutenden Markteinstieg der Elektromobilität im Bereich von Fahrzeug­­­-flotten sorgen werden. Dabei ist es auch sinnvoll, einige Barrieren aus dem Weg zu räumen, um die Elektromobilität im Flotten­bereich massiv voranzubringen. Dieser Beitrag beleuchtet einige der Aspekte, die in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung sind.

Völlig „unelektronisch“:
die Versteuerung des geldwerten Vorteils

Eine derzeitig noch große Hürde für den Einsatz von Elektrofahrzeugen stellt momentan noch der hohe Anschaffungspreis der Batterie und damit verbunden die bei privater Nutzung vom Arbeitgeber zu entrichtende Versteuerung dieses Vorteils dar. Hier kann Elektronik bislang noch nichts zur Lösung beitragen. Vielmehr müssen die Lösungsansätze in politischen Anreizsystemen oder besser in Geschäftsmodellen wie Beschaffung des Fahrzeugs ohne Batterie und Nutzung sowie Bezahlung der Batteriekapazität nach Verbrauch in etwa adäquat zur Treibstoffbeschaffung liegen. Dabei sind natürlich vernünftige Messmethoden notwendig, die eine sachgerechte Erhebung des jeweiligen Energieverbrauchs mit niedrigstem Aufwand ermöglichen.

Wichtigster Treiber und Erfolgsfaktor: Kostentransparenz

Als Flottenmanager von über 35.000 Flottenfahrzeugen bei zirka 180 Flotten allein in Deutschland weiß FleetCompany, dass eine der entscheidenden Anforderungen an ein professionelles Flottenmanagement die Kostentransparenz und damit verbunden die korrekte Zuordnung aller Kosten auf Fahrzeug-, Kostenstellen- und bei Konzernen darüber hinaus auf Gesellschaftsebene ist. Ohne die Möglichkeit der Kostentransparenz hat kein Mobilitätskonzept im Flottenbereich eine Chance, über Prestige- und Versuchsstadien hinaus an Bedeutung zu gewinnen.

Hier konnte bislang bei Nutzung von Tankkarten über den elektronischen Datentransfer der Mineralölgesellschaften, auf Fahrzeugkennzeichen herunter gebrochen, immer ein ausreichender Informationsgehalt zur Verfügung gestellt werden. Wie sieht das nun bei Elektrofahrzeugen aus?

Während sich klassische Kostenarten wie Anschaffung, Leasing, Wartung, Reparatur und Schäden wie bislang ohne Probleme eindeutig zuordnen lassen, sieht es mit der Zuordnung der Nutzungskosten, allen voran der Kosten für die Zuführung von elektrischer Energie, schon deutlich schwieriger aus.

Pool-Flotte

Beim zunächst einfacheren Ansatz bei der Nutzung als Pool-Flotte kann der Flotten-Nutzer auf bestehende elektronische Dispositions- und Zugangsberechtigungssysteme zugreifen, die über die Kilometerangaben und Nutzungszeiten auch die Lokalisierung der entstandenen Energiekosten über Umrechnung mit hinreichender Genauigkeit zulassen. Da bei diesen Fahrzeugen der Energiespeicher üblicherweise bei einer betrieblichen Ladestation aufgeladen wird, ist es möglich, die genaue Menge an Ladeaufwand zu ermitteln. Diese Arten von Flotten sind beispielsweise Pools in Ballungsgebieten, bei denen die Fahrzeuge an einem zentralen Ort untergebracht sind, um täglich innerhalb eines überschaubaren Gebietes auszuschwärmen. Am Abend treffen diese Fahrzeuge wieder ein und werden über Nacht wieder aufgeladen. Hierzu zählen beispielsweise Pflegedienste oder Verteilerverkehr.

Hier lässt sich die Elektronik wertvoll in das System einbinden, um beispielsweise Nutzungszeiten und Kilometerangaben zeitgerecht und ohne fehleranfälligen manuellen Aufwand direkt aus dem Fahrzeug heraus über Funk-Datentransfer an das Dispositionssystem zu übermitteln, während dann im Controlling des Betreibers die weitere Verarbeitung erfolgen kann. Damit ist die Übertragung orts- und anbieterunabhängig, und es muss hierzu keine aufwändige Infrastruktur aufgebaut werden. Im Poolbereich bietet sich auch die Möglichkeit an, diese Daten über den Datenkanal des Ladekabels zu übertragen, da in diesem Fall eine ortsfeste Struktur ohnehin vorgesehen ist.

Deutlich komplexer stellt sich die Anforderung bei Fahrzeugen mit privater Nutzung dar. Hierzu ist es hilfreich, einmal einen typischen Tagesverlauf eines Firmenwagennutzers anzusehen, wie er in großer Anzahl vorkommt.

Drei Tage mit Herrn Emob

Herr Emob beginnt seinen Arbeitstag am Freitag mit einem aufgeladenen Fahrzeug, mit dem er zu seinem 40 km entfernten Büro fährt. Dort angekommen sucht er sich in der Tiefgarage des Unternehmens einen freien Parkplatz mit Lademöglichkeit und schließt sein Fahrzeug an (siehe Punkt [1] in Bild 2). Da um diese Tageszeit der Strom relativ teuer ist, wird nur so viel (mit Reserve) in das Fahrzeug geladen, um den Fahrer nach getaner Arbeit zu seinem nächsten Ziel, seinem abendlichen Sportverein zu bringen.

Bild 2: Drei Tage im Leben des Herrn Emob – Laden mit unterschiedlichen Systemen.

Bild 2: Drei Tage im Leben des Herrn Emob – Laden mit unterschiedlichen Systemen. FleetCompany

Diesen Bedarf gibt er in morgens in einfacher Art und Weise im Fahrzeug ein. Abends beim Sportverein angekommen schließt er sein Fahrzeug dort ebenfalls an ([2] in Bild 2) und erlaubt maximal mögliche Beladung, da nun der Strompreis relativ günstig ist. Nach der sportlichen Aktivität fährt er noch schnell zum Einkaufen, um anschließend nach Hause zu fahren.

Am darauffolgenden Samstag besucht Herr Emob mit seiner Familie eine Familienfeier bei den 80 km entfernten Verwandten, wo er das Fahrzeug an das Stromnetz der Verwandten anschließt, die allerdings lediglich über eine herkömmliche Steckdose verfügen ([3] in Bild 2). Er benötigt schließlich ausreichend Energie, um anschließend wieder nach Hause zu kommen. Zu Hause angekommen lädt er das Fahrzeug wieder auf ([4] in Bild 2), um sich nach einem geruhsamen Sonntag am Montag wieder mit seinem Fahrzeug auf den Arbeitsweg zu begeben.

Besondere Anforderungen

Dieser beispielhafte Tages- beziehungsweise Wochenendablauf des Herrn Emob verdeutlicht, dass ein Firmenfahrzeug mit privater Nutzung besonderen Anforderungen ausgesetzt ist, wenn es für eine echte private Nutzung geeignet sein soll, die auch eine Versteuerung dieses Vorteils rechtfertigen kann. An allen vier Ladestationen herrschen unterschiedliche Voraussetzungen (Geschäftsbetriebe und Privathaushalte, spezielle Ladestationen oder allgemeines Stromnetz). Zudem ist anzunehmen, dass völlig unterschiedliche Stromanbieter bei den einzelnen Stationen unter Vertrag stehen.

Der elektronische Lösungsansatz

Aus diesem Grund muss eine Abrechnungslösung des Strombedarfs von den einzelnen Ladestationen entkoppelt sein und direkt vom Fahrzeug ausgehen. So müsste im Fahrzeug eine entsprechende Abrechnungseinheit enthalten sein, die zum Einen selbstständig merkt, an welcher Stelle von welchen Provider sie gerade Energie aufnimmt, um dann über Mobilfunk an eine zentrale Abrechnungsstelle zu melden. Hierzu müsste die Onboard-Logik des Fahrzeuges den Anbieter identifizieren. Dies könnte über den Standort laufen, was sich wohl hinreichend genau über GPS darstellen ließe. Ähnliche Systeme sind im Flottenmanagement bereits über elektronische Fahrtenbücher bekannt und bewährt. Hierbei werden beispielsweise die Adressdaten von oft angefahrenen Kunden oder Geschäftspartnern wie auch typische Privatadressen so abgespeichert, dass die Unit beim Parken des Fahrzeuges diese Adresse auch als die konkret hinterlegte erkennt.

Auf diese Weise besteht die Möglichkeit, die Kostenstelle von Herrn Emobs Arbeitgeber zu belasten und die Provider der einzelnen Ladestationen entsprechend zu entlasten – und dies alles zuverlässig sowie nachvollziehbar revisionssicher.

Der Hauptvorteil einer solchen Lösung besteht darin, dass hierfür keine aufwändige extra Infrastruktur geschaffen werden muss mit allen damit verbundenen Einstiegsbarrieren und Widerständen. Vielmehr kann dies mit bestehender Infrastruktur verknüpft mit neu zu entwickelnden Buchungssystemen, die sich wiederum bestehenden Mobilfunknetzen bedienen, eingeführt werden. Elektronisch müsste die Fahrzeugseite mit entsprechenden Onboard Devices ausgestattet werden, und es müssten passende vertragliche Strukturen mit und unter den Versorgungsunternehmen abgeschlossen werden.

So können im Wesentlichen elektronische Systeme der Welt der E-Mobility einen entscheidenden Schub vermitteln, da es dann die Akzeptanz der großen Flottenbetreiber erreicht. Dies kann zum einen durch die OEM der Fahrzeuge als auch durch spezialisierte Dienstleister geschehen, die sich bereits mit brauchbarer Technologie rund um Telematik-Dienste einen Namen gemacht haben.

Ausblick und Vision

Nach Lösung der Kostenzuordnung und der steuerlichen Aspekte sieht FleetCompany die Flotten als Treiber für eine deutliche Beschleunigung in der E-Mobilität. Flottenbetreiber entscheiden zentral über die Nutzung großer Fahrzeug-Stückzahlen. Daher sind sie in der Lage, Trends zu setzen und neue Strömungen zu fördern.

Weitere Treiber sind Energieversorger und Betreiber von regenerativen Energie-Einrichtungen. Diese suchen nach Speicher- und Handlings-Möglichkeiten für die neuen Kraftwerkstypen. Es werden Konzepte entwickelt, die Energieabgabe und -aufnahme der Fahrzeuge in Form eines Markplatzmodells steuern. So wird nach diesen Modellen über die Fahrzeuge Strom verkauft zu Zeiten, an denen das Fahrzeug keine eigene Energie benötigt, während an anderer Stelle die elektrische Energie so dringend benötigt wird, so dass hierfür ein attraktiver Preis gezahlt wird. Umgekehrt tankt das Fahrzeug möglichst kostengünstig in Schwachlastzeiten Energie auf.

Pufferspeicher für das Lastmanagement

Durch diesen noch etwas visionären Ansatz ließe sich allerdings ein noch weit über die Flottenanforderung der Transparenz hinausgehender Vorteil erschließen. Bei genügend großer Anzahl an Fahrzeugen mit entsprechendem Speichermedium könnte dieses Netzwerk als insgesamt sehr großer Energiespeicher wirken, nach dem seit langem gesucht wird. So würde man hierüber nun endlich über einen brauchbaren Pufferspeicher verfügen, um die Energie, die aus erneuerbaren Quellen zu Verfügung gestellt wird, bis zum gewünschten „Verbrauch“ abrufbar zu lagern. Dies ermöglicht ein Lastmanagement, um ungleich verteilten Stromverbrauch und Erzeugungsmöglichkeiten auszugleichen.

Somit würde der Umstand, dass Wind, Sonne, Tidenhub und Wasserkraft nicht konstant greifbar sind, oder zumindest nicht immer dann greifbar sind, wenn sie gerade gebraucht werden, in seiner bremsenden Funktion an Bedeutung verlieren. Hierdurch ließen sich die entstehenden „Bedarfs-Täler“ mit Bedarf füllen und ebenso die Bedarfsspitzen durch die Zurverfügungstellung von Batteriestrom entsprechend kappen.

E-Flotten

Damit Elektrofahrzeuge auch für Flotten interessant werden, gilt es zunächst oftmals, einen steuerlichen Aspekt zu prüfen. Anschließend heißt es, elektronische Anpassungen vorzunehmen, um so unter anderem auch in allen Situationen eine korrekte Verbuchung der „getankten“ elektrischen Traktionsenergie zu ermöglichen.

In Zeiten, in denen die erneuerbaren Energieformen mehr und mehr an Bedeutung gewinnen, gewinnt auch das Thema Flexibilität in gleichem Maße mehr und mehr an Bedeutung. Das bedeutet, dass das Bereitstellen von Flexibilität zu einem echten werthaltigen Wirtschaftsgut wird, da es eine Ressourcen schonende Energiebedarfsdeckung ermöglicht. Mit dem Kauf zu günstigen Zeiten und Verkauf zu attraktiven Preisen kann sich das „Geschäftsmodell Firmenwagen“ unter günstigen Umständen sogar zu einer interessanten Einnahmequelle entwickeln, bei der ganz nebenher auch noch ein Stück Mobilität herausspringt – und das alles CO2-neutral. Hierzu ist allerdings noch Einiges an Entwicklungsarbeit nötig, um die Haltbarkeit damit auch die Betriebssicherheit der Batterien auf eine solche Nutzungsart mit Nachnutzung (zur Wirtschaftlichen Nutzungsoptimierung) im stationären Bereich einzustellen.

Roland Vogt

: ist Geschäftsführer des Flottenmanagement-Unternehmens FleetCompany GmbH in Oberhaching bei München, einer Tochtergesellschaft des TÜV.

(av)

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