Obwohl nur etwa 20 Prozent aller Autofahrten bei Nacht erfolgen, passieren im Dunkeln 40 Prozent aller tödlichen Unfälle. Besonders Fußgänger sind gefährdet – laut deutscher Bundesanstalt für Straßenwesen sterben nachts etwa fünfmal so viele Fußgänger wie am Tag. Nachtsichtsysteme können viel zu einem besseren Schutz beitragen, denn mit ihnen erkennen Autofahrer Gefahrensituationen deutlich früher. Passive Nachtsichtassistenten registrieren mit Hilfe von Wärmebildkameras Lebewesen anhand ihrer Körperwärme.
Aktive Systeme leuchten die Straße mit unsichtbarem infrarotem Licht aus, während eine Kamera hinter der Windschutzscheibe die Fahrstrecke erfasst.
In beiden Fällen wird das aufgenommene Bild in Graustufen auf einem Display im Cockpit angezeigt. Der Fahrer kann die Geschehnisse in größerer Entfernung und am Straßenrand sehen und schnell reagieren. Während Wärmebildkameras Personen oder Tiere als deutlich abgesetzte Flächen vor einem relativ uniformen Hintergrund zeigen, geben die Bilder des aktiven Systems die tatsächliche Situation wieder. Der Fahrer sieht neben Autos, Personen oder Tieren auch den Streckenverlauf und Hindernisse, die die gleiche Temperatur wie ihre Umgebung haben – beispielsweise Steine oder verloren gegangene Ladung.
Nur das passende Licht
Das infrarote Licht von aktiven Nachtsichtsystemen ist für den Menschen praktisch unsichtbar. Die Systeme beleuchten mit 150 Meter Reichweite eine ähnliche Entfernung wie das Fernlicht. Gerade wenn auf Abblendlicht geschaltet ist, bieten sie trotzdem volle Sicht, ohne den entgegenkommenden Verkehr zu blenden. Bisher nutzen Nachtsichtassistenten Halogenlampen als Lichtquelle. Ein optischer Filter lässt nur den infraroten Anteil durch, das sind ungefähr 20 Prozent des erzeugten Lichts. Als Empfänger dienen konventionelle Kamera-Sensoren, die bis etwa 1000 nm empfindlich sind.
Infrarote LEDs (IREDs) haben gegenüber Halogenlampen den Vorteil, dass sie ausschließlich Licht der benötigten Wellenlänge aussenden. Für automobile Nachtsichtassistenten kommen 850-nm-Emitter zum Einsatz. Erst seit einigen Jahren gibt es IREDs mit genügend Leistung, um Reichweiten bis etwa 150 Meter abzudecken. Ihr Vorteil liegt auf der Hand: Das Nachtsichtsystem verbraucht weniger Energie, weil das erzeugte Licht zu 100 Prozent nutzbar ist. Außerdem entfällt der Filter vor der Halogenlampe sowie dessen Kühlung. Dazu kommt die lange Lebensdauer der IRED von typisch 10.000 Betriebsstunden und mehr. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50 km/h entspräche diese Zeit einer Laufleistung von 500.000 Kilometern, also deutlich mehr als die Lebensdauer eines Autos.
In Zukunft könnte noch ein weiterer Vorteil der IRED zum Tragen kommen, denn je mehr Nachtsichtsysteme im Einsatz sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich gegenseitig beeinflussen. IRED kann man gepulst betreiben und so sicherstellen, dass zwei einander entgegenkommende Systeme sich nicht beeinträchtigen.
Im Zuge der Umstellung der Autoscheinwerfer auf LED-Licht kommen nun auch die ersten Nachtsichtassistenten mit IRED auf den Markt. Der Umstieg fällt relativ leicht, da viele IREDs auf denselben oder auf ähnlichen Bauformen basieren wie die Weißlicht-LEDs für das Fahrlicht. Die Hersteller können ihre Platinenlayouts und ihr Design-Know-how direkt auf die infraroten Lichtquellen übertragen.
Infrarot-LEDs in vielen Varianten
IREDs
Als Basis für aktive Nachtsichtsysteme fungieren IREDs – Infrarot-LEDs. Mit einer Lichtleistung von 4,5 W pro Scheinwerfer leuchten IREDs die Straße etwa 150 bis 200 m weit mit IR-Licht aus. Eine Kamera erfasst die Szenerie und ermöglicht die Ausgabe per Head-Up-Display, Bildschirm etc.
Einer der ersten Nachtsichtassistenten mit IRED-Lösung nutzt pro Scheinwerfer je eine IRED des Typs Ostar Observation von Osram. Das Bauteil liefert 4,5 W Lichtleistung bei 850 nm Wellenlänge. Es besteht aus zehn Chips mit je 1 mm2 Fläche, die kontinuierlich betrieben werden. Zusammen erzeugen die beiden IREDs infrarotes Licht mit einer Leistung von 9 W, um so die Straße 150 bis 200 m weit auszuleuchten.
Die Ostar Observation basiert auf der Ostar-Plattform für Chip-Arrays, die Osram in ähnlicher Form unter anderem auch in LED-Lösungen für Frontscheinwerfer einsetzt. Neben diesem Multichip-Bauteil bieten sich auch leistungsstarke IREDs in den Bauformen Dragon und Oslon an, die mit ihren sichtbaren Pendants identisch sind. Besonders in Kombination mit der Nanostack-Technologie bilden diese Hochstrom-Gehäuse die Grundlage von Hochleistungs-IREDs für die Beleuchtung.
Mit der Nanostack-Technologie gelang es Osram, die optische Leistung von 850-nm-Emittern bei gleichem Betriebsstrom zu verdoppeln. Das Resultat sind besonders effiziente Bauteile wie die IR Platinum Dragon mit 1 W optischer Leistung bei 1 A Betriebsstrom und die IR Oslon, die nach Angaben von Osram „derzeit kleinste IRED mit über einem Watt optischer Leistung“.
(av)