Roboter, Steuerung, Palettenspeicher für Roh- und Fertigteile sowie Wendestation kommen zusammen mit weniger als 30 m² Produktionsfläche aus.

Roboter, Steuerung, Palettenspeicher für Roh- und Fertigteile sowie Wendestation kommen zusammen mit weniger als 30 m² Produktionsfläche aus.Indat

Die 1945 gegründete Deublin Company mit Firmensitz in Waukegan, USA, stellt Drehdurchführungen her. Diese sorgen für einen abgedichteten Übergang von einem feststehenden und einem rotierenden Behälter oder Körper, in denen sich Gase oder Flüssigkeiten befinden. Um in einem automatischen, stabilen und wirtschaftlichen Prozess Komponenten für Drehdurchführungen produzieren zu können, hat Deublin die Entwicklung einer Roboterzelle bei der Firma Indat in Auftrag gegeben, die das Be- und Entladen von CNC-Drehzentren effizienter gestaltet. Die Maschine sollte die ganze Produkt­palette mit rund 500 Fertigteilen in variablen Losgrößen von fünf bis 200 Einheiten fertigen können. Diese Bandbreite erforderte eine flexible Lösung für das Be- und Entladen der Roh- und Fertigteile. Marius Bleahu, Betriebs- und Produk­tionsleiter bei Deublin, erläutert die Anforderungen: „Insbesondere das Greifen der Teile bereitete Probleme, da es sich um Rotationskörper oder Guss- beziehungsweise Schmiedeteile aus verschiedenen Werkstoffen, wie Stahl, Messing, Aluminium oder Graugruss, handelt, die zwischen 200 g und 110 kg wiegen.“

Dieses Teilespektrum mit einer Anlage abzudecken, war mit keiner konventionellen Lösung möglich. Alternativen, wie in die Werkzeugmaschine integrierte Greifer, hat der Anwender aufgrund des schlechten Kosten/Nutzen-Verhältnisses verworfen. „Wichtig waren uns auch ein autarker beziehunsweise mannloser Betrieb über einen möglichst langen Zeitraum, zum Beispiel über eine komplette Nachtschicht sowie kurze Rüstzeiten und ein möglichst geringer Platzbedarf, um die Handlingzelle einfach in den laufenden Fertigungsprozess integrieren zu können,“ schildert Bleahu weitere Punkte im Lastenheft.

Die Handlingzelle packt nicht nur schwere Teile, sondern ist auch nicht wählerisch was Form und Größe der Roh- und Fertigteile betrifft.

Die Handlingzelle packt nicht nur schwere Teile, sondern ist auch nicht wählerisch was Form und Größe der Roh- und Fertigteile betrifft.Indat

Doppelt greift besser

Die realisierte Lösung benötigt mit allen Modulen, also Roboter, Steuerung, Palettenspeicher für Roh- und Fertigteile sowie Wendestation, weniger als 30 m2 Produktionsfläche. Im Mittelpunkt der Zelle steht ein Schwerlastroboter der KR-360-Reihe von Kuka und ein individuell entwickelter Doppelgreifer mit integriertem Auffahrschutz, anpassbarem Greiferdruck und einfach austauschbaren Greiferbacken.

Dieser rund 160 kg schwere Roboter ermöglicht es, jeweils ein Roh- und ein Fertigteil gleichzeitig zu greifen und damit das Bearbeitungszentrum in möglichst kurzer Zeit zu ent- und wieder zu beladen. Denn eine minimale Zykluszeit bei unterbrochener Zerspanung durch schnelle und präzise Handhabung der Werkstücke war eine weitere Forderung seitens Deublin. Das Greifersystem ist so konzipiert, dass es sowohl kleine Rohteile ab einem Durchmesser von 40 mm und einem Gewicht von 200 g aufnehmen und exakt in der Maschine einspannen kann als auch 600 mm lange Teile mit bis zu 300 mm Durchmesser und 110 kg ­Gewicht. Abhängig vom Teilegewicht, -material und -größe muss der Bediener nur das Greiferpaar austauschen – ein Vorgang, der knapp 15 min dauert. Der pneumatisch gesteuerte Greifdruck von maximal 6 bar passt sich ebenfalls an die zu bewegenden Teilen an. So ist sichergestellt, dass der Greifer die Werkstücke unabhängig von deren Geometrie sicher hält, ohne sie oder die Greiferbacken unnötig hohen Kräften auszusetzen.

Gut aufeinander abgestimmt

Damit sich einerseits die Rohteile präzise in die Hauptspindel einsetzen und andererseits die Fertigteile sicher ablegen lassen, hat der Hersteller einen Auffahrschutz in das Greifersystem integriert. Das erhöht die Prozesssicherheit im autarken Betrieb zusätzlich. Nach dem Beladen der Roboterzelle mit den Roh- und Fertigteil-Paletten arbeitet das System aus CNC-Drehzentrum und Handlingzelle mannlos, das Bedienpersonal setzt nur das benötigte Greiferpaar ein und startet das passende Teileprogramm. Idealerweise fasst die Produktionsplanung Teile mit vergleichbaren Abmessungen zu Gruppen zusammen, um häufiges Umrüsten zu vermeiden. Die Auftragssteuerung übermittelt die relevanten Rohteildaten sowie die Palettenmuster an die Robotersteuerung. So ist eine spezielle Bauteil-Erkennung – beispielsweise über ein Machine-Vision-System – nicht erforderlich.

Der Doppelgreifer und die kurzen Wege zwischen Roboter und Werkzeugmaschinen ermöglichen sehr kurze Zykluszeiten.

Der Doppelgreifer und die kurzen Wege zwischen Roboter und Werkzeugmaschinen ermöglichen sehr kurze Zykluszeiten.Indat

Der Roboter nimmt die Rohteile mit dem Greifer von der Palette, setzt sie in das Futter der Hauptspindel ein und wendet sie nach der einseitigen Bearbeitung. Bereits während des weiteren Zerspanungsprozesses holt der Roboter ein weiteres Rohteil. Nach der Bearbeitung entnimmt er mit dem zweiten Greifer das Fertigteil aus der Gegenspindel, dem Revolver oder der oberen Dreh- und Frässpindel und setzt den neuen Rohling sofort wieder in die Hauptspindel ein. Der Zerspanungsprozess kann wieder beginnen, während der Roboter das Fertigteil auf der Palette ablegt. Wenn nötig, kann eine integrierte Wendestation das Fertigteil um 180° drehen, damit es sich mit dem breiten Bund nach unten sicher absetzen lässt.

Der Doppelgreifer und die kurzen Wege zwischen Roboter und Werkzeugmaschinen ermöglichen sehr kurze Zykluszeiten. Um einen mannlosen Betrieb während der Fertigung eines Loses zu erreichen, kann der Handlingroboter auch das Umstapeln der Rohteil- und Fertigteilpaletten übernehmen. Die integrierte Fernwartung ermöglicht eine Online-Unterstützung der jeweiligen Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten aus Ginsheim Gustavsburg. Bleahu erzählt abschließend. „Da die Roboterzelle sogar die Paletten handhabt, können unsere Anlagen je nach Bauteilgeometrie und Taktzeit bis zu 13 Stunden ohne Personalbedarf laufen. Damit können wir unsere Fertigung deutlich wirtschaftlicher gestalten.“

Klaus Scholl

ist Geschäftsführer der Indat Datensysteme + Industrieautomation GmbH in Ginsheim-Gustavsburg.

(dl)

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