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Bedingt durch die Komplexität der Systeme im Nutzfahrzeug ist die Anzahl der darstellbaren Informationen wesentlich höher als im Automobil, denn schließlich heißt es, das Bremssystem, die Getriebesteuerung, Motorfunktionen und Aufbauschnittstellen unter einen Hut zu bekommen. Neue Funktionen für Sicherheit und Komfort in den Bereichen Fahrerassistenz, Infotainment und Flottenmanagement sind in das bisherige Konzept für die HMI (Human Machine Interface) genannte Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine auf Grund ihrer mangelnden Anpassungsfähigkeit schwer integrierbar. Zudem streut die auf mehrere Anzeigeelemente verteilte Informationsflut die Aufmerksamkeit des Fahrers. Seitens der Kunden bleibt der Wunsch nach einer größeren Übersichtlichkeit der Anzeigesysteme, die ein unter den Systemen abgestimmtes „Look and Feel“ (Handhabung und Bedienung) möglich macht. Die Hersteller sind durch die kürzer werdenden Entwicklungszeiten und die Forderung nach baureihenübergreifenden skalierbaren Plattformkonzepten vor weitere Herausforderungen gestellt.

Bild 1: Interface zur Aufbauschnittstelle.

Bild 1: Interface zur Aufbauschnittstelle.Fujitsu

Status Quo

Unter Umständen ist ein Fahrer heute mit bis zu drei Anzeigeelementen konfrontiert: Da ist zunächst einmal das Kombiinstrument, das aus diversen mechanischen Zeigern, einem integrierten Display und einer Vielzahl von statisch angeordneten Symbolleuchten besteht. Ein zweites Display dient der Anzeige des Navigationssystems beziehungsweise dem Infotainment- und Telekommunikationssystem (Headunit). Hinzu kommt ein weiteres Display für die Darstellung der Daten eines Flottenmanagement-Systems. Im Sonderfall sind für eine Rückfahrkamera oder die Benutzerschnittstelle eines Spezialaufbaus weitere Displays notwendig. Der Integrationsgrad von Kombiinstrument, Infotainment und Flottenmanagement ist bisher noch sehr gering; die Systeme sind weitestgehend autark aufgebaut.

Einschränkungen des aktuellen Konzepts

Durch die Verteilung der Anwendungen auf mehrere Anzeigeelemente und die Vielzahl der bereitgestellten Informationen ist es für den Fahrer neben der eigentlichen Fahraufgabe eine zusätzliche Belastung, die gewünschten Informationen herauszufiltern. Außerdem muss dieser ständig zwischen den Anzeigeelementen hin- und her wechseln. Die Tatsachen, dass zusätzliche Anzeigeelemente weitere Kosten verursachen und das Raumangebot in der Fahrkabine beschränkt ist, zeigen weitere Nachteile des bisherigen Konzepts auf.

Die zunehmend an Bedeutung gewinnenden Fahrerassistenz-, Infotainment- und Sicherheitsfunktionen erhöhen den Informationsbedarf für den Fahrer. Wegen der statischen Anordnung der Warnlampen und Zeigerinstrumente im Kombiinstrument ist die Flexibilität zum Erweitern der Anzeige ohnehin schon stark eingeschränkt. Daher sind Änderungen und Weiterentwicklungen mit einem hohen Ressourcen- und Kostenaufwand verbunden; sofern sie überhaupt integrierbar sind. Unter Berücksichtigung länder- und baureihenspezifischer Varianten lässt sich mit der bisherigen Lösung fürs Kombiinstrument eine skalierbare Plattformlösung nur mit hohem Aufwand realisieren. Eine weitere zentrale Rolle spielt die Anbindung von Smartphones, deren Anwendungen mit bisher fest eingebauten Systemen in Konkurrenz treten und in die Anzeige integriert werden sollen. Die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen sind derzeit noch nicht gegeben.

Vision

Gelänge es, die HMI-Funktionen der Elemente Kombiinstrument, Infotainment, Flottenmanagement usw. durch den Einsatz eines frei programmierbaren Kombiinstrumentes (FPK) besser zu integrieren, so ließe sich die Anzahl der verbauten Displays deutlich reduzieren. In diesem Zusammenhang ist eine Überarbeitung des HMI-Konzepts notwendig, die einen in Abhängigkeit von der Fahrsituation flexiblen und für den Fahrer ergonomischen Anzeigeinhalt vorsieht.

Die damit verbundene größere Übersichtlichkeit am Fahrerarbeitsplatz würde den Fahrer deutlich entlasten. Bisherige Einschränkungen hinsichtlich Skalierbarkeit, Integrität und Flexibilität ließen sich problemlos umgehen und gleichzeitig eine Reduktion der Stückliste mit sich bringen.

Auf einem Display könnten beispielsweise zwischen Drehzahlmesser und Geschwindigkeitsanzeige die Navigationsdaten der Headunit oder bei Rückwärtsfahrt die Bilddaten einer Rückfahrkamera eingeblendet werden. Durch

 

die hinzukommende Flexibilität der Visualisierung können je nach Anwendungsfall die gewünschten Informationen abgefragt werden, so dass beispielsweise bei Einsatz des Fahrzeugaufbaus die Geschwindigkeitsanzeige vollständig ausgeblendet wird und Platz für einen Kontext der Aufbauschnittstelle geschaffen wird (Bild 1). Individuelle und innovative Designs zur Anzeige der Betriebsdaten, aufwändige Menüs fürs Infotainment- oder Flottenmanagementsystem oder animierte Szenen mit 3D-Fahrzeugmodellen für geführte Diagnosesysteme (Guided Diagnostics) könnten im Nutzfahrzeug Einzug erhalten.

Lösungsansatz: Emerald

Fujitsu ermöglicht die technische Umsetzung dieser Vision, denn das Unternehmen bietet derzeit mit dem neuesten Grafik-SoC (System on Chip) „Emerald“ eine für den Automobilbereich qualifizierte Lösung an, die bei geringer Leistungsaufnahme ohne aktive oder passive Kühlelemente arbeitet. Das auf Kosteneffizienz fokussierte Chipdesign vereint alle wesentlichen Funktionen und Schnittstellen zur Umsetzung der oben genannten Anforderungen. Beispielsweise sind für die Integration von kamerabasierten Fahrerassistenzfunktionen oder einer Silverbox (eine Komponente, die mehrere Systemfunktionen wie Infotainment, Audio, Navigation etc. vereint) vier unabhängige, digitale Videoeingänge vorgesehen. Zusätzlich bietet das MediaLB-Interface eine Möglichkeit für die Anbindung an den MOST-Bus.

Zwei unabhängige Grafikprozessoren begünstigen die hardwarebeschleunigte Darstellung von komplexen 2D- und 3D-Grafiken. Optimale Voraussetzungen für eine skalierbare Lösung schafft die Kombination von Emerald mit dem Mikrocontroller „Atlas“, die mit integrierten Schrittmotor- und Displaycontrollern einem von vielen Herstellern favorisierten Plattformansatz entgegenkommt (Bild 2).

Je nach Informationsmenge können bis zu drei Displays und bis zu sechs Zeigerinstrumente parallel über gängige Schnittstellen oder über den auf den

Bild 2: Die neue Clusterarchitektur mit Fujitsu-Technolgie. Das Grafik-SoC „Emerald“ und der Mikrocontroller „Atlas“ arbeiten Hand in Hand.

Bild 2: Die neue Clusterarchitektur mit Fujitsu-Technolgie. Das Grafik-SoC „Emerald“ und der Mikrocontroller „Atlas“ arbeiten Hand in Hand.Fujitsu

Chips integrierten APIX (Automotive Pixel Link) angesteuert werden. Die Chipkombination ermöglicht die zentrale Berechnung und Ausgabe des kompletten HMI-Inhalts und ebnet somit den Weg für ein stimmiges und abgerundetes HMI-Design. Zur Anbindung in den Steuergeräteverbund ist neben den Standard-Automotive-Schnittstellen CAN und LIN zum Ausführen von Flash- und Diagnosefunktionen ein Ethernet-Interface vorhanden. Ein Verbindungsaufbau zur Integration von Smartphone-Anwendungen ist über das USB-Interface möglich.

Für die Entwicklung der HMI-Oberfläche bietet Fujitsu Microelectronics Embedded Solutions Austria (FEAT) das Authoring Tool CGI-Studio an, das die Verbindung von Designelementen aus Grafikprogrammen und der Softwareapplikation des Kombiinstruments herstellt. Schon in frühen Phasen der Entwicklung dient CGI-Studio als Rapid-Prototyping Tool, mit dem sich der komplette Inhalt des Kombiinstruments simulieren und mittels Probandenversuchen evaluieren lässt. 

Philipp Hudelmaier

: ist Business Development Engineer in der BU Automotive bei der Fujitsu Semiconductor Europe GmbH.

(av)

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