Drehgeber kommen zur Positions-, Winkel-, Geschwindigkeits- und Längenmessung in Baumaschinen zum Einsatz. Sie übernehmen Funktionen, die dem Fahrer die Arbeit erleichtern und somit die Produktivität steigern, wie ein punktgenaues Positionieren der Last bei Hebemaschinen oder das Eingrenzen von Arbeitsbereichen zum Kollisionsschutz. Drehgeber ermöglichen es aber auch, sicherheitsrelevante Funktionen einzuführen, die den Fahrer warnen, sobald er sich in eine kritische Situation begibt. Letztendlich bewähren sich Drehgeber in Baumaschinen immer dann, wenn unter rauen Bedingungen genaue Werte über Position, Auslenkungswinkel oder Geschwindigkeit benötigt werden.
Die Anwendungsbereiche von Drehgebern in Baumaschinen sind zahlreich. Ein Beispiel ist der Einsatz von Drehgebern in Hebemaschinen, wie Hebekran und Hydraulikbagger. Für beide fordert die Unfallverhütungsvorschrift für Baumaschinen (VBG 40) eine Überlastwarneinrichtung, die dem Fahrer anzeigt, wann das zulässige Lastmoment überschritten wird. Dies bewerkstelligt bei Hydraulikbaggern beispielsweise ein Messelement, das den Arbeitsdruck im Auslegerzylinder erfasst und bei Überschreiten eines bestimmten Druckes ein Warnsignal an den Fahrer weitergibt. Drehgeber können diese Funktion übernehmen und durch Rückmeldung an das Steuerungssystem auch erweitern. Durch Bestimmen des Auslenkwinkels an jeder Drehachse des Baggerarms und an dem Drehkranz zwischen Ober- und Unterwagen lässt sich stets ermitteln, wie schwer die maximale Last in der Schaufel eines Baggers oder an der Kranaufhängung sein darf. Über Software lässt sich für jede Position das Lademoment vorgeben und somit den Fahrer durch Warnsignale oder auch durch Eingreifen in die Motorsteuerung unterstützen.
Oft müssen Arbeiten in eingeengten Bereichen erfolgen, wie in der Nähe von elektrischen Freileitungen, auf Baustellen mit mehreren Hebekränen, die sich unter Umständen gegenseitig behindern können oder auch in Fußgängerzonen. Hydraulikbagger lassen sich beispielsweise in Gebäuden mit begrenzter Deckenhöhe einsetzen oder mobile Verladekrane in Bahnverladestationen mit Oberspannungsleitungen. In solchen Fällen nutzen Krananlagen elektronische Arbeitsbereichsbegrenzungen (ABB). Mit dieser elektronischen Steuerung lassen sich Hindernisse ausgrenzen. Der Kran bremst bei Annäherung an das Hindernis selbstständig ab und verhindert so eine Kollision. Bei Großbaustellen mit mehreren Kränen kommen auch Antikollisionssysteme (AKS) zum Einsatz. Dabei lässt sich jede Kranposition überwachen und ein unzulässiges Annähern an den Nachbarkran verhindern. Auch hier bestimmen Drehgeber nach dem gleichen Prinzip die genaue Position und Auslenkung der Maschine und geben diese Informationen an die Steuerelektronik weiter.
Eine Erleichterung für den Betreiber einer Krananlage ergibt sich, wenn das Positionieren der Last punktgenau erfolgen kann. Dies lässt sich durch eine Drehzahlrückführung erzielen, bei der ein Drehgeber kontinuierlich Rückmeldung über Position und Geschwindigkeit an die Steuerung gibt. Der Sollwert lässt sich somit durch Mikro-Drehbewegungen einstellen und Wind oder Lasteinflüsse mit entsprechenden Gegenbewegungen kompensieren.
Hohe Anforderungen
Doch Drehgeber in Baumaschinen müssen nicht nur Positionen oder Umdrehungen genau erfassen, sondern auch den widrigen Umgebungsbedingungen einer Baustelle widerstehen. Drehgeber sollten deswegen einen Schutzgrad von IP67 oder sogar IP69 aufweisen und für einen Temperaturbereich von -40 bis 100 °C ausgelegt sind. Damit lassen sich Umweltbedingungen, wie direkte Sonneneinstrahlung oder Temperaturschwankungen, überstehen. Außerdem sollte das Gehäuses dicht genug sein, um Kondenswasser im Inneren zu verhindern. Die Schockfestigkeit variiert je nach Anwendung, sollte aber über 1.000 m/s2 und die Schwingfestigkeit über 100 m/s2 liegen. Das Reinigen von Baumaschinen erfolgt oft mithilfe von Dampfstrahlern. Daher ist eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Druckwasser ebenfalls von Bedeutung.
Hengstler bietet mit der Produktserie Heavy Duty passende Drehgeber an, die eben diese Anforderungen erfüllen. Optoasics und eine Kodierscheibe aus Kunststoff ermöglichen die mechanische Robustheit der optischen Drehgeber. Diese ersetzen die üblichen Kodierscheiben aus Glas, die bei Extrembelastungen brechen können. Die Produkte sind mit Edelstahlgehäuse gemäß Nema 4x und 6P erhältlich und ermöglichen durch ein doppelt abgedichtetes Gehäuse den Betrieb in Umgebungen, die eine hohe Beständigkeit gegen Hochdruckreiniger oder ätzende Chemikalien erfordern. Die Drehgeber HSDxx und HDxx stehen als eigensichere Variante zur Verfügung und sind bei Verwendung mit der entsprechenden IS-Sperre nach Atex EEx ia IIB T4 zertifiziert. Damit eignen sich die Drehgeber für Anwendungen in korrosiver Atmosphäre oder für Anwendungen, die eine hohe Beständigkeit gegen Schwallwasser erfordern.
Eine weitere robuste Produktfamilie bietet das Unternehmen mit den magnetischen Drehgebern AR-XX an. Zu den Merkmalen gehören nicht nur ein stabiles Gehäuse, sondern auch großzügig bemessene und verblockte Kugellager, die einer hohen mechanischen Belastung und auch hohen axialen und radialen Kräften standhalten. Die Drehgeber lassen mit einer Auflösung von 12 Bit hohe Beschleunigungen zu. Auch der Betrieb unter Wasser ist möglich. Elektrisch sind alle Produkte mit Standard-Drehgebern kompatibel und mit gängigen Schnittstellen erhältlich (SSI, Biss, CANopen, analog oder parallel).
Dr. Renato Meola
(mf)