28440.jpg

Alle Bilder Fujitsu

Durch den Ausbau der Datennetze und die Verbreitung des mobilen Internets haben gegenwärtige Multimediatrends wie Smartphones, Tablets, Apps, soziale Netzwerke etc. in den letzten Jahren in der Bevölkerung an Bedeutung gewonnen. Folglich existiert der Wunsch, die in der vernetzten Welt verfügbaren Funktionen und Möglichkeiten im Infotainment-System des eigenen Fahrzeugs wiederzufinden Für Halbleiterhersteller, Systemlieferanten und Automobilhersteller ergeben sich daraus mehrere Herausforderungen.

Während in der Automobilindustrie der Produktlebenszyklus bei ungefähr drei Jahren liegt, dauert es im Markt für Smartphones und Tablets gerade einmal zwölf Monate bis ein Nachfolger parat steht. Zudem entstehen durch die angestrebte Vernetzung des Fahrzeugs mit seiner Umwelt und der Integration von Online-Diensten neue Sicherheitsrisiken für die Fahrzeugelektronik. Überdies müssen neu hinzukommende Funktionen so ins HMI (Human Machine Interface, Mensch-Maschine-Schnittstelle) integriert werden, dass sie beim Fahrer Emotionen hervorrufen, jedoch nicht ablenkend Einfluss nehmen.

Infotainment-Systeme der heutigen Generation

Infotainment-Systeme verbinden Informations- und Entertainment Funktionen, die zahlreiche Einzelsysteme ersetzen und Anwendungen aus den Bereichen Navigation, Multimedia, Kommunikation sowie Fahrzeugfunktionen vereinen.

Moderne Navigationssysteme berücksichtigen bei der Routenplanung die aktuelle Verkehrslage, zeigen hochauflösende 3D-Kartendaten der Umgebung und verfügen über einen integrierten mobilen Internetzugang, um beispielsweise Wetterdaten oder Bilder von Sehenswürdigkeiten am Zielort einzublenden.

Die Multimediafunktion unterstützt Radioempfang und ermöglicht die Wiedergabe aller gängigen Audio- und Videoformate. Für die Anbindung externer Geräte oder Datenträger sind die Systeme mit entsprechenden Schnittstellen ausgestattet. Das Media-
Management-System übernimmt die Auswahl der gewünschten Datenquelle.

In Bezug auf die Connectivity wird zum Beispiel die Bluetooth-Anbindung des Mobiltelefons an das Infotainment-System vorausgesetzt. In Fahrzeugen der Oberklasse ist für die Insassen ein fahrzeugeigenes WLAN verfügbar, das den Zugang zum Internet über das Mobiltelefon des Fahrers herstellt. Die Interaktion des Infotainment-Systems mit dem Fahrer kann über Sprachbefehle beziehungsweise Sprachwiedergabesysteme erfolgen, die zum Beispiel während der Fahrt das Vorlesen von E-Mails ermöglichen. Drehregler oder Touchscreens sind weitere Elemente des HMI.

Zu den Fahrzeugfunktionen gehören mitunter Diagnosefunktionen, die über den aktuellen Betriebszustand des Fahrzeugs und bevorstehende Wartungstermine Auskunft geben. Dazu gehören auch kamerabasierte Fahrerassistenzfunktionen, die beispielsweise beim Einparken unterstützen oder den Einblick in schwer einsehbare Verkehrsbereiche ermöglichen.

Einschränkungen der verfügbaren Systeme

Multimediatrends der Gegenwart sind bedingt durch Einschränkungen der Connektivity im Fahrzeug nur begrenzt ausführbar. Einerseits funktioniert das Koppeln des Mobiltelefons mit dem Infotainment-System nicht immer so reibungslos wie gewünscht und auch nicht mit jedem Modell.

Die neue Single-Chip-Lösung MB88F334 ‘Indigo2’ mit integriertem APIX2-Interface sowie HDCP ermöglicht die Übertragung verschlüsselter Video- und Steuerinformationen.

Die neue Single-Chip-Lösung MB88F334 ‘Indigo2’ mit integriertem APIX2-Interface sowie HDCP ermöglicht die Übertragung verschlüsselter Video- und Steuerinformationen.

Andererseits erfordert das Aufrufen von Internetseiten aus dem Fahrzeug oft viel Geduld, da häufig noch der langsame Übertragungsstandard EDGE zum Einsatz kommt. Die Möglichkeiten für Online-Updates der aktuellen Software sowie der Zugriff auf Apps oder Cloud-Services sind bisher wegen möglicher Sicherheitsrisiken auf ein stark reduziertes Angebot beschränkt. Mit zunehmender Anzahl der Anwendungen im Infotainment-System wächst auch die Komplexität der Menüführung. Die Sprachkommandosteuerung erfordert oft viel Zeit, da man sich von Dialog zu Dialog zum gewünschten Menüpunkt hangeln muss. Zudem ist diese nur auf manche Funktionen beschränkt, so dass zum Beispiel die Eingabe einer Internetadresse über den Drehregler erfolgen muss. Bezüglich der Grafikperformance hinkt die im Infotainment-System verbaute Hardware der Unterhaltungselektronik – bedingt durch unterschiedliche Entwicklungszyklen – hinterher.

Die Aufholjagd zur Consumer-Welt

Damit die Automobilindustrie vom technologischen Fortschritt in der Konsumgüterwelt schneller profitieren kann, muss für das Infotainment-System der nächsten Generation eine Kompensierung der im vorherigen Abschnitt beschriebenen Einschränkungen bei den Themen Connectivity, Sicherheit, MMI und Grafikperformance folgen. Eine Grundvoraussetzung für mehr Consumer-Funktionalität im Fahrzeug ist die Verfügbarkeit von Schnittstellen zur nahtlosen Anbindung externer Geräte und Datenträger sowie die Vernetzung des Fahrzeugs mit seiner Umwelt. So soll zuküftig die Anbindung des Mobiltelefons über den Funkstandard Near Field Communication (NFC) erfolgen, mit dessen Hilfe sich Mobiltelefon und Freisprecheinrichtung automatisch autorisieren. Das Ausführen von Anwendungen auf dem Mobiltelefon über das HMI des Fahrzeugs ist eine Anwendung der Mirrorlink-Technologie. Im Weiteren stellt der Mobile High-Definition Link (MHL) eine Technologie zum Streamen von Videodaten in HD-Auflösung von Smartphones oder Tablets zum Infotainment-System in Aussicht. Für Dienste wie das Streamen von Videos, Voice-over-IP-Telefonie oder Musik-Downloads ist eine schnelle Datenverbindung erforderlich. Dafür bietet sich der neue Mobilfunkstandard Long Term Evolution (LTE) an, mit dem Downloadraten von bis zu 150 Mbit/s möglich sind.

Sicherheit im Visier

Welche Gefahren durch einen Hackerangriff auf ein Fahrzeug möglich sind, hat ein Forscherteam aus den USA im Jahr 2010 bewiesen. Dabei gelang es dem Team, über die Schnittstelle zur Onboard-Diagnose die Kontrolle über den laufenden Motor und die Bremse zu erlangen sowie den Anzeigetext im Kombiinstrument zu manipulieren. In der Headunit des Infotainment-Systems sind Entertainment-Funktionen mit sicherheitskritischen Anwendungen – wie dem kameraunterstützten Parkassistenten oder der Visualisierung von Informationen des Kombiinstruments – vereint. In Infotainment-Systemen der nächsten Generation muss bei einer Koexistenz von kritischen und weniger kritischen Systemen sichergestellt sein, dass keine unvorhergesehenen Interaktionen stattfinden können.

Interaktion von Mensch und Maschine

Die Integration von Smartphones und die Verfügbarkeit von schnellen Datenverbindungen sorgen für einen enormen Zuwachs an Informationen und Anwendungen im Fahrzeug, die mit sicherheitsrelevanten Warnungen von Fahrerassistenzsystemen konkurrieren. Neue Funktionen sollen beim Fahrer Emotionen hervorrufen, jedoch keineswegs die Verkehrssicherheit beeinträchtigen. Das ist die Herausforderung, die es bei der Konzeptionierung des HMI zu bewältigen gilt. Zur einfacheren Bedienbarkeit können Spracherkennung, Sprachwiedergabe und Systeme zur Gesten­erkennung verhelfen. Für Touch-Applikationen mit Zeichenerkennung eignet sich der auf einem Prozessorkern des Typs ARM Cortex R4 basierende Mikrocontroller „Atlas“ von Fujitsu Semiconductor, der ein Highspeed-SPI-Interface zur Anbindung von externem Flash bereitstellt.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Erweiterung der Fahrzeugkonnektivität sowie die Integration der neuesten Halbleitertechnologie Schlüsselelemente für Innovationen zukünftiger Infotainment-Systeme sind. Für den Fahrer werden diese aber nur von Nutzen sein, wenn eine ergonomische Mensch-Maschine-Interaktion zu Stande kommt und die Fahrsicherheit nicht beeinträchtigt wird.

Philipp Hudelmaier

ist Systems Engineer bei Fujitsu Semiconductor Europe

(av)

Sie möchten gerne weiterlesen?