Im letzten Jahrzehnt kam es in der Automobiltechnologie zu drastischen Verbesserungen bei der Effizienz der Kraftübertragung, beispielsweise in der Getriebe- oder Motorsteuerung. Diese Verbesserungen machten den Weg frei für mehr Komfort und Fahrspaß im Automobil und garantierten gleichzeitig eine hohe Leistung bei gleichzeitiger Reduzierung von Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen. Die meisten dieser Verbesserungen beruhen auf einer Optimierung der automatischen Steuerung der Systeme durch einen geschlossenen Regelkreis unter Einbeziehung diverser Messgrößen. Magnetsensoren auf Halbleiterbasis, insbesondere diejenigen, die sich den Hall-Effekt zunutze machen, sind aufgrund ihrer technologischen Eigenschaften bei Abstands- und/oder Winkel- oder auch bei Rotationsmessungen die erste Wahl.
Micronas hat vor kurzem einen programmierbaren linearen Hall-Effekt-Sensor entwickelt, der den Anforderungen der den aktuellen Anwendungen im Automobil hinsichtlich Leistung, Diagnosefunktionen und Zuverlässigkeit – zum Beispiel im Automatikgetriebe oder bei der elektronischen Drosselklappensteuerung – gerecht wird.
Wachsender Markt
Laut IHS iSuppli ist der Automobilsektor mit einem Volumen von 1,187 Milliarden Stück der größte Markt für Magnetfeldsensoren. Im Jahr 2010 wurden weltweit durchschnittlich 16 silizium-basierte Magnetfeldsensoren pro Fahrzeug verbaut; zum größten Teil handelte es sich dabei um Hall-Effekt-Sensoren. Diese Bauteile kombinieren die Vorteile einer kostengünstigen CMOS-Fertigungstechnologie mit einem hohen Integrationsgrad und bieten dadurch eine geringe Baugröße. Mit diesen Vorteilen unterstützen Hall-Effekt-Sensoren die aktuellen Trends in der Automobilbranche.
Hall-Effekt-Sensoren
Gegenüber anderen Technologien haben Hall-Effekt-Sensoren den Vorteil, dass sie unempfindlich gegenüber Staub, Schmutz und Wasser sind, sofern sie optimal gehäust werden. Da sie keinen physischen Kontakt mit dem zu messenden Part eingehen, zeigen sie keinerlei Verschleißerscheinungen und sind daher sehr zuverlässig. Hall-Effekt-Sensoren kommen unter anderem zur Positionserkennung zum Einsatz, bei der eine präzise Messung einer mechanischen Distanz oder eines Winkel gefragt ist. Durch ihre hohe Genauigkeit und ihre Robustheit eignen sich Hall-Effekt-Sensoren ideal zum Einsatz in Anwendungen unter der Motorhaube, wo sie bei Temperaturen bis zu 160 °C zuverlässig arbeiten.
Bereits jetzt arbeiten in mehr als 80% aller Automotive-Anwendungen Hall-Effekt-Sensoren, wobei dieser Anteil in Zukunft höchstwahrscheinlich noch zunehmen wird. Die Hall-Technologie wird in zunehmendem Maße andere, heute noch übliche Technologien in bestehenden und neuen Anwendungen ersetzen.
So wird beispielsweise für Magnetsensoren in Anwendungen aus dem Antriebstrang für die Jahre 2010 bis 2015 eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate (CAGR) von 12% vorhergesagt Wachstumstreiber sind insbesondere die verschärften Gesetzgebungen bezüglich CO2-Emissionen (wie OBDII in den USA und Euro-V-Standards in Europa), welche die Automobilhersteller zur Verkleinerung und weiteren Effizienzsteigerung ihrer Motoren zwingen. Leistungsfähigere Sensoren ermöglichen es, diese Forderungen zu erfüllen. Ein weiterer, deutlich ersichtlicher Trend geht hin zu elektronischen Lösungen, die mechanische Strukturen ersetzen, zum Beispiel bei der Drosselklappensteuerung.
Elektronische Drosselklappen- (ETC) und Getriebesteuerung
Heutzutage kommt in den meisten Fahrzeugen zur Benzin-Einspritzung, Traktionskontrolle oder auch beim ABS ein Sensor zur Positionsbestimmung zum Einsatz. Dennoch wird zum Beispiel bei der Drosselklappe zusätzlich ein Seilzug eingesetzt, um das Gaspedal direkt mit der Drosselklappe zu verbinden. Ein Fahrzeug mit elektronischer Drosselklappensteuerung (ETC) verzichtet auf diese Verbindung. Stattdessen bestimmt eine integrierte elektronische Steuereinheit (ECU) die richtige Position der Drosselklappe, indem sie die durch die verschiedenen Sensoren wie Gaspedal-Sensor, Motor-Drehzahl-Sensor und Rad-Drehzahl-Sensor bereitgestellten Daten verarbeitet. Ein in der ECU programmierter Closed-Loop-Steuerungs-Algorithmus bringt den innerhalb der ETC untergebrachten Elektromotor, der die Drosselklappe steuert, in die gewünschte Position.
Die Hall-Effekt-Technologie erlangte ihren vorherrschenden Status mit der Ausnutzung der Vorteile dieser kontaktlosen Messmethode, nämlich der hohen Bauteillebensdauer und der Möglichkeit zum Betrieb bei hohen Temperaturen. Die neusten Sensoren bieten höhere Genauigkeiten und eine geringere Drift der Empfindlichkeit.
Während der Fahrt bleiben die dadurch möglichen Vorteile der ETC vom Fahrer weitestgehend unbemerkt. Im Fahrzeug sollen die Charakteristiken des Antriebsstrangs möglichst konstant bleiben und unabhängig von den Umgebungsbedingungen wie Motortemperatur, Höhe und Ladung sein. Der Antriebsstrang arbeitet hinter den Kulissen und sorgt dafür, dass dem Fahrer beispielsweise der Gangwechsel erleichtert wird, oder er gleicht die durch schnelles Beschleunigen oder Bremsen entstehenden dramatischen Drehmomentschwankungen aus.
Darüber hinaus ermöglicht die ETC durch die einfach umzusetzende Integration verschiedener Features, zu denen beispielsweise ein optimales Drehmoment-Management und die Entwicklung zusätzlicher Fahrerassistenzsysteme wie Tempomat, Traktionskontrolle oder Pre-Crash-System etc. gehören. Von der ETC profitiert auch das Motordesign des Fahrzeugs, da die Drosselklappe unabhängig von der Position des Gaspedals bewegt werden kann.
Andere Anwendungen von Hall-Sensoren
Hall-Effekt-Sensoren kommen häufig auch in Automatik- und Doppelkupplungsgetrieben zum Einsatz: meist zur Detektion der Position des Gangschaltungshebels. Ihr Anwendungsgebiet hat sich aber erst kürzlich um Kupplungs- und Getriebesteuerung sowie Shift-by-Wire-Anwendungen erweitert. Die ECU analysiert dabei kontinuierlich wichtige Parameter, um eine optimale Getriebeübersetzung zu gewährleisten und um die Aktoren im richtigen Moment zum Schalten in den entsprechenden Gang zu veranlassen. Dies verringert durch weichere Schaltvorgänge und ohne jegliches Zutun des Fahrers den Kraftstoffverbrauch und erhöht gleichzeitig den Fahrkomfort.
Zusätzlich lassen sich neue Features in die heute üblichen aktiven Sicherheitssysteme integrieren; hierzu gehören zum Beispiel das Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP), das für eine automatische Reduzierung des Antriebsmoments sorgt und damit das Rutschen des Fahrzeugs auf glatter Straße oder einen unerwarteten Gangwechsel in der Kurve unterbindet. Manuelle Schaltgetriebe profitieren ebenfalls von Magnetfeldsensoren –insbesondere seit der erfolgreichen Einführung der Start/Stopp-Funktion, die den Kraftstoffverbrauch um bis zu 5% senken kann. Dabei muss das System zusätzlich zur Kupplungsposition erfassen, wann sich das Getriebe in Neutralstellung befindet, um den Motor zum korrekten Zeitpunkt zu starten oder abzuschalten. Mit einer erwarteten Penetrationsrate von nahezu 20 % bis 2016 werden Sensoren zur Bestimmung der neutralen Position immer beliebter. Für diese höchst anspruchsvollen Anwendungen im Motorraum sind kontaktlose Sensoren mit umfangreichen Programmiermöglichkeiten, einer großen Palette möglicher Messparameter und relativ hoher Unempfindlichkeit gegen die harschen Getriebebedingungen erforderlich.
Robuste High-End-Hall-Sensoren
Alle Mitglieder der neuen Hall-Effekt-Sensor-Familie von Micronas eignen sich besonders für Anwendungen zur Erfassung der Drosselklappen- und Gaspedalstellung, sie können aber auch für alle Arten der Positionserfassung oder als kontaktlose Potentiometer zum Einsatz kommen. Micronas entwickelte die neue HAL 24xy-Familie als robuste Automotive-Sensorlösung, die unempfindlich gegen hohe Temperaturschwankungen ist und einen sehr hohen ESD-Schutz bietet. Die Sensoren verfügen durch ihre flexible Ausgangskompensation mit 16 frei programmierbaren Stützstellen über eine optimierte Linearisierung und punkten in Bezug auf ihre Empfindlichkeit.
Durch diese Eigenschaften lassen sich die Systemkosten reduzieren und kleinere Magnete verwenden oder größere Abstände messen. Abhängig von der Anordnung und der Platzierung der Magnete können dabei Distanzen bis zum zweifachen der Magnetlänge gemessen werden, was zum Beispiel im Getriebe von Vorteil ist, da hier Positionsbestimmungen von 10 bis 50 mm notwendig sind, wobei die Genauigkeit nur bis auf wenige Prozent vom Realwert abweichen darf. Darüber hinaus lassen sich Winkel bis zu 180 ° mit nur einer Magnetkonfiguration messen. Dies senkt die Systemkosten für Drosselklappen-Anwendungen, da anspruchsvollere Technologien wie mehrachsige Magnetsensoren zum Einsatz kommen können.
Technologie der Hall-Sensoren
Die HAL 24xy-Familie basiert auf dem neusten Technologieknoten von Micronas und verfügt über eine neue digitale Architektur sowie weiter verbesserte Hall-Elemente. Zur Speicherung aller Sensor-Parameter beinhalten diese Sensoren einen integrierten nichtflüchtigen Speicher, der bis zu einer Kristalltemperatur von 170° C arbeitet. Die Genauigkeit der Sensoren basiert auf einem 16-Bit-Signalpfad mit integriertem digitalen Kern, der ein ratiometrisches analoges 12-Bit-Ausgangssignal liefert. Durch die Kunden-Anwendung verursachte Offset-Temperaturdrifts lassen sich mit einem Temperaturkoeffizient erster Ordnung für den Sensor-Offset kompensieren. Dies ermöglicht eine sehr hohe Genauigkeit über den gesamten Temperaturbereich und garantiert die langfristige Stabilität kritischer Parameter.
Diagnose der Hall-Sensoren
Drive-by-Wire-Technologien wie ETC benötigen aufgrund der dabei steigenden Sicherheitsanforderungen verbesserte Sensor-Diagnose- und Redundanz-Funktionen. Zusätzlich müssen die Steuersysteme vermehrt auch eine Fehlererkennung und ein Fehlermanagement mit einbeziehen. Die meisten ETC-Systeme verfügen daher über kritische Sicherheitsfunktionen wie Sensor- und Controller-Redundanz. Diese sind genauso komplex wie die unabhängig voneinander geschriebene Software in den Steuerungsmodulen eines Mikroprozessors, deren Berechnungen zur Überprüfung eventueller Fehler und Mängel miteinander verglichen werden.
Als Positionssensor bietet die HAL 24xy-Familie erweiterte Diagnosefunktionen zur besseren Erkennung und Identifizierung potenzieller Fehler und erleichtert so die Umsetzung einer kundenseitigen Fehlersicherheits-Strategie. Eine erste Reihe von Diagnosefunktionen sorgt dabei für die Erkennung von Unterbrechungen in den Versorgungs- und Masseleitungen sowie für eine Detektion und Meldung von Kabelverbindungs-Problemen. Darüber hinaus lässt sich über eine Unterspannungserkennung und thermische Überwachung einfach ein Kurzschluss an der Ausgangsstufe feststellen. Zusätzliche Diagnosefunktionen verbessern die Fehlererkennung und zielen hauptsächlich auf sicherheitskritische Anwendungen im Automobil. Dazu finden unter anderem ständig eine Überwachung und ein interner Selbst-Test des gesamten Sensor-Signalpfads sowie der Speicherumgebung statt. Bei jedem Einschalten erfolgt ein EEPROM-Test. Des Weiteren finden im laufenden Betrieb kontinuierlich ROM-Paritätsprüfungen sowie verschiedene Selbst-Tests der Final-State-Machine statt. Mit 8 kV (HBM) ist die HAL 24xy-Familie auch in punkto elektrostatische Entladung (ESD) für raue Umgebungen geeignet und übertrifft damit alle anderen, bereits auf dem Markt erhältlichen linearen Hall-Sensoren deutlich.
Ausblick im Bereich Hall-Sensoren
Derzeit arbeitet Micronas gerade an neuen innovativen Redundanzlösungen. Darüber hinaus hat sich Micronas den Zugang zum nächsten Technologie-Knoten, dem Hochvolt-CMOS-Prozess auf 0,18-µm-Strukturebene mit Embedded-Flash durch die 2011 abgeschlossene Partnerschaft mit X-FAB gesichert Auf dieser Basis wird Micronas in der Zukunft noch höher integrierte und damit noch intelligentere Lösungen anbieten können.
Matthieu Rezé
(av)