Bild 1: Hybrid-Architekturen im Überblick – parallel, seriell und eine Komination aus beiden.

Bild 1: Hybrid-Architekturen im Überblick – parallel, seriell und eine Komination aus beiden. (Bild: Global Market Watch)

Die Systemkomplexität bei PHEV (Plug-in Hybrid Electric Vehicle) und FHEV (Full Hybrid Electric Vehicle) ergibt sich aus der folgenden Top-Level-Funktionalität: Beim Verzögern des Fahrzeugs wird die kinetische Energie durch den elektrischen Antrieb in elektrische Energie umgewandelt und in der Batterie gespeichert. Beim Beschleunigen wird die elektrische Energie aus der Batterie zur Unterstützung des Verbrennungsmotors verwendet, was Kraftstoff einspart. Ein leistungsstarker E-Motor für ein FHEV bedeutet eine hohe Generatorleistung, so dass mehr kinetische Energie während der Verzögerung zurückgewonnen werden kann. Das verbessert die Kraftstoffeffizienz im zweistelligen Prozentbereich.

Hybridarchitekturen

Es gibt mehrere Arten von Hybridarchitekturen. Bild 1 beschreibt diese auf oberster Ebene.

Die einfachste Architektur ist ein Parallel-Hybridsystem. Ein Motor wird parallel zu einem Verbrennungsmotor positioniert. Der Motor/Generator unterstützt die Beschleunigung, indem er die elektrische Energie der Batterie nutzt. Dieser lädt die Batterie wieder auf, indem er den Motor während der Bremsphase als Generator verwendet. Der Vorteil dieses Systems sind geringere Kosten und eine weniger komplexe Steuerung.

Beim Serien-Hybridsystem wird die vom ICE (Internal Combustion Engine) erzeugte kinetische Energie durch einen Generator in elektrische Energie umgewandelt. Anschließend wird die elektrische Energie genutzt, um erneut kinetische Energie durch einen anderen Motor zu generieren. Dies mag wie eine Verschwendung von Kosten und Energie erscheinen. Der Vorteil dieses Ansatzes ist jedoch, dass er den Betrieb des Verbrennungsmotors im kraftstoffeffizientesten Drehzahl-/Drehmomentbereich ermöglicht. Ein Verbrennungsmotor hat eine schlechte Kraftstoffeffizienz bei niedrigen Drehzahlen (z. B. < 1500 U/min), hohen Drehzahlen (z. B. > 4000 U/min) und niedrigen Drehmomentbereichen.

Der Serien/Parallel-Hybrid ist das komplizierteste System. Wenn der Verbrennungsmotor in einem kraftstoffsparenden Drehzahl-/Drehmomentbereich arbeitet, lässt sich die Leistung des Verbrennungsmotors über eine Kupplung und ein Getriebe direkt auf die Räder übertragen. Wird eine Drehmomentunterstützung benötigt, dann kann der E-Motor bei der Beschleunigung helfen und der Verbrennungsmotor spart wie bei einem Parallel-Hybridsystem Kraftstoff ein. Wenn die Fahrzeuggeschwindigkeit sehr niedrig ist, wird die Kupplung geöffnet und das System verhält sich wie ein serieller Hybrid, um zu vermeiden, dass der Verbrennungsmotor in einem ungünstigen Kraftstoffverbrauchsbereich betrieben wird.

Im Fall von seriellen und seriellen/parallelen Hybridsystemkonfigurationen muss normalerweise eine Kombination aus zwei Motoren/Generatoren eng und unabhängig voneinander gesteuert werden.

HEV-Steuerung: Herausforderung und Lösung

Aus den zuvor vorgestellten Systemkonzepten für Traktionsmotoren wird deutlich, dass der jeweilige Steuerungs- und Synchronisationsaufwand insbesondere im Fall des Serien-/Parallel-Hybridsystems sehr komplex ist. Grund hierfür sind die hohe Kommunikationslast zwischen beiden Einheiten sowie der erhöhte Diagnoseaufwand zur Aufrechterhaltung des angestrebten ASIL-Levels.

Eine offensichtliche Lösung zur Optimierung dieses Aufwands ist die Integration beider Wechselrichter-Steuerungssysteme in ein einziges Steuergerät, das von einem einzigen, hochspezialisierten Mikrocontroller (MCU) betrieben wird. Durch die Verwendung eines solchen Konzepts lässt sich die Synchronisation zwischen beiden Umrichter-Regelkreisen innerhalb eines Steuergeräts implementieren. Das führt zu einer hohen Kommunikationsbandbreite und kurzen Latenzzeiten.

Darüber hinaus vereinfacht der Einsatz eines ASIL-konformen Zielgerätes die Konzepte für Diagnose und funktionale Sicherheit. Ein weiterer Vorteil einer integrierten Lösung ist eine stark optimierte Stückliste, die mit einem reduzierten Platzbedarf der Komponenten einhergeht. Beides sind höchst willkommene Effekte für das Gesamtsystemkonzept.

MCU mit xEV-Unterstützungsfunktionen

Ein wichtiger Vorteil für HEV-anwendungsspezifische MCUs besteht darin, den Berechnungsprozess der Vektormathematik für den Motorsteuerungsalgorithmus auf eine dedizierte Verarbeitungs-IP auszulagern. Durch diese Methode lässt sich die MCU mit einer geringeren Anzahl an CPU-Kernen ausstatten, während andere Softwareaufgaben wie oben beschrieben übernommen werden. Aus Sicht der funktionalen Sicherheit ist es zwingend erforderlich, die Nutzungsannahmen für das integrierte HEV-Steuerungskonzept eingehend zu betrachten, um das erforderliche ASIL-Level für die MCU als SEooC (Safety Element out of Context) einzuhalten.

Bild 2: Die Motorsteuerung EMU3 ist ein Verbund einzelner Module, die die 3-Phasen-Motoransteuerungssignale berechnen.
Bild 2: Die Motorsteuerung EMU3 ist ein Verbund einzelner Module, die die 3-Phasen-Motoransteuerungssignale berechnen. (Bild: Renesas)

Erweiterte Motorsteuerungseinheit EMU3

Die eingebettete "Enhanced Motor control Unit 3" (EMU Gen3) von Renesas ist ein Verbund einzelner Module, die die 3-Phasen-Motoransteuerungssignale unter Verwendung eines flexiblen Vektoralgorithmus berechnen (Bild 2). Zusätzlich wird die Winkelposition des Motors über einen integrierten Resolver-Digital-Wandler (RDC3A) als analoge Positionssensor-Schnittstelle ermittelt. Die Berechnungsergebnisse der EMU3 werden vom TSG3, einem 3-Phasen-Motor-Timer, zur Ausgabe von PWM- oder Rechteck-Signalen zur konkreten Motoransteuerung umgesetzt. Durch die HW-Beschleunigung der Vektor-Mathematik-Operationen kann die EMU3-IP den nächsten PWM-Sollwert sehr schnell berechnen. Die EMU3-IP kann Motorsteuerungsfunktionen in Kombination mit anwenderspezifischen Softwareinterventionen zwischen jedem ihrer Funktionsblöcke ausüben. So lässt sich ein flexibles Steuerungskonzept aus Hardware-Beschleunigung und individueller Anwendersoftware realisieren (Bild 3).

Bild 3: Flexible Motorsteuerung in Kombination mit anwenderspezifischen Softwareinterventionen.
Bild 3: Flexible Motorsteuerung in Kombination mit anwenderspezifischen Softwareinterventionen. (Bild: Renesas)

Duale E-Motor/Generator-Steuerung

Die zentrale Lösung zur Erreichung der dualen E-Motor-/Generator-Steuerungsfähigkeit ist davon abhängig, wie die zuvor vorgestellte Motorsteuerungs-IP (EMU3) sowie die integrierte Positionssensorschnittstelle in das Mikrocontrollersystem eingebunden sind.

Bild 4 zeigt den tatsächlichen Ansatz zur Ansteuerung von zwei E-Motoren:

  • CPU2 und CPU3 steuern jeweils einen Motor. Durch den Einsatz der EMU3 wird die Verarbeitung von leistungsintensiven Motorsteuerungsalgorithmen, wie die Park-/Clark-Transformation zur PWM-Mustergenerierung, von der CPU auf die EMU3 verlagert. Dadurch lassen sich andere wichtige Softwareaufgaben, wie die Diagnoseverarbeitung, von den CPUs übernehmen.
  • CPU1 kann für andere Funktionen genutzt werden: z. B. zur Realisierung der DC/DC-Wandlersteuerung als optional integriertes Zusatzfeature zur Optimierung des Gesamtlayouts des HEV-Systems. Weitere Funktionalitäten umfassen die Kommunikationssteuerung sowie andere grundlegende Funktionen einschließlich Diagnoseaufgaben.
  • RDC3A ist die in die MCU integrierte (Tamagawa-AU6805-äquivalente) duale Resolver-zu-Digital-Wandler-Schnittstelle, oder allgemeiner, die Motorpositionssensor-Schnittstelle, die zum Anschluss an analoge Resolver- oder induktive Positionssensorsignalgeber geeignet ist.
Bild 4: Systembeispiel für die Steuerung von zwei E-Motoren/Generatoren.
Bild 4: Systembeispiel für die Steuerung von zwei E-Motoren/Generatoren. (Bild: Renesas)

Die MCU im Detail

Renesas verfügt mit dem 40-nm-Mikrocontroller RH850/C1M-Ax bereits über mehrere Generationen bewährte Konzepte für die HEV-Steuerung. Dieser Baustein und seine demnächst erscheinenden 28-nm-Nachfolger konzentrieren sich auf Inverter-Steuerungsfunktionen für Fahrmotoren. Geeignete Power-Management-ICs, Gate-Treiber und IGBT-Bausteine sowie schlüsselfertige Inverter-Lösungen reduzieren den F&E-Aufwand der Anwender deutlich.

Der ASIL-C-konforme RH850/C1M-Ax ist mit einem RH850 32-Bit-G3MH-Lockstep-CPU-Kern ausgestattet, der im C1M-A1 mit einer Frequenz von 240 MHz arbeitet. Beim C1M-A2 sind zwei G3MH-Kerne vorhanden, von denen einer mit einer Frequenz von 320 MHz (im Lock-step) arbeitet. Neben ROM, RAM und DMA enthalten diese Bausteine verschiedene Timer, wie z. B. einen Motorsteuerungstimer (TSG3), verschiedene serielle Schnittstellen einschließlich CAN (CAN-FD-kompatibel), einen 12-Bit-A/D-Wandler (ADC) und einen R/D-Wandler (RDC3A), der das Resolver-Ausgangssignal in digitale Motorwinkeldaten umwandelt. Der Baustein umfasst zudem eine Sub-CPU und die beschriebene parallele Motorsteuereinheit (EMU3). Ein umfangreiches Ecosystem mit Tools u. a. für die modellbasierte Entwicklung vervollständigt diese umfassende Lösung für Traktionsmotor-Steuerungen.

Fazit

Bei Hybridfahrzeugen, die auf Basis von E-Antrieb/Verbrennungsmotor-Kombinationen betrieben werden, besteht aufgrund der erhöhten Systemkomplexität ein besonderer Bedarf an kosteneffizienten und größenoptimierten Antriebssystemen. Fahrmotor-spezifische Hochleistungs-Mikrocontroller (MCUs), die mit einer dedizierten Hardware-Beschleunigerfunktion für vektorielle mathematische Berechnungen ausgestattet sind, tragen zu einem optimierten elektronischen und elektromechanischen Systemdesign bei.

Autor

Sam Gold ist Senior Manager, Automotive Business Unit, bei Renesas Electronics Europe.

Schwerpunktthema: E-Mobility

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(Bild: Adobe Stock, Hüthig)

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