Diese erfüllen die in der Norm EN 50463 aufgeführten Leistungswerte. Ein Gerät der neuen ITC-Serie eignet sich besonders für Gleichstrommessungen der anspruchsvolleren Klasse 0.5R i.
Die Privatisierung von Schienennetzwerken und die Aufteilung in die operativen Einheiten von Infrastruktur- und Schienenfahrzeugbetreiber haben eine Liberalisierung der europäischen Bahnfracht-Märkte zur Folge. Aus diesem Grund wurde im Januar 2010 der Bahn-Personenverkehr für den grenzübergreifenden Wettbewerb geöffnet.
Diese Liberalisierung der europäischen Bahnverkehrsmärkte zieht einige Konsequenzen nach sich. So erhöht sich durch die verschiedenen nationalen Märkte die Anzahl der Wettbewerber. Grenzüberschreitender Verkehr und Anzahl der Anbieter, deren Tätigkeit mehrere Länder umspannt, nehmen zu. Weiterhin entwickelt sich ein neues Umfeld für einen intra- und intermodalen Wettbewerb und die Anforderungen an die Kostentransparenz nehmen zu. Der exakte Energieverbrauch der Verwaltung, die ein Zugbetreiber gerade durchfährt, muss genau abgerechnet werden.
Energieverbrauch transparent abrechnen
Schienenfahrzeuge verbrauchen Energie in allen Ländern, die sie durchqueren. Eisenbahn-Betreiber (Railway Undertakings – RUs) stehen in einer vertraglichen Beziehung mit jedem Infrastruktur-Betreiber (Infrastructure Manager – IM). Um den Energieverbrauch transparent abrechnen zu können, muss der RU bei jeder Grenzüberquerung Informationen über den Verbrauch erfassen, der ihm dann vom IM in Rechnung gestellt wird.
Das Schienenfahrzeug entnimmt die elektrische Energie aus der Oberleitung (Overhead Contact Line – OCL) oder speist diese während eines regenerativen Bremsvorgangs wieder zurück. Die Messung erfolgt über ein bordinternes Energie-Messsystem (EMS). Durch dieses Energie-Management lässt sich der Gesamtverbrauch verringern und die vom externen elektrischen Antriebssystem gelieferte Energie überwachen.
Die Energie-Messfunktion (EMF) beinhaltet die Spannungs- sowie die Strommessung. In der Norm EN 50463 sind die erforderlichen Messwandler-Kenndaten für DC- oder AC-Strom- und Spannungsmessungen sowie für die eigentliche Energiemessung definiert. LEM präsentiert verschiedene Lösungen für Strom- und Spannungsmessungen, die die in der Norm aufgeführten Leistungswerte erfüllen. Für Gleichspannungsmessungen der Genauigkeitsklasse 0.5R eignen sich die Messwandler der DV-Familie am besten. Volle Normkonformität für die Ausführung von Gleichstrommessungen der Klasse 1R ermöglicht ein Messwandler der DI-Familie mit einem Shunt-Widerstand der Klasse 0.2. Bei Gleichstrommessungen der anspruchsvolleren Klasse 0.5R ist ein Gerät der neuen ITC-Familie die am besten geeignete Lösung.
Sämtliche Messgeräte für den Einsatz auf Schienenfahrzeugen haben eine Reihe gemeinsamer Merkmale. Alle müssen sie Spannungs-/Strom-Wellenformen messen, also DC, AC, gepulste und komplexe Wellenformen. Für den bordinternen Einsatz sollten sie kompakt aufgebaut sein. Ein geringer interner Stromverbrauch und eine sehr hohe Genauigkeit zur Erfüllung der Abrechnungs-Standards sind weitere Forderungen. Unerlässlich sind außerdem ein niedriger Temperaturdrift sowie hohe Werte für Isolation und Teilentladung, um eine hohe Sicherheit erreichen zu können. Ein hohes Maß an Störsicherheit gegenüber externen elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern erfordert einen guten EMV-Schutz. Geringe Abstrahlungswerte, die die Normen für Brand- und Rauchschutz erfüllen (diese sind in Bahntechnik-Anwendungen zwingend vorgeschrieben) sind weitere Bedingungen.
Kurze Reaktionszeiten
Spezifische Funktionsmerkmale, wie etwa Unempfindlichkeit gegen Gleichtaktspannungs-Effekte, kurze Reaktionszeiten, große Bandbreite und Rauscharmut, gilt es zu erfüllen. Zu den wünschenswerten Attributen dieser Bausteine zählen ein modularer Aufbau für eine einfache Anpassung mit einer Reihe von Anschluss-Optionen für die Sekundärseite wie Stecker, abgeschirmte Kabel oder Gewindebolzen (M4, M5, UNC und so weiter). Zuverlässigkeit und lange Betriebslebensdauer sollten bereits in der Konstruktion berücksichtigt werden. Nachgewiesen werden diese beiden Anforderungen durch eine umfassende Serie von Betriebs- und Alterungstests unter verschiedenen Umweltbedingungen.
Auf dem Gebiet der Gesamt-Genauigkeit der EMF (Energiemessfunktion) schreibt der Standard EN 50463 neue, gesteigerte Anforderungen vor. Die EMF muss eine Gesamt-Genauigkeit von 1,5 Prozent für Wirkenergie bei Wechselstrom, drei Prozent für Blindenergie bei Wechselstrom und zwei Prozent bei Gleichstrom bei einer Umgebungstemperatur von +23 °C aufweisen. Die Genauigkeitswerte von Strom- und Spannungs-Messwandler sowie Energiezähler werden separat ermittelt und zu einer Gesamtgenauigkeit anhand folgender Formel zusammengerechnet:
Wobei die genannten Parameter folgende Bedeutung haben:
εEMF : Gesamt-Genauigkeit der EMF (System aus Stromsensor, Spannungssensor und Energiemessgerät)
εVMF : Klassen-Genauigkeit der Spannungs-Messfunktion (Spannungs-Messwandler)
εCMF : Klassen-Genauigkeit der Strom-Messfunktion (Strom-Messwandler)
εECF : Klassen-Genauigkeit der Energie-Berechnungsfunktion (Energiezähler)
Unter anderem definiert EN 50463 die Fehler-Grenzwerte für Gleichstrommessungen (siehe Tabelle 1). Für Wechselstrom-Messwandler beträgt der maximal zulässige Fehler bei einem Prozent des nominellen Primärstroms IPN lediglich fünf Prozent (Klasse 1R). In Bezug auf die Linearität des Messsystems in der Nähe der Messbereichs-Extremwertes ist dies eine ziemliche Herausforderung. Tabelle 2 zeigt die zulässigen Fehlertoleranzen bei Änderungen der Umgebungstemperatur für die spezifizierten Gleichstrombereiche in Bezug auf 100 Prozent des nominellen Primärstroms. Auch hierbei handelt es sich um anspruchsvolle Anforderungen für ein Messsystem.
Besitzt jedes der unterschiedlichen Messgeräte – Spannungs-Messwandler, Strom-Messwandler und Energiezähler – eine Klassen-Genauigkeit von nur 1R, dann beträgt die Gesamt-Genauigkeit der EMF nach einer Berechnung anhand der oben aufgeführten Quadratwurzel-Formel 1,732 Prozent. Dies reicht aus, um die spezifizierten Grenzwerte für ein Gleichstrom-System (Anforderung: 2,0 Prozent) zu erfüllen. Allerdings muss die erforderliche Gesamt-Genauigkeit über die Lebensdauer gültig bleiben – dabei handelt es sich um eine Zeitspanne von mehreren Jahren, die es noch abschließend zu definieren gilt. Durch die Wahl einer geringeren Genauigkeitsklasse als die in der Norm erlaubten Nominalwerte, lässt sich sicherstellen, dass die vorgeschriebene Genauigkeit über diesen Zeitraum eingehalten wird. Für Mehrsystem-Züge ist der Einsatz eines einzigen Spannungs- oder Stromsensors für zwei oder mehr Spannungssysteme zulässig. Dann gilt Folgendes:
- Der Spannungssensor muss die Genauigkeitsanforderungen für jedes Spannungssystem erfüllen.
- Der Stromsensor muss die Genauigkeitsanforderungen für alle Nennströme erfüllen.
- Für das Energie-Messgerät gelten die gleichen Randbedingungen wie für den Stromsensor.
Einhalten der Vorgaben von EN 50463 für Strommessungen
Die neue Serie der Strom-Messwandler von LEM deckt den sich entwickelnden Eisenbahn-Markt ab und damit das Problem der Stromversorgung sowohl bei Bahn-, wie auch bei Industrieanwendungen. Die drei Modelle messen einen Strom (DC oder AC) von bis zu 4000 Aeff (Messbereich bis 6000 A) in Fahrzeugen, die ihre Energie aus einem Bahn-Netz mit einer Spannung bis zu 3000 V DC beziehen. Da die Messwandler die Genauigkeitsklasse 0,5R erfüllen, bieten sie zusätzlichen Spielraum gegenüber der Klasse 1R Spezifikation („R“ steht für „Railway“).
Erste Designstudien bestätigten, dass für ein solches Leistungsniveau ein Messwandler auf der Basis der Closed-Loop-Fluxgate-Technologie erforderlich ist. In Abbildung 1 ist das Grundprinzip der Fluxgate-Messtechnik mit geschlossener Regelschleife dargestellt. Der Primärstrom (Laststrom) IP fließt in einem Leiter, der durch eine Schleife oder einen Kern (das heißt in die Ebene des Papiers bei Abbildung 1 hinein oder aus ihr hinaus) läuft, was im Kern eine magnetische Durchflutung Θp bewirkt. Für genaue Gleichstrommessungen kompensiert dieses Verfahren Θp durch eine gegenläufige Durchflutung ΘS, die durch einen Strom IS erzeugt wird.
Um eine genaue Messung zu gewährleisten, ist ein hochgenaues Bauteil für eine präzise Messung der Bedingung Θ = 0 erforderlich. Fluxgate-Detektoren nutzen das nicht-lineare Verhalten magnetischer Materialien zwischen den Magnetfeldstärken H und der Flussdichte B (siehe Abbildung 2). Der Fluxgate-Detektor arbeitet mit einer Wicklung um einen ringförmigen Kern, in dem eine oszillierende Wellenform den Kern ständig entlang seiner B-H-Hystereseschleife treibt.
Wird eine solche Rechteckspannung an eine Induktivität mit Sättigungsverhalten angelegt, bis deren magnetischer Kern in die Sättigung gelangt, wird ein Strom erzeugt. Ohne Primärstrom IP = 0 ist dieser Strom symmetrisch.
Fließt ein Gleichstrom durch die Öffnung des Kerns, dann verschiebt sich die Kurve des Hysteresezyklus und erzeugt eine Asymmetrie in dem von der Rechteckspannung erzeugten Strom. Diesen Strom misst man anschließend mithilfe eines Präzisionswiderstands, und die Asymmetrie dient zum Nachregeln des Sekundärstroms in der Kompensationswicklung, so dass dieser den Primärstrom genau kompensiert (siehe Abbildung 3).
LEM hat dieses Grundprinzip in etlichen Punkten verfeinert. Das Ergebnis ist ein Messwandler, der die Anforderungen von EN 50463 mit komfortablem Sicherheitsabstand übertrifft. So gibt es beispielsweise nicht nur einen Fluxgate-Detektor sondern zwei, die bestimmte Fehlergrößen in der Messung kompensieren. Zusätzlich steuert ein komplexer Mikrocontroller den Messvorgang sowie einen mehrstufigen Schutz gegen kurzfristige Überlastströme bis 100 kA für 100 ms. Dabei erfolgt die Verarbeitung der Messwerte auf digitaler Ebene, während ein D/A-Wandler ein analoges Ausgangssignal erzeugt, das den Referenzwert an den PWM-Generator für die Ausgangsstufe weiterleitet. Ein patentiertes Klasse-D-Ausgangsverstärkerdesign reduziert nicht nur die Verlustleistung des Messwandlers, sondern senkt und nivelliert auch die Lastströme an seinen Versorgungsspannungsanschlüssen.
Normen für Messungen in der Eisenbahn-Antriebstechnik
Für alle Geräte, die in Eisenbahn-Antriebstechnikanwendungen zum Einsatz kommen, gelten eine Reihe von Normen. Die Norm EN 50155 bezieht sich auf „Elektronische Einrichtungen auf Schienenfahrzeugen“ in bahntechnischen Anwendungen, und gilt als der Basis-Standard für elektrische, umweltbezogene und mechanische Parameter: er beschreibt das Verhalten von Produkten im Umfeld der Eisenbahntechnik.
Wie bereits erläutert, gilt die neue EN 50463 speziell für die Anforderungen der Energiemessung. Dabei ist zu beachten, dass die oben erwähnten Messwandler (Serien DV, DI und ITC) sich auch in Zweispannungs-Anwendungen (das heißt beim Umschalten von einem Spannungsnetz zu einem anderen beim Übergang von einem Versorgungsspannungs-Bereich zu einem anderen) mit nur leicht verringerter Genauigkeit einsetzen lassen. Diese Messwandler sind gegenüber externen magnetischen Gleich- oder Wechselfeldern nur sehr gering empfindlich.
Die neueste Version des Standards EN 50121-3-2 für elektromagnetische Verträglichkeit für Emissionen und Einstrahlempfindlichkeit (der EMV-Standard für Bahntechnik-Anwendungen) schreibt anspruchsvollere EMV-Grenzwerte vor als die typischen Normen für industrielle Anwendungen. Die Bausteine der Serien DV, DI und ITC erfüllen diese strengeren Spezifikationen in vollem Umfang.
Bei Isolations- und Sicherheitsaspekten wurde EN 50124-1 („Grundanforderungen – Abstände und Kriechstrom-Entfernungen für sämtliche elektrische und elektronische Geräte“) als Richtlinie zur Auslegung der Kriechstrom-Entfernungen und -Abstände bei den Produkten der Serien DV, DI und ITC verwendet.
Weiterhin erfüllen die zum Aufbau der Geräte verwendeten Materialien die Normen NFF 16101/2 für Brand- und Rauchschutz (Testprotokoll für die Materialien auf Anfrage erhältlich). Die DV, DI und ITC werden in den IRIS-zertifizierten LEM-Werken hergestellt; die Produkte tragen die CE-Marke nach der europäischen EMV-Direktive 2004/108/EEC sowie der Niederspannungs-Direktive.
Messgeräte für den Einsatz auf Schienenfahrzeugen
LEM präsentiert verschiedene Lösungen für Strom- und Spannungsmessungen, die die in der Norm EN 50463 aufgeführten Leistungswerte erfüllen. Die neue ITC-Serie erfüllt die Anforderungen der Zugantriebs-Branche durch die Einhaltung der Klasse 0.5R. Genauigkeitswerte entsprechend der Norm prEN 50463 für die bordinterne Energieüberwachung über einen Temperaturbereich von -40 bis +85 °C. Einsetzen lässt sich die Serie in jeder Situation, in der eine Strom-Messgenauigkeit im kA-Bereich von 0,5 Prozent in einem Bereich von 5 bis 120 Prozent des Nennstroms benötigt wird.
Michel Ghilardi
Marc Schaerrer
Stéphane Rollier
(ah)