Die Verkabelung verschiedener Steuereinheiten zur Antenne führt zu Signalverlusten und erhöht das Gewicht des Fahrzeugs. vernetztes Auto

Bild 2: Die Verkabelung verschiedener Steuereinheiten zur Antenne führt zu Signalverlusten und erhöht das Gewicht des Fahrzeugs. (Bild: Laird)

Ein vernetztes Auto wird immer mehr zur Wirklichkeit. Experten gehen davon aus, dass bis 2020 weltweit 250 Millionen vernetzte Autos und Lkw auf den Straßen unterwegs sein werden und im Jahr 2025 voraussichtlich alle neuen Fahrzeuge mit dem IoT verbunden sind. Automobilhersteller wie VW haben bereits die Parole ausgegeben, dass sie im Jahr 2025 mit Diensten um ein vernetztes Auto rund eine Milliarde Euro Umsatz pro Jahr verdienen wollen. Der allgemeine Umsatz rund um das vernetzte Fahrzeug soll laut Experten allein in den nächsten fünf Jahren von derzeit knapp 50 auf 140 Milliarden Euro steigen.

eCK-DATEN

Dank neuer Mobilitätsstandards und technischer Entwicklungen wird das Fahrzeug immer mehr zum mobilen Device zu werden. Auch die Vision des autonomen Fahrens rückt dadurch immer näher. Doch bevor die Visionen um ein vernetztes Auto in die Realität umgesetzt werden können, müssen zahlreiche Herausforderungen, vor allem in den Bereichen Security, Performance und Frequenzen, überwunden werden. Der Beitrag beschreibt einige davon und zeigt den aktuellen Stand der Entwicklungen auf.

Die Idee, ein vernetztes Auto zu entwicklen, ist nicht neu: Bereits in den 90er Jahren gab es den Anspruch, intelligente Autos herzustellen. Bisherige Ansätze scheiterten jedoch oft an den Kosten. Der Einbau der Telematik im Auto war schlicht zu teuer, um wirtschaftlich agieren zu können. Mit der gerade stattfindenden Evolution von heutigen reinen Telematik-Lösungen hin zu allumfassenden Connectivity-Lösungen mit Domain-Controller könnte sich dies jedoch ändern. Das Ziel ist die Verwendung höherer Datenraten, sowohl für eine Kommunikation ins Auto als auch bei der Vernetzung innerhalb des Autos selbst.

Umfassende Vernetzung benötigt höhere Datenrate

Damit Daten in beide Richtungen fließen können, ist eine größere Datenperformance notwendig. Zum einen benötigen die Fahrzeuge hohe Datenraten, um Daten mit anderen Quellen austauschen zu können, etwa durch Sensorsharing, was es Fahrzeugen verschiedener OEMs ermöglicht, Sensordaten eines anderen Fahrzeugs zu nutzen und zu interpretieren. Zum anderen fordern auch die Passagiere immer mehr Performanz im Auto, um mit der Außenwelt verbunden zu sein. Deswegen wird eine Domainzentrale benötigt, die über Mobilfunkschnittstellen die Konnektivität des Fahrzeugs sicherstellt.

In Zukunft soll jeder Verkehrsteilnehmer vernetzt werden. vernetztes Auto

Bild 1: In Zukunft soll jeder Verkehrsteilnehmer vernetzt werden. Laird

Die Vision der Automobilindustrie ist relativ einfach: Jeder Verkehrsteilnehmer, vom Pkw, über Motorräder, Lkw und Fahrräder bis hin zu Fußgängern sowie der gesamten Infrastruktur, soll vernetzt werden (Bild 1). Die Kommunikation zwischen Fahrzeugen und der Infrastruktur ist eine wesentliche Unterstützung für das autonome Fahren. Allerdings gibt es im Hinblick auf die Fahrzeugkommunikation einige Herausforderungen zu bewältigen, die sowohl die Konnektivität, die Sicherheit, den Energiebedarf als auch die Frequenzen betreffen.

Wirkungsgrad spielt eine wichtige Rolle

Ohne Energieeffizienz ist ein vernetztes Auto der Zukunft nicht denkbar. OEMs und Zulieferer müssen sich jetzt Gedanken machen, wie die Autos sich der Umwelt anpassen können. Dazu gehören neben Aerodynamikoptimierungen und Gewichtseinsparungen auch Überlegungen, wie der Stromverbrauch im Betrieb und im parkenden Auto verringert werden kann. Eine Herausforderung hierbei betrifft die Verbindung der verschiedenen Steuereinheiten (ECUs) im Fahrzeug. Momentan werden Signale von Antennen auf dem Dach eines Fahrzeugs mithilfe von Kabelverbindungen an die Bordelektronik übermittelt, die sich oft im Fahrercockpit befindet (Bild 2). Bei der Ausweitung der benutzten Frequenzbänder von derzeit 6 auf zukünftig bis zu 100 GHz ist eine Absetzung von der Antenne zur Transceiver-Elektronik durch Kabel nicht mehr zu realisieren. Das ist auf Dauer nicht tragbar, da das Auto als Bestandteil einer vernetzten Welt hohe mobile Datenraten anbieten muss. Zudem ist die Verlegung der Kabel aufgrund der geringen Biegsamkeit alles andere als trivial und die großen Kabelmengen führen zudem zu großen Gewichtszunahmen im Fahrzeug. Deshalb muss die Elektronik und damit die Signalverarbeitung möglichst nah an die Antenne gebracht werden: entweder direkt unter das Dach oder in die Antenne selbst. Ein Problem, das sich hieraus ergibt, sind jedoch die schwankenden Witterungsbedingungen, denen die Elektronik dann ausgesetzt ist. Sowohl unter dem Dach als auch in der Antenne selbst herrschen hohe Temperaturen und Schwankungen, was der Elektronik auf Dauer stark zusetzt. Nur wenige Hersteller sind in der Lage, Elektronik und Antenne unter solchen Bedingungen zusammen zu bringen.

Die Verkabelung verschiedener Steuereinheiten zur Antenne führt zu Signalverlusten und erhöht das Gewicht des Fahrzeugs. vernetztes Auto

Bild 2: Die Verkabelung verschiedener Steuereinheiten zur Antenne führt zu Signalverlusten und erhöht das Gewicht des Fahrzeugs. Laird

Zudem wollen immer mehr OEMs aufgrund von Aerodynamik- und Designaspekten das Antennendesign verändern und es flach am Autodach anbringen, beziehungsweise komplett verdeckt einbauen. Auch hier ist eine Veränderung der Struktur der Steuereinheiten notwendig. Das könnte zum Beispiel durch eine Konsolidierung in weniger Steuergeräte erfolgen, etwa die Integration aller Hochfrequenz-Technologien in einer Einheit. Hiervon versprechen sich Entwickler eine Reduktion der Kosten und der Komplexität sowie eine Erhöhung der Performanceanforderungen und der Skalierbarkeit.

 

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum vernetzte Autos mehr Angriffsmöglichkeiten bieten.

Ausweitung der Frequenzbänder erfordert neue Antennentechnologien

Die notwendige Ausweitung der Frequenzbänder von derzeit unter 6 auf bis zu 100 GHz, die im Rahmen der Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G stattfinden wird, stellt die Antennentechnologie vor weitere Herausforderungen. Da die Dämpfung dadurch erhöht wird, können Signale nur noch in geringerem Abstand empfangen werden. Das führt zu Problemen mit ungerichteten Antennen, die so keine beziehungsweise nur noch eingeschränkt Signale empfangen können. Zwar kann die Strecke mit einer gezielten Ausrichtung der Antennen vergrößert werden, dazu müssen Devices jedoch mit einer Vielzahl an Antennen bestückt werden, damit immer die Antennen genutzt werden können, die sich in der Richtung des Senders befinden. Auch Roadside-Units müssen mit gerichteten Antennen ausgestattet werden, um das Signal an Geräte in vorbeifahrenden Fahrzeugen zu übertragen. Die Industrie arbeitet derzeit an der Problematik.

Vernetztes Auto bietet mehr Angriffsmöglichkeiten

Da in Zukunft das Auto immer stärker zum mobilen Lebensraum wird, ist das Thema Sicherheit sowohl für OEMs als auch für Zulieferer entscheidend. Benutzer werden zukünftig ihr Auto immer stärker als persönliches Mobile Device nutzen und es zum Beispiel zum Kommunizieren verwenden und durch Apps personalisieren (Bild 3). Das bietet Angreifern viele Manipulationsmöglichkeiten, wie erste Angriffe auf Connected Cars bereits gezeigt haben. Zwar wurde bei 5G die Sicherheit von Anfang an bedacht, sodass der Standard als sicherer gilt als etwa WLAN, die Absicherung der Luftschnittstelle reicht aber bei weitem nicht aus, um Angriffe auf ein vernetztes Auto gänzlich zu verhindern. Viele Steuergeräte und Kommunikationssysteme innerhalb des Fahrzeugs sind angreifbar. Besonders gefährdet sind Steuergeräte wie eine TCU oder eine Headunit, die über eine Vielzahl von drahtlosen Schnittstellen verfügen und somit als Einfallstor für potentielle Angriffe dienen. Solche Attacken können durch Ausbreitung über die Fahrzeugbussysteme im schlimmsten Fall sicherheitsrelevante Funktionen beeinträchtigen.

Je stärker ein vernetztes Auto zum mobilen Device wird, desto vielfältiger werden auch die Manipulationsmöglichkeiten durch Cyberkriminelle.

Bild 3: Je stärker ein vernetztes Auto zum mobilen Device wird, desto vielfältiger werden auch die Manipulationsmöglichkeiten durch Cyberkriminelle. Laird

Eine weitere besorgniserregende Entwicklung ist, dass immer mehr Malware für Mobilgeräte maßgeschneidert wird. Sicherheitsexperten und Hacker stehen bereits heute in einem ständigen Wettlauf miteinander und auch ein vernetztes Auto wird davon nicht verschont. Um sie vor neu entstandenen Gefahren zu schützen, müssen vernetzte Fahrzeuge zukünftig regelmäßig mit Updates versorgt werden. Doch dies ist gerade angesichts der zu erwartenden Masse an vernetzten Geräten eine der großen Herausforderungen. Eine Möglichkeit, die Vielzahl von Geräten in Fahrzeugen in kurzer Zeit mit Updates zu versorgen, ist das Einspielen von Software über die Mobilfunkschnittstelle, bezeichnet als Firmware Over-the-Air (FOTA, Bild 4). Das Update-Verfahren bietet das Potenzial, Schwachstellen fortlaufend und schnell mit Patches auszubessern, neue Funktionen zu integrieren und kryptografische Verfahren zu modernisieren, mit denen etwa die Steuergeräte abgesichert werden. Hierbei muss allerdings garantiert werden, dass der FOTA-Prozess selbst sicher und schnell durchzuführen ist und kein zusätzliches Angriffspotenzial bietet. Eine Voraussetzung hierfür ist unter anderem die kryptografische Absicherung der Luftschnittstelle.

 

Auf der nächsten Seite geht es um neue Geschäftsmodelle, die das vernetzte Auto hervorbringt.

Der FOTA-Gateway-Ansatz erlaubt das Aufspielen von Patches und Updates für ein vernetztes Auto über die Mobilfunkschnittstelle.

Bild 4: Der FOTA-Gateway-Ansatz erlaubt das Aufspielen von Patches und Updates für ein vernetztes Auto über die Mobilfunkschnittstelle. Laird

Vernetztes Auto bringt neue Geschäftsmodelle hervor

Jenseits der Herausforderungen gibt es auch viele Möglichkeiten, die ein vernetztes Auto bieten kann. So wird das Conntected Car als Bestandteil des IoT neuen Mobilitätskonzepten dienen (Bild 5). Da die Kosten für ein Auto sehr hoch sind und diese gerade in Großstädten mit gutem öffentlichen Nahverkehr viel Platz wegnehmen, wird erwartet, dass die Anzahl an Privatautos stark zurückgehen wird. Einige Geschäftsmodelle wie CarSharing oder Pay-per-Use-Modelle sind bereits heute erfolgreich und werden in Zukunft weiter wachsen. Auch der umwelttechnische Aspekt wird, gerade in Zeiten von Klimaerwärmung und Problemen mit der Luftverschmutzung, immer relevanter, was neue Lösungen und Infrastrukturmaßnahmen im Bereich der Elektromobilität erfordert.

Durch die Vernetzung von Fahrzeugen mit anderen vernetzten Geräten entstehen neue Geschäftsmodelle. vernetztes Auto

Bild 5: Durch die Vernetzung von Fahrzeugen mit anderen vernetzten Geräten entstehen neue Geschäftsmodelle. Laird

Der Ausbau der Datenraten ist auch im Hinblick auf zukünftige autonom fahrende Autos relevant: Die Fahrer werden immer mehr zu Passagieren, die unterhalten werden wollen und das Auto als erweiterten, mobilen Lebensraum nutzen. Dazu gehört auch eine gute, stets verfügbare Verbindung, um alle relevanten Aspekte des Alltags aus dem Auto heraus erledigen zu können. Allgemein werden die Mobilitätslösungen der Zukunft den Spagat zwischen Flexibilität und Freiheit und gleichzeitiger Kosten-, und Platzreduzierung schaffen müssen. Um dieses Ziel zu verwirklichen, sind jedoch nicht nur die Automobilhersteller gefragt sondern auch Mobilfunkanbieter, Zulieferer und alle, die sich auf gemeinsame Standards und Lösungen für ein vernetztes Auto verständigen müssen.

 

 

Guido Dornbusch

(Bild: Laird)
Vice President Product Management Laird

(il)

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