Das Stack-Rendering in der Reihenfolge von links: Evo1 und Evo 2 aus dem Vorgängerprojekt Autostack Core sowie Evo1 aus dem aktuellen Projekt Autostack Industrie: An der Größe der Aggregate lässt sich gut die Entwicklung der Leistungsdichte ablesen.

Das Stack-Rendering in der Reihenfolge von links: Evo1 und Evo 2 aus dem Vorgängerprojekt Autostack Core sowie Evo1 aus dem aktuellen Projekt Autostack Industrie: An der Größe der Aggregate lässt sich gut die Entwicklung der Leistungsdichte ablesen. (Bild: Autostack Industrie, NOW)

Der Antriebstrang eines Brennstoffzellen-Fahrzeugs (BZ) umfasst als Hauptkomponenten neben der BZ-Einheit, eine Batterie zur Kompensation der Systemreaktionszeit und zur Erhöhung des Wirkungsgrads bei Beschleunigung des Fahrzeuges, einen Elektromotor, ein Getriebe sowie einen Wasserstofftank. Dabei sind Komplexität und Teileanzahl des BZ-Systems im Montageaufwand ähnlich denen eines Verbrennungsmotors.

Zentrale Komponente ist der BZ-Stapel oder Stack. Dieser unterscheidet sich jedoch verfahrenstechnisch deutlich von der Montage eines Grundmotors. Allein der Stack besteht je nach Leistung aus bis zu 400 Einzelteilpaarungen (Zellen) plus Montageteilen, Endplatten und System-Schnittstellen. Hinzu kommt die Systemtechnik für den Betrieb des Stacks im Fahrzeug. Im Vergleich zum BEV sind laut André Martin, gemeinsam mit Ludwig Jörissen (ZSW Ulm) Koordinator des Projekts, insgesamt deutlich mehr Komponenten an Bord, denn die Ladesäule ist quasi im Fahrzeug integriert, da die elektrische Energie nach Bedarf während der Fahrt erzeugt wird.

Beteiligt sind neben dem ZSW die vier OEMs BMW, Daimler, Ford und Volkswagen sowie diverse Zulieferer (siehe Infokasten). Neu hinzugestoßen ist kürzlich Audi. Das 2017 gestartete und bis Ende 2021 laufende Projekt verfolgt drei Hauptziele:

  •  höchste Leistungsdichte bei geringer Platin-Beladung, vollständige Produktreife, Erreichen der automobilen Zielkosten
  •  Nutzen industrieller Skaleneffekte: gemeinsame BZ-Spezifikation und Systemschnittstellen, skalierbare BZ-Leistung, gemeinsame Technologieplattform
  •  Massenfertigungsfähigkeit: Auswahl und Bewertung kritischer Verfahren, Erreichen der automobilen Qualitätsanforderungen, Fabrikplanung für 10000 und 30000 Stacks pro Jahr.

Auf dem Weg zur Massenfertigung

Das Projekt baut auf zwei Vorgängerprojekte (Machbarkeitsstudie und technologischer Konzeptnachweis) auf. Im nationalen Projekt Autostack Industrie steht nun die Industrialisierung im Vordergrund. Mit ausreichendem Zeitvorlauf soll es so möglich sein, sich auf eine Produktion von großen Fahrzeugstückzahlen durch Entwicklung und Erprobung industrialisierungsreifer Hochgeschwindigkeitsprozesse für die Stack-Fertigung vorzubereiten und künftige Marktanforderungen phasenadäquat bedienen zu können. Konkret heißt dies, ein Stack-Produkt und ein Fertigungsverfahren zu haben, das in einem überschaubaren Zeitraum von 18 bis 24 Monaten nach Projektabschluss auf einen industriellen Maßstab übertragbar ist. Das passt gut mit den Plänen der deutschen Autobauer zusammen, die ab den Jahren 2023 und 2024 ansteigende Stückzahlen an BZ-Fahrzeugen angekündigt haben.

Wichtig ist im Projekt besonders die Zusammenarbeit der Partner. Es gibt jeweils einen verantwortlichen zentralen Ansprechpartner für jede Hauptkomponente – die Membran-Elektrodeneinheit (MEA), die Bipolarplatte, die Gasdiffussionslage (GDL) und die Katalysatoren. Daneben fungieren noch Verantwortliche für das Qualitätsmanagement, die Spezifikation und die Fertigungsentwicklung.

Erste Kooperationsergebnisse

Die beteiligten OEMs haben sich bereits auf eine Spezifikation und eine grundlegende Systembeschreibung mit den entsprechenden Schnittstellen geeinigt. Ende März 2020 wird die erste Entwicklungsphase – Evolution 1 – der Stack-Entwicklung abgeschlossen und der erreichte Stand bewertet. Hinsichtlich der Fertigungsentwicklung erfolgte bereits die Erprobung eines Konzepts für 10.000 Stacks, eine Anlage für 30.000 Stacks befindet sich in der Vorbereitung für den Probelauf. Bis 2021 soll in zwei Entwicklungsphasen der Aufbau von rund 60 Stacks erfolgen. Diese gehen dann bei den beteiligten OEMs, bei ZSW und den anderen Projektpartnern in die Testphase. Je nach Testzielstellung kommen unterschiedliche Stack-Größen zum Einsatz, wobei die spezifizierte Referenzleistung des Stacks bei 85 kW liegt.

Was noch für die Serienreife fehlt

Zu den Herausforderungen auf dem Weg zur Serienreife gehört unter anderem die Dauerhaltbarkeit. Zulässig ist dabei eine Degradation von zehn Prozent über die angenommene Gesamtlebensdauer eines BZ-Fahrzeugs von 6000 Betriebsstunden. Von der Degradation betroffen ist im Kern die Membran-Elektroden-Einheit (MEA). Einfluss darauf haben aber auch andere Komponenten und die Betriebsweise. Bei Letzterer wirken sich vor allem Stressoren wie Temperatur, Druck und Feuchtigkeit im dynamischen Lastwechsel aus. Laut Martin lassen sich diese Parameter sehr gut beeinflussen, jedoch ist die Entwicklung optimierter Parameter zeitaufwendig. Ein wichtiger Stellhebel ist ebenfalls die gute Abstimmung der Hauptkomponenten. Eine wichtige Rolle für die Auswahl spielen die Modellanalyse sowie Validierungstests der Hauptkomponenten. Beim Thema der Platinreduktion ließ sich gegenüber dem Vorgängermodell vor allem die Platinbeladung der Anode weiter verringern. Wichtig dabei ist, dass sich laut aktueller Berechnungen und der jetzigen Beladung, der erreichten Leistungsdichte und geeigneter Fertigungsprozesse die Zielkosten erreichen lassen.

Schneller zur Stack-Inbetriebnahme

Noch zu lösen ist eine Verkürzung der Zeit für die Stack-Inbetriebnahme. Bei diesem Vorgang erfolgt die Aktivierung der elektrochemischen Komponenten des Stacks. Ziel ist es hier, die Zeitdauer von einigen Stunden auf wenige Minuten zu verkürzen, um die Inbetriebnahme mit dem Fertigungsablauf einer Massenfertigung kompatibel zu gestalten. Hierzu sind noch umfangreiche Tests vonnöten.

Ausblick

Projektkoordinator Martin ist sich sicher, dass die technologische Entwicklung der BZ-Technik hierzulande auf Augenhöhe mit den Wettbewerbsregionen China, Korea, Japan oder USA ist. Einige der genannten Akteure haben derzeit jedoch einen Vorsprung in der Industrialisierung. Im Material- und Komponentenbereich gehört Deutschland jedoch anders als bei Batteriezellen zu den führenden Technologieanbietern.

Projekt Autostack Industrie im Detail

  • Zeitraum: 2017 bis 2021 (Phase 1 und 2)
  • Partner: BMW, Daimler, Ford, VW, Audi, Dana, Freudenberg, Greenerity, Nucellsys, Powercell, Umicore, ZSW
  • Budget: etwa 60 Millionen Euro, 50 Prozent über NOW
  • Ziele: Entwicklung und Reifmachung der automobilen Stack-Technologie mit höchster Leistungsdichte bei Erreichen der Kostenziele. Entwicklung und Nutzung industrieller Skaleneffekte innerhalb und außerhalb der Automobilindustrie. Auswahl und Bewertung innovativer Fertigungsprozesse zur Vorbereitung der Stack-Massenfertigung

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(Bild: AdobeStock_277540900)

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Michael Nallinger

Freier Autor

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Schwerpunktthema: E-Mobility

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