Von allen Fahrzeugen in den USA im Jahr 1900 wurden 38 Prozent (33.842 Stück) mit Elektrizität, 40 Prozent mit Dampf und nur 22 Prozent mit Benzin betrieben. Als Henry Ford jedoch günstige gasbetriebene Autos in Serie fertigte, ging der Prozentsatz an Elektrofahrzeugen erheblich zurück. Heute liegt der Anteil der Elektrofahrzeuge auf den Straßen unter einem Prozent. Prognosen gehen allerdings davon aus, dass 65 bis 75 Prozent der leichten Nutzfahrzeuge in den USA elektrisch angetrieben sind.
Seit der Einführung des Toyota Prius 1997 in Japan haben sich Elektrofahrzeuge (EVs) erheblich weiterentwickelt. Fortschrittliche Batterie- und Motortechnologien bieten heute eine Reichweite von 400 km und mehr. Die für 2050 prognostizierte Akzeptanz von EVs beruht jedoch auf bestimmten Voraussetzungen: Erschwinglichkeit der Anschaffung, anhaltend hohe Ölpreise, strengere Gesundheits- und Umweltvorschriften sowie weitere technologische Fortschritte für eine bessere Reichweite und ein schnelleres Aufladen.
Leistungswandlung als Schlüssel
Ein EV weist einen Wirkungsgrad von 59 bis 62 Prozent auf – wenn Batterieenergie in Antriebsleistung für die Räder umgewandelt wird. Hier sind Verbesserungen möglich und es existiert eine Roadmap für leistungsstärkere EVs, die mit neuen Halbleiterschaltern im Antriebsstrang ausgestattet sind.
Entscheidend für eine bessere Reichweite ist die Effizienz bei der Leistungsumwandlung. Dies gilt nicht nur für die Motorantriebselektronik – auch Zusatzfunktionen wie Beleuchtung, Klimatisierung und sogar Infotainmentsysteme verbrauchen einen erheblichen Anteil der Energie. Daher wurden große Anstrengungen unternommen, den Verbrauch dieser Funktionen durch verschiedene Maßnahmen zu reduzieren, zum Beispiel durch den Einsatz von LEDs für die Fahrzeugleuchten. Die verschiedenen Stromwandler, die die Spannung der Hauptbatterie absenken – für diese Funktionen von 400 V auf 12 oder 24 V – können jetzt aktuellste Topologien und Halbleiterbauelemente enthalten, um den besten Wirkungsgrad zu erzielen. Bei nicht sicherheitskritischen Anwendungen werden die mit neuen Technologien einhergehenden Risiken in Kauf genommen (Bild 1).
WBG ideal in der Motorsteuerung
Für den Antriebsstrang ist die Motorsteuerungselektronik entscheidend, sodass Entwickler gezwungen sind, auf Nummer sicher zu gehen und sich an bewährte Technologien zu halten. In der Praxis bedeutete dies den Einsatz von IGBT-Schaltern, die sich seit über 30 Jahren als robust erwiesen haben. Unter dem Hightech-Outfit eines Tesla Modell S finden sich zum Beispiel 66 IGBTs in TO-247-Gehäusen, die die Fahrmotoren steuern. Die gleichen IGBTs wären in einer industriellen Prozesssteuerung der 1980er Jahre durchaus üblich gewesen. In neueren Modellen wurde gerade erst damit begonnen, SiC-FETs einzusetzen.
IGBTs wurden in vielen aktuellen Anwendungen durch neuere Technologien wie Silizium-MOSFETs und jetzt WBG-Halbleiter aus Siliziumkarbid (SiC) und Galliumnitrid (GaN) ersetzt. Die Hauptvorteile sind schnelleres Schalten, das heißt es sind kleinere externe Komponenten wie Spulen und Kondensatoren erforderlich. Diese Kombination führt zu einem höheren Wirkungsgrad, einer kleineren Baugröße, einem geringen Gewicht und folglich zu niedrigeren Gesamtkosten. WBG-Halbleiter arbeiten auch bei hohen Temperaturen um die 200 °C (SiC), wobei je nach Baustein Spitzentemperaturen über 600 °C zulässig sind.
SiC-FET: Grundlagen und Vorteile
Eine besondere Art von WBG-Halbleitern ist der SiC-FET, ein Verbund oder eine Kaskode aus einem SiC-JFET und einem Si-MOSFET, der normalerweise ohne Vorspannung ausgeschaltet ist und innerhalb von Nanosekunden schaltet. Im Vergleich zu SiC-MOSFETs und GaN-Bauelementen lässt er sich sehr einfach ansteuern und seine Güte RDSA, der normalisierte Durchlasswiderstand mit Die-Fläche, ist ausgezeichnet (Bild 2). Der SiC-FET weist aufgrund seines vertikalen Aufbaus extrem niedrige interne Kapazitäten auf, was die Schaltübergänge äußerst verlustarm macht. Er verfügt über eine sehr schnelle Body-Diode, die Verluste in Anwendungen wie Motorsteuerungen reduziert, und er erfordert keine externen SiC-Schottky-Dioden.
Der SiC-FET im E-Fahrzeug
Warum also haben diese Halbleiter nicht Einzug in die Motorsteuerung von Elektrofahrzeugen gehalten, wenn es doch eine Nachfrage für leistungsstärkere Bausteine gibt? Abgesehen vom hinlänglich bekannten, konservativen Verhalten der Fahrzeughersteller gibt es dafür einige praktische Gründe: Ein WBG-Halbleiter wird im Vergleich zu einem IGBT ähnlicher Leistungsfähigkeit als teuer angesehen, die Motorinduktivität verringert sich nicht wie bei DC/DC-Wandlern, was höhere Schaltfrequenzen weniger interessant macht und die hohe Schaltgeschwindigkeit bringt hohe dV/dt-Raten mit sich, was die Isolierung der Motorwicklungen belasten kann. Außerdem bestehen erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit von WBG-Halbleitern im Allgemeinen – unter den rauen Bedingungen des Motorantriebs mit seinen potenziellen Kurzschlüssen, Gegen-EMKs und der hohen Umgebungstemperatur.
Der eigentliche Vorteil der WBG-Schalter ist, einen höheren Wirkungsgrad zu erzielen. Damit steht mehr Energie und somit eine bessere Reichweite zur Verfügung. Kühlkörper lassen sich kleiner dimensionieren, was die Kosten und das Gewicht reduziert und wiederum die Reichweite erhöht. Der Wirkungsgrad verbessert sich vor allem unter typischen Betriebsbedingungen – im Vergleich zu IGBTs mit einer Kniepunktspannung – was zu einer minimalen Verlustleistung führt, die unter allen Fahrbedingungen auftritt. Bild 3 vergleicht 200 A/1200 V-IGBT-Module mit zwei 1 cm × 1 cm großen IGBTs und ein 200 A/1200 V-SiC-FET-Modul mit zwei aufeinander gestapelten 0,6 cm × 0,6 cm großen SiC-Kaskoden.
SiC-FETs sind auf einzigartige Weise in der Lage, die geringsten Leitungsverluste in einem Modul zu erzielen. Bei einem komplett neuen Design ließe sich ein WBG-basierter Motorantrieb mit einer höheren Frequenz als mit IGBTs schalten – vorausgesetzt ausreichende EMV-Überwachung ist vorhanden – womit alle Vorteile der WBG-Halbleiter zur Verfügung stehen. Auch die Kosten sollten in Zukunft kein Thema sein. Der Chip eines SiC-FETs ist viel kleiner als ein IGBT oder ein SiC-MOSFET mit äquivalenten Nennwerten, was eine höhere Ausbeute pro Wafer bedeutet. Wird dann die Kostenersparnis durch kleinere Kühlkörpern und Filter mitberücksichtigt, erscheinen SiC-FETs wirtschaftlich und praktisch sinnvoll.
Zuverlässigkeit erwiesen
Zu betrachten sind nun noch Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit, die für einige WBG-Halbleiter zutreffen. SiC-MOSFETs und GaN-Bauelemente sind äußerst empfindlich gegenüber Gate-Spannungen mit absoluten Maximalwerten, die den Grenzen der empfohlenen Betriebsbedingungen sehr nahekommen. Andererseits sind SiC-FETs tolerant für einen weiten Bereich von Gate-Spannungen mit großen Toleranzen bis hin zum absoluten Maximum.
Die Kurzschlussfestigkeit ist vielleicht das größte Problem bei EV-Motorantrieben – weshalb IGBTs dabei den Maßstab für Robustheit setzen. Sicherlich sind hier GaN-Bauelemente weniger leistungsfähig und der SiC-FET punktet. Im vertikalen Kanal des integrierten JFET-Elements tritt ein natürlicher Pinch-Off-Mechanismus auf, der den Strom begrenzt und die Kurzschluss-Gate-Spannung im Gegensatz zu SiC-MOSFETs oder IGBTs unabhängig macht. Die mit SiC-JFETs mögliche hohe Spitzentemperatur erlaubt auch längere Kurzschlusszeiten. In Automotive-Anwendungen wird erwartet, dass ein Kurzschluss für 5 µs überstanden werden sollte, bevor Schutzmechanismen zum Einsatz kommen. Tests mit 650-V-SiC-FETs von United SiC (Eigenschreibweise: UnitedSiC) zeigen, dass mindestens 8 µs bei einem 400-VDC-Bus (Bild 4) ohne Beeinträchtigung des Durchlasswiderstands oder des Gate-Schwellenwerts nach 100 Kurzschlussereignissen und bei erhöhter Temperatur überstanden werden.
Eine weitere Belastung, die bei Motorantrieben auftritt, ist die Gegen-EMK des Motors. Wiederum ist GaN hier nicht immun, aber SiC-FETs bieten sehr gute Lawinenwerte, wobei der interne JFET eingeschaltet wird, um die Spannung zu klemmen, wenn der Gate-Drain-Übergang durchbricht. Weitere Tests von United SiC zeigen keine Ausfälle von SiC-FETs im Lawinenmodus für 1000 Stunden und bei 150 °C – mit 100 Prozent Produktionstests der Lawinenfähigkeit als Sicherheit.
Fazit
Aktuelle WBG-Halbleiter wie SiC-FETs von United SiC sind echte Konkurrenten für die nächste Generation von EV-Motorantrieben, die die Nachfrage nach mehr Leistungsfähigkeit, Gesamtkostenersparnis und bewährtem, robustem Betrieb in dieser anspruchsvollen Umgebung erfüllen. Es wird erwartet, dass SiC im kommenden Jahrzehnt den Antriebsstrang dominieren wird.
(na)