Berylls_Automobilzulieferer_Umsatz-Gewinn_2017-2021

Deutsche Automobilzulieferer haben in den letzten fünf Jahren zwar nur geringfügig an Umsatz verloren, erlitten aber einen starken Gewinneinbruch. (Bild: Berylls Strategy Advisors)

Die globale Top-100-Zuliefererstudie von Berylls Strategy Advisors analysiert die 100 weltweit größten Automobilzulieferer und zeichnet ein düsteres Bild für den Standort Deutschland. Zwar beginnt die Mobilitätsbranche die Produktion zu regionalisieren, nach den Erfahrungen mit unterbrochenen Lieferketten zu Beginn der Pandemie. Aber Deutschland profitiert von dieser Regionalisierung nicht in ausreichendem Maß. Die Analyse der Daten aus den Zuliefererstudien der Jahre 2017 bis 2021 und Beobachtungen der aktuellen Marktentwicklung zeigen eine langsame Deindustrialisierung Deutschlands im Segment der Automotive-Zulieferer. Durch die Regionalisierung der Fertigung entstehen durchaus neue Produktionsstätten in Europa, aber nur wenige in Deutschland.

So hat Chiphersteller Intel zwar den Bau zweier neuer Werke in Deutschland angekündigt und auch Bosch will künftig in Dresden Chips produzieren, allerdings machen viele große Namen einen Bogen um Deutschland. Interieur-Komponentenhersteller Yanfeng etwa, im Zulieferer-Ranking nach CATL und Weichai-Power der drittgrößte chinesische Zulieferer weltweit, wählt Serbien für einen neuen europäischen Standort. Das Joint Venture zwischen LG Electronics und Magna will dagegen Elektrik- und Elektronikkomponenten in einem neuen Werk in Mexiko produzieren, außerdem eröffnet Magna eine neue Produktionsstätte in der Slowakei. Vitesco hat für die Produktion von E-Komponenten nicht den Standort Regensburg gestärkt, sondern ein neues Werk in Ungarn eröffnet.

Starker Rückgang der Rentabilität bei den Automobilzulieferern

Der Bedeutungsverlust lässt sich auch an den Zahlen ablesen. Obwohl die deutschen Unternehmen in den letzten fünf Jahren nur geringfügig an Umsatz verloren haben, verloren sie 4,9 Prozent ihrer Gewinnspanne. Segmente, in denen deutsche Zulieferer traditionell stark sind, haben in den vergangenen Jahren klar an Gewicht eingebüßt. Umsätze und Profite gehen hier bereits zurück und diese Entwicklung soll sich fortsetzen.

Im Vergleich der Weltregionen haben deutsche Anbieter den stärksten Rückgang der Rentabilität zwischen 2017 und 2021 hinnehmen müssen! Im selben Zeitraum ist bei den anderen Weltregionen eine Stagnation zu beobachten, in China dagegen hat die Industrie die Verkäufe verdreifachen können.

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Der Markt für Software im Auto wächst schnell in soll in wenigen Jahren 80 Prozent der Wertschöpfung in der Autoproduktion ausmachen. (Bild: Berylls Strategy Advisors)

China auf dem Weg zur Nummer 1

Allen voran die chinesischen Zulieferer, aber auch Unternehmen in Korea, profitieren von den Umbrüchen in der automobilen Welt und Chinas Zuliefererindustrie ist mit großen Schritten auf dem Weg zur internationalen Nummer 1. 2020 drang Weichai Power als erstes chinesisches Unternehmen in die Top 10 vor. Mittlerweile hat das Unternehmen, aktuell auf Platz 12 im globalen Ranking, starke Konkurrenz aus dem eigenen Land bekommen. So ist Akku-Hersteller CATL vorbeigezogen und liegt jetzt auf Rang 10. Yanfeng Automotive Interieurs liegt auf Platz 16.

Abgesehen von höheren Rohstoffpreisen haben sich die Trends für die Automobilindustrie im Vergleich zum Vorjahr nicht verändert. Was sich jedoch geändert hat, ist ihre Relevanz.
Abgesehen von höheren Rohstoffpreisen haben sich die Trends für die Automobilindustrie im Vergleich zum Vorjahr nicht verändert.
Was sich jedoch geändert hat, ist ihre Relevanz. (Bild: Berylls Strategy Advisors)

Der Aufstieg von Weichai hängt auch mit dem wachsenden Potenzial der Software im Auto zusammen. Schon in wenigen Jahren soll Software für 80 Prozent der Wertschöpfung in der Autoproduktion stehen. Hier liegt vor allem für die großen deutschen Zulieferer eine Chance. Bosch, Continental und ZF haben sich zum Thema klar positioniert, sind hier wettbewerbsfähig oder auf dem Weg dahin.

Gefahr für den Mittelstand

In diesem Segment sehen die Berylls-Experten die chinesischen Zulieferer noch nicht auf Augenhöhe mit den globalen Spitzenreitern. Eher Fast Follower als Innovatoren liefern sie bislang tendenziell Masse statt Klasse. Für die deutschen Mittelständler sei das jedoch kein Grund zum Aufatmen, denn sie befinden sich in einer prekären Situation – zwischen den asiatischen Unternehmen, die ihre Softwarekompetenz in den kommenden Jahren ausbauen werden, und den wirklich großen Playern, die auf diesem Gebiet heute schon stark sind. Dem Mittelstand drohe zwischen diesen finanziell gut ausgestatteten Wettbewerbern aufgerieben zu werden.

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