onsar2709-figure1.png

Der Markt für tragbare medizinische Geräte (Wearables) ist umfangreich und umfasst alles von Fitnessbändern über Pulsmesser und Hörgeräte bis hin zu klinischen Produkten zur Abgabe von Medikamenten. Da Behörden und Versicherungen die Effektivität und Effizienz im Gesundheitswesen verbessern wollen, ist die Gesundheitsüberwachung und Behandlung mittels telemedizinischer Produkte ein aufstrebendes Marktsegment. Damit lassen sich Patienten überwachen und behandeln, ohne dass sie regelmäßig einen Arzt aufsuchen müssen.

Medical-Wearables gibt es in den vier wesentlichen Kategorien Gesundheitsvorsorge, gesundes Hören, Patientenüberwachung sowie Fitness und Therapie. Die Geräte haben zwei wesentlich technische Merkmale. Zum einen erfassen sie kleinste Signale (Sensorik), verarbeiten und steuern sie. Zum anderen lässt sich durch die Wearables die Funkanbindung an weitere Geräte wie Smartphones steuern.

Bild 1: Vorkonfiguriertes DSP-System für Hörgeräte.

Bild 1: Vorkonfiguriertes DSP-System für Hörgeräte.ON Semiconductor

Gesundes Hören

Bausteine für Wearables liefert zum Beispiel der US-amerikanische Halbleiterhersteller ON Semiconductor. Er hat sowohl programmierbare, digitale Signalprozessor (DSP), als auch vorkonfigurierte DSP-Systeme im Portfolio. Die Lösungen für Hörgeräte zeichnen sich dadurch aus, dass sie mit präzisen 24-Bit-Daten rechnen und eine gute Audioqualität liefern. Programmierbare DSPs erlauben dem Hörgerätehersteller, seine eigenen anwendungsspezifischen Audioverarbeitungs-Algorithmen über eine vollintegrierte Entwicklungsumgebung zu implementieren (Bild 1). Diese Routinen sind auch für Cochlea-Implantate wichtig: Das sind Hörprothesen für Gehörlose, deren Hörnerv noch funktioniert.

Eckdaten

On Semiconductor stellt eine Reihe von ICs vor, die sich für Hörgeräte und andere Wearable-Medizinprodukte eignen. Neu ist das Struix-Design: Hier stapelt ON Semiconductor einen kundenspezifischen ASIC und ein hauseigenes SoC in einem IC-Gehäuse aufeinander. Damit entstehen sehr kompakte Lösungen, die alle Freiheiten eines ASIC-Designs mit der Kosteneffizienz eines Standard-SoC kombinieren.

Vorkonfigurierte DSP-Systeme bieten den Hörgeräteherstellern eine implementierungsfertige Lösung. Diese Systeme enthalten eine Palette von eingebauten Algorithmen, einschließlich einer adaptiven Rauschunterdrückung für eine bessere Sprachverständlichkeit und eine Umgebungsklassifizierung für automatischen Betrieb und optimierte Einstellungen. Die Algorithmen sind fertig konfigurierbar und müssen nicht neu entwickelt und programmiert werden.

Speziell für Schwellen- und Entwicklungsländer, in denen sich der Aufbau eines umfassenden Gesundheitswesens als schwierig erweist, hat ON Semiconductor vorgefertigte DSP-Systeme im Programm. Diese lassen sich bei der Mehrzahl der Hörschädigungen verwenden, ohne zusätzliche Softwarekonfigurationen oder Einstellungen durch das Fachpersonal vor Ort vornehmen zu müssen.

Patientenüberwachung und Therapie

Da Medizintechnik immer häufiger auch zuhause zum Einsatz kommt (Home Healthcare), verzeichnet dieses Marktsegment ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 9 % (Databeans, 2014). Die Nachfrage nach tragbaren medizinischen Geräten wie Blutzuckermessgeräten steigt kontinuierlich. Statt herkömmliche Einrichtungen wie Arztpraxen oder Kliniken aufsuchen zu müssen, können Patienten nun zuhause überwacht und behandelt werden.

Diese Geräte müssen eine empfindliche Sensorik enthalten, um kleinste physiologische Signale zu erfassen. Die Sensoren können sich dabei auf der Hautoberfläche oder minimal-invasiv unterhalb der Haut befinden. Ein Beispiel für einen Sensor auf der Hautoberfläche ist eine EKG-Elektrode (Elektrokardiogramm). Diese Elektroden erfassen die kleinen elektrischen Änderungen auf der Haut, die sich durch die Depolarisierung der Herzmuskeln während eines Herzschlags ergeben.

Verschiedene Halbleiterlösungen

In der Vergangenheit schlugen die meisten Halbleiterhersteller für Medizintechnik eine von zwei Lösungen für die Schnittstelle zum Sensor vor: Die erste Lösung vereint diskrete Bauelemente wie Verstärker, A/D-Wandler und Power-Management-ICs. Das Problem ist, dass diese Standardbauteile sich nicht anpassen lassen, wie sie bei der hochleistungsfähigen Signalerfassung erforderlich ist. Der zweite Ansatz ist eine vollständig kundenspezifische System-on-Chip-Lösung (SoC), die aus einem Mikrocontroller sowie Analog- und Power-Management-Schaltkreisen besteht. Diese Lösung eignet sich zwar für eine spezifische Sensorschnittstelle, sie erfordert aber eine umfangreiche und zeitraubende Entwicklung – oftmals mit zahlreichen Iterationen, bis letztendlich ein fertiges Produkt zur Verfügung steht.

ON Semiconductors neues Struix-Konzept vereint eine kundenspezifische anwendungsspezifische integrierte Schaltung (ASIC) und ein anwendungsspezifischen Standardprodukt (ASSP) in einer kleinen hochleistungsfähigen SoC-Lösung. Das Konzept kombiniert die Möglichkeit, spezifische proprietäre Sensorschnittstellen via kundenspezifischem IC zu adressieren, mit den niedrigen Designrisiken und Kosten eines Standardprodukts.

Bild 2: Die System-in-Package-Lösung (SiP) Struix von ON Semiconductor.

Bild 2: Die System-in-Package-Lösung (SiP) Struix von ON Semiconductor.ON Semiconductor

In Bild 2 ist der obere Chip ein Beispiel einer proprietären Sensorschnittstelle und der untere Chip ein standardgemäßer ARM Cortex-M3-basierter Mikrocontroller (ULPMC10). Die MCU wurde auf niedrigen Stromverbrauch und Chip-Stacking ausgelegt. In diesem Beispiel sind die beiden Chips in einem 6 × 6 mm2 großen QFN-Gehäuse übereinander gestapelt. Auch andere Gehäuseoptionen stehen zur Verfügung. Ein Struix-basiertes Design beginnt mit der Entwicklung einer proprietären Sensorschnittstelle. Dabei kommt ON Semiconductors IP (Intellectual Property) für die stromsparende, störungsarme Signalaufbereitung, Verstärkung und Signalwandlung zum Einsatz. Zu diesen IP-Blöcken zählt auch der 24-Bit-Wandler, der weniger als 2,4 pJ pro Wandlung benötigt. Auch störungsarme Differenzverstärker zählen dazu, die einen geringen Stromverbrauch von nur einigen zehntel Mikroampere aufweisen.

Die Entwicklung einer proprietären Sensorschnittstelle beginnt mit der Spezifikation seitens des Kunden, gefolgt von Design, Implementierung, Test und Qualifizierung. Parallel dazu kann das Applikationsentwicklungsteam des Kunden den Code für die Endanwendung erstellen, der auf der ULPMC10 MCU laufen wird. ON Semiconductor hat ein kleinformatiges Entwicklungsboard im Portfolio, das sich für den eigenständigen Betrieb als auch für einen Prototyp der proprietären Sensorschnittstelle eignet, sobald dieser zur Verfügung steht. Kunden können damit die Leistungsfähigkeit ihrer Endanwendung bereits vor der Serienfertigung überprüfen.

Jakob Nielsen

ist Senior Manager Consumer Health Product Line bei ON Semiconductor in Kanada.

(jck)

Sie möchten gerne weiterlesen?