Ständig erweiterte Messsysteme führen leicht zu chaosähnlichen Zuständen im Labor.

Ständig erweiterte Messsysteme führen leicht zu chaosähnlichen Zuständen im Labor. (Bild: K2L)

Eckdaten

Testlabors ähneln oft Biotopen. Der Wildwuchs an Hardware und Software, Kabeln und Schnittstellen ist nur noch von Experten zu durchschauen. Aufräumen heißt daher die Devise, um sowohl die Zahl der Geräte als auch der Schnittstellen zu reduzieren.

Es ist kein Geheimnis, dass die Komplexität der E/E-Systeme in Kraftfahrzeugen, also der in den Autos verbauten elektrischen und elektronischen Geräte und der darauf basierenden Kommunikationssysteme, stetig und kontinuierlich wächst. Zwischenzeitlich gibt es Fahrzeuge, in denen bis zu 100 unterschiedliche Mikrorechner unterschiedlichster Leistungsstufen verbaut sind. Man trifft dort die ganze Skala von Mikroprozessoren und Mikrocontrollern an, von 8-Bit- bis 32-Bit-Rechnern, Single-Core bis Quad-Core, mit und ohne Echtzeitbetriebssystem (RTOS – Real Time Operating System) sowie Schnittstellen aller Art. Verschärfend kommt noch hinzu, dass alle diese Geräte miteinander kommunizieren müssen, um die unterschiedlichen Funktionen, vom einfachen Fensterheber bis zum High-End-Multimedia-System, im Fahrzeug ordentlich und zuverlässig darzustellen. Kommunikationsnetzwerke wie LIN, CAN, CAN-FD, Flexray, MOST und Ethernet sind in aktuellen E/E-Systemarchitekturen nicht mehr wegzudenken. Schaut man etwas weiter in die Zukunft, kommen noch mehr Netzwerke wie A2B, Automotive Ethernet, CXPI, SENT oder PSI5 dazu. Diese Entwicklung, gepaart mit dem Wunsch nach noch umfassenderer Anwendererfahrung, lässt die Komplexität der E/E-Systeme im Fahrzeug nicht nur linear, sondern eher exponentiell ansteigen.

Kürzere Entwicklungszyklen

Hinzu kommt, dass die Entwicklungszyklen für Fahrzeuge in den letzten Jahren immer kürzer werden mussten, um mit der Entwicklungsgeschwindigkeit der Unterhaltungselektronik einigermaßen Schritt halten zu können. Hat man noch vor einer Dekade eine komplette Fahrzeugplattform in etwa sechs Jahren entwickelt, steht den Ingenieuren, Designern und Planern heutzutage nur noch ein Zeitfenster von maximal vier Jahren zur Verfügung. Dies ist gepaart mit wesentlich größeren und umfangreicheren Modellpaletten und Modellinitiativen, was bedeutet, dass mehrere Fahrzeuge parallel entwickelt und auf den Markt zu bringen sind. Diese Verkürzung der Produktentwicklungsprozesse und der Time to market muss trotz gesteigerter Komplexität natürlich auch noch zu geringeren Kosten und in möglichst gleichbleibender oder idealerweise höherer Qualität des Endprodukts Auto erfolgen.

Wildwuchs im Testlabor

Durch Vereinen der großen Zahl von Kommunikationsnetzwerken in einem Gerät lässt sich die Komplexität deutlich verringern.

Durch Vereinen der großen Zahl von Kommunikationsnetzwerken in einem Gerät lässt sich die Komplexität deutlich verringern. K2L

Es ist daher kein einfaches Unterfangen, vor dem die Entwickler der Kraftfahrzeuge und der darin verbauten E/E-Systeme stehen und standen, denn die Zeit, sich auf dieses Problem einzustellen und sich damit zu arrangieren, war kurz. Oft stand der reine Entwicklungsprozess im Fokus und wurde dann mittels unterschiedlicher Techniken wie Scrum und Agile Development optimiert und verkürzt. Beim Test und der Validierung der Systeme und Geräte gibt es zwar eine Menge neuer Techniken wie Automatisierung, X-in-the-loop und ähnliche, allerdings legte man hier der Fokus primär, wenn überhaupt, auf die Test-Software. Die Hardware und die Messmittel entwickelten sich nur rudimentär weiter und konnten mit den zu testenden Systemen nur bedingt Schritt halten. Sehr oft hat man bestehende Testsysteme beispielsweise nur um ein neues Bussystem erweitert, aber das Testsystem selbst nicht erneuert. Dies führte zu Chaos-ähnlichen Situationen in den Testlabors, denn oftmals türmen sich die Testgeräte, Schnittstellenadapter und Messgeräte zu einem „Test-Berg“ auf, vor dem der Testingenieur dann auch sprichwörtlich steht und wo nur noch absolute Experten den Durchblick behalten.

Aufräumen!

Es ist leicht nachvollziehbar, dass dieses Problem zunehmen wird, wenn zukünftig noch weitere Bussysteme und größere Komplexität hinzukommen. Das Durcheinander wird über die Zeit umso größer, je weniger man aufräumt, und so kann die Lösung nur heißen: aufräumen, sauber machen und wenn nötig auch mal ein Gerät entsorgen. Ein iterativer und niemals endender Prozess, der allerdings hilft, der Weiterentwicklung und der steigenden Komplexität einigermaßen Herr zu werden.

Mit dem Optolyzer Mocca Compact lassen sich selbst komplexere E/E-Systeme komfortabel, zeitsynchron und parallel testen und validieren.

Mit dem Optolyzer Mocca Compact lassen sich selbst komplexere E/E-Systeme komfortabel, zeitsynchron und parallel testen und validieren. K2L

Wesentlich erfolgversprechender ist eine höhere Integration der Testgeräte und -systeme, das heißt man packt die Grundsysteme und alle Erweiterungen, welche sich über einen gewissen Zeitraum angesammelt haben, zusammen in ein neues, erweitertes Grundsystem. Schon hat man sein Labor aufgeräumt und wieder Platz für die Erweiterungen, die dann zukünftig wieder dazukommen.

Ein aufgeräumtes Labor kann durchaus auch einen sehr positiven und wesentlichen Effekt auf andere Problemfelder und Parameter haben, da sich so die Komplexität der Testlabors reduziert und damit auch die Fehleranfälligkeit der Tests und der Testsysteme. Eine Qualitätsverbesserung bei Geräten und Systemen lässt sich somit auch in kürzerer Zeit realisieren. Ob das zu geringeren Kosten umsetzbar ist, hängt letztlich vom System und dem Business-Modell des Testsystemanbieters ab, aber Diskussionen mit betroffenen Anwendern zeigen eindeutig, dass es viele Fälle gibt, wo man durch die Neuanschaffung von höher integrierten Testsystemen massiv Kosten eingespart und somit auch dem gestiegenen Kostendruck erfolgreich Rechnung getragen hat.

Integration der Netzwerke

Die Testdauer reduziert sich, wenn auch die Test-Software so skaliert ist, dass sie immer alle Bussysteme unterstützt.

Die Testdauer reduziert sich, wenn auch die Test-Software so skaliert ist, dass sie immer alle Bussysteme unterstützt. K2L

Um nun Testlabors für verteilte E/E Kommunikations-Systeme im Automobilsektor unter Ausnutzung der genannten Kostenvorteile aufzuräumen und dadurch die Komplexität in den Labors zu reduzieren, bieten sich dafür mehrere Ansatzpunkte. Naheliegend wäre ein Hardware-Interface mit einer hohen Integration von Kommunikationsnetzwerken, was im Labor einiges vereinfacht, zumal vorher oft für jedes Netzwerk ein eigenes Schnittstellenmodul vorhanden war. Die Geräte der Optolyzer-Mocca-Familie von K2L vereinen solch ein große Anzahl von Kommunikationsnetzwerken, wie sie im Automotivebereich üblich sind, in einem Gerät und reduzieren damit die Komplexität der Testsysteme und folglich das Chaos im Testlabor. Selbst komplexere E/E-Systeme mit bis zu sechs CAN-, zwei CAN-FD-, sechs LIN-, einem Flexray-, einem Ethernet- und einem MOST-Interface lassen sich beispielsweise mit dem Optolyzer Mocca Compact komfortabel, zeitsynchron und parallel testen und validieren. Mit einer einzigen Maßnahme schafft man so wieder Platz und Übersicht im Testsystem, zusammen mit deutlich weniger Anschlüssen, Netzteilen und Kabelbäumen, unter Beibehaltung der so wichtigen synchronen Zeitstempel für alle Nachrichten, Events und Signale auf allen Netzwerken. Betrachtet man die Kosten, stellt man schnell fest, dass man durch solch ein System massiv direkte als auch indirekte Kosten einsparen kann. Direkte Kosteneinsparungen sind im Wesentlichen die Anschaffungskosten, da man anstelle mehrerer Testgeräte nun nur noch ein einzelnes benötigt, welches in der Regel günstiger ist als die Summe der Einzelgeräte. Indirekte Kosteneinsparungen ergeben sich, weil sich auch die Komplexität der Testsysteme reduziert und dadurch auch der Konfigurations- und Testdurchführungsaufwand geringer wird. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die Skalierbarkeit der Testsoftware, um immer alle Bussysteme zu unterstützen. Alles in allem ist dies ein guter Weg, die steigende Komplexität in den Griff zu bekommen und dabei Kosten einzusparen, schneller an den Markt zu kommen und die Qualität zu erhöhen. Aufräumen lohnt sich also immer!

Matthias Karcher

(Bild: K2L)
Senior Manager bei K2L

(pet)

Sie möchten gerne weiterlesen?