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(Bild: bonezboyz @ Adobe Stock)

Herkömmliche Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor geben selbst bei niedrigen Geschwindigkeiten Motorgeräusche ab. Passanten und andere Verkehrsteilnehmer erkennen normalerweise ein sich näherndes oder wegfahrendes Fahrzeug durch akustische Wahrnehmung, wenn es sich außer Sichtweite befindet.

Bild 1: Verarbeitungsblöcke im Blackfin -Prozessor.

Bild 1: Verarbeitungsblöcke im Blackfin+-Prozessor. Analog Devices

Elektrofahrzeuge (EVs) hingegen emittieren keine Motorgeräusche. Hybrid-Elektrofahrzeuge (HEVs) oder Plug-in-Hybrid-Elektrofahrzeuge (PHEVs) bewegen sich nahezu geräuschlos, wenn sie langsam fahren und bevor der Motor mit interner Verbrennung (ICE) anspringt. Diese Art von Fahrzeugen sind bei Geschwindigkeiten unter 30 km/h schwer zu hören. Fahren sie schneller, wird das Reifengeräusch dominant und deutlich hörbar.

Globale Organisationen untersuchen seit längerem eine mögliche Gesetzgebung, die den Mindestschallpegel für PHEVs und HEVs im elektrischen Betrieb festlegt, sodass sehbehinderte Menschen, Fußgänger und Radfahrer sich nähernde Fahrzeuge hören und feststellen können, aus welcher Richtung die Fahrzeuge kommen.

Ein Warnsoundsystem für Elektrofahrzeuge (EVWSS; Electric Vehicle Warning Sound System) erzeugt eine Reihe von Tönen, die Analog Devices entwickelte, um Fußgänger auf EVs, HEVs und PHEVs aufmerksam zu machen. Der Fahrer kann Warntöne, ähnlich einer Hupe, auslösen, bei niedrigen Geschwindigkeiten muss das System die Töne aber automatisch aktivieren. Die Geräusche variieren von künstlichen Tönen bis hin zu realistischen Lauten, die Motorgeräusche und Reifen imitieren, die sich über Kies bewegen.

Bild 2: Detailliertes System-Blockdiagramm mit einem Blackfin -Prozessor auf einer mit allen Funktionen ausgestatteten Platine.

Bild 2: Detailliertes System-Blockdiagramm mit einem Blackfin+-Prozessor auf einer mit allen Funktionen ausgestatteten Platine. Analog Devices

Analog Devices bietet zwei verschiedene Lösungen für solche Anwendungen an – ein Motorgeräusch für den Innenraum eines Elektrofahrzeugs sowie ein von außen hörbares Motorgeräusch. Das Unternehmen hat eine Lösung basierend auf dem Blackfin-Prozessor ADSP-BF706 entwickelt und hält für ein Einsteigesystem eine Lösung mit dem digitalen Signalprozessor ADAU1450-Sigma-DSP bereit.

Beide Lösungen können Geräusche synthetisieren und Frequenz, Lautstärke und andere Parameter je nach Geschwindigkeit anpassen und die analogen Klangsignale an einen Audio-Leistungsverstärker senden. Abhängig von den Anforderungen relevanter Gesetze kann der Warnsound entsprechende Geräusche von Verbrennungsmotoren oder andere synthetisierte Töne simulieren.

Blackfin-basierte Lösung

Bei dem Blackfin+-Prozessor ADSP-BF706 handelt es sich um eine Ein-Chip-Lösung für die Verarbeitung von Audiosignalen und die Anbindung an den CAN-Bus. Analog Devices hat einen CAN-Software-Stack entwickelt, der auf diesem Bauteil läuft und Anwendern ermöglicht, mit minimalem Aufwand Automotive-Demonstrationssysteme zu realisieren. Auch die Verwendung eines Vector-CAN-Stack ist möglich. Darüber hinaus bietet der Halbleiterhersteller ein vollständiges Hard- und Software-Referenzdesign und Sigma-Studio-Kompatibilität für die Abstimmung von Parametern zur Laufzeit an.

Bild 1 zeigt die Verarbeitungsblöcke im ADSP-BF706. Externe WAV-Dateien (Waveform Audio) speichern Signaturen von Motorgeräuschen oder Audiotöne. Über die externe serielle Peripherieschnittstelle (SPI) kann das System gleichzeitig auf bis zu 25 WAV-Dateien zugreifen. Die WAV-Dateien werden vor der dynamischen Lautstärkeregelung, im digitalen Signalprozessor (DSP), frequenzverschoben und gemischt.

Bild 3: Detailliertes System-Blockdiagramm mit einem Blackfin -Prozessor auf einer Platine mit verringerter Zahl von Bauteilen.

Bild 3: Detailliertes System-Blockdiagramm mit einem Blackfin+-Prozessor auf einer Platine mit verringerter Zahl von Bauteilen. Analog Devices

Der ADSP-BF706 verfügt über eine speicheradressierbare SPI-Schnittstelle die einen schnelleren und einfacheren Zugriff auf die im externen Speicher hinterlegten Audiodateien zur Erzeugung des Motorgeräuschs erlaubt, was einen externen DDR-Speicher (Double Data Rate) für diese Anwendung überflüssig macht. So kann das Bauteil über den SPI-Flash-Speicher gleichzeitig auf bis zu 25 WAV-Dateien zugreifen. Aufgrund der großen Anzahl verfügbarer WAV-Dateien lassen sich realistische Motorgeräusche erzeugen. Der ADSP-BF706 ermöglicht eine bis zu 16-fache Tonhöhenverschiebung und kann somit die Lautstärke der Geräusche dynamisch regeln, wenn die Fahrgeschwindigkeit zunimmt.

In Bild 2 ist ein detailliertes Systemblockdiagramm zu sehen. Ein monolithischer, synchroner Vierfach-Abwärtswandler LT8602 von Power by Linear von Analog Devices liefert alle im System benötigten Spannungsschienen, die von der 12-V-Autobatterieversorgung abgeleitet sind. Durch eine Schaltfrequenz von 2 MHz können Entwickler kritische, störanfällige Frequenzbänder vermeiden.

Aufgrund seines Eingangsspannungsbereichs von 3 bis 42 V eignet sich der LT8602 für Anwendungen im Automobilbereich, die Kaltstart- und Start-Stopp-Szenarien mit minimalen Eingangsspannungen von 3 V und Spannungsspitzen bei Lastabwurf von mehr als 40 V beherrschen müssen.

Bild 3 zeigt ein alternatives System-Blockdiagramm mit Stecker, einer verringerten Zahl von Peripheriegeräten und einem für die Automobilindustrie qualifizierten Steckverbinder, der alle relevanten Signale führt. Eine solche Konfiguration ermöglicht die Entwicklung einer Platine mit kleinerem Formfaktor. Die Systemlösung in Bild 3 senkt die Bauteilekosten (BOM), da der ADSP-BF706 als Mikrocontroller und Audioprozessor fungiert.

EVWSS-Software-Architektur des Blackfin+-Prozessors ADSP-BF706

Die Software-Architektur des Warnsoundsystems für Elektrofahrzeuge basiert auf der Hardware-Architektur des Blackfin+-Prozessors ADSP-BF706, wobei die Abhängigkeit des Prozessors von der Hardware-Architektur auf das speicheradressierbare SPI zurückzuführen ist.

Unter Verwendung des Memory Mappes SPI liest die CAN-Schnittstelle direkt aus dem Flash-Speicher. Dies reduziert die Komplexität der EVWSS-Bibliothek und macht den Speicherzugriff zur Erzeugung von Warntönen effizient.

Software-Komponenten

Bild 4: Blockdiagramm der EVWSS-Software-Architektur.

Bild 4: Blockdiagramm der EVWSS-Software-Architektur. Analog Devices

Bild 4 zeigt die EVWSS-Software-Architektur mit sämtlichen Komponenten. Die Sport-Callback-Funktion (Sport: Synchronous Serial Peripheral Port) wird auf die Abtastrate der Audiodaten angepasst und läuft im Kontext der Sport Transceiver Interrupt Service Routine (ISR), liest Flash-Dateien (SPI Memory Mapped), führt Audiomanipulationen mithilfe der EVWSS-Bibliothek durch und sendet die modifizierten Audiodaten über die Sport-Transceiver-Schnittstelle aus.

Zur Synthese des Warntons enthält die Bibliothek des EVWSS verschiedenen Funktionen. Sie empfängt vom CAN-Stack oder der UART-Schnittstelle zur Fehlersuche auch Daten zur Fahrzeuggeschwindigkeit. Zusätzlich dazu steuert der Treiber TDA7803 den externen Leistungsverstärker zur Erzeugung des Warntons. Das EVWSS-Anwendungsframework konfiguriert die Systemperipherie, den CAN-Stack und den Treiber TDA7803.

Funktionen der EVWSS-Bibliothek

  • Tonhöhensteuerung (Pitch Control)

Tonhöhenverschiebung (Pitch Shifting) ist das Konzept der Verschiebung des Spektrums des Audiosignals auf Basis eines Steuereingangs. Dabei verschiebt die EVWSS-Anwendung die Grundtonhöhe der WAV-Datei je nach Fahrzeuggeschwindigkeit.

Das Motorgeräusch ist abhängig von den Motortakten. Dazu gehören Ansaugung, Kompression bzw. Verdichtung, Leistung (Expansion) und Auspuff. Diese Takte erzeugen frequenzmodulierte Töne anstelle von reinen Tönen. Indem Anwender den Parameter der Tonhöhenverschiebung über die Samples hinweg verändern, lässt sich eine Frequenzmodulation erreichen.

Zwei Arten der Modulation (Sägezahn- und Dreiecksmodulation) sind in dieser Anwendung enthalten. Bei der Sägezahnmodulation steigt die Frequenz vom niedrigsten zum höchsten und dann mit einem Sprung wieder zurück zum niedrigsten Wert. Bei der Dreiecksmodulation verlaufen die Frequenzanstiege von der niedrigsten zur höchsten und dann wieder zurück zur niedrigsten Frequenz.

  • Audiosignale mischen

Für die Audiomischung konfigurieren Entwickler die verschiedenen Verstärkungen hinsichtlich der Fahrzeuggeschwindigkeit.

  • WAV-Dateien abspielen

Obwohl die erforderlichen WAV-Dateien im Flash-Speicher vorhanden sind, können Entwickler manuell je nach dynamischer Bedingung noch zusätzliche WAV-Dateien abspielen oder stoppen.

Auf dem Sigma-DSP-basierende Lösung

Bild 5: Verarbeitungsblöcke im Sigma-DSP-Prozessor.

Bild 5: Verarbeitungsblöcke im Sigma-DSP-Prozessor. Analog Devices

Für Anwendungen der Einstiegsklasse lässt sich auch der Audio-Prozessor Sigma-DSP ADAU1450 als Alternative zum ADSP-BF706 verwenden. Für Evaluierungszwecke ist das Evaluierungsboard EVAL-ADAU1452 vorgesehen. Bild 5 zeigt die Verarbeitungsblöcke im Sigma-DSP-Prozessor.

Unter Verwendung des Sigma-Studios unterstützt der ADAU1450 die folgenden Software-Features:

  • Erzeugung von mehreren Tönen
  • Dynamische Lautstärkeregelung mit bis zu 64 Stufen
  • Klangmischung
  • Begrenzer (Limiter)
  • Tonhöhenverschiebung, die mit zunehmender Geschwindigkeit die Tonhöhe erhöht
  • Gleichzeitiges Abspielen von bis zu fünf WAV-Dateien vom SPI-Flash-Speicher

Analog Devices bietet ein Motorsoundsimulationsmodul in Sigma-Studio an, um die Abstimmung des Motorklangs zu vereinfachen und die Anzahl der gleichzeitig erforderlichen externen WAV-Dateien zu verringern. Der Motorsoundsimulator kann intern bis zu 32 Oberschwingungen (Harmonische) erzeugen, wobei sich die Ordnung und Amplitude der Harmonischen über die grafische Benutzeroberfläche (GUI) programmieren lässt.

Sigma-Studio

Sigma-Studio ist eine grafische Programmierumgebung, die Analog Devices ursprünglich für die Prozessoren der Serie Sigma-DSP entwickelte. Sie enthält eine integrierte Bibliothek von Algorithmen, die sich speziell für Automobilanwendungen eignen. Die grafische Benutzeroberfläche vereinfacht die Abstimmung und stellt Steuerung und Filterkoeffizienten zur Verfügung, die sich spontan variieren lassen, ohne dass Entwickler Code schreiben müssen.

Fazit

Analog Devices hat verschiedene Lösungen für ein Einstiegssystem und für ein fortschrittliches System zur Erzeugung von Motorklängen im Programm. Mit den Lösungen lassen sich Motorgeräusche für den Innenraum eines Elektrofahrzeugs und extern hörbare Motorgeräusche erzeugen. Der Artikel soll Anwendern den Entscheidungsprozess erleichtern und die Markteinführungszeit verkürzen. Analog Devices bietet ferner eine komplette Systemlösung, einschließlich der notwendigen Software-Komponenten für Rapid Prototyping und Produktentwicklung an.

E-Mobility: Batterie und Sicherheit

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(Bild: AdobeStock_277540900)

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Andreas Pellkofer

Systemingenieur bei Analog Devices

Jagannath Rotti

Softwareentwickler bei Analog Devices

Danny Ko

Automotive System Applications Engineer bei Analog Devices

(prm)

Schwerpunktthema: E-Mobility

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(Bild: Adobe Stock, Hüthig)

In diesem Themenschwerpunkt „E-Mobility“ dreht sich alles um die Technologien in Elektrofahrzeugen, Hybriden und Ladesäulen: Von Halbleitern über Leistungselektronik bis E-Achse, von Batterie über Sicherheit bis Materialien und Leichtbau sowie Test und Infrastruktur. Hier erfahren Sie mehr.

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Analog Devices GmbH

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