Gut für die Prädiktion: Anhand von Satellitenaufnahmen wird die Belegung von Parkflächen zu bestimmten Zeiten analysiert. In diesem Fall sind 139 von 450 Plätzen belegt.

Anhand von Satellitenaufnahmen wird die Belegung von Parkflächen zu bestimmten Zeiten analysiert. In diesem Fall sind 139 von 450 Plätzen belegt. (Bild: Parkopedia)

Verkehrsinformationen basieren heute auf der Verwendung von mobilen Sensordaten aus Millionen von Fahrzeugen, die zur Ermittlung eines Gesamtbildes mit statistischen Methoden analysiert werden. Sie sind damit de facto Prädiktionen. Vor zehn Jahren noch beruhte die Verkehrsinformation größtenteils auf Echtzeitdaten aus stationärer Sensorik. Entsprechend schlecht war sie auch. Auch im Bereich der Parkdaten sehen wir eine ähnliche Entwicklung – weg von stationärer Sensorik hin zu mobiler Sensorik und Prädiktion.

Das Problem mit Echtzeit-Parkdaten

Eine der Hauptquellen für Echtzeitdaten beim Parken sind Straßensensoren (entweder elektromagnetisch oder infrarot), die in der Mitte eines Stellplatzes installiert werden, um zu erkennen, ob dieser belegt ist. Da die Sensoren meist in Gruppen verbunden sind, kann dies Schwierigkeiten verursachen. Wenn zum Beispiel nur ein Sensor in einer Gruppe von fünf ausfällt, meldet das System die Daten für alle fünf Sensoren als unvollständig und ungenau. Hinzu kommen die prohibitiven Kosten für die Installation und Wartung von Sensoren im öffentlichen Raum. Die meisten Pilotprojekte mit Straßensensoren haben sich daher als nicht tragfähig erwiesen: In Großbritannien hat die Stadtverwaltung von Westminster ihr viel beachtetes Parksystem mit Straßensensoren wieder abgeschaltet. San Francisco hatte das eigene System schon früher wieder aufgegeben. Budgetprozesse und Kontrollstreben öffentlicher Verwaltungen favorisieren stationäre Sensorik, bis dann irgendwann auffällt, dass das reine Verschwendung von Steuergeldern ist.

Auch wenn es keine Ausfälle von Sensoren und keine Fehler im Reporting gibt, sind Echtzeitdaten nicht wirklich ohne Zeitverzögerung zu haben. Es liegt mindestens eine Minute zwischen dem Zeitpunkt, zu dem ein Sensor einen freien Platz meldet, und dem Zeitpunkt, an dem dieser Stellplatz im System eines vernetzten Autos als frei ausgewiesen wird. So ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein Parkplatz, den ein Autofahrer ansteuert, bei seiner Ankunft bereits belegt ist.

Doch nicht nur bei Parkplätzen an öffentlichen Straßen gibt es Probleme mit der Erhebung von Echtzeitdaten, sondern auch in Parkhäusern kann es schwierig werden. Zum einen müssten die Einrichtungen, die Fahrzeuge beim Ein- und Ausfahren erfassen, stets tadellos funktionieren: das Zählen an der Schranke, der Anteil von Dauerstellplätzen sowie die oftmals instabile Anbindung verhindern dies in aller Regel. Andererseits liegt es nicht immer im Interesse der Betreiber, ihre Daten stets korrekt zu übermitteln. Aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus ist es immer besser, Kunden an der Schranke warten zu lassen, als sie von vornherein abzuweisen. Andererseits wirkt es aber auch abschreckend, wenn ein Parkhaus als leer angezeigt wird. Viele angebliche Echtzeitdaten sind daher entsprechend „optimiert“.

Was sind die Alternativen?

Eine mögliche Quelle sind die Daten von Fahrzeugsensoren. Moderne Fahrzeuge liefern Echtzeit-Daten über das Fahrzeug, das Fahrverhalten und Parkvorgänge, aber sie scannen auch ihre Umgebung während der Fahrt. Beispiele dafür sind Sensoren, die während der Fahrt potenzielle Parklücken entdecken oder Kameras, die Objekte identifizieren. Während diese Daten relativ genau und umfangreich sind, haben sie die gleichen Zeitverzögerungsprobleme wie stationäre Sensorik. Zusätzlich dazu können auch Fehler der GNSS-Daten auftreten. Beim Parken in einer städtischen Umgebung ist die GPS-Position in der Regel auf einen bis zwei Meter genau. Allerdings können sich die Fehler innerhalb einer Stadt auch auf dutzende Meter belaufen. Das bedeutet, dass die Fahrzeugsensoren den falschen Straßenabschnitt oder sogar eine ganz andere Straße anzeigen. Hier helfen andere Fahrzeugsensoren sowie der Vergleich der Daten mehrerer Fahrzeuge in Echtzeit, die Daten zu validieren.

Transaktionsdaten sind eine weitere Option, eignen sich aber auch nicht als alleinige Informationsquelle. So gibt es beispielsweise in vielen Städten Parkscheinautomaten, die mehrere Straßen abdecken. Aus dieser Datengrundlage ist dann nicht ersichtlich, auf welcher Straße ein Fahrzeug nun tatsächlich geparkt wurde. Auch wenn ein System einzelne Parkplätze erkennen kann, gibt es oft Fehler in den Daten, was etwa daran liegt, dass Nutzer falsche Beträge zahlen und so eine falsche Belegungszeit im System ausgewiesen wird. Außerdem werden bei den Transaktionsdaten keine Nutzer berücksichtigt, die ohne zu bezahlen die Plätze belegen dürfen, wie das beim Anwohnerparken der Fall ist.

Verschiedene Datenquellen kombinieren

Die beste Möglichkeit, potenzielle Fehler und Ungenauigkeiten der einzelnen Datenarten zu minimieren, besteht darin, verschiedene Quellen zu kombinieren, um so ein möglichst breites Bild der tatsächlichen Lage zu bekommen. Anhand dieser Grundlage können mit Machine-Learning-Modellen Vorhersagen erstellt werden, die auf statischen Daten, manuellen Erhebungen, stationären Sensoren, Fahrzeugsensoren, Transaktionsdaten, Satelliten- und Luftbildern sowie In-Car-Videoaufnahmen beruhen. Diese Vorhersagen lassen sich mit historischen Verhaltensmustern und Echtzeitdaten kombinieren, was flexible Reaktionen auf Events und Großveranstaltungen wie Fußballspiele und Festivals erlaubt.

Parkopedia Availability Modelling Process: Parkopedia nutzt viele verschiedene Datenquellen für eine möglichst umfassende Analyse. Anhand dieser Grundlage können mit Machine-Learning-Modellen Vorhersagen erstellt werden.

Der Parkopedia Availability Modelling Process nutzt viele verschiedene Datenquellen für eine möglichst umfassende Analyse. Anhand dieser Grundlage lassen sich mit Machine-Learning-Modellen Vorhersagen erstellen. (Bild: Parkopedia)

Bei Parkopedia wird dieser Ansatz dadurch ergänzt, dass bei Erhebungen vor Ort Daten überprüft und gegebenenfalls ergänzt werden. Dieses Vorgehen kommt sowohl bei bereits im System vorhandenen Örtlichkeiten als auch bei neuen Parkplätzen zur Anwendung. Die Erhebungen sind darauf ausgelegt, statische Daten im nötigen Detaillierungsgrad zu erfassen und in ein einheitliches Format zu bringen, das globale Standards garantiert. Bei diesen statischen Daten handelt es sich um Informationen, die sich nie oder selten ändern, also etwa Namen von Straßen, deren geographische Position oder die Anzahl der Parkplätze, um so für jeden Standort über 80 Attribute zu erfassen. Außerdem liefern die Surveys eine genaue Zustandsbeschreibung zu einem fixen Zeitpunkt, was eine Überprüfung und weitere Verfeinerung der Vorhersagen ermöglicht.

Im Vergleich zeigt sich, dass die Genauigkeit der kombinierten Daten bis zu zweimal besser ist als bei reinen Transaktionsdaten. Zählt man aber die Transaktionsdaten noch zur Kombination der anderen Daten hinzu, lässt sich die Genauigkeit um weitere 15 bis 20 Prozent steigern.

Die Nutzung verschiedener Quellen und insbesondere von Fahrzeugsensorik erlaubt nicht nur die Erstellung von Quasi-Echtzeit-Vorhersagen, also statischen Abschätzungen der aktuellen Lage, sondern auch die Erstellung von Prädiktionen für zukünftige Parkverfügbarkeiten. Selbst ein Parkleitsystem auf der Basis von perfekt funktionierender stationärer Sensorik könnte dagegen immer nur ein Bild der Vergangenheit und damit der Lage vor einigen Minuten abgeben, als die Daten erhoben wurden.

Fazit

Zwischen der Entscheidung, einen bestimmten Ort anzufahren, und dem Parken liegt immer eine gewisse Zeitspanne. Im Extremfall kann diese sehr groß sein, zum Beispiel, wenn sich ein Fahrer vor seiner Abfahrt über Parkmöglichkeiten am Ziel informiert. Hier können leicht mehrere Stunden zwischen den beiden Ereignissen liegen, so dass Echtzeitdaten wenig nutzen. Aber auch für Fahrermit den modernsten Systemen im Auto ist dieses Problem nicht aus der Welt. Nähert sich dieser Fahrer seinem Ziel und möchte in ein Parkhaus fahren, muss sein System wissen, wo sich zur Ankunftszeit freie Plätze befinden werden, um die optimale Route zu errechnen.

Vorhersagen werden nie allesamt eintreffen, das liegt in ihrer Natur und ist auch beim Parken nicht anders. Allerdings bieten die vielen verschiedenen Quellen und Analysemethoden, die in die Vorhersagen einfließen, wesentlich bessere Möglichkeiten, auf die Anforderungen der Realität zu reagieren, als es die bloße Wiedergabe von – oftmals fehlerhaften – Sensordaten zu einem Zeitpunkt X kann. Die Kombination aus historischen Daten zum Füllgrad einzelner Parkhäuser und aktueller Daten zum Parkdruck und dessen erwarteter Entwicklung liefern dem Fahrer die notwendige Information, um die besten Parkentscheidungen treffen zu können.

Hans-Hendrik Puvogel

(Bild: Parkopedia)
COO von Parkopedia

(av)

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