Könnten Hersteller die Lebensdauer ihrer Motoren besser abschätzen, sparten sie langwierige, teure Tests, was auch den Kunden zugute käme.

Könnten Hersteller die Lebensdauer ihrer Motoren besser abschätzen, sparten sie langwierige, teure Tests, was auch den Kunden zugute käme.Thomas Aumann – Fotolia.com

Ärzte erfassen über Jahre die durchschnittliche Lebensdauer von Patienten mit derselben schweren Krankheit, um Neuerkrankten eine zuverlässige Prognose geben zu können. Ganz ähnlich arbeitet Prof. Dr. Wolfgang Schinköthe vom Institut für Konstruktion und Fertigung in der Feinwerktechnik an der Universität Stuttgart. Seine Patienten sind kleine Elektromotoren, die Autotüren verriegeln, die Scheibenwischanlage antreiben, den Lüfter im Computer auf Touren bringen, oder in Haushaltsgeräten ihren Dienst tun. Am Prüfstand in einem klimatisierten Raum lässt sie der Wissenschaftler mit verschieden starken Bremsen laufen und notiert, wann sie ausfallen. Außerdem erfasst er die individuellen Angaben zu jedem einzelnen Motor, die sogenannten Kovariablen: den Bautyp des Motors, die Drehzahl, die Belastung im Prüfstand oder die Stromspannung.

Die Werte der Kovariablen setzt Prof. Dr. Jensen in das Cox-Modell ein. „Damit berechnen Mediziner üblicherweise, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ihr Patient eine schwere Krankheit überlebt“, erklärt Prof. Dr. Jensen vom Institut für Angewandte Mathematik und Statistik an der Universität Hohenheim. Für seine Zwecke muss Schinköthe das Modell eigens umformen und erweitern: „Das Cox-Modell ist in manchen Fällen zu einfach für die komplexe Wirklichkeit“, sagt der Wissenschaftler.

Die aufgenommenen Lebensdauer-Daten dienen dazu, die Kenngrößen des Cox-Modells statistisch zu schätzen. Am Ende seiner Berechnungen hat Jensen ein ganzes Bündel von Verlaufskurven, an denen sich ablesen lässt, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Motor eine bestimmte Zeit ausfallfrei läuft. Für jede Kombination von Werten der Kovariablen gibt es eine Verlaufskurve. „Das funktioniert auch für Werte von Kovariablen, die wir gar nicht erfasst haben“, erklärt der Experte. „Vieles lässt sich durch Auswerten der Verlaufskurven an Zwischenstellen heraus bekommen.“ Dieser Ansatz könnte in Zukunft viel Zeit und Geld sparen. Langwierige, aufwendige Tests mit hunderten von Maschinen ließen wären so viel seltener nötig und die Menge der erhobenen Daten würde sprunghaft zurück gehen, weil nicht für jede Kombination von Werten der Kovariablen eine eigene Stichprobe erhoben werden muss. „Das wäre ein Segen für die Allgemeinheit“, freut sich Jensen, „weil die Herstellungskosten für Motoren und Maschinen sinken würden.“

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das Projekt des Wissenschaftlers mit mehr als 230.000 Euro. Damit gehört es zu den Schwergewichten der Forschung an der Universität Hohenheim.

(dl)

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