Die Blechfertigung von Stiebel Eltron als zentraler Vorfertigungsbereich beliefert alle Endmontagen mit Blechteilen – beispielsweise die der Wärmepumpen, Lüftungsgeräte oder Warmwasserspeicher. Die Herausforderungen des MES im Bereich der Fertigungsplanung fasst der Leiter Blechfertigung bei Stiebel Eltron, Ulrich Babenschneider, zusammen: „Wir fertigen circa 2.000 Artikel mit etwa 700 möglichen Bearbeitungsschritten in den unterschiedlichsten Fertigungstechnologien. Allein diese Zahlen zeigen, wie hoch die Komplexität unserer Blechfertigung ist.“ Eine weitere Herausforderung ist, dass die einzelnen Produkte unterschiedliche Saisonkurven haben. Deswegen kommt der Vorfertigung eine ganz besondere Bedeutung zu, was das Einhalten von Terminen und die Verfügbarkeit betrifft.

Mit der Einführung des MES Cronetwork von Industrie Informatik versprach sich das Unternehmen eine verbesserte Kapazitätsplanung, sprich Personalsteuerung. Denn neben vollautomatisierten Anlagen stehen in den Hallen auch Pressen, an denen eine 1:1-Beziehung Mensch zu Maschine besteht. Diese Stellen müssen, bei entsprechender Auslastung, entweder zusätzliches Leihpersonal oder geeignetes Fachpersonal aus dem eigenen Haus besetzen und steuern. Das heißt, die Personalplanung muss rechtzeitig wissen, wann zusätzliches Personal benötigt wird.

Die Basis mitnehmen

Die Implementierung und die Übernahme der Altdaten aus den anderen Systemen verliefen unproblematisch. Vor der Implementierung jedes Moduls wurden Ein- bis Zwei-Tages-Workshops mit den Beratern von Industrie Informatik durchgeführt, in denen die Anforderungen und die Funktionalitäten besprochen wurden. „Neben meiner Person waren ein Hardware-Spezialist, zwei Fertigungssteuerer und vier Schichtleiter im Projektteam“, erläutert Babenschneider. Die Idee dahinter: Die Schichtleiter als Stellvertreter der Basis sollten sich von Anfang an mit dem Projekt und dem System auseinandersetzen, um sich damit identifizieren zu können und ihre Akzeptanz an die Mitarbeiter weitergeben zu können. Nach knapp einem Jahr lief die MES-Software inklusive aller Auswertungen und Kennzahlen. Die Module BDE (Betriebsdatenerfassung), MDE (Maschinendatenerfassung), Feinplanung, Arbeitsplatzmonitor, KPI (Key Performance Indicator), Produktionsinfo und das Dashboard (Kennzahlen-Cockpit) kommen zum Einsatz.

Eine Herausforderung für die Maschinendaten-Erfassung waren die Trumpf Stanz-Nibbelmaschinen. Diese Maschinen bearbeiten ein Blech und stanzen daraus unterschiedliche Teile. Dabei werden verschiedene Teile und damit verschiedene Aufträge so auf ein Blech verteilt, dass möglichst wenig Verschnitt erzeugt und so der Materialverbrauch verringert wird. Die Maschine teilt dem MES die unterschiedlichen Aufträge auf dem Blech mit. Zusätzlich übergibt sie den Stückfaktor pro Blech, das heißt, wie viele Teile pro Blech pro Auftrag anfallen. Dieser Vollautomatismus erreicht, dass dieser Stapel von Aufträgen automatisch an- und abgemeldet wird – inklusive dem Verbuchen der korrekten Produktionszeit und -menge. Dies ist zum einen notwendig, da die Maschinen aufgrund der Verbindung ‚Auftragsplanung‘ im MES mit der Lagersoftware auch komplett mannlos über Stunden laufen können, aber auch, weil das einzelne Rückmelden der verschiedenen Aufträge pro Blech zu viel Aufwand bedeuten würde.

So nutzen heute 90 Mitarbeiter die MES-Lösung in den Bereichen BDE und MDE, um Fertigungsdaten zu erfassen, Störungen- und Ausschuss zu analysieren sowie um die Anlagenverfügbarkeit zu überwachen und zu verbessern. Der Arbeitsplatzmonitor in den Schichtleiterbüros zeigt das aktuelle Werkstattgeschehen, das Modul Produktionsinfo sorgt für die Auswertungen. Der Einsatz der KPIs und des Dashboards ist für die erste Jahreshälfte 2012 vorgesehen. Fertigungsleiter Babenschneider schätzt das neue System: „Wir haben mit Cronetwork ein aussagekräftiges Kennzahlensystem geschaffen, das uns Soll/Ist-Vergleiche, Nacharbeiten, Gemeinkostenfaktor-Controlling, Störungs- und Ausschussanalyse, Anlagenverfügbarkeit sowie Fertigungsleitstand und Feinplanung ermöglicht.“ Dazu habe man eine verlässliche Auftragsfeinplanung auf Basis von Ist-Kapazitäten und der aktuellen Anlagenverfügbarkeit.

Wartung und Instandhaltung

Für fertigungssensible Störungen hat das Unternehmen bei einer verketteten Anlage über 120 Störgründe hinterlegt, welche die Mitarbeiter einfach über Barcode erfassen können. Dadurch lässt sich beispielsweise die Verfügbarkeit einzelner Anlagenbestandteile genau ermitteln. Im Sinne eines Total Productive Managements (TPM) sind konstruktive Änderungen jederzeit möglich. Gerade beim Thema Gruppenarbeit und KVP (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess) oder der vorbeugenden Instandhaltung – als Baustein der Gruppenarbeit – helfen Methoden wie TPM bei der Identifizierung von Ineffizienzen, die sich dann durch das MES gestützt beheben lassen. Daran angekoppelt ist das Vorschlagssystem des Unternehmens, wo Mitarbeiter Verbesserungsvorschläge einreichen können.

Positive Ergebnisse

Der Einsatz des MES steigert die Produktion, verringert die Kosten und spart Zart. Ulrich Babenschneider weiß, warum: „Insgesamt haben wir seit der Einführung eine Optimierung aller Arbeitsabläufe erreicht. Die Stichworte sind hier Störungsanalyse und Soll/Ist-Vergleiche. Dazu kommen die Senkung von Maschinenstillstands- und -ausfallzeiten, eine Verringerung der Durchlaufzeit sowie eine wesentlich bessere Termin- und Kapazitätsplanung.“ Fehlteile, Terminverzüge und Probleme bei der Kapazitätsplanung gehören der Vergangenheit an. Außerdem würden neben der guten SAP-Integration der webbasierten MES-Lösung auch die frei parametrierbaren Terminals überzeugen, die für jedermann einfach zu bedienen sind. Aufgrund der positiven Ergebnisse ist die Entscheidung gefallen, 2012 das MES auch in weiteren Bereichen einzusetzen.

Tino Böhler

: Freier Journalist in Dresden

(mf)

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