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(Bild: Insta Elektro)

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Klassische Probleme wie lange Durchlaufzeiten und hohe Umlaufbestände haben Insta zur Einführung von Lean-Management veranlasst. Insta Elektro

Der mittelständische Elektrohersteller Insta Elektro stand 2010 vor der Herausforderung, sich strategisch neu auszurichten. Das Unternehmen betreibt neben der Funktion als Fertigungs- und Entwicklungspartner für die Muttergesellschaften und Gebäudesystemspezialisten Gira und Jung auch ein eigenes Geschäft im Bereich der Architektur-LED-Beleuchtung und sah sich mit den klassischen Problemen vieler Mittelständler konfrontiert: lange Durchlaufzeiten, hohe Umlaufbestände, mangelnde Transparenz in der Fertigung und jede Menge Verschwendung im Arbeitsprozess. Es galt also, das Unternehmen schlank und effizient nach den Prinzipien des Lean Managements aufzustellen.

Von der Theorie zur Praxis

Treiber der Veränderung waren nicht zuletzt immer speziellere Kundenanfragen nach maßgeschneiderten LED-Leuchten und Systemlösungen, etwa für große Bauprojekte. Kurze Lieferzeiten und verzögerungsfreie Produktionsabläufe waren in allen Geschäftsfeldern des Unternehmens besonders gefragt – und das bei sinkenden Losgrößen und komplexem Portfolio. Die klassische Batch-Fertigung zeigte sich hier zunehmend ungeeignet. Erklärtes Ziel von Insta war daher der Aufbau einer flexiblen Produktion nach Lean-Prinzipien. Eine gewaltige Aufgabe für den Lüdenscheider Elektrohersteller, der zu diesem Zeitpunkt keine nennenswerte Erfahrung in der Prozess- und Produktionsverschlankung hatte.

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Mittels Cardboard Engineering werden Arbeitssysteme in Form eines ‚Kartonagenmodells’ in Teamarbeit neu gestaltet, die Arbeitsabläufe simuliert und gemeinsam überprüft. Insta Elektro

Vom Neuling zum Best-Practice-Partner

Als 2010 die klassische Batch-Fertigung nicht mehr den Ansprüchen an Prozess und Produktion genügte, entschied sich der mittelständische Elektrohersteller Insta für die Verschlankung nach Lean-Prinzipien. Davon waren nicht nur die Fertigungslinien betroffen – auch die Mitarbeiter, allen voran die Führungskräfte, galt es von der Neuausrichtung zu überzeugen. Bis 2020 soll 80 % der Fertigung nach dem Insel-Modell ausgerichtet sein.

Zwar hatten Führungskräfte und Mitarbeiter eine intuitive Vorstellung von Lean Management – bei der praktischen Umsetzung im Unternehmen stockte der gewünschte Veränderungsprozess jedoch. Unterstützung suchte sich Insta daher bei den Lean-Experten der Unternehmensberatung Staufen. Um die Mitarbeiter für die Möglichkeiten einer Transformation zu sensibilisieren, erfolgte zunächst ein Best-Practice-Besuch bei Lean-Primus SEW Eurodrive. Und diese Maßnahme war ein voller Erfolg: Einerseits war man begeistert, wie effizient der Getriebehersteller mit Lean-Methoden arbeitet, andererseits wurde auch der noch lange und steinige Weg zum annähernden Idealzustand sehr deutlich.

Strategisch denken ohne Korsett

Entmutigen ließ sich indes niemand. Zunächst stellte das Unternehmen die Transformation auf drei grundlegende Säulen. Die erste davon war die Ausbildung von Mitarbeitern zu Experten und Multiplikatoren in Sachen Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP). Eine Maßnahme, die gar nicht hoch genug zu bewerten ist. Denn vielfach legen Unternehmen bei einem tiefgreifenden Strukturwandel den Fokus auf Technologie und Administration. Gerade im Bereich Lean ist aber mindestens ebenso entscheidend, dass Mitarbeiter neue Denkansätze mitgehen und sich eine entsprechende Unternehmenskultur etabliert. Multiplikatoren, die kontinuierlich Verbesserungen vorantreiben, tragen entscheidend zum Erfolg strategischer Veränderungen bei.

Gleichzeitig führte Insta zur unternehmerischen Neuausrichtung Workshops nach dem Blue-Sky-Ansatz durch. Dabei geht es darum, Ideen frei von Totschlagargumenten zu formulieren. So wichtig etwa Fragen nach Kosten und praktischer Umsetzbarkeit auch sind wenn es darum geht, sich neu zu erfinden, erstickt eine allzu kritische Position jede Veränderung im Ansatz. Frei von solchen Beschränkungen führten die Workshops deshalb zu einer ungewöhnlichen wie mutigen Maßnahme: Im Bereich der Betriebsmittel, bei Insta zum Beispiel Prüf- und Testsysteme sowie ergonomisch gestaltete Fertigungsinseln, entschied man sich für den Aufbau des benötigten Know-hows in den eigenen Betriebsbereichen. Dies ermöglichte einen schlanken und schnellen Zugriff auf die Gestaltung der benötigten Geräte und Systeme und nicht zuletzt die Chance, das eigene Know-how schon in der Betriebsmittel-Produktion einzubringen.

Alles aus einer Hand

Drei Unternehmen der Elektroinstallationsbranche gründeten 1970 Insta Elektro. Das Elektronik-Technologiezentrum entwickelt und fertigt mit Baugruppen, Geräte und Systeme für die Gebäudesystemtechnik sowie LED-Leuchten und Steuerungen für moderne Architekturbeleuchtung. Rund 550 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwirtschaften einen Jahresumsatz von ca. 80 Millionen Euro.

Als weitere Erkenntnis kristallisierte sich heraus, dass Lean-Kultur nicht bei der Produktion stehen bleiben, sondern auch weitere Unternehmensbereiche einbeziehen sollte. Ein entscheidender Faktor für den späteren Erfolg war zudem der formulierte Anspruch, die Belegschaft im Rahmen dieser Workshops von der Neuausrichtung zu überzeugen.

Insel-Modell statt Werkstattprinzip

Als dritte Säule der Lean-Transformation startete das Unternehmen ein Leuchtturmprojekt in der Produktion. Hatte zuvor die Fertigung nach dem Werkstattprinzip dominiert, entstand nun eine Produktionsinsel nach dem One-Piece-Flow-Prinzip. Dabei wählte Insta bewusst eine Produktgruppe mit großer Komplexität und hoher Variantenzahl, um möglichst weitreichende Erfahrungen zu sammeln, die sich später auf die gesamte Produktion übertragen lassen.

Wie in den meisten Unternehmen war die Lean-Transformation vor allem auch eine Herausforderung für die Führungskräfte. Es galt nun, diese so oft wie möglich direkt an den Ort der Wertschöpfung in die Fertigungsbereiche zu holen. Zu diesem so genannten Shopfloor Management gehört es zum Beispiel, die wichtigsten Kennzahlen zu visualisieren, Abweichungsgründe zu identifizieren und in regelmäßigen Besprechungen mit den Mitarbeitern an einer kontinuierlichen Verbesserung zu arbeiten. Auch dieser Prozess ist nicht statisch und Insta arbeitet im Sinne des KVP ständig weiter am Selbstverständnis und an der Rolle der Führungskräfte.

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In den Fertigungsinseln sorgt die Steuerung über Kanban-Regelkreise für nahezu störungsfreie Abläufe und reduziert lokale Bestände von Vorprodukten. Insta Elektro

Erheblich schlankere Fertigungslinie

Die Ergebnisse der Kick-off-Phase waren so positiv, dass Insta direkt nach dem Leuchtturmprojekt damit begann, den weiteren Produktionsbereich nach Lean-Ansätzen umzuformen. Dies machte auch den Einkauf von Fertigungsmaschinen nötig, die das Unternehmen bewusst nach den neuen Anforderungen ausgewählt hat. Die Fertigung im Bereich der Leiterplattenbestückung ließ sich auf diese Weise erheblich effizienter gestalten. Aus drei Linien in der SMT-Fertigung wurde mithilfe eines A/B-Rüstkonzeptes eine Linie mit einer Rüstzeit nahe null. Die Montagesysteme fertigen flexibel bis zu 40 Varianten im Einstückfluss. Mittlerweile hat Insta in den Fertigungsinseln nahezu störungsfreie Abläufe erreicht, nicht zuletzt auch mit der Steuerung über Kanban-Regelkreise, die lokale Bestände von Vorprodukten reduziert. Unterstützend erfolgt auf logistischer Seite eine bedarfsorientierte Versorgung über ein so genanntes Milkrun-System. Vorbild sind die einstigen Milchjungen in den USA, die nur dann eine volle Milchflasche vor die Haustür stellten, wenn sie auch eine leere Flasche mitnehmen konnten.

Die Transformation des Elektroherstellers beschränkt sich jedoch nicht auf die Herstellung und produktionsnahe Bereiche, sondern erfasst nach dem Zwiebelschalenmodell zunehmend auch produktionsfernere Abteilungen, aktuell etwa den Bereich Forschung und Entwicklung. Ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu einem insgesamt schlanken und effizienten Unternehmen, denn Lean Management entfaltet vor allem dann das gesamte Potenzial, wenn es wertstromorientiert vom Anfang bis zum Ende von Produktionszyklen gedacht wird. Entsprechend gehen die angestoßenen Aktivitäten über die eigene Unternehmensgrenze hinaus. Gemeinsam mit den Muttergesellschaften Gira und Jung arbeitet Insta an einer Wertstromorientierung vom Zulieferer bis hin zum Endkunden. Ein Element dieser Strategie ist beispielsweise ein End-to-End-Pull-System, das vom Abnehmer direkt in die eigene SMT-Fertigung hineinreicht.

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Ein nennenswerter Teil der Produktion findet noch im tradierten Werkstattprinzip statt: Bis 2020 will Insta etwa 80 Prozent der Fertigung nach dem Insel-Modell ausrichten. Insta Elektro

Kontinuierlicher Verbesserungsprozess

Seit Beginn der Lean-Transformation hat Insta also erhebliche Fortschritte gemacht. Spielte Lean Management noch vor fünf Jahren so gut wie keine Rolle, dient das Unternehmen heute in Zusammenarbeit mit Staufen anderen Firmen als Best-Practice-Partner. Auch die Zahlen bestätigen den Elektrohersteller: Das mutterunabhängige LED-Geschäft soll auf ein Fünftel des Umsatzes ausgebaut werden. Die Durchlaufzeiten in der Produktion sind in den Pilotbereichen bereits um 65 Prozent gesunken, bei einer gleichzeitigen Effizienzsteigerung von bis zu 30 Prozent. Damit will sich das mittelständische Elektrounternehmen aber noch nicht zufriedengeben. Auch heute findet ein nennenswerter Teil der Produktion noch im tradierten Werkstattprinzip statt. Insta hat das erklärte Ziel, bis 2020 etwa 80 Prozent der Fertigung nach dem Insel-Modell auszurichten. Gleichzeitig soll der kontinuierliche Verbesserungsprozess eine noch umfassendere Durchdringung des Unternehmens mit der Lean-Philosophie vorantreiben.

Werner Laub

(Bild: Insta Elektro)
Partner bei der Unternehmensberatung Staufen.

Heinz Floren

(Bild: Insta Elektro)
Produktionsleiter bei Insta

(mou)

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