Maschinenspezifische Vorlagenprojekte erleichtern und beschleunigen die Risikobeurteilung.IBF
Eine praktikable Methode, wie standardisierte Vorlagen im Zusammenspiel mit automatischen Analysefunktionen den Aufwand für Risikobeurteilungen drastisch reduzieren können, haben Experten des TÜV Rheinland Industrie Service in Zusammenarbeit mit der IBF-Automatisierungs- und Sicherheitstechnik GmbH entwickelt. Dazu wurden aus harmonisierten europäischen C-Normen Vorlagen-Projekte für typenspezifische Maschinen entwickelt. Beispielsweise gibt es gemäß EN 415-7 (Verpackungsmaschinen) getrennte Vorlagen für Tray-Aufrichtmaschinen und Faltschachtel-Aufrichtmaschinen. Dies hat den Vorteil, dass der Projekteur/Konstrukteur bei der Auslegung der Sicherheitseinrichtungen immer nur die jeweils relevanten Teile der Norm bearbeitet. Die Auseinandersetzung mit den gerade nicht relevanten Vorschriften entfällt.
Nur nichts vergessen: Die Software Safexpert führt strukturiert, Schritt für Schritt, durch das Konformitätsbewertungsverfahren.IBF
Die Vorlagen unterstützen, alle zutreffenden Anforderungen der Norm systematisch zu erfüllen. Dazu haben die Experten von TÜV und IBF jeden Absatz einer Norm im Hinblick auf dessen Auswirkungen auf den Konstruktions- und Planungsprozess analysiert. Wo immer möglich, werden die Schutzmaßnahmen für die in der Norm genannten Gefahrenstellen bereits vollständig erfasst und dokumentiert. Nach dem Anlegen eines neuen Projekts in der Software Safexpert löscht der Planer alle Gefahrenstellen, die im realen Projekt nicht auftreten. Die in der Vorlage verbleibenden Maßnahmen zur Risikominderung sind dann von den zuständigen Projektverantwortlichen entsprechend umzusetzen. Ein Großteil der Risikobeurteilung ist damit bereits erledigt.
Nichts vergessen: Checklisten helfen
Allerdings kann es durchaus vorkommen, dass an der zu entwickelnden Maschine Gefahrenstellen auftreten, die in der Norm nicht aufgeführt sind. In diesem Fall muss der Konstrukteur die für seine Maschine zusätzlich relevanten Gefährdungen nach der Basisnorm EN ISO 12100 identifizieren. Da dies bereits in einem früheren Projekt erfolgt sein könnte, ist es natürlich möglich, die Risikobeurteilung einer gesamten Gefahrenstelle einfach aus einem jeweiligen Projekt in das aktuelle Projekt zu importieren. Dabei prüft die Software anhand der kontinuierlich aktualisierten Normendaten auf dem Safexpert-Live-Server via Internet automatisch, ob die dokumentierten sicherheitstechnischen Maßnahmen noch dem Stand der Normung entsprechen.
Aber nicht alle Forderungen einer Norm lassen sich durch die Beseitigung von Gefährdungen erfüllen. Teilweise sind in den Konstruktionsprozessen organisatorische Maßnahmen zu treffen. Daher werden in speziellen Querverweislisten für jeden Normenabschnitt die ‚organisatorischen Aufgaben‘ hinterlegt, die im Produktentstehungsprozess erfüllt werden müssen. Darunter fallen zum Beispiel ‚Anwendungsbereich prüfen‘, ‚Fachkundigen Verantwortlichen für EMV festlegen‘ und weitere Punkte.
Erforderliche Prüfungen erledigt?
Auf Basis von C-Normen stellt der Prüf- und Abnahmeassistent maschinenspezifische Prüflisten für die Inbetriebnahme bereit.IBF
C-Normen enthalten häufig konkrete Anforderungen, wann im Produktentstehungsprozess Prüfungen durchzuführen sind: Zum Beispiel fordert die harmonisierte Norm EN 619 für Stetigförderer in Anhang H Prüfungen im Konstruktions-, Herstellungs-, Zusammenbau- und/oder Inbetriebnahmestadium. Zur Erfüllung dieser Forderungen erstellt beispielsweise der TÜV Rheinland für jeden Maschinentyp angepasste Prüflisten und stellt diese gemeinsam mit dem Vorlagenprojekt zur Verfügung. Ergänzend zu den Anforderungen der Maschinenrichtlinie stellen C-Normen meist auch konkrete Anforderungen an die mit der Maschine mitzuliefernden Benutzerinformationen. Diese werden ebenfalls im Safexpert-Vorlagenprojekt in die Checkliste zur Zusammenstellung der Betriebsanleitung aufgenommen. Auch diese Auflistung ist Teil des Vorlagenprojekts und unterstützt dabei, laufend per Mausklick zu prüfen, welche Punkte der Norm im Projekt noch nicht erledigt wurden.
Add-In für Word, Powerpoint und Excel
Im Rahmen der im Sommer 2015 gegründeten ‚Standards Experts Community‘ ruft IBF Experten zur Entwicklung von normen- und richtlinienkonformen sicherheitstechnischen Standardlösungen zur Mitarbeit auf.IBF
Noch immer erstellen viele Konstrukteure ihre Risikobeurteilungen mit Word oder Excel, obgleich diese Systeme keine automatisierten Aktualitäts- und Relevanz-Checks enthalten. Das Modul Safexpert Normanalyzer unterstützt diese Anwender. Damit können Word-, Powerpoint- und Excel-Dateien per Mausklick auf deren Aktualität mit einschlägigen Normen geprüft werden. In einer Liste zeigt das Tool, welche Quellenangaben zu angewandten Normen nicht mehr aktuell sind. Natürlich beschränkt sich das Einsatzgebiet nicht auf Risikobeurteilungen. Alle auf einem PC oder in einem Netzwerk gespeicherten Word-, Powerpoint- und Excel-Dateien können in die Aktualitätsanalyse einbezogen werden. Präsentationen mit veralteten Folien, veraltete Checklisten oder Arbeitsanweisungen gehören damit der Vergangenheit an.
Technik im Detail
Normenwissen allein reicht oft nicht aus
IBF entwickelt seit über 20 Jahren softwaretechnische Automatismen, die Konstrukteure und Planer unterstützen, einschlägige Normen möglichst einfach und effizient zu erfüllen und keine wichtigen Punkte zu vergessen. Für die Zukunft besteht das Ziel, über diagnostische Analysen hinaus, präskriptive Analysemethoden zu entwickeln, die nicht nur auf mögliche Fehler hinweisen, sondern gleich passende Lösungen nach dem Stand von Wissenschaft und Technik vorschlagen – natürlich automatisiert. Dazu hat IBF die ‚Standards Experts Community‘ gegründet. In Zusammenarbeit mit ausgewählten Experten entsteht eine spezielle Knowledge-Base für den sicherheitstechnischen Maschinen- und Anlagenbau. Aktuelles Fach- und Erfahrungswissen wird hier im Zusammenhang mit einschlägigen harmonisierten beziehungsweise internationalen Normen verwaltet, aktualisiert und steht Anwendern über den Safexpert Solution Store zur Verfügung.
Diese Daten werden bei der Analyse aktueller Projekte genutzt. Dies eröffnet völlig neue Möglichkeiten, kontinuierliche Veränderungen über den Stand der Normung hinaus in den täglichen Entwicklungsprozessen automatisiert zu nutzen. Zusätzlich können mit diesem Konzept auch unternehmensinterne Daten, zum Beispiel aus Wissensmanagementplattformen oder Wikis, in die Analyse einbezogen werden. Dies wird den Kommunikationsfluss und das Qualitätsmanagement in Unternehmen unterstützen und das Produkthaftungsrisiko reduzieren.
Helmut Frick
(sk)
