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Bild 5: Tragbares persönliches Atmungsüberwachungsgerät N-Tidal von CRiL. (Bild: GSS)

Eckdaten

Bei der Atmungsanalyse oder Kapnometrie wird der Kohlendioxidgehalt (CO2) in der ausgeatmeten Luft gemessen. Dem britischen Start-up-Unternehmen GSS ist es gelungen, LED-basierende CO2-Sensoren zu entwickeln, die 10 bis 100 Mal weniger Energie verbrauchen als alternative Produkte.

Viele CO2-Sensoren beruhen auf nichtdispersiver Infrarottechnologie (NDIR). Bei dieser Technologie wird Infrarotstrahlung durch eine Atemprobe geleitet. Die CO2-Moleküle absorbieren die Infrarotstrahlung im mittleren Bereich bei Wellenlängen von 4,2 bis 4,4 Mikrometer. Je mehr dieser Wellenlängen absorbiert werden, desto höher ist der CO2-Gehalt. Ursprünglich wurde diese Methode 1864 von John Tyndall entdeckt.

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Bild 1: Absorption von Gasen im Infrarotlicht, einschließlich Absorptionswellenlänge von CO2. GSS

Traditionell ist die Infrarotquelle ein Filament, ähnlich wie in einer altmodischen Glühlampe oder einem Mikroheizer. Diese Wärmequelle erzeugt IR-Licht einer weiten Bandbreite, das dann gefiltert werden muss, um nur Wellenlängen von 4,2 bis 4,4 Mikrometer durch die Probe zu senden. Bei dieser Methode wird sehr viel Energie verschwendet und bei einem integrierten Temperatursensor könnte übermäßige Wärme die Messwerte verfälschen. Darüber hinaus dauert es für gewöhnlich mehrere Minuten bis zu einer halben Stunde, bis sich die Strahlungsquelle ausreichend erhitzt hat, was wiederum Zeit und Energie kostet. Da LEDs wesentlich weniger Strom verbrauchen und sich sofort ein- und ausschalten lassen, wird zur Erzeugung des Infrarotlichts keine Energie verschwendet. Zudem lassen sich LEDs so einstellen, dass sie nur spezifische Wellenlängen liefern. Während es LEDs äußerst gut gelingt, Wellenlängen mit hoher Energie (im Blauspektrum) zu erzeugen, lässt ihre Leistung jedoch im nicht sichtbaren Infrarotbereich zu wünschen übrig. Das britische Start-up-Unternehmen Gas Sensing Solutions (GSS) wollte LEDs in CO2-Sensoren verwenden, fand aber keine kommerziellen Hersteller von Infrarot-LEDs für den mittleren Bereich. Zur Lösung des Problems beschloss das Unternehmen, eigene Infrarot-LEDs für den mittleren Bereich und dazu passende Fotodioden herzustellen, die genau auf die Wellenlängen von 4,2 bis 4,4 Mikrometer abgestimmt sind.

GSS investiert in eigene Epitaxie-Maschinen

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Bild 2: Die von GSS patentierte hufeisenförmige Bauform erzeugt einen langen Strahlengang zur Messung geringer CO2-Konzentrationen. GSS

GSS investierte in eigene Epitaxie-Maschinen, um die Herstellung dieser entscheidenden Komponenten selbst kontrollieren zu können. Die von GSS erfundenen und weiterentwickelten Prozesse bleiben Firmengeheimnis, ohne zwangsläufig einen Patentschutz zu erfordern. Die Teile der Produkte, die geöffnet und möglicherweise mittels Reverse Engineering zurückentwickelt werden können, wurden selbstverständlich patentiert. Dazu gehört beispielsweise der Lichtweg der Infrarotstrahlung. Geringe CO2-Konzentrationen erfordern einen langen Strahlengang, um den CO2-Molekülen ausreichend Gelegenheit zu bieten, das Infrarotlicht zu absorbieren. Zu diesem Zweck hat das Unternehmen einen hufeisenförmigen Strahlengang patentiert (Bild 2). Bei hohen CO2 -Konzentrationen bis 100 % wird ein kurzer Lichtweg benötigt. Hierfür hat GSS einen kuppelförmigen Reflektor patentiert (Bild 3).

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Bild 3: Die von GSS patentierte kuppelförmige Bauform erzeugt einen kurzen Strahlengang zur Messung hoher CO2-Konzentrationen bis 100 %. GSS

Dem Unternehmen gelang es, LED-basierende CO2-Sensoren zu entwickeln, die 10 bis 100 Mal weniger Energie verbrauchen als alternative Produkte. Der Stromverbrauch dieser Sensoren beträgt teilweise lediglich 3 mW und sie können mit äußerst geringer Einschaltdauer betrieben werden. Dies ermöglicht bei niedriger Auslastung eine Batterielebensdauer von zehn Jahren. Außerdem sind die Sensoren in der Lage, 20 Messungen pro Sekunde vorzunehmen (bei maßgefertigten Ausführungen sogar mehr).

Atmungsanalyse: Bis zu 20 Messungen pro Sekunde

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Bild 4: Zur Atmungsanalyse sind nun kostengünstige und sogar batteriebetriebene Geräte verfügbar. GSS

Zur Atmungsanalyse beziehungsweise Kapnometrie müssen zahlreiche Messungen pro Sekunde vorgenommen werden, um Veränderungen in der CO2-Konzentration zu erfassen. Im Unterschied zu traditionellen Infrarotquellen, die Sekunden oder sogar Minuten benötigen, um sich zu erhitzen und zu stabilisieren, schalten sich LEDs praktisch sofort ein und aus. Sie können folglich bis zu 20 Messungen pro Sekunde liefern. Geschwindigkeit und Genauigkeit kommen der vorherigen Generation netzstrombetriebener Maschinen gleich.

Das letzte fehlende Puzzleteil war die Größe der Gasprobe. Wenn die benötigte Gasprobe zu groß ist, wird dem Patienten im wahrsten Sinne des Wortes die Luft zum Atmen genommen, und das ist schließlich nicht wünschenswert. Daher muss die Probengröße äußerst klein sein, und genau das ist GSS bei dem neuen SprintIR gelungen. Die kuppelförmige Gasmesskammer benötigt lediglich 2 ml große Proben und hat einen so geringen Stromverbrauch, dass sie mit einer Batterie gespeist werden kann. Gleichzeitig ermöglicht die kleine Probengröße schnellere Reaktionszeiten, da die Gasproben rascher gewechselt werden können.

Dies erschließt völlig neue Anwendungsgebiete und Lösungen. Tragbare batteriebetriebene Atmungsanalysegeräte können nun im Vergleich zur vorhergehenden Generation netzstrombetriebener Maschinen zu einem Bruchteil der Kosten hergestellt werden. Folglich könnten den Patienten nun Geräte für den Hausgebrauch bereitgestellt werden, die es ihnen ermöglichen, ihren Gesundheitszustand stündlich und täglich zu überwachen, anstatt dafür stets den Arzt oder das Krankenhaus aufsuchen zu müssen. Da diese neuen Atmungsanalysemaschinen mit LED-CO2-Sensoren eher Hunderte statt Tausende kosten, wäre auch eine private Anwendung beim Sport durchaus denkbar.

In klinischen Studien im Einsatz

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Bild 5: Tragbares persönliches Atmungsüberwachungsgerät N-Tidal von CRiL. GSS

Vermarktet wird dieser Durchbruch in der CO2-Messung für medizinische Zwecke vom GSS-Schwesterunternehmen Cambridge Respiratory Innovations Limited (CRiL). GSS hat ein maßgefertigtes Sortiment an sehr schnellen CO2-Sensoren für den medizinischen Bedarf entwickelt, auf deren Grundlage CRiL bereits das tragbare persönliche Atmungsüberwachungsgerät N-Tidal herstellt, das den CO2-Gehalt beim normalen Ein- und Ausatmen misst. Dieses Gerät übersteigt die aktuellen Mindestleistungsanforderungen für medizinische Gasüberwachungsgeräte und wird derzeit in klinischen Studien getestet.

Die kostengünstigen persönlichen Atmungsüberwachungsgeräte von CRiL könnten Millionen von Menschen auf der Welt zugutekommen. Mithilfe dieser Geräte ließe sich beispielsweise ein Atmungsmanagementplan für jeden Patienten erstellen. Dabei können nicht nur alle paar Minuten genaue Statusberichte erstellt werden, sondern auch mögliche Probleme vorhergesehen werden, um eine präventive Behandlung einzuleiten, bevor die Beschwerden akut sind.

CRiL setzt bereits eine speziell angepasste Variante dieses hochspezifischen Sensors in verschiedenen Studien der N-Tidal-Geräte ein.

Chronische obstruktive Lungenerkrankung (OCPD): OCPD-Patienten sind besonders anfällig für Infektionen, die im Frühstadium die Wellenformen der Atmung beeinflussen können. Dies wird mit dem N-Tidal-Gerät erkannt und der Patient kann Antibiotika erhalten, bevor sein Zustand kritisch wird und einen kostspieligen Krankenhausaufenthalt erfordert.

Asthma: 335 Millionen Menschen auf der Welt haben Asthma. Tragischerweise sterben 1400 von ihnen alleine im Vereinigten Königreich jedes Jahr an dieser Krankheit, obgleich 90 Prozent dieser Todesfälle durch eine rechtzeitige Einnahme der richtigen Medikation in geeigneter Dosis vermeidbar wären. Patienten können N-Tidal eigenständig als Asthmaüberwachungsgerät verwenden. Es gibt einen Alarm aus, wenn die Atmung unregelmäßig wird. Der Patient kann dann sofort Asthmaspray inhalieren und danach prüfen, ob er weitere Medikamente benötigt.

Herzinsuffizienz: Bei dieser Erkrankung sammelt sich Wasser in den Lungen an. Das Herz muss schwerer arbeiten, um mehr Sauerstoff in den Körper zu pumpen und versagt schließlich unter der Belastung. Mit N-Tidal könnte man sicherstellen, dass die Patienten sofort nach Auftreten der ersten Warnzeichen behandelt werden.

Drei entscheidende Fragen

Bei der Auswahl des geeigneten Sensors für den jeweiligen Anwendungszweck sind drei Faktoren entscheidend: Erstens muss der zu überwachende CO2-Bereich festgelegt, zweitens muss der Strombedarf und drittens die benötigte Häufigkeit der Messungen berücksichtigt werden, da hier für gewöhnlich gewisse Kompromisse in Kauf zu nehmen sind. Häufige Messungen entleeren beispielsweise die Batterie rascher, was jedoch kein Problem ist, wenn das tragbare Gerät nachgeladen werden kann. Sind die Messungen jedoch nur alle paar Minuten nötig, haben die Batterien eine Lebensdauer von mehreren Jahren.

Calum MacGregor

CEO Gas Sensing Solutions

(ah)

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