Daimler steckt in den nächsten Jahren 500 Millionen in das automatisierte Fahren von Lkw.

Rund 200 neue Arbeitsplätze will Daimler durch den Ausbau des automatisierten Fahrens schaffen. (Bild: Daimler)

Daimler Trucks investiert in den nächsten Jahren 500 Millionen Euro (rund 570 Millionen US-Dollar) in die Entwicklung hochautomatisierter Lkw (SAE Level 4). Außerdem schafft Daimler Trucks über 200 neue Arbeitsplätze, um binnen eines Jahrzehnts hochautomatisierte Lkw zur Marktreife zu bringen. Dies hat die Lkw-Sparte von Daimler auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas bekanntgegeben.

Daimler überspringt das bedingt automatisierte Fahren

Hochautomatisiertes Fahren bedeutet, dass automatisiert fahrende Lkw in definierten Bereichen und zwischen definierten Knotenpunkten verkehren – wobei das System nicht erwartet, dass ein Benutzer auf eine Aufforderung zum Eingreifen reagiert. Im Transportgewerbe ist Level 4 der nächste natürliche Schritt nach Level 2, um Effizienz und Produktivität für die Kunden zu steigern und die Kosten pro Kilometer signifikant zu senken. Damit überspringt Daimler Trucks den Zwischenschritt des bedingt automatisierten Fahrens (Level 3). Denn Level 3 biete Lkw-Kunden keinen wesentlichen Vorteil gegenüber der jetzigen Situation, da den höheren Kosten für die hierfür notwendigen Technologien kein entsprechender Nutzen in der Praxis gegenüber steht.

Der neue Freightliner Cascadia bietet teilautomatisierte Fahrfunktionen (Level 2) und ist damit laut Daimler der erste teilautomatisierte Serien-Lkw auf nordamerikanischen Straßen. Seine Premiere feiert er ebenfalls bei der Präsentation von Daimler Trucks auf der CES.

Mit dem Active Drive Assist (Mercedes-Benz Actros, FUSO Super Great) beziehungsweise Detroit Assurance 5.0 mit aktivem Spurhalte-Assistenten (neuer Freightliner Cascadia) bringt Daimler Trucks teilautomatisierte Fahrfunktionen in seine Serienfahrzeuge. Das neue System kann selbständig bremsen, beschleunigen und lenken. Im Gegensatz zu anderen Systemen, die erst ab einer bestimmten Geschwindigkeit eingreifen, ermöglichen Active Drive Assist/Detroit Assurance 5.0 teilautomatisiertes Fahren in allen Geschwindigkeitsbereichen in einem Serien-Lkw. Neu sind die aktive Querführung und die Verbindung von Längs- oder Quersteuerung in allen Geschwindigkeitsbereichen. Die intelligente Verknüpfung von Radar- und Kamerainformationen bildet dafür die Basis.

Daimler Trucks schafft 200 neue Arbeitsplätze im Bereich des hochautomatisierten Fahrens (Level 4). Die neuen Stellen werden in erster Linie von Mechatronik-Ingenieuren und Robotik-Spezialisten mit IT- und Programmierkenntnissen besetzt. Hauptstandort hierfür ist das neue Automated Truck Research & Development Center von Daimler Trucks & Buses in Portland (Oregon, USA). Die Experten des Forschungs- und Entwicklungszentrums befassen sich hauptsächlich mit der Entwicklung, Prüfung und Validierung automatisierter Fahrzeuge. Dabei arbeiten die Ingenieure in Portland eng mit ihren Kollegen an den Daimler Trucks-Standorten Stuttgart (Deutschland) und Bangalore (Indien) zusammen und bilden so ein globales Netzwerk.

Teilautomatisierte Fahrfunktionen werden im Freightliner Cascadia von Daimler Trucks umgesetzt.

Der neue Freightliner Cascadia hat bereits teilautomatisierte Fahrfunktionen. Daimler

Daimler Trucks übernimmt Entwicklungen aus dem Geschäftsfeld Mercedes-Benz Cars, die auch für die Anforderungen von Transportunternehmen geeignet sind. Die schon jetzt verfügbaren Level 2-Systeme sollen durch Innovation und die Neujustierung vorhandener Systeme auf Level 4 gehoben werden. Trotz aller Gemeinsamkeiten unterscheiden sich die Anforderungen an das hochautomatisierte Fahren laut Daimler bei Pkw und Lkw erheblich. Die schiere Größe eines Lkw stelle höhere Anforderungen an die Technik als bei Pkw, insbesondere beim Fahrverhalten in Kurven oder beim Abbremsen. Auch bewegliche Systeme wie an Sattelzügen stellten höhere Anforderungen. Außerdem seien die Einsatzbedingungen in der Transportbranche deutlich härter. Die Fahrzeuge müssten so lange wie möglich einsetzbar sein, um effiziente Lieferabläufe zu ermöglichen und die Kundenwünsche nach schneller Lieferung zu erfüllen. Dies darf laut Unternehmen nicht zu Einschränkungen der Verfügbarkeit oder Zuverlässigkeit führen – selbst bei unterschiedlichsten Wetterbedingungen oder extremen Vibrationen. Schließlich spielt auch die gesellschaftliche Akzeptanz eine wesentliche Rolle bei der erfolgreichen Integration von Level 4-Systemen in die Wertschöpfungskette.

In Level 4 sollen mehr Sensoren eingesetzt werden

Derzeit sind bei Level 2-Fahrzeugen zwei Sensoren im Einsatz – im nächsten Entwicklungsschritt bei Level 4 sollen es deutlich mehr sein, die darüber hinaus auch weitaus leistungsstärker sind. Dies geht mit einem völlig neuen Datenaufkommen einher und stellt gleichzeitig extrem hohe Anforderungen an die Qualität der Datenverarbeitung. Dabei wird das Ziel verfolgt, die Wahrnehmung des Fahrers durch vollständig erfasste Verkehrs- und Fahrzeug-situationen mit Hilfe unterschiedlichster Sensortechnologien nachzustellen und zu ersetzen. Jeder Sensor leistet mit seinen speziellen Eigenschaften einen Beitrag zur Gesamtleistung und Sicherheit hochautomatisierter Lkw. Drei verschiedene technologische Ansätze bilden dafür die Grundlage: Radar, Kamera und Lidar.

Die Sicherheit, Präzision und dauerhafte Verfügbarkeit der Systeme soll bereits bei der Markteinführung eine zentrale Rolle spielen. Analog zu Flugzeugen würden daher alle sicherheitsrelevanten Funktionen mit redundanten Systemen ausgestattet. Beim Ausfall des primären Steuerungssystems sollen sie nahtlos einspringen und deren Aufgaben übernehmen.

(gk)

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