Maßgeschneiderte Apps stellen Informationen aus dem Produk-tionsprozess zeit- sowie orts­unabhängig zur Verfügung und erschließen die Vorteile einer ­vernetzten Smart Factory.

Maßgeschneiderte Apps stellen Informationen aus dem Produk-tionsprozess zeit- sowie orts­unabhängig zur Verfügung und erschließen die Vorteile einer ­vernetzten Smart Factory. Bitstars

In der von Automatisierung geprägten Fertigung wandelt sich die Rolle der Mitarbeiter. Die aktive, produktive Tätigkeit tritt in den Hintergrund. In den Mittelpunkt des Tagesgeschäfts rückt die Überwachung und Steuerung der automatischen Prozesse. Kernfrage ist: Taugen die etablierten Bedienkonzepte noch für die künftigen Smart Factories?

Zweifellos werden mobile Geräte ein wesen­tlicher Bestandteil der künftigen Strukturen, vorausgesetzt die Maschinenmodule, Teilanlagen und Produktions­linien können ihre Informationen flexibel bereitstellen. Das bedingt eine Standardisierung wie sie sich die OPC Foundation mit der Unified Architecture OPC UA zur Aufgabe gemacht hat. Das Machine- to-Machine (M2M) Kommunikationsprotokoll bietet eine sichere, verlässliche und service-orientierte Architektur, um Maschi­nen- beziehungsweise deren Prozessdaten von der Produktionsanlage zu den Überwachungs- und Steuerungssystemen zu transportieren. Die entsprechenden Daten werden von einem XML-­basierten Server mittels TCP-Protokoll an Clients übertragen.

OPC-UA im Google Play Store verfügbar

Der Zugriff auf die Daten eines OPC UA-Servers als App für mobile Endgeräte imple­mentiert, wäre ein eine interessante Möglichkeit, um unabhängig vom Standort die wichtigsten Informationen einer Maschine oder einer Produktionslinie ­immer im Blick zu haben und, wenn nötig und zulässig, auch eingreifen zu können – und das rollenbasiert für Maschinenführer, Schichtleiter und Instandhalter.

Mit der webbasierten Plattform Holobuilder und der HoloPlayer-App können auf Smartphone und Tablet neben Graphen und Einzelwerten auch Schalter und Schieberegler angezeigt werden.

Mit der webbasierten Plattform Holobuilder und der HoloPlayer-App können auf Smartphone und Tablet neben Graphen und Einzelwerten auch Schalter und Schieberegler angezeigt werden.
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Die Daten, die der Maschinenpark einer Fabrik via OPC UA bereitstellt, können den Technikern nur dann einen Mehrwert bei der Bedienung und Steuerung bieten, wenn die richtigen Informationen im richtigen Moment abrufbar sind. Dabei unterstützen aktuelle Entwicklungen im Bereich der mobilen Endgeräte.

In einem solchen, hochintegrierten System soll das Smartphone dem Techniker, wenn er sich einer Maschine oder dem Kontrollfeld nähert, automatisch die passende Ansicht präsentieren. Die Erkennung des Umfelds kann zum Beispiel über Bluetooth Low Energy (BLE) Beacons gesche­hen. Für jeden Arbeitsplatz kann somit eine individuelle Ansicht erstellt werden, die alle relevanten Prozesswerte und Kontrollfunktionen enthält und sich dynamisch der aktuellen Arbeitsumgebung des Benutzers anpasst.

Head Mounted Displays (HMD) bringen Informationen auf den nächsten Level: Sie blenden Daten direkt in das Sichtfeld des Trägers ein.

Head Mounted Displays (HMD) bringen Informationen auf den nächsten Level: Sie blenden Daten direkt in das Sichtfeld des Trägers ein. Ubimax

Für komplexere Aufgaben, wie die Konfiguration einer Maschine, lassen sich speziell auf die einzelnen Arbeitsschritte zugeschnittene Dialogfolgen bereitstellen. Beim Einrichtung der Maschine für den nächsten Auftrag ruft der Maschinenführer die entsprechende App auf und wird Schritt für Schritt durch alle zu beachtenden Parameter geführt. Wurden alle Einstellungen vorgenommen, erfolgt die Übertragung der Konfiguration via OPC UA zur Maschine. Die offene Struktur von OPC UA ermöglicht es, neue End­geräte in das System zu integrieren und mit den Entwicklungen der Kommunikationstechnologie Schritt zu halten.

Smartwatches, die sich mit jeder Generation zu einer ernstzunehmenden Produktkategorie weiterentwickeln, können so ihre Vorteile auch in der Produktion ausspielen. Benachrichtigungen über kritische Zustände finden ihren Weg ans Handgelenk. Auch schnelle Einstellungsänderungen sind möglich, ohne jedes Mal umständlich zum Smartphone greifen oder gar zum fest installierten Bedienfeld an der Maschine laufen zu müssen.

Wichtige Warnungen werden direkt am Handgelenk angezeigt…

Wichtige Warnungen werden direkt am Handgelenk angezeigt… Bitstars

Head Mounted Displays (HMD) bringen Informationen auf den nächsten Level: Sie blenden Daten direkt in das Sichtfeld des Trägers ein. Auch der Einsatz von Daten­brillen wie Google Glass und ihrer Nachfolger wird durch die herstellerunabhängigen Standards unterstützt. Damit hat der Bediener seine Maschinen stets im Blick und trotzdem die Hände frei.

Insbesondere für komplexere Steuerungsaufgaben, die mehr Interaktion erfordern, ist davon auszugehen, dass die Rolle des Smartphones weiter an Bedeutung gewinnt. Selbst die vollständige Steuerung von Maschinen ist mit den richtigen Anwen­dungen vorstellbar. Müssen mehrere Informationen auf einen Blick erfasst werden, bieten Tablets die Leistungsfähigkeit moderner Smartphones mit dem Komfort großer Bildschirme.

oder über Datenbrillen ins Sichtfeld eingeblendet.

oder über Datenbrillen ins Sichtfeld eingeblendet.

Doch Tablets können nicht nur als persönliche Begleiter, die einem Mitarbeiter fest zugeordnet sind, zum Einsatz kommen. Im sogenannten Kiosk-Modus, bei dem ausschließlich die Visualisierungs-App läuft, eignen sie sich ebenso, um fest installierte, einheitliche Bedienstationen zu realisieren.

Die Zukunft der Bedienung liegt in solchen spezialisierten Software-Lösungen. Allerdings erfordert die Umsetzung dieser Konzepte in der Regel substanzielle Investitionen in die Software. Ein Hindernis, das die Firma Bitstars aus Aachen mit dem Tool ‚Holobuilder‘ ausräumen will.

App-Generierung mittels Holobuilder: Smartphones, Tablets und Datenbrillen greifen über die App Holo-Player und via Wlan auf die OPC UA Schnittstellen zu.

App-Generierung mittels Holobuilder: Smartphones, Tablets und Datenbrillen greifen über die App Holo-Player und via Wlan auf die OPC UA Schnittstellen zu. Bitstars

Smartwatch und Datenbrille in Aktion

Grundlage des HoloBuilder ist eine webbasierte Plattform zur intuitiven Erstellung von Industrie-Apps mit 2D/3D-­Inhalten. Die bereitgestellte Anwendung läuft vollständig online und verlangt, abge­sehen von einem modernen Web­browser, keine speziellen Voraussetzungen. Gängige 3D-Modelle, etwa Wavefront (.obj) oder Collada (.dae), können per Drag-and-drop in die grafische Benutz­eroberfläche importiert, anschließend positioniert, animiert und mit Hinweisen versehen werden.

Angelehnt an das etablierte und einfache Bedienkonzept von Microsoft Powerpoint sind die Erstellungsmöglichkeiten nicht nur auf 3D-Inhalte beschränkt: Text­elemente und Checklisten, die in ­einer Bedienfolge abzuhaken sind, lassen sich ebenfalls umsetzen. Somit können ohne Programmierkenntnisse individuelle Apps erstellt werden. Die notwendigen Maschinendaten integriert das Tool über OPC UA-Module – in Holobuilder heißen sie ‚Karten‘. Die Ansichten bestehen wiederum aus einer beliebigen Kombination der darstellenden Elemente und interaktiven Komponenten. Zur Verfügung steht ein breites Spektrum an Karten, ­sowohl für die Produktionsüberwachung in Echtzeit als auch für Steuerungsein­griffe mittels interaktiver Benutzereingaben direkt in den in Holobuilder erstellten Apps. Auch für die Archivierung und Visualisierung historischer Werte gibt es entsprechende Karten. Die OPC-UA-Server der Maschinen kommunizieren über das firmeninterne Netzwerk mit den auto­risierten Android-Endgeräten, um diesen ihre Daten zur Verfügung zu stellen. Auf diesen werden die im Browser erstellten Ansichten dann in einer eigenen ‚Player-App‘ dargestellt und erlauben den standortunabhängigen Zugriff auf diese Informationen, wenn freigeschaltet auch mit direkten Steuerungsmöglichkeiten.

Auf der Webseite holobuilder.com stehen verschiedene Karten (Bedien- und Visualisierungselemente) bereit. Angelehnt an Powerpoint werden die verschiedenen ­Ansichten zu Bedienfolgen angeordnet und konfiguriert.

Auf der Webseite holobuilder.com stehen verschiedene Karten (Bedien- und Visualisierungselemente) bereit. Angelehnt an Powerpoint werden die verschiedenen ­Ansichten zu Bedienfolgen angeordnet und konfiguriert. Bitstars

Im Fall der Maschinensteuerung liefert der OPC-UA-Server die entsprechenden Daten an die mobilen Geräte. Soll eine App zur Visualisierung und Steuerung ­erstellt werden, reicht es aus, die entsprechenden Prozesswerte den Bedienelementen (Karten) in der Weboberfläche zuzuordnen. Das Tool stellt hierfür unterschiedliche Varianten zur Verfügung.

Mit Holobuilder lassen sich detaillierte Abläufe schrittweise, anschaulich und verständlich darstellen: Von technischer Dokumentation oder Bedienungsanleitungen bis hin zu vollständigen Bedien­oberflächen zur Darstellung von Maschineninformationen. Somit können ohne Programmierkenntnisse für jeden Einsatzzweck und für verschiedene Nutzerrollen individuelle Anwendungen zur Verfügung gestellt werden.

Simon Heinen

ist Mitgründer und Entwicklungsleiter der Bitstars GmbH in Aachen.

(sk)

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