Die Vernetzung des Fahrzeugs nimmt stetig zu Big Data

(Bild: Delphi)

Als Blech und seine Verarbeitung noch die bestimmende Rolle im Automobilbau spielten, war Detroit zweifelsohne die Welthauptstadt der Branche, aber wie ist das in Zeiten von Big Data? Aktuell bestimmen Silizium und die allerdings stärker als Stahl und . Delphi hat sich darauf eingestellt. Der eher traditionell orientierte Bereich Powertrain wird in eine neue Aktiengesellschaft ausgegliedert. Gas gibt – wenn man diesen Begriff aus der gewohnten Umgebung des Autos verwenden will – das Unternehmen in der Elektronik. Ein Anzeichen dafür ist, dass David Paja, der Senior Vice President und Leiter des Geschäftsbereiches Electronics & , vom Standort Wuppertal aus die entsprechenden Aktivitäten in 16 Staaten leitet. Die Stadt im Süden des Ruhrgebiets ist schon länger eine „Core Site“ für Elektronik unter den 15 technischen Zentren von Delphi. So will sich der Zulieferer in den kommenden Jahren in drei Bereichen besonders engagieren und dieses Engagement auf der IAA auch den Besuchern demonstrieren.

Autonomes Fahren

David Paja: „Autos werden bald wie Smartphones gebaut werden.“ Big Data

David Paja: „Autos werden bald wie Smartphones gebaut werden.“ Delphi

Das autonome Fahren ist der erste davon und überrascht natürlich nicht, denn das Thema bewegt die gesamte Branche. Wie stark Delphi sich hier aber engagieren will, zeigt die Genehmigung für zwei Prototypen mit autonomen Fahrfunktionen, die nun im öffentlichen Straßenverkehr unterwegs sein dürfen. Damit wehe etwas Geist von Silicon Valley durch das Bergische Land, weswegen Presssprecher Thomas Aurich schon mal augenzwinkernd vom „Wupper Valley“ spricht.

In der Tat kooperieren seine Ingenieure mit den großen Playern aus dem kalifornischen Hotspot der Elektronikbranche. Intel ist zusammen mit BMW und der israelischen, auf  Bildverarbeitung spezialisierten Intel-Tochter Mobileye  einer der Partner von Delphi bei der Entwicklung von Systemen für die Level 3 bis 5 des automatisierten Fahrens. Und in Frankreich arbeiten die Wuppertaler mit dem Mobilitäts-Dienstleister Trandev an Pilotprogrammen für die On-Demand-Mobilität in Rouen und Paris-Saclay.

In entsprechenden Fahrzeugen muss nach der Überzeugung von David Paja „der richtige Mix von , Rechnerleistung und Software“ herrschen. Sein zweiter Schwerpunkt sind folgerichtig „Smart Architectures“. Er sieht das Auto der Zukunft als Teil des Internet of Things () und zieht Parallelen zu anderen Teilen der Elektronikbranche. „Autos werden bald wie Smartphones gebaut werden“, prophezeit er. „Die wird dann getrennt von der Software entwickelt.“ Praktisch könne das so aussehen, dass beispielsweise ein ursprünglich für BMW entwickelter und die dazu gehörige Softwarearchitektur grundsätzlich auch bei anderen OEMs Einsatz findet. Das mag zunächst überraschen, sind doch gerade Premium-Hersteller gemeinhin sehr an einer Abgrenzung ihrer eigenen technologischen Kompetenz interessiert. Doch Klaus Fröhlich, Entwicklungsvorstand von BMW bestätigt die Idee: „Wir haben diese Kooperation als nicht-exklusive für die der Zukunft konzipiert. Mit Delphi stärken wir unsere Entwicklungsleistung für das automatisierte Fahren.“ Man wolle „unsere Technologie in der Industrie etablieren“.

Multi-Domain-Controller

Für BMW entwickelt: Multi-Domain-Controller von Delphi - ready for Big Data

Für BMW entwickelt: Multi-Domain-Controller von Delphi Delphi

Auf einen in der Kooperation mit den Bayern entwickelten Multi-Domain-Controller ist Paja deshalb besonders stolz. Schon äußerlich zeigt das Gerät Trends auf. Es hat ein aus Aluminium-Druckguss. Die hohen thermischen Anforderungen seien mit den in den vergangenen Jahren dominierenden kostengünstigen Kunststoffgehäusen nicht mehr zu erfüllen. Nicht sichtbar sind die Ansprüche an Software, Rechenleistung und , die nach der Prognose des BMW-Vizepräsidenten weiter dramatisch steigen werden. Trotz Einsatz von Bussystemen würde die Kabellänge pro Auto von derzeit rund 3100 Meter ab 2020 auf über 5000 Meter steigen. Das ist gut für Delphi, das bei Kabelsystemen und Steckverbindungen gut im Markt vertreten ist. Die Zahl der Mini-Steckverbinder für werde sich von etwa 180 auf über 300 nahezu verdoppeln, die Anzahl der Datenpakete soll sogar von 15.000 auf 100.000 steigen.

Bei der Verarbeitung von Daten setzt Delphi überwiegend auf Rechenleistung im Fahrzeug selbst. Das sonst branchenweit stets präsente Thema ist in Wuppertal bemerkenswert zurückhaltend aufgehängt. Hier zeigt sich die Erfahrung Pajas mit dem Internet der Dinge, die er so in Worte fasst: „Entscheidungen für das automatisierte Fahren müssen unmittelbar und damit an Bord getroffen werden. In die Cloud können wir nur solche Prozesse verlagern, die auf der Fahrt vielleicht zehn Minuten später relevant werden.“ Die realistische Sicht gründet sich auch auf die noch nicht durchgehende und flächendeckende Verfügbarkeit schneller Mobilfunknetze.

 

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Big Data und mehr

Ansonsten setzt Delphi durchaus auf Big Data, den dritten Schwerpunkt aus dem Zukunftsprogramm des neuen Chefs von Electronics & Safety. Auch hier spielen Kooperationen eine bedeutende Rolle für das Unternehmen, das im April eine Minderheitsbeteiligung an erworben hat. Der israelische Spezialist für Ultra-HD Video, Audio, und Steuerdaten hat mit eine Automotive-Technik entwickelt, die dem steigenden Bedarf an für sowohl , als auch für Fahrerassistenzsysteme () in der Rechnung trägt.

Auch für das außerhalb des Autos haben sich die Wuppertaler mit Unternehmen zusammengetan. Controltec gehört seit 2015 zu Delphi, Movimento folgte in diesem Jahr, und an Otonomo hält der Zulieferer Anteile. Ziel ist, den OEMs Lösungen für die „Monetarisierung von Daten“ anbieten. Die Software CT-Edge von Controltec übernimmt hier die Aufgabe, große Datenmengen nach entsprechenden Informationen im Fahrzeug zu durchsuchen und zu bewerten. Sie arbeitet dabei im Auftrag der OEMs. Relevante Daten werden extrahiert und an die Cloud gesendet.

Dort kommt Otonomo ins Spiel. „Dieser digitale Marktplatz für vernetzte bietet Drittkunden umfassende und maßgeschneiderte Pakete mit Fahrzeugdaten verschiedener Automobilhersteller in anonymisierter Form an“, beschreibt Paja das Geschäftsmodell und nennt gleich Beispiele. Anbieter elektronischer Karten könnten die ihrer Produkte mit verbessern. Mineralölfirmen wären an Informationen interessiert, in welchen Regionen überdurchschnittlich oft getankt wird, um ihr Zapfsäulen-Netz zu optimieren. Werkstätten und Teilehandel bekämen eine höhere Planungssicherheit, wenn sie besser über Laufleistungen und Servicebedarf informiert seien. Versicherungen wären die Daten bei der Optimierung ihrer Tarife hilfreich. Selbst Wetterberichte ließen sich mit den aktuellen Messungen aus Autos verbessern. Paja legt Wert darauf, dass alle Informationen streng nach Datenschutzgrundsätzen erhoben und verwertet würden. Ob die Monetarisierung in Regionen mit hoher Sensibilität in dieser Form – speziell in Deutschland – möglich sein wird, bleibt abzuwarten.

Weniger problematisch sind die Dienste, die Movimento anbietet. Über Over-the-Air-Updates lässt sich nicht nur Software zeitnah und ohne Werkstattaufenthalt aktuell halten. An entsprechenden Lösungen arbeiten ja etliche Unternehmen der Branche. Continental will dafür sogar Satellitenkommunikation einsetzen und kündigte auf der CES eine Kooperation mit Inmarsat an. Der erste OE-Kunde implementiert die Dienste von Movimento derzeit. Langfristig denkt Delphi auch an solche Dinge wie den Verkauf von Upgrades und neuen Funktionen via drahtloses Internet. Pate dabei stehen die App-Stores für . Autos und Smartphones nähern sich in der Tat aneinander an.

Fritz Lorek

Freier Automotive-Journalist

(av)

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