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Falko Matte – Fotolia.com

Um nun, wie eingangs im zweiten Teil der Aufgabenstellung gesucht, auch Grundkonstruktionen oder Wirkprinzipien unabhängig von der Baugröße miteinander vergleichen zu können, ist eine Normierung notwendig. Die Baugröße kann über das Volumen  ausgedrückt werden. Universeller und praktischer ist die Masse  des Motors zu handhaben, wobei Volumen und Masse über eine angenommene mittlere Dichte zueinander proportional sind. Anhand praktischer Erfahrungen ist bekannt, dass der Hauptanteil der Masse einer elektrischen Maschine von den Feldmagneten, den magnetischen Rückschlüssen und der Wicklung bestimmt wird. Zu den Rohstoffkosten  als wichtigem Teil der Herstellungskosten kann ebenfalls weitgehende Proportionalität zur Masse angenommen werden. Für eine Normierung wird folgende Modellvorstellung bemüht: Von einem gegebenen Motor werde eine maßstäbliche Kopie gefertigt, deren lineare Abmessungen k-mal so groß sind, wie die des Originals.

Dabei steht eine lineare Ausdehnung  stellvertretend für die Länge, den Durchmesser, die Polteilung, die Nutenbreite etc. Hingegen seien die Stromdichte, die magnetische Induktion , Windungszahlen  und die Drehzahl für beide Ausführungen gleich groß.

Sind alle Merkmale identisch und nur die Baugrößen verschieden, so soll ein normiertes spezifisches Drehmoment für beide Ausführungen gleich groß sein. In der Modellvorstellung gelten also folgende Zusammenhänge:

l2 = k * l1
V2 = k3 * V1
m2 = k3 * m1
K2 = k3 * K1
ACu2 = k2 * ACu1
lCu2 = k * lCu1
Ra2 = Ra1/k
lB2 = k * lB1
ra2 = k * ra1

Hierbei sind  der Querschnitt des Wickeldrahts,  die gestreckte Länge der Wicklung,  die Stablänge im Feld und  der Ankerradius. Wird das Drehmoment nach der bekannten Gleichung

MEM = N * B * lB * la * ra

berechnet, so gilt:

MEM2 = k2 * MEM1

Für eine Normierung des spezifischen Drehmoments werden zunächst die Einzelgrößen nach (7) normiert:

μ°M = (MEM/k2)/Ia √ k*Ra = 1/k2,5 * MEM/Ia √ Ra

Über die Massenbeziehung im Modell gemäß (13.3) erhält man das normierte spezifische Drehmoment mit:

μ°M = MEM/(Ia √Ram5/6)

Diese Größe werde einfach als ‚normierter Gütefaktor‘ bezeichnet.
Da es sich um eine normierte Vergleichsgröße handelt, wird hier keine Maßeinheit angegeben. Die Größen gehen für SI-konforme Einheiten Nm, A, W und kg in die Berechnung ein.

Das Wesen dieses Koeffizienten kann als eine Masse-neutralisierte Variante des Gütefaktors nach (7) verstanden werden. Er drückt die Effizienz eines Motors unabhängig von dessen Betriebsparametern und Masse, beziehungsweise Größe, aus und ist damit für einen universellen und normalisierten Effizienzvergleich von Motor-Konstruktionen und -Wirkprinzipien untereinander geeignet.

Natürlich ist die Masse, ebenso wie das Volumen, nicht ganz eindeutig an das Wirkprinzip gekoppelt, weil hier auch konstruktive Gestaltungsspielräume Einfluss haben. Unter den Bedingungen eines sparsamen und optimierten Materialeinsatzes ergeben sich aber sehr gut vergleichbare Ergebnisse, wie die Analyse des normierten Gütefaktors für unterschiedliche Hersteller und Serien-Baugrößen bestätigte.

Anwendungsbeispiel

Dass die Leistungsdichte, also die Abgabeleistung pro Masse oder pro Volumen, eines dreiphasigen BLDC-Motors grundsätzlich kleiner ist, als die eines echten DC-Motors, ist bekannt. Ob dieser Unterschied auch für den Gütefaktor gilt, sollte zunächst anhand veröffentlichter Katalogdaten eines marktführenden DC- und BLDC-Motorenherstellers überprüft werden. Dabei wurde davon ausgegangen, dass die magnetischen und konstruktiven Bedingungen in beiden verglichenen Typenreihen zueinander ähnlich sind. Die im BLDC-Motor erwarteten höheren magnetischen Verluste gehen in die Berechnung nicht mit ein, verfälschen also das Ergebnis nicht. Die Tabelle gibt die relevanten technischen Daten und den daraus berechneten Gütefaktor und den normierten Gütefaktor für willkürlich ausgewählte Motorentypen an.

In der letzten Zeile werden zum Vergleich die Messdaten an einem eigenen Prototyp (Bild 2) nach einer vom Autor weiterentwickelten BLDC-Technologie angegeben.

Folgende Schlussfolgerungen lassen sich aus den Tabellenwerten treffen: Wie erwartet erhöht sich der Gütefaktor mit der Masse und mit der Baugröße. Abgesehen von der kleinen Baureihe 1.1, bei der auch der im Katalog angegebene maximale Wirkungsgrad deutlich von den übrigen abfällt, schwankt der normierte Gütefaktor innerhalb gleicher Wirkprinzipien nur unbedeutend, vermutlich bedingt durch individuelle Konstruktionsunterschiede. Hier ist zu bedenken, dass die verschiedenen Größen einer Baureihe keine exakten maßstäblichen Kopien voneinander sind. Für den normierten Gütefaktor ist aber keine systematische Korrelation zur Baugröße festzustellen.

Soll ein gleicher Gütefaktor entweder mit einem DC- oder einem BLDC-Motor realisiert werden, so ist ersichtlich, dass die dafür erforderliche Masse beim BLDC-Motor fast doppelt so groß ist, wie beim gleichwertigen DC-Motor, also zum Beispiel bei den Typen 2.5 und 1.4 mit Masse-Faktor 1,99, oder den Typen 2.6 und 1.6 mit Masse-Faktor 1,88.

Tendenzielle Bezüge des normierten Gütefaktors zu den im Katalog angegebenen maximalen Wirkungsgraden sind nicht immer ganz eindeutig, was aber gemäß den obigen Ausführungen auch nicht verwundert. Zwischen den DC- und den BLDC-Motoren treten im normierten Gütefaktor grundsätzliche Unterschiede hervor, die sich etwa im Verhältnis 2:3 zueinander verhalten. Interessant ist, dass diese grundsätzlichen Unterschiede aus den Katalogdaten der maximalen Wirkungsgrade nicht in dieser Klarheit ersichtlich sind. Dies bestätigt die bessere Eignung des eingeführten Gütefaktors für schnelle aber korrekte und aussagefähige Effizienzvergleiche. Schließlich sind die Ergebnisse für den verglichenen Prototyp des modifizierten BLDC-Motors sehr interessant. Ohne dass hier besonders hochkoerzitive Magnetwerkstoffe verwendet wurden, konnte doch ein normierter Gütefaktor erreicht werden, der nicht im Wertebereich der BLDC-Motoren, sondern am oberen Ende der besseren Wertebereiche von DC-Motoren angesiedelt ist. Obwohl es sich hier um einen elektronisch kommutierten DC-Motor handelt, ist dieser zum mechanisch kommutierten DC-Typ 1.6 gleichwertig. Auch mit Katalogdaten weiterer Hersteller konnten die hier dargestellten Gesetzmäßigkeiten in gleicher Weise bestätigt werden.

Gütefaktor als zu handhabende Größe

Es wird ein Gütefaktor in direkter oder normierter Form eingeführt, mit dem eine objektive Effizienzangabe für beliebige Gleichstrom-Motoren möglich wird. Im Unterschied zur bisher gebräuchlichen Angabe des Wirkungsgrades ist dieser Gütefaktor sowohl von den mechanischen, wie auch den elektrischen Betriebsbedingungen entkoppelt, sodass es sich um eine direkt vergleichbare Motorkonstante handelt, die sich obendrein sehr einfach und schnell aus den üblichen Katalogwerten berechnen lässt. Mithilfe einfacher Anpassungsgleichungen können aus dem Gütefaktor auch sofort die elektrischen und mechanischen Parameter unter Einsatzbedingungen berechnet werden. Damit ist der eingeführte Gütefaktor eine einfach zu handhabende Größe, die nicht nur bei der applikativen Auswahl und Anpassung, sondern auch bei der Auslegung neuer Motoren als Optimierungskriterium bestens geeignet ist.

Dr. Ulrich Clauss

: Geschäftsführer der Dr. Clauss Bild- und Datentechnik GmbH in Zwoenitz.

(hw)

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