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Bild 1: Baugruppenträger in der Bahntechnik müssen hohen Anforderungen genügen. (Bild: Heitec)

Eckdaten

Was es beim Thema Stoß- und Vibrationsfestigkeit zu berücksichtigen gilt, ist das Thema des ersten Artikels einer Trilogie von Heitec. Was gilt es zum Thema EMV zu beachten und welche weiteren Kriterien spielen eine Rolle, sind die Themen der folgenden beiden Fachbeiträge in unseren nächsten Ausgaben.

Bei den Baugruppenträgern handelt es sich in vielen Fällen um Electronic-Packaging-Lösungen, die den anspruchsvollen Anforderungen im Bereich mobiler Verkehrstechnik und den dort vorherrschenden Umgebungsbedingungen gerecht werden müssen, wie beispielsweise in der Bahntechnik. Denn bei den heftigen Bewegungen um die drei Raumachsen im Bahneinsatz kommt es zu starken Vibrations-, Rüttel- und Schockbelastungen, bei denen die Gehäusetechnik die eingebaute Elektronik und Elektrik optimal schützen muss. Überall, wo Menschenleben zu schützen sind, hat Sicherheit höchste Priorität und die in den Normen geforderten Vorgaben für Elektronik und ihre „Verpackung“ sind entsprechend hoch gesteckt.

Während bei stationären Anwendungen oft einfachste Bauweisen und eine dementsprechend moderate Stabilität genügen, müssen bei Baugruppenträgern für mobile Anwendungen oft verschiedene Verstärkungsaspekte berücksichtigt werden, um eine hohe Festigkeit – und damit einhergehend eine hohe Stabilität – zu gewährleisten. Durch hohe Stoß- und Vibrationsbelastungen kann es zu immensen Störungen der sensiblen Elektronik im Bahnbereich kommen. Deshalb gibt es zusätzlich zu den internationalen Normen in Bezug auf Stoß und Vibration, mechanische Stabilität sowie elektromagnetische Verträglichkeit auch spezifische Bahn-Normen, um den besonderen Anforderungen im Bahnverkehr Genüge zu tragen. Neben den internationalen Normen für Bahnanwendungen elektrischer Einrichtungen auf Schienenfahrzeugen, wie der EN 50155, gibt es auch nationale Normen, wie beispielsweise für die französische Bahn die NF F67-021 und die NF F60-002. Die Umweltnorm IEC 61587 definiert ebenfalls Belastungswerte und Sicherheitsaspekte für starke statische und dynamische Beanspruchungen. Bei europäischen Normen sind die Anforderungen der in den Vorgaben beschriebenen Normwerte am höchsten, weshalb andere Länder wie China oder Brasilien auf europäische Normen zurückgreifen und ähnliche Anforderungen formulieren.

Anforderungen der Bahn-Normen

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Bild 1: Baugruppenträger in der Bahntechnik müssen hohen Anforderungen genügen. Heitec

In der EN 50155, der Bahn-Norm die im europäischen Raum am meisten Anwendung findet, werden die Anforderungen für Elektronik im Zug so vorgegeben, dass eine Funktionsfähigkeit von 24 Stunden am Tag über 20 Jahre oder entsprechend in etwa 175.000 Stunden sichergestellt wird. Die Vorgaben der Norm sind also durchaus anspruchsvoll. Für Stoß und Vibration beschreibt die Norm Testmethoden und Grenzwerte, die in der EN 61373 näher definiert sind. Diese Grenzwerte reichen je nach Einbauort und Belastungsrichtung bis zu 100 g am Radsatz, wo die höchste Belastung im Einsatz herrscht. Die EN 50155 enthält allerdings nicht nur Vorgaben für mechanische Belastungen. Sie definiert weiterhin einen Bereich der Umgebungstemperatur, der von -40 bis +85 °C reicht und somit auch Extremsituationen abbildet. Weiterhin gibt sie geforderte Feuchtewerte vor, die mit zum Teil 95 Prozent relativer Feuchte so anspruchsvoll sind, dass in den meisten Fällen wasserdichte Gehäuse oder schutzlackierte Baugruppen zum Einsatz kommen müssen.

Die Umweltnorm DIN EN 61587 beschreibt ebenfalls Prüfbedingungen und die entsprechenden Werte von mechanischen Komponenten elektronischer Einrichtungen. In Teil 1 werden klimatische und mechanische Prüfungen sowie Sicherheitsaspekte für Schränke, Gestelle, Baugruppenträger und Einschübe beschrieben. Im zweiten Teil finden sich sämtliche Vorgaben für Erdbebentests und der dritte Teil beschäftigt sich mit Funktionstests der elektromagnetischen Abschirmung. Die in der DIN EN 61587 geforderten Werte sind in weiten Teilen noch anspruchsvoller als die in der EN 50155 beschriebenen Werte, weshalb sie bei Anwendungsfällen mit extremen Beanspruchungen häufig Gebrauch findet.

Weitere länderspezifische Normen, wie zum Beispiel die französischen Bahnnormen NF F 67-012 und NF F 60-002 beschreiben ähnliche Prüfverfahren und entsprechende Werte, wie die bereits erläuterten europäischen Normen. Sie handeln von mechanischen Tests von Einschüben und Baugruppenträgern für französische Schienenfahrzeuge (SNCF).

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Bild 2: Das Baugruppenträgersystem Heipac Vario Heavy: Vorne der Grundaufbau, hinten ein typischer Testaufbau. Heitec

Doch wie wählt der Entwickler denn jetzt den richtigen Baugruppenträger aus? Sind die Anwendung und die entsprechenden Normen bekannt, gilt es nur noch ein paar weitere Randbedingungen zu berücksichtigen. Welche Abmessungen werden benötigt? Welche Umgebungsbedingungen herrschen am Einsatzort vor? Sind statische und dynamische Belastungen ein Thema? Wird eine elektromagnetische Abschirmung benötigt? Hat man diese Fragen beantwortet, sind es nur noch wenige Schritte bis zum richtigen Baugruppenträger.

Die Abmessungen des Baugruppenträgers ergeben sich aus Art und Größe der eingesetzten Elektronikbaugruppen sowie weiteren Vorgaben aufgrund des angedachten Einsatzortes. Der Einbauraum auf Schiffen oder etwa in Zügen ist meist sehr begrenzt, sodass entsprechende Vorgaben für den Aufstellort beachtet werden müssen. Die Hauptmaße von Baugruppenträgern sind in der IEC 60297-3-100 beschrieben. Am häufigsten kommen Baugruppenträger mit einer Einbaubreite von 84 TE zum Einsatz, wobei eine Teilungseinheit (TE) 5,08 mm entspricht. Dies ist die typische Breite, wie sie aus dem 19-Zoll-Bereich bekannt ist. Einbaubreiten von 42 TE oder andere projektspezifische Abmessungen sind allerdings auch nicht unüblich. Hier haben die verschiedenen Anbieter von Electronic Packaging Lösungen – wie Heitec – ein vielfältiges Portfolio an Standardprodukten.

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Bild 3: Robustes, auslieferfertiges Heipac-Vario-Heavy-Gehäuse. Heitec

Die Höhe eines Baugruppenträgers wird durch das Vielfache einer Höheneinheit (HE) beschrieben. Dabei entspricht 1 HE einer Höhe von 44,45 mm. Die Baugruppenträgerhöhe ist dabei auf die Höhe der verwendeten Steckbaugruppe abgestimmt – typische Größen sind hierbei 3, 6 und 9 HE. Grundsätzlich ist es bei Baugruppenträgern ratsam, immer auf genormte Standardprodukte gemäß der 19-Zoll-Norm zurückzugreifen. Denn hier ist das Angebot am Markt groß und es lassen sich erhebliche, standardprodukt-typische Preisvorteile nutzen. Nicht zuletzt ist es auch wichtig, die benötigte Entwicklungszeit zu beachten, die bei der Verwendung von Standardprodukten gegen null geht – hier zählen oft bereits mehrere Tage oder Wochen.

Stoß- und vibrationsfest

In der Regel werden Baugruppenträger in entsprechende Elektronik- oder Schaltschränke eingebaut, wodurch sie meist vor Umgebungsbedingungen wie Staub, Schmutz und Wasser geschützt sind. Darüber hinaus sind wesentliche Auswahlkriterien wie die EMV-Schirmung und die auf den Baugruppenträger wirkenden Kräfte zu beachten. Im Bereich Infrastruktur, zum Beispiel als Personeninformationssystem in der Bahntechnik, in Bussen oder Flugzeugen müssen Baugruppenträger teilweise Stoß- und Vibrationsbelastungen von 5 bis zu 25 g verkraften. Ähnlich stabile Baugruppenträger werden auch in der Verteidigungstechnik oder im Bereich Energietechnik, wo sie oben in den Gondeln der Windräder eingesetzt werden, benötigt. Speziell für diese Anwendungsbereiche hat Heitec im letzten Jahr sein sehr robustes (eigene Schreibweise: HeiPac Vario HEAVY) Heipac-Vario-Heavy-Baugruppenträgersystem auf den Markt gebracht (Bild 2 und 3). Aufgrund zahlreicher konstruktiver Besonderheiten und der Verwendung von hochwertigen Materialien ist es für sehr hohe Biegebeanspruchungen als auch für starke Stoß- und Vibrationsbelastungen bestens geeignet. Dauerhafte Schock-/Schwingbelastungen können zu Materialermüdung und dem Ausfall einzelner Komponenten führen.

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Bild 4: Von Heitec entwickeltes Gehäuse für ein Wayside-Train-Monitoring-System (WTMS). Da es in der Wüste eingesetzt wird, muss es starke Temperaturschwankungen und raue Umgebungsbedingungen aushalten. Heitec

Durch die besonders breite Querschnittsfläche und die doppelte Verschraubung weisen die Heavy- Profilschienen sehr gute Festigkeitswerte auf und halten auch hohen Biegekräften stand. Auch der Befestigungsflansch des Baugruppenträgers weist besondere Designmerkmale auf. Zum einen ist er besonders tief, wodurch er doppelt verschraubt werden kann und zum anderen wird für ihn eine größere Materialstärke verwendet. Im Bereich zwischen Seitenwand und Befestigungsflansch ist die Belastung in Hinblick auf Schock und Vibration am größten und es kommt nicht selten zu Rissbildungen. Dem kann man durch verstärktes Material entgegenwirken. Die Verwendung einer hochfesten Aluminiumlegierung verleiht Heitec-Baugruppenträgern zusätzliche Festigkeit, die gerade bei Anwendungen mit hohen Belastungen nicht unterschätzt werden darf. Diese Attribute in Kombination mit dem Einsatz von selbstsichernden Schrauben, die das Lösen durch Vibration verhindern und den speziell gewölbten Heitec-Kunststoff-Kartenführungen, die den eingeschobenen Baugruppen eine leichte Vorspannung verleihen, sorgen dafür, dass das Baugruppenträgersystem auch extremen Belastungen trotzen kann.

Ein typischer Fall für einen solchen Anwendungszweck stellt das eigens von Heitec für einen kanadischen Bahntechnik-Zulieferer entwickelte Gehäuse für sein Wayside-Train-Monitoring-System (WTMS) dar. Es beinhaltet die Signalsteuerung für eine zentrale Recheneinheit, die entweder in Hütten, den sogenannten Kiosken in Schienennähe oder im Signalraum einer Station eingebaut werden. Die Geräteelektronik hat die Aufgabe, Lampen und Signale entlang der Strecke abzutasten und diese anschließend zu analysieren. Basierend auf dieser Auswertung schickt die Auswerteelektronik ein Protokoll an bestimmte Balisen im Schienenbett, damit der Zugführer mit den darin enthaltenen Informationen, wie beispielsweise Zustand der Lampensignale, Abstand zur nächsten Balise oder das Gefälle der Strecke, entsprechend der Anforderungen reagieren kann. Aus dem beschriebenen Umfeld ergeben sich elementare Anforderungen an das Gehäuse. Das System kommt in der australischen Wüste zum Einsatz, wo es stark schwankenden Umgebungsbedingungen sowie teils erheblichen Temperaturunterschieden ausgesetzt wird (Bild 4).

Sämtlichen Außeneinflüssen trotzen

Offensichtlich sind die Anforderungen an das Gehäuse in diesem Anwendungsfall besonders hoch. Hohe mechanische Belastungen, wie sie im Bahneinsatz üblich sind und die rauen Umgebungsbedingungen der australischen Wüste, fordern eine starke Belastbarkeit des Systems. Um dies zu realisieren, bediente man sich in der Entwicklung des Gehäuses verschiedenster Mittel. Als Grundgerüst kamen die typischen Heipac-Heavy-Profilschienen für eine besonders hohe Festigkeit des Systems zum Einsatz. Seitenwände sowie Deck- und Bodenblech wurden kundenspezifisch entsprechend der geforderten Schutzart (IP54) angepasst und die Frontplatte designten die Entwickler für besondere Dichtheit gegen Staub und Nässe aus Makrolon mit einer zusätzlichen Schaumdichtung. Um ein Eindringen von Staub an etwaigen Kabelschnittstellen zu verhindern, kamen außerdem PG-Verschraubungen zum Einsatz. Ein weiterer wichtiger Punkt war außerdem ein guter Korrosionsschutz, weshalb das Stahlblechgehäuse lackiert und so ebenfalls gegen Staub und Spritzwasser ausgelegt wurde. Das Gehäuse bietet optimale Platzverhältnisse mit seiner Breite von 42 TE und einer Höhe von 4 HE und trotzt dank seiner zahlreichen Optimierungen sämtlichen Einflüssen von außen.

An dem genannten Beispiel lässt sich sehr gut erkennen, dass es am wichtigsten ist, die Projektanforderungen genau zu kennen. Mit dem entsprechenden Normenwissen lassen sich dann meist sämtliche der möglichen Anwendungsfälle effizient realisieren. Wie überall ist es auch für den Entwickler wesentlich, die richtigen Fragen zu stellen. Bei der Auswahl des am besten geeigneten Baugruppenträgers beziehungsweise des richtigen Gehäuses sind es meist die im Text dargestellten Aspekte bezüglich Abmessungen und Einsatzbedingungen, die für den Erfolg eines Projektes ausschlaggebend sind.

Nicole Jeroschewski

Produktmanagement Geschäftsgebiet Elektronik, Heitec

(ah)

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