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Bild 2: Die JHL- und JHM-Serie von XP Power. (Bild: XP Power)

Eckdaten

Das Design von Stromversorgungssystemen, die den Anforderungen von Medizingeräten mit Patientenkontakt genügen, ist auch für erfahrene Netzteilentwickler herausfordernd. Ein einfacheres, kostengünstigeres und schnelleres Time-to-Market-Konzept ermöglicht die Verwendung von geeigneten, bereits medizinisch zugelassenen Standardstromversorgungen. Sie bieten eine erprobte Technologie bei der Einhaltung der neuesten Sicherheits- und EMV-Anforderungen für medizinische Geräte.

Insbesondere die IEC-60601-1-Norm und die EN-, ANSI/AMMI- und CSA-Normen in Europa, den USA und Kanada beschreiben, was als „Allgemeine Festlegung für die Sicherheit einschließlich der wesentlichen Leistungsmerkmale“ für medizinische elektrische Geräte in Patientenumgebung definiert ist. Dies umfasst auch die Anforderungen, bei denen ein Teil des Gerätes bewusst mit einem Patienten in Berührung kommt, das sogenannte Anwendungsteil.

Die IEC-60601-1-Grundnorm beinhaltet viele zusätzliche Ergänzungsnormen für spezifische Anforderungen spezieller Anwendungen. Die 3. Ausgabe, die im Dezember 2005 veröffentlicht wurde, ist derzeit in den meisten Regionen und Ländern weltweit in Kraft. Einige Länder, insbesondere die USA und Kanada, fordern die Einhaltung von Edition 3.1. Diese wurde im Jahr 2012 eingeführt, um den technischen Weiterentwicklungen bei medizinischen Geräten gerecht zu werden. Ab Januar 2019 wird eine strengere Beurteilung der EMV verpflichtend. Bei dieser 4. Ausgabe handelt es sich um ein Update der Ergänzungsnorm IEC 60601-1-1.

Von besonderer Bedeutung für Stromversorgungssysteme sind die in der 2. Auflage aufgeführten Anforderungen an den Schutz des Patienten vor einem elektrischen Schlag, mit folgenden Klassifikationen:

  • Typ B (Body) bezieht sich auf Bauteile, die im Allgemeinen nicht leitfähig sind oder geerdet sein können.
  • Typ BF (Body Floating) deckt Bauteile ab, die mit dem Patienten elektrisch verbunden und gegen Erde isoliert aufgebaut sind.
  • Typ CF (Cardiac Floating) ist die strengste Einstufung für Bauteile, die mit dem Herzen in Berührung kommen können und gegen Erde isoliert aufgebaut sind.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, müssen die Stromversorgungssysteme definierte Isolationen mit spezifizierten Kriech- und Luftstrecken und Ableitströmen einhalten.

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Tabelle 1: Schutzmaßnahmen (MOP) auf Basis einer 250-VAC-Betriebsspannung. XP Power

Diese Schutzmaßnahmen (Means of Protection, MOP) wurden in der 3. Ausgabe von IEC 60601-1 weiterentwickelt. In dieser Ausgabe wird erstmals zwischen Maßnahmen zum Betreiberschutz (MOOP) und Maßnahmen zum Patientenschutz (MOPP) unterschieden.

Zusätzliche Isolierung

Medizinische Geräte mit Anwendungsteilen der Typen BF und CF müssen eine zusätzliche Isolierung vom Ausgang der Stromversorgung zur Erde bereitstellen. Diese Isolation erfordert normalerweise 1 × MOPP basierend auf der Versorgungsspannung des Geräts, CF-klassifizierte Geräte benötigen in der Regel eine weitere Trennung zwischen Spannungsversorgung und Anwendungsteil, die durch einen zusätzlichen DC/DC-Wandler erreicht werden kann.

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Tabelle 2: Ableitstromgrenzen unter Normal- und Einzel-Fehler-Bedingungen. XP Power

Weiterhin müssen Stromversorgungen die Grenzwerte für Erd-, Gehäuse- und vor allem Patientenableitstrom einhalten. Diese sind für tragbare Geräte in Tabelle 2 aufgeführt, für normale Betriebsbedingungen (NC) und den Betrieb im Einzelfehlerfall (SFC). In den USA beträgt der maximale Erd- und Gehäuseableitstrom für Geräte im Patientenumfeld 300 μA.

Beim Entwurf von Stromversorgungssystemen für medizinische Geräte mit Patientenkontakt müssen sich die Entwickler zwei Herausforderungen stellen. Die Ableitströme müssen minimiert und die Isolation des Ausgangs zur Erde, die den Patienten im Fehlerfall schützen soll, muss erhöht werden.

Anforderungen an Geräte mit medizinische Zulassung

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Bild 1: Medizinisches Stromversorgungssystem mit sekundärer DC/DC-Isolation. XP Power

Die meisten Standard-Stromversorgungen, selbst viele Geräte mit medizinischer Zulassung, erfüllen diese Anforderungen an die Isolation des Ausgangs zur Erde und des Patientenableitstroms nicht. Während die 2 × MOPP-Eingang-zu-Ausgang- und 1 × MOPP-Eingang-zu-Erde-Isolationen eingehalten werden, verwenden die meisten Geräte nur eine Funktionsisolation von Ausgang zu Erde, die typischerweise nur für 500 VAC/DC spezifiziert ist. Für die vorgeschriebene 1 × MOPP-Isolation mit einer Prüfspannung von 1500 VAC reicht dies nicht aus. Ebenfalls berücksichtigt werden müssen die erforderlichen Luft- und Kriechstrecken und der zulässige Ableitstrom. Für Systeme mit geringer Leistung sind diese Vorgaben problemlos und kostengünstig einzuhalten, indem ein medizinisch zugelassener DC/DC-Wandler als zweite Isolationsstufe verwendet wird (Bild 1). Durch diesen Wandler wird eine für die Netzspannung spezifizierte Isolation mit einer minimalen Koppelkapazität (20 bis 50 pF) zwischen Eingang und Ausgang zur Verfügung gestellt und der Patientenableitstrom wird auf wenige Mikroampere begrenzt. Dieser Ansatz ermöglicht auch Signalverbindungen zu anderen Geräten, die nicht den medizinischen Sicherheitsanforderungen entsprechen, wie zum Beispiel Computer.

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Bild 2: Die JHL- und JHM-Serie von XP Power. XP Power

Kombiniert mit einem Standard-Medizintechniknetzteil bietet ein einfacher DC/DC-Wandler im Leistungsbereich von 1 bis 20 W eine kostengünstige Lösung, um Patientenableitströme auf bis zu 2 μA zu reduzieren und gleichzeitig die erforderliche Isolation Ausgang zu Erde für BF- und CF-Anwendungen bereitzustellen. Stellt das Netzteil selbst eine stabile Ausgangsspannung bereit, genügt auch ein semigeregelter DC/DC-Wandler, was weitere Kosten einspart. Für batteriebetriebene Geräte oder Geräte mit einem weiten DC-Eingang gibt es DC/DC-Wandler mit bis zu 2 × MOPP-Isolation und einer kleinen Koppelkapazität, die lastunabhängig eine stabile Ausgangsspannung in einem breiten Eingangsspannungsbereich liefern können.

Chirurgischer Einsatz

Geräte für den chirurgischen Einsatz mit Motorantrieb, beispielsweise Knochenfräser oder elektrisch betriebene Betten, sind nicht für den Einsatz einer zusätzlichen Isolationsstufe geeignet. Dies liegt an der begrenzten Verfügbarkeit von ausreichend leistungsfähigen, isolierten DC/DC-Wandlern und der Ineffizienz von zwei seriellen Wandlerstufen. Da die meisten dieser Anwendungen vom Typ BF sind, für die die Patientenableitstromgrenze 100 μA beträgt und nicht 10 µA wie bei Typ CF, ist dieses Problem jedoch nicht besonders schwerwiegend. Für BF-Anwendungen eignen sich Netzteile der neuen 250-W-CMP250-Serie von XP Power. Diese Netzteile arbeiten mit Konvektionskühlung und erzeugen keine störenden Lüftergeräusche. Um Motorantriebsanwendungen zu unterstützen, die ein hohes Anlaufdrehmoment bewältigen müssen, liefern sie als Spitzenleistung das Doppelte der Nominalleistung bis zu einer Minute.

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Bild 3: Das CMP250 von XP Power entspricht den medizinischen Anforderungen des BF-Typs. XP Power

Um die BF-Kompatibilität mit einer Stromversorgung höherer Leistung erreichen zu können, müssen diverse Probleme gelöst werden. Durch die hohen Anforderungen an die Isolationsspannungen sowie die Luft- und Kriechstrecken muss zum einen der interne Bauteilabstand auf der Sekundärseite stark erhöht werden. Zudem muss der Konflikt gelöst werden, möglichst geringe Ableitströme zu erzielen bei gleichzeitig geringen Emissionen. Es wird darauf geachtet, die Gegentakt- und Gleichtakt-Störungen mit einer geräuscharmen Topologie zu minimieren sowie die Netzfrequenzwelligkeit in den Primärkreisen zu minimieren. Dies gestaltet sich mit der Einführung der höheren EMV-Anforderungen in der 4. Ausgabe der IEC60601-1-2 zunehmend anspruchsvoller.

Gary Bocock

Technischer Direktor, XP Power

(ah)

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