Schutzgrade nach EN 60529 für wasserdichte Steckverbinder beziehen sich in der Regel auf den gesteckten, verriegelten Zustand. Für Steckverbinder im industriellen Einsatz ist IP67 erforderlich. Damit das am Gehäuse befindliche Flanschteil diesen Schutzgrad ebenfalls erreicht, ist ein Gegenstück in Form eines Kabelsteckverbinders nötig. Im ersten Augenblick stellt dies für viele Anwender noch kein Problem dar. Was ist jedoch, wenn das Gegenstück nicht gesteckt ist, beispielsweise bei Service- und Reinigungsarbeiten oder die Schnittstelle nur optional für das Zubehör vorgesehen ist?

Vielfach sind sich Anwender nicht darüber im Klaren, dass die Schnittstelle dann nicht die geforderte Schutzart erfüllt und undicht ist. Wasser oder andere flüssige Medien können über diese Schnittstelle in schädlichen Mengen eindringen und zu sofortigen oder auch zu schleichenden Ausfällen oder Störungen führen. Nicht selten kommt es sogar zu einem Totalausfall des Gerätes, verbunden mit teilweise hohem Aufwand für Ersatz oder im schlimmsten Fall mit Regressansprüchen; vom Imageverlust mal ganz abgesehen.

Es gibt verschiedene Lösungsmöglichkeiten. In den häufigsten Fällen wird eine Schutzkappe verwendet, welche auf das nicht belegte Flanschteil gesteckt und verriegelt wird. Sie ist in der Regel kompakter und günstiger als die Steckverbindung und in den meistens Fällen lässt sich die Schutzkappe mittels eines Bandes, Drahtes oder einer Kette fest in der Nähe des Flanschteils befestigen. Wird der Mehrpreis für Kappe und Montagekosten toleriert, ist dies eine gute Lösung. Was nützt aber eine Schutzkappe, die nicht benutzt wird, was erfahrungsgemäß allzu oft vorkommt.

Eine ebenfalls weit verbreitete Ausführung ist die Abdichtung durch Verguss mit Dichtungsmassen verschiedenster, auf den jeweiligen Anwendungsfall abgestimmter Materialien. Diese Lösung bietet vor allem aus optischen Gründen und bei beengten Platzverhältnissen eine Alternative zur Schutzkappe, da sich der Verguss in den meisten Fällen innerhalb des Flanschteils befindet und von außen nicht zu sehen ist. Hinsichtlich der Mehrkosten ist diese Lösung gegenüber der Schutzkappe klar im Vorteil. Allerdings bietet sich aus geometrischen Gründen nicht bei allen Steckverbindern die Möglichkeit des Vergießens. Auch kann sich die Verbindung lösen, beispielsweise bei Temperaturschwankungen, bedingt durch die unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten der Vergussmasse und des Gehäuses. In einem solchen Fall wird der Schutzgrad nicht mehr erfüllt. Offen liegende Steckbereiche sind ein weiteres Problem. Sie sind den umgebenden Medien vollständig ausgesetzt und können zur Verschmutzung oder im schlechtesten Fall zur Korrosion der Kontaktelemente führen.

Nicht ganz so häufig verbreitet ist die Lösung eines am Flanschgehäuse befestigten Klappdeckels. Dieser ist in nahezu allen Fällen gefedert ausgeführt, so dass er sich selbstständig verschließt, sobald der Steckverbinder entriegelt und entfernt wird. Außerdem übernimmt diese Schutzklappe im gesteckten Zustand die Verriegelung des gesteckten Steckverbinders. Auf den ersten Blick ist diese Lösung sicherlich sehr interessant. Außer den höheren Kosten gegenüber den beiden bereits genannten Lösungen hat sie jedoch auch noch weitere Nachteile. Bedingt durch die Verschlusstechnik der Klappe und der größeren Bauform lässt sich diese Lösung bei geringem Platzbedarf nicht realisieren. Zudem ist meistens eine Zweihand-Bedienung erforderlich, was je nach Anwendung problematisch sein kann.

Die neu entwickelte Lösung von Binder, in Schutzart IP67, ist für den Anwender nicht sichtbar und beseitigt die Nachteile der gängigen am Markt befindlichen Lösungen. Bei dieser Steckverbindung mit der Bezeichnung Serie 770 NCC, was für Not Connected Closed steht, ist die Schnittstelle im ungesteckten Zustand verschlossen.

Die Besonderheit liegt im Verborgenen

Die Besonderheit liegt im Verborgenen. Auf den ersten Blick ist nicht zu erkennen, dass es sich um eine elektrische Steckverbindung handelt, da die typischen Kontaktelemente des Flanschteils – welches geräteseitig angebracht wird – durch einen gefederten Deckel verdeckt wird. Dieser, innerhalb des Steckers angebrachte Deckel, schließt den Kontaktbereich ab und schützt ihn gegen Eindringen von Wasser, Schmutz und Fremdkörpern. Ein weiterer wichtiger Pluspunkt sind die Kontaktelemente, die durch diese Verschlusstechnik berührungssicher verschlossen und damit auch gegen Manipulation gefeit sind.

Erreicht werden diese Eigenschaften durch ein Kontaktprinzip, welches Binder seit vielen Jahren für Steckverbindungen mit hohen Anforderungen einsetzt und durch einen exakt an die Geometrie der Kontakte angepassten Stößel. Die Kontakte sind Stanzteile mit einer besonderen kreisrunden Kontur und sie sind an der äußeren Wandung im Inneren des Steckers eingehängt. Dicht- und Abdeckbereich des Stößels bestehen aus unterschiedlichen Materialien. Beim Stecken des Kabelteils gleitet der Stößel über die federnden Kontakte und gibt sie zur Kontaktierung frei. Wird das Kabelteil wieder entriegelt, gleitet der Stößel mittels Federkraft über die Kontaktelemente in seine ursprüngliche Ausgangsposition zurück und verschließt den Kontaktbereich wieder. Vor allem in der Materialauswahl und einer ausgefeilten Form der einzelnen Komponenten lag die besondere Herausforderung dieses Konzepts.

Mindestens 5000 Steckzyklen

Mindestens 5000 Steckzyklen werden für dieses Stecksystem garantiert. Ein sehr hoher Wert für Steckverbinder in industriellen Anwendungen. In der Regel wird hier von 500 oder weniger Steckzyklen ausgegangen.

Der komplett aus Kunststoff bestehende Flanschstecker ist resistent gegen Vibrationen und Stöße und ist somit auch bei anspruchsvolleren Anwendungen einsetzbar. Die Bauform, mit einem Durchmesser von zirka 18 mm bei acht Kontakten, in Löt- oder Tauchlöt-Ausführung, ist äußerst kompakt.

Einen weiteren wesentlichen Bestandteil der Steckverbindung bildet das Gegenstück des Flanschteils. Der Kabelstecker aus Kunststoff mit einer neu entwickelten Bajonett-Verriegelung und einer ausgeprägten Kodierung sorgt für eine einfache und sichere Bedienung. Bistabiles Verhalten zeichnet den Verschluss aus. Beim Entriegeln behält der Bajonettring die eingenommene Position bei und befindet sich dadurch beim Verriegeln der Steckverbindung automatisch in der richtigen Position. Muss es schnell gehen oder ist die Schnittstelle nicht oder nur schlecht einsehbar, ist dies von großem Vorteil.

Bei den Kontaktstiften handelt es sich um gedrehte Ausführungen mit Lötanschluss und Goldoberfläche. Der Kabelstecker ist mit drei verschiedenen Kabelabgängen lieferbar, wodurch Kabel mit einem Durchmesser von 2,5 bis 8 mm verwendet werden können. Bedingt durch die wenigen Komponenten und den einfachen Aufbau ist eine sichere Konfektionierung und Montage gewährleistet.

Verschluss-System für wasserdichte Steckverbinder

Die Serie 770 NCC bietet durch dieses neue Verschluss-System, dort wo wasserdichte Steckverbinder benötigt werden, ein weitaus größeres Potenzial als bisherige Systeme und dies ohne zusätzliche Kosten für Komponenten und Montagearbeiten. Der Einsatzbereich ist vielfältig und Branchen-übergreifend, bietet sich aber aufgrund seiner Eigenschaften vor allem in der Medizin- und Messtechnik an.

Überblick der technischen Daten

Polzahl                                             8

Bemessungsspannung                175 V

Bemessungsstrom                          2 A

Mechanische Lebensdauer             5000

Schutzart Gehäuse                        IP 67 im gesteckten und ungestecktem Zustand

Alfred Schraudolf

ist Produktmanager bei Franz Binder, Neckarsulm.

(ah)

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

Franz Binder GmbH + Co. elektrische Bauelemente KG

Rötelstraße 27
74172 Neckarsulm
Germany