Für Andreas Kraus sind drei Dinge besonders wichtig: Qualität, Schnelligkeit und Flexibilität. Das gilt vor allem für das Rework. Besondere Sorgfalt und eine große Portion Erfahrung sind gefragt, erklärt der Geschäftsführer und Inhaber von Kraus Hardware: „Ohne einen ausgeklügelten Reworkprozess lassen sich die immer komplexer werdenden elektronischen Baugruppen kaum mehr reparieren. Da sind Experten gefragt, die ein zuverlässiges Rework realisieren können.“ Andreas Kraus weiß, wovon er spricht. Neben den klassischen Elektronikfertigungs-Dienstleistungen mit hoher Fertigungstiefe bei kleinsten Stückzahlen gehört Rework zum Tagesgeschäft. Auch anspruchsvolle Baugruppen für den Automotive- und Medizin-Bereich hat bereits Kraus repariert. Die Stückzahlen variieren dabei von einer Baugruppe bis hin zu mehreren Tausend Stück.

Seit Jahren bietet der EMS das Rework von Baugruppen an. Mittlerweile verzeichnet dieser Geschäftsbereich überdurchschnittliches Wachstum, erläutert Kraus: „Nicht zuletzt deshalb, weil wir uns den Herausforderungen aus dem Feld stellen und den Reparaturprozess röntgentechnisch überwachen können. Durch die Komplexität der Baugruppen und immer mehr Bauteile, die mit herkömmlichem Equipment – also dem Lötkolben – nicht mehr sicher repariert werden können, nimmt das Rework zu. Die automatisierten Rework-Prozesse, die zudem jederzeit reproduzierbar sind, sorgen auch für mehr Sicherheit und Zuverlässigkeit der reparierten Boards. Weitere Voraussetzungen wie Wareneingangsprüfung, Warenfluss, Baugruppenhandling, Verpackung und nicht zuletzt die produktspezifische Schulung der involvierten Mitarbeiter sind ebenfalls unabdingbar, um den Reparaturprozess zu garantieren. „Die durch unsere langjährige Erfahrung gewonnene Fähigkeit, diese Arbeiten sicher, schnell und überlegen auszuführen, macht uns nahezu konkurrenzlos“, argumentiert Kraus.

Das Reballing von BGAs, QFNs und LGAs ist alles andere als trivial, verlangt es doch großes Fingerspitzengefühl, um die Bauteile weder thermisch noch mechanisch zu beschädigen.

Das Reballing von BGAs, QFNs und LGAs ist alles andere als trivial, verlangt es doch großes Fingerspitzengefühl, um die Bauteile weder thermisch noch mechanisch zu beschädigen.Kraus Hardware

Professionelles Rework

Nachgearbeitet respektive repariert wird normalerweise, um schlecht platzierte, defekte, falsche und verdrehte Bauteile zu tauschen, um Lötprobleme zu beheben oder wenn ein Bauteil nachbestückt werden muss. Auch der Tausch von Bauteilen während der Entwicklungsphase, um Bauteile mit anderen Parametern und Eigenschaften zu testen, ohne die Baugruppe komplett neu fertigen zu müssen, ist keine Seltenheit. Allerdings kann das Rework oder die Nachbearbeitung einer Baugruppe an Grenzen stoßen, merkt Andreas Kraus an: „Ob sich eine Baugruppe überhaupt reparieren lässt, hängt letztlich vom Fehler ab.“ Das kann etwa eine Leiterplatte mit fehlerhaften Durchkontaktierungen oder einem zu großen Lagen- oder Bohrversatz sein. „Die Qualität der Leiterplatte ist einer der kritischsten Faktoren und einer der häufigsten Fehlerursachen.“

Große Kompetenz beweist der EMS auch beim Reballing von BGAs. So muss das verbliebene Restlot von dem Bauteil entfernt werden, dies verlangt Fingerspitzengefühl, um die Bauteile nicht thermisch oder mechanisch zu schädigen. Anschließend werden auf die von Restlot befreiten Bauteilpads neue Balls aufgebracht, auch hier gilt es, auf das richtige Temperaturprofil zu achten. Eine Besonderheit des Rework stellt dabei der Kreuztausch dar. Hierbei gilt es herauszufinden, ob das Bauteil selbst fehlerhaft oder ein Fehler an der restlichen Schaltung vorliegt, wenn die Fehlerursache nicht zweifelsfrei zu lokalisieren ist. Es wird das betreffende Bauteil von der defekten Baugruppe mit dem Bauteil auf einer funktionsfähigen Baugruppe getauscht. Dabei zeigt sich, inwiefern der Fehler „mitgewandert“ ist. Ebenfalls eine Rolle spielt das Erhalten hochwertiger und schwer zu beschaffender ICs, die von einer defekten Baugruppe zu „retten“ sind.

Für das Rework kommen bei Kraus Hardware mittlerweile zwei halbautomatische Reworksysteme von Zevac zum Einsatz. Die Onyx 29 genannten Systeme sind mit einem speziellem Vision-System für die exakte Ausrichtung aller SMT- und Fine-Pitch-Bauelemente ausgerüstet. Durch die sieben motorisierten Achsen lassen sie sich nicht nur leicht bedienen, sondern zuverlässig jederzeit wiederholbare Ergebnisse erzielen. Das Reworksystem verfügt unter anderem über eine leistungsstarke, großflächige Unterheizung, verschiedene Möglichkeiten zur Temperaturüberwachung wie Boardinfrarotsensor, Thermoelementanschlüsse zur Applizierung von Thermoelementen an der Baugruppe, Pyrometer zur berührungslosen Temperaturmessung am Bauteil, eine Kamera, einen Heißgaskopf, der mit Druckluft oder Stickstoff betrieben wird, und Düsen mit verschiedenen Geometrien für Standard- und Sonderanwendungen. Entscheidend für einen guten Reworkprozess ist nicht zuletzt die berührungslose Restlotabsaugung, um das Altlot von feinsten Strukturen ohne Beschädigung der Leiterplatte durchzuführen.

Der gesamte Prozess wird sowohl optisch als auch thermisch überwacht und zudem komplett dokumentiert. So sind im Rework-Protokoll wichtige Eckdaten und Werte wie Baugruppen-Prozessdaten, Topheater, Pyrometer an der Bauteiloberfläche, Boardtemperatur, Unterheizung und schließlich auch die Temperaturverläufe hinterlegt und jederzeit abrufbar. Doch die Rückverfolgbarkeit hört hier noch nicht auf: Zu einer lückenlosen Traceability und vollständigen Dokumentation des kompletten Reworkprozesses gehört auch die Endoskopie und die Röntgenanalyse. Individuelle Wünsche sowie anspruchsvolle Modifikationen, wie zum Beispiel Verdrahtung unter Bauteilen und Reparaturen, werden an kundenspezifischen Baugruppen stets unter Kostengesichtspunkten durchgeführt.

Beispiel für unkonventionelle Lösungen: Für ein flach aufbauendes Luftfahrzeug-Beleuchtungsgerät galt es, 18 LEDs auf der Kante einer runden Platine zu bestücken.

Beispiel für unkonventionelle Lösungen: Für ein flach aufbauendes Luftfahrzeug-Beleuchtungsgerät galt es, 18 LEDs auf der Kante einer runden Platine zu bestücken.Kraus Hardware

Mechanik-Werkstatt für individuelle Lösungen

Abgerundet wird die umfangreiche Rework-Dienstleistung durch die hauseigene Fräserei. Dort werden alle benötigten Komponenten wie Bauteiltrays und Baugruppenmehrfachaufnahmen selbst hergestellt. Auch ein gekrümmter Heißgaskanal für schwer zugängliche Bauteile, Vorrichtungen um ein gleichzeitiges Löten von vier Tastern zu ermöglichen oder aber auch die verschiedensten Typen von Aufsatzkarten, Aufsatzmodulen oder Abschirmblechen fertigt Kraus selbst. Ein Beispiel für die unkonventionelle Umsetzung einer Idee war ein flach aufbauendes Luftfahrzeug-Beleuchtungsgerät. Dabei galt es, 18 LEDs auf der Kante einer runden Leiterplatte zu bestücken. Sie mussten extrem präzise platziert werden, damit sie beim Löten nicht abfallen konnten. Schließlich durften keine Solderballs zwischen den Pads vorhanden sein und es musste durch eine Röntgenanalyse sichergestellt werden, dass mindestens 75 Prozent der Lötfläche mit Lot benetzt sein musste. Zudem war zu berücksichtigen, dass Fräsunebenheiten ausgeglichen wurden und jederzeit eine Reproduzierbarkeit sichergestellt ist.

Um diese anspruchsvolle Aufgabe umsetzen zu können, wurde zunächst eine Vorrichtung für den Lotpastendruck konstruiert, die ebenso als Bauteiltray diente. Parallel dazu wurde eine automische Drehvorrichtung konzipiert, um die LEDs rotierend platzieren zu können. Zunächst erfolgte das Abholen der mit Paste bedruckten LEDs. Anschließend erfolgten das Ausrichten der Bauteilpads mit den Landeflächen auf der Leiterplattenkante und schließlich das Absetzen der LEDs. In der Drehvorrichtung wurde die Leiterplatten-Disk automatisch um exakt 20 Grad gedreht. Das Löten erfolgte in der Dampfphase mit Vakuumunterstützung. Der Prozessablauf endete mit der optischen Kontrolle unter Mikroskop, einer hundertprozentigen Röntgenanalyse und einem Funktionstest.

Röntgenanalyse für den optimalen Durchblick

Um den Rework-Erfolg sicherzustellen oder den Prozess zu optimieren werden diese Bereiche röntgentechnisch untersucht, berichtet Andreas Kraus: „Entweder wird das Bauteil gleich getauscht oder bei Unklarheiten führen wir zuvor eine Röntgenuntersuchung durch. Nicht zuletzt bleibt manchmal nur der Reparaturversuch, um den Aufwand in Grenzen zu halten.“ Zweifelsohne hat die Röntgenanalyse noch weitere Vorteile zu bieten: So ist sie auch hinsichtlich der Fertigungsqualität weiterer Baugruppen für den Kunden interessant, um den evident gewordenen Fehler in Zukunft vermeiden zu können. Überdies ist sie für die Erstmuster und stichprobenartig bei der Serienfertigung unerlässlich, um kostspielige Serienfehler rechtzeitig zu entdecken.

Bei Kraus Hardware kommt hierfür ein Röntgengerät für Mikro- und Nanostrukturen zum Einsatz: Diese Aufgabe erfüllt das Modell Cheetah aus dem Hause Yxlon International. Mit dem Modell Cheetah werden diverse Qualitäten und Eigenschaftsprofile transportiert. Cheetah steht für Schnelligkeit, Genauigkeit und Präzision. Damit sieht sich das Unternehmen in der Lage, zerstörungsfrei selbst die kleinsten Fehler zu entdecken. Die Röntgenanalyse wird sowohl als Dienstleistung als auch zur Überprüfung der hauseigenen Prozesse eingesetzt und genutzt. Es handelt sich bei Cheetah um ein 2.5D-Gerät mit einer 3D-Analytikerweiterung. Damit lassen sich eindrucksvolle Bilder in allen Dimensionen darstellen, was die Fehlerfindung erheblich erleichtert.

Entscheidend ist laut Kraus hierzu, dass die Prüfstrategie optisch/elektrisch und genau welches Verfahren rechtzeitig in den Prozess der Baugruppenfertigung eingebunden wird, um eine möglichst effiziente und günstige Lösung zu erzielen, denn eine Funktionsprüfung alleine kann die komplette Funktionsfähigkeit nicht sicherstellen. Zudem ist das Unternehmen wegen seines nach DIN EN ISO 9001:2008 testierten Qualitätsmanagementsystem zu stets gleich bleibend hoher Qualität verpflichtet. Das wiederum bedeutet für Andreas Kraus ein permanentes Update seines Maschinenparks. „Nur mit modernen Maschinen und gut geschultem Personal werden wir den stets wachsenden Aufgaben Herr“, umreißt Kraus die Situation. Erst vor kurzem wurde zum Beispiel in eine neue Vakuumdampfphase und Selektivlötanlage investiert. Eine zweite Anlage für das Rework von Baugruppen ist seit kurzem in Betrieb. Auch über ein 3D-AOI wird derzeit intensiv nachgedacht.

König Kunde

Für die reibungslose und schnelle Bearbeitung von komplexen Reworkaufgaben ist es notwendig, permanent mit dem Kunden in Kontakt zu stehen, vor allem in der Evaluierungsphase. Nur wenn die erforderlichen Maschinen und die Kompetenzen der Mitarbeiter aus den Bereichen Mechanik, Rework und Röntgenanalyse sofort abrufbar sind, lassen sich derartige Herausforderungen in kurzer Zeit und in gleichbleibender Qualität zu einem angemessenen Preis realisieren.

Marisa Robles Consée,

Chefredakteurin Productronic

(mrc)

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Unternehmen

Kraus Hardware GmbH

Gewerbegebiet Ringheim Süd, Ostring 9c
63762 Großostheim / Ringheim
Germany